Kühlturm

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Naturzugkühlturm des Kernkraftwerks Philippsburg mit Ablauf
Ventilatorkühlturm auf dem Gelände des Stahlwerks Peine
Hybridkühlturm des Kraftwerkblocks Altbach 2
Zellenkühler (3 kompakte Ventilatorkühltürme als Block kombiniert)
Ventilatorkühltürme (links, Höhe 34 Meter) und Naturzugkühlturm (rechts, Höhe 122 Meter) im Größenvergleich
Die Wolken aus den Kühltürmen der Kraftwerke Frimmersdorf (links), Neurath (Mitte) und Niederaußem (rechts) über der Wolkenschicht
Kühlturm Kraftwerk Zschornewitz
Kühlturm (links) ohne Farbanstrich mit starken Verwitterungsspuren durch Moose sowie Rauchgase, rechts daneben ein neuerer Kühlturm mit grauer Farbgestaltung
Kühlturm in Dresden (Versuch, den Kühlturm mittels Farbgestaltung ins Landschaftsbild zu integrieren)

Ein Kühlturm bzw. Rückkühlwerk ist eine Anlage, die mittels eines Wärmeübertragers überschüssige oder technisch nicht mehr nutzbare Wärme aus Kraftwerks- oder Industrieprozessen emittiert. Diese Rückkühlwerke sind normalerweise ein Bestandteil der Anlagen, die für die Bereitstellung des Kühlwassers für die Prozesskühlung erforderlich sind. In der Regel befinden sich das Kühlwasser und der Kühlturm in einem eigenen thermodynamischen Kreisprozess.

Funktionsweise eines Kühlturms

Kühltürme sind im Prinzip Hohlzylinder mit offenen Enden, die vertikal und am unteren Rand genügend weit entfernt von der Bodenfläche (genauer: einem Wasserbecken, der Kühlturmtasse) auf Stützen aufgestellt werden. Unmittelbar am unteren Rand über den Stützen befinden sich Verteilerrohre und Düsen zum Versprühen des heißen, zu kühlenden Wassers. Wird das erhitzte Wasser unten in den Kühlturm eingesprüht, so erwärmt sich die Luft, dehnt sich aus, strömt zusammen mit dem Dampf nach oben und zieht dabei vom unteren Rand jeweils frische Kaltluft nach (Kamineffekt). Des Weiteren befinden sich im Inneren Füllkörper zur Verrieselung und Tropfenabscheider, an denen das gekühlte Wasser wieder in die Kühlturmtasse abregnet. Der Rest des Kühlturmes ist leer und dient allein der Verdunstung des Wassers in dem natürlichen Aufwind und seinem Abregnen.

Breite und Höhe sind dabei von der geforderten Kühlleistung abhängig, diese kann bei Großkraftwerken deutlich mehr als 4 GW betragen. Mit dieser Wärmemenge werden im zugehörigen Kühlturm etwa 1500 Kilogramm Wasser in der Sekunde in Wasserdampf umgewandelt. Bei kleinen Anlagen werden zur Erhöhung der Effektivität zusätzlich Lüfter zur erhöhten Förderung des Luftstroms eingesetzt.

Bauformen

Naturzug-Kühlturm

Moderne Naturzug-Kühltürme sind meist als Schalentragwerke aus Beton errichtet und haben im Prinzip die Form von Rotationshyperboloiden. Hierbei ist diese geometrische Form aber nur bis zu etwa einem Viertel der oberen Hälfte des Hyperboloids ausgeführt, der obere Rand hat deshalb einen deutlich kleineren Durchmesser als der untere Rand. Bei dieser Form handelt es sich um eine Regelfläche, die einfach mit gekreuzten geraden Stahlträgern aufgebaut werden kann, wodurch die Baukosten gegenüber anderen Formen gesenkt werden. Die Aussteifung der Schale erfolgt über den oberen und unteren Ring.

Solche Kühltürme werden inzwischen in Höhen bis zu 200 m ab Geländeoberkante errichtet (Kraftwerk Niederaußem) und haben eine Mindestwanddicke von 16 cm nach alter Vorschrift. Aufgrund der Novellierung der Normengeneration DIN 1045 (Tragwerke aus Beton, Stahlbeton usw.) und DIN 1055 (Lastannahmen) im Jahr 2005 werden inzwischen Mindestwandstärken von 18 cm gefordert.[1]

Trotz der teilweise gewaltigen Dimensionen sind Kühltürme aus Stahlbeton die filigransten Betonbauwerke überhaupt. Bei einer Bauhöhe von 200 m hat der Kühlturm in Niederaußem eine Wandstärke von weniger als 30 cm. Vergleicht man die Proportionen, so ist die Wandstärke etwa nur ein Fünftel so dick wie die eines Hühnereies. Aus diesem Grund erhält ein Kühlturm in der Regel einen anspruchsvollen Oberflächenschutz. Dies ist vor allem dann erforderlich, wenn durch Rauchgaseinleitung der Beton chemischen Belastungen ausgesetzt wird. Alternativ werden beim Bau besondere Betonrezepturen verwendet, die dem Kühlturm dauerhaft die erforderliche Widerstandsfähigkeit gegen die chemischen Belastungen geben sollen, so dass kein gesonderter Oberflächenschutz aufgebracht werden muss.

Aber auch bei konventionellen Kühltürmen gibt es erhebliche Belastungen zum Beispiel durch Algenbewuchs. Die biogenen Folgeprodukte von Algen greifen den Beton an. Sterben die Algen ab, so schrumpfen sie und reißen durch ihre intensive Haftung die Betonfläche auf.

Naturzug-Kühlturm mit kombinierter Nutzung als Schornstein (Reingaseinleitung)

Kraftwerk Duisburg-Walsum, Altblock 9 (links mit Einzelschornstein) und Neubau Block 10 (rechts): Kühlturm mit integriertem Schornstein im laufenden Betrieb (Höhe 181 Meter)
Abgasrohr/Rauchgasrohr im Kühlturm
Kraftwerk Duisburg-Walsum, Neubau Block 10; Kesselhaus und Kühlturm mit integriertem Schornstein (Höhe 181 Meter), im unteren Drittel ist das Rauchgasrohr am Kühlturm außen sichtbar
Blick in einen nicht mehr im Betrieb befindlichen Kühlturm bei Doncaster (South Yorkshire, England)
Dampfentwicklung am Kühlturm und Kesselhaus Walsum: Block 10

Die Aufgabe eines klassischen Kühlturms ist allein die Abgabe von Wärmeenergie. Das ist ein rein physikalischer Prozess. Der Kühlturm übernimmt hierbei nicht die Funktion eines Schornsteins, der bei technischen Verbrennungsprozessen erforderlich ist.

Bei einigen in den letzten Jahren gebauten Kohlekraftwerken, die mit Rauchgasreinigungsanlage ausgerüstet sein müssen, übernimmt der Kühlturm auch die Funktion des Schornsteins. Bei diesem Verfahren wird auf ca. einem Drittel der Kühlturmhöhe (über der Verrieselungsebene) das Rauchgas in die Kühlturmmitte geführt und dort in die Dampfschwaden abgegeben.

Der Vorteil dieser in Deutschland erstmals 1982 im Modellkraftwerk Völklingen[2] angewandten Technik (Reingaseinleitung) besteht darin, dass die erwärmte und feuchte Abluft des Kühlturms einen wesentlich stärkeren Auftrieb bietet als das Rauchgas. Hierdurch kann eine Verteilung der Abgasfahne mit geringerer Bauhöhe erreicht werden als bei einem „konventionellen“ Schornstein. Dies ist besonders bei Kohlekraftwerken von Vorteil, weil die Abgase nach der nassen Wäsche in der Rauchgasentschwefelungsanlage (REA) stark abgekühlt sind und nur noch einen geringen Auftrieb haben.

Die Nachteile dieser Technik liegen unter anderem in der unverhältnismäßig großen Dimension des kombinierten Kühlturms, die realisierte Mindesthöhe liegt bei 100 m (Modellkraftwerk Völklingen, Baujahr 1982), allerdings wurden in den letzten Jahren ausschließlich Türme zwischen 155 m und 200 m Höhe gebaut, um eine höhere Kühlleistung zu erreichen. Gerade bei angrenzender Wohnbebauung, wie zum Beispiel in den Städten Datteln und Duisburg-Walsum, wurden die neuen Blöcke mit den kombinierten Kühltürmen zur Rauchgasableitung als neuer Block an bestehende Anlagen gebaut. Teilweise gab es an diesen Altstandorten vorher keinen Kühlturm, da die Wärme anders abgeleitet wurde (zum Beispiel über Gewässer); das Rauchgas wurde über konventionelle Schornsteine abgeleitet. Nun kommt es an diesen Standorten durch den Turm und die im Betrieb entstehenden Dampfschwaden zu unerwünschten Auswirkungen auf das Mikroklima, zum Beispiel lokal erhöhte Niederschlagsmengen und großflächige Verschattungen.

Um diese Nachteile zu vermeiden, kam es nach Bürgerprotesten schon zu Planungsänderungen. So wurde beim Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg die ursprüngliche Planung eines Naturzug-Kühlturms mit kombinierter Nutzung als Schornstein geändert. Die realisierte Planung beinhaltet einen niedrigen Hybridkühlturm (Höhe 65 m). Aufgrund der aufwendigen Rauchgasreinigung kann auch auf einen sehr hohen Schornstein verzichtet werden. Der neue konventionelle Schornstein hat eine Höhe von 130 m[3].

Turmhöhe Kraftwerke mit Kühlturmnutzung als Schornstein Brennstoff
100 m Kraftwerk Völklingen/Fenne (Blöcke HKV & MKV) Steinkohle
110 m Kraftwerk Frimmersdorf (Block Q) Braunkohle
120 m Kraftwerk Jänschwalde (Blöcke A–F) Braunkohle
128 m Kraftwerk Niederaußem (Blöcke G & H) Braunkohle
135 m Kraftwerk Quierschied/Weiher (Block Weiher III) Steinkohle
141 m Kraftwerk Schwarze Pumpe (Blöcke A & B) Braunkohle
141 m Kraftwerk Staudinger (Block 5) Steinkohle
141,5 m Kraftwerk Rostock (Monoblock-Kraftwerk) Steinkohle
155 m Kraftwerk Boxberg (Block R) Braunkohle
160 m Kraftwerk Lünen (Block Lünen-Stummhafen) Steinkohle
165 m Kraftwerk Westfalen (Blöcke D & E)[4] Steinkohle
172 m Kraftwerk Neurath (Blöcke F & G) Braunkohle
174,5 m Kraftwerk Lippendorf (Blöcke R & S) Braunkohle
180 m Kraftwerk Datteln (Block 4) Steinkohle
181 m Kraftwerk Duisburg-Walsum (Block 10) Steinkohle
200 m Kraftwerk Niederaußem (Block K) Braunkohle

Ventilatorkühlturm

Ventilatorkühltürme (Höhe 34–100 Meter) sind nicht so hoch wie Naturzugkühltürme (Höhe bis zu 200 m), da der Luftzug mit Ventilatoren erzeugt wird. Auch Zellenkühler sind Ventilatorkühltürme, allerdings deutlich niedriger und kompakter.

Die ventilatorunterstützten runden Kühltürme (Teilnaturzug) kombinieren die Vorteile von Naturzugkühltürmen (kein Stromverbrauch durch kompletten Naturzug) mit denen von Zellenkühlern (bessere Kühlcharakteristik im Sommer sowie bessere betriebliche Flexibilität) und werden eingesetzt, wenn die Bauhöhe durch Nähe zu Wohnbebauung oder zum Schutz des Landschaftsbilds begrenzt ist.

Ventilatorunterstützte Kühltürme werden sowohl für den Industrie- als auch für den Kraftwerksbereich eingesetzt für Kühlwasserkreisläufe zwischen 25.000 und 200.000 m³/h.

Diese Kühlturmvariante kann auch in Ortschaften gebaut werden, weil im Gegensatz zu den deutlich höheren Naturzugkühltürmen keine optisch bedrängende Wirkung und keine massive Verschattung entsteht.

Vorteile gegenüber Naturzugkühltürmen Vorteile gegenüber Zellenkühltürmen Nachteile gegenüber Naturzugkühltürmen
kompakte Bauweise mit geringer Höhe ohne optisch bedrängende Wirkung Stromeinsparung durch Teilnutzung des natürlichen Kamineffektes Strombedarf
geringerer Platzbedarf bei Stromausfall Teilkühlung durch Naturzug
bessere Kühlcharakteristik im Sommer keine Rezirkulation von heißer Luft
höhere betriebliche Flexibilität höhere Dampfschwadenabführung

Hybridkühlturm

Hybridkühlturm (Größenvergleich zu Kesselhaus im Hintergrund) des Kraftwerks Altbach

Hybridkühltürme (Höhe 42–65 Meter) sind nicht so hoch wie Naturzugkühltürme (Höhe bis zu 200 m), da der Luftzug wie bei Ventilatorkühltürmen mit Ventilatoren erzeugt wird. Zusätzlich wird bei Hybridkühltürmen ein Wärmeübertragerpaket (Trockenteil) eingebaut, über das Ventilatorkühltürme nicht verfügen.

Im Normalbetrieb wird das warme Kühlwasser im Nassteil (untere Ebene) des Hybridkühlturmes verrieselt. Die obere Ebene des Hybridkühlturmes, der Trockenteil, dient ausschließlich der Schwadentrocknung und trägt nur einen kleinen Teil zur Gesamtkühlleistung des Kühlturmes bei. Über die Ventilatoren des Trockenteiles wird kalte Luft von außen angesaugt und durch das Vorbeileiten an den Wärmeübertragerpaketen (welche mit warmem Kühlwasser gespeist werden) erwärmt. Das Einleiten dieser erwärmten Luft in den gesättigten Kühlturmschwaden bewirkt eine Verschiebung des Sättigungspunktes und dadurch zu einer vollständigen Auflösung des sichtbaren Kühlturmschwadens. Hybridkühltürme werden überwiegend dort eingesetzt, wo niedrige Bauhöhen und eine geringe Verschattung, meist in der Nähe von Wohnbebauung, gefordert werden. Eine Rauchgaseinleitung in Hybridkühltürme ist unüblich.

Turmhöhe Kraftwerke mit Hybridkühlturm Brennstoff
42 m Kraftwerk Altbach/Deizisau (zwei baugleiche Türme) Steinkohle
56 m Kernkraftwerk Neckarwestheim Uran
65 m Kraftwerk Moorburg[5] Steinkohle
80 m Rheinhafen-Dampfkraftwerk Karlsruhe Steinkohle
(in Planung) Kraftwerk Niederaußem (Planung Neubau Block BoA plus) Braunkohle

Kühlarten

Nasskühlung mit Naturzug-Nasskühltürmen ist die am häufigsten vorkommende Kühlart, weil der Wirkungsgrad durch die entstehende Verdunstungskälte des Wassers als Kühlmedium am höchsten ist. Sehr viel seltener ist Hybridkühlung, die im Gegensatz zur Nasskühlung einen geringeren Wirkungsgrad hat, aber keine sichtbaren Dampfschwaden produziert. Trockenkühlung nutzt Luft als Kühlmedium und findet nur unter speziellen Umgebungsbedingungen Anwendung — wie niedrige mittlere Temperatur, Wassermangel oder ein geringer Kühlbedarf bei Kraftwerken, die Abwärme als Fernwärme abführen (z. B. Heizkraftwerk Berlin-Mitte). Bei Trockenkühlung ist eine Verbreitung von Keimen (z. B. Legionellen) durch die fehlenden Dampfschwaden im Gegensatz zu Nasskühlung ausgeschlossen, allerdings hat Trockenkühlung den niedrigsten Wirkungsgrad von allen Kühlarten.

Nasskühlung

Naturzug-Nasskühlung

Dampfschwaden aus den Kühltürmen des Kernkraftwerks Cattenom
Wasserbecken (Kühlturmtasse) im unteren Teil des Naturzug-Nasskühlturms vom Kraftwerk Rostock

In Naturzugkühltürmen[6] wird das zu kühlende Wasser in die Luft versprüht und über Füllkörper verrieselt. Dadurch wird ihm Verdunstungswärme entzogen und die Luft befeuchtet. Verdunsten von einem Kilogramm Wasser zehn Gramm, so sinkt die Temperatur des Wassers um sechs Kelvin. Zusätzlich wird das Wasser durch den feinverteilten Kontakt mit der Luft durch Konvektion gekühlt und die Luft erwärmt. Die Erwärmung der Luft führt zu einer Abnahme der Dichte und damit einer Zunahme des Auftriebs der Luft. Oberhalb des Kühlturmes wird das Gemisch als Dampfschwaden sichtbar. Etwa 1,5 bis 2,5 % des umlaufenden Kühlwassers verdunsten dabei und müssen ergänzt werden. Ein weiterer Austausch des Kühlwassers durch die Abflut (Abschlämmwasser) ist notwendig, um zu verhindern, dass sich die im Wasser gelösten Salze zu sehr konzentrieren (akkumulieren). Kalk-Ablagerungen stellen hierbei das Hauptproblem dar; beim Betrieb eines Wärmekraftwerkes mit 3 GW thermischer Leistung können pro Tag etwa zehn Tonnen Kalk anfallen, die z. B. durch Lösen mit Ameisensäure aus dem Wasserkreislauf entfernt werden müssen. Diese Bauart wird in erster Linie im Dampfkraftwerk eingesetzt. Den tiefsten Bereich eines Nasskühlturmes, in dem sich das versprühte Kühlwasser sammelt, nennt man Kühlturmtasse.

Naturzug-Nasskühltürme (NNKT) haben wegen der Nutzung der Verdunstung eine sehr hohe Leistungsdichte. Sie verbrauchen Wasser. Der Wasserverbrauch wird durch eine über der Wasserverteilung liegende Lage Tropfenabscheider reduziert. NNKT sind daran zu erkennen, dass sie, vor allem bei kühlerem Wetter, weithin sichtbare „Nebelschwaden“ erzeugen. Ein Nebeneffekt ist das Einbringen von Wasserdampf in die Atmosphäre, was lokal (Mikroklima/Mesoklima) die Bildung von Nebel oder Niederschlag bewirken kann. Deswegen ist im Bereich von Kühltürmen im Winter oft Industrieschnee zu sehen. Ab gewissen Temperaturen im Wasserkreislauf können sich Bakterien (z. B. Legionellen) vermehren. Durch die Verdunstung kann das Kühlwasser theoretisch bis auf die Feuchtkugeltemperatur, die bei trockenem Wetter deutlich unter der Lufttemperatur liegt, abgekühlt werden.

Zwangsbelüftete Nasskühlung (Ventilatorkühltürme)

Bei zwangsbelüfteter Nasskühlung wird wie bei Naturzug-Nasskühlung das zu kühlende Wasser in die Luft versprüht und über Füllkörper verrieselt. Dadurch wird dem Wasser Verdunstungswärme entzogen und die Luft befeuchtet.

Im Gegensatz zur Naturzug-Nasskühlung wird der zur Kühlung benötigte Luftzug durch Ventilatoren erzeugt, dadurch können die Kühltürme oder Zellenkühler deutlich niedriger und kompakter gebaut werden. Es wird zwischen saugenden Ventilatoren (im oberen Bereich der Ventilatorkühltürme eingebaut) und drückenden Ventilatoren (an den unteren Seitenrändern eingebaut) unterschieden.

Trockenkühlung

Trockenkühlturm des THTR-300 in Hamm-Uentrop
Zwangsbelüfteter Trockenkühlturm (Sonderbauform mit unten montierten Ventilatoren)

In Trockenkühltürmen kommt das Wasser nicht in direkten Kontakt mit der Atmosphäre. Bei ihnen strömt das Kühlwasser in Rohren, die mit Kühlrippen ausgestattet sind. Die Umgebungsluft strömt an den Kühlrippen vorbei, wird erwärmt, steigt durch Konvektion auf und transportiert damit die übertragene Wärme ab. Große Ventilatoren können die Konvektion unterstützen.

Trockenkühltürme finden Verwendung an Kraftwerksstandorten, an denen Wasser für Nasskühlung nicht vorhanden oder dessen Beschaffung zu teuer wäre. Wegen ihrer relativ hohen Kosten fanden sie bis 1985 bei Wärmekraftwerken kaum Anwendung.[7]

Bei der Trockenkühlung lassen sich zwei Verfahren unterscheiden:

Direkte Trockenkühlung

Es gibt nur einen Kreislauf: Der Abdampf der Generatorturbine wird direkt in den Trockenkühlturm geleitet, der selbst als Kondensator dient und in dem das Wasser rückkondensiert.

Beispiel:

Zwei Kohlekraftwerke am Standort Wyodak im US-Bundesstaat Wyoming:

Am Standort Wyodak herrschen im Winter extrem niedrige Temperaturen, so dass die Gefahr bestünde, dass Nasskühltürme einfrieren. Eine reine Trockenkühlung findet nur in der kalten Jahreszeit statt. Bei höheren Außentemperaturen wird die Kühlung durch Kühlteiche unterstützt. Bei hohen Außentemperaturen im Sommer wird zusätzlich Wasser in Zellenkühlern verdunstet.

  • Kohlekraftwerk Wyodak II bestehend aus zwei Kraftwerksblöcken, Inbetriebnahme: 1979[8]
  • Kohlekraftwerk Wygen II, Inbetriebnahme: 2003[9]

Wyodak II: Um den extrem kalten Wetterbedingungen am Standort Wyodak gerecht zu werden, wurde für den Hauptkraftwerksblock ein Trockenkühler bestehend aus 69 Zellenkühlern gebaut. Das System beinhaltet zwei 11 × 3 Anordnungen in V-Form (Schmetterlingsflügel-Design). Kraftwerksblock 2 erhielt drei Prototyp-Zellen (Einreihen-Röhren-Bündel). Die Anlage war bei Inbetriebnahme der größte Trockenkühlturm der Welt und die erste mit Einreihen-Röhren-Bündel. Zur Unterstützung der Kühlleistung im Sommer verfügt die Anlage über zwei Kühlteiche.

Wygen II: 2 × (2 Einreihen-Röhren-Bündel). Zur Unterstützung der Kühlleistung im Sommer verfügt die Anlage über einen Kühlteich. Das Kraftwerk hat einen Wasserverbrauch von 7 % im Vergleich zu konventioneller Nasskühlung pro Jahr.[9]

Indirekte Trockenkühlung

Indirekte Trockenkühlung

Es gibt zwei Kreisläufe: Der Abdampf der Generatorturbine wird im Heizkreislauf in einem Kondensator rückkondensiert. Die überschüssige Wärme wird im Kondensator an einen zweiten Kreislauf, den Wasserkreislauf, übertragen. Der Trockenkühlturm befindet sich in diesem zweiten Wasserkreislauf zur Kühlung des Kondensators. Es gibt zwei verschiedene Typen von Kondensatoren:

  • Typ 1: Einspritzkondensatoren
  • Typ 2: Oberflächenkondensatoren

Beispiel für Typ 1: Kraftwerk Ibbenbüren Block A, das von 1967 bis 1987 betrieben wurde.[10]

Die Auslegungs-Lufteintrittstemperatur beträgt 1,5 °C, weil die Turbinen für Nasskühlverfahren ausgelegt waren.

Beispiel für Typ 2: Kernkraftwerk THTR-300, das von 1983 bis 1989 betrieben wurde.[11]

Die Auslegungs-Lufteintrittstemperatur beträgt 12 °C. Die Auslegung des Turms wurde überdimensioniert, um das gleiche Kondensationsniveau zu erreichen wie bei Nasskühlung.

Die größten Kühltürme für die indirekte Trockenkühlung stehen im Kraftwerk Kendal in Südafrika, das gleichzeitig auch das größte Kraftwerk ist, das diese Technologie verwendet. Die Anlage hat eine installierte Leistung von 4.116 MW, die Kühltürme haben an der Basis einen Durchmesser von 165 m und sind auch 165 m hoch.[12]

Hybridkühlung (kombinierte Nass- und Trockenkühlung)

Hybridkühlung[13] vereinigt die technisch-physikalischen Vorteile von Trockenkühlung und Nasskühlung (hohe Kühlleistung, besserer Wirkungsgrad) bei deutlich verringertem Wasserverbrauch. Da auch bei Hybridkühlung Wasser verdunstet, muss man sie eher der Nasskühlung als der Trockenkühlung zuordnen. Sie wird manchmal fälschlicherweise der Trockenkühlung zugeordnet.[14] Wegen ihrer besonderen Art als Mix aus Trocken- und Nasskühlung sollte man sie als gesonderte Klasse führen. Gegenüber Nasskühlung besitzt sie aber wegen des Leistungsbedarfes für die notwendigen Ventilatoren einen schlechteren Wirkungsgrad. Zudem liegen die Investitionen für Hybridkühlung gleicher Leistung wie Nasskühlung sehr viel höher.

Hybridkühlung wird daher häufig in Anlagen oder Kraftwerken gebaut, wo es zu eventuellen Beschwerden der Anwohner, mangelnder Akzeptanz oder Planungs-, Verkehrs- und Genehmigungsproblemen wegen Schwaden und Industrieschnee kommen könnte.

Hybridkühlturm

Hybridkühlturm (hinten) und Zellenkühler (vorne) im Kernkraftwerk Neckarwestheim

Hybridkühlanlagen[14] können in Turmbauweise errichtet sein. Entweder hat ein solcher Hybridkühlturm im unteren Bereich Ventilatoren und drückt die Umgebungsluft in den Kühlwasserschleier im Inneren oder der Kühlturm hat den Ventilator im oberen Bereich angeordnet und saugt die Luft durch den sog. Lufteintritt im unteren Bereich des Kühlturms an.

Beim Hybridkühlturm wird den Schwaden vor dem Verlassen des Kühlturms ein warmer, in Wärmeübertragern und durch Ventilatoren erzeugter Luftstrom beigemischt. Dadurch bleibt die Luft untersättigt und ist beim Verlassen des Kühlturms nicht sichtbar, es entstehen somit kaum sichtbare Dampfschwaden. Hybridkühltürme werden aus Beton, Holz, GFK oder Stahl gebaut.

Zellenkühler (Hybridausführung mit Nass- und Trockenebene)

Zellenkühler der Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal
Schema eines Zellenkühlers

Ein Zellenkühler ist ein sehr kompakter Ventilatorkühlturm aus Holz, GFK, Stahl oder Beton, in dem das durch Prozesse erwärmte Kühlwasser rückgekühlt wird. Ein Zellenkühler ist somit ein zwangsbelüfteter (durch Ventilatoren entweder Luft saugender oder von den Unterseiten Luft drückender) Kühlturm, in dem das zu kühlende Wasser durch an den Wasserverteilerrohren angeschlossenen Sprühköpfe über Rieselkörper verteilt wird.

Bei saugender Bauweise befindet sich auf der Oberseite des Zellenkühlers ein Diffusor mit einem Ventilator, der durch einen Elektromotor und ein Getriebe angetrieben wird. Bei drückender Bauweise sind die Ventilatoren im unteren Drittel an den Seiten des Bauwerks angeordnet.

Diese Ventilatoren erzeugen im Zellenkühler einen Luftstrom. Kühle Luft tritt durch den Lufteintritt im unteren Bereich des Zellenkühlers ein und wird durch die Rieselkörper nach oben gesogen oder gedrückt, wo die erwärmte, gesättigte Luft dann durch den Diffusor an der Oberseite wieder heraus gedrückt oder gesaugt wird. Eine Lage Tropfenabscheider (Demister) unmittelbar über der Wasserverteilung verringert die Wasserverluste. Somit werden große Wassertropfen nicht nach außen getragen.

Zellenkühler können als Nasskühler oder als Hybridkühler gebaut werden. Bei der Ausführung als Hybridkühler muss eine zweite Ebene mit Ventilatoren vorhanden sein, die den Dampfschwaden vor dem Verlassen der Anlage einen warmen, in Wärmeübertragern erzeugten Luftstrom beimischt. Dadurch bleibt die Luft untersättigt und es entstehen keine oder kaum sichtbare Dampfschwaden.

Ein Zellenkühler kann zur Verringerung von Geräuschemissionen mit Schallschutzelementen im Lufteintritt und Luftaustritt ausgestattet werden. Mehrere Zellenkühler werden in der Regel zur Erhöhung der Kühlleistung parallel geschaltet, sodass sich als Bauform ein rechteckiges Gesamtbauwerk ergibt.

Beispiel: Das momentan größte Solarthermiekraftwerk der Welt Andasol 1–3. Jeder Kraftwerksblock hat ein Nennleistung von 50 MW und einen Wasserverbrauch von 870.000 m³ pro Jahr.

Trockenkühlturm in Kombination mit einem Kühlteich

An besonders heißen Orten kann man auch Trockenkühltürme in Kombination mit Kühlteichen verwenden. Dieses Verfahren bietet den Vorteil, dass das Wasser im Kühlkreislauf im geschlossenen Kreis geführt werden kann. Die Wärme des Kühlkreislaufs wird an einen Kühlteich abgegeben, dessen Verdunstungskälte den Kühlkreislauf rückkühlt. Da der Kühleffekt über die Verdunstung von Wasser des Kühlteichs erfolgt, ist auch dieses Verfahren der Hybridkühlung und nicht der Trockenkühlung zuzurechnen.

Beispiel: Das Gaskraftwerk El dorado energy 27 km südwestlich von Boulder City, Nevada, 40 km südwestlich vom Lake Mead (Hoover-Staudamm), 64 km südöstlich von Las Vegas. Dieses Gaskraftwerk wird als Mittel- und Spitzenlastkraftwerk genutzt. Eine der Hauptaufgaben ist, die Strombedarfsspitzen von Las Vegas auszugleichen, die durch das Hoover-Damm-Kraftwerk[15] nicht abgedeckt werden können.

Zellenkühler
Geographische Daten
Standort Boulder City, Nevada
Koordinaten 35° 47′ 18,1″ N, 114° 59′ 37,9″ W
Höhe über NN 765 m
Kraftwerk
Kraftwerksname El Dorado Energy[16]
Inbetriebnahme 2000
Elektrische Leistung 480 MW
Kühlturm
Bauart Zellenkühler-Trockenkühlturm in Kombination mit Kühlteichen[17]
Kühlturmhersteller GEA Power Cooling, Inc.[18]
Kühlteiche 3
Kühlteichfläche 3 × (200 m × 150 m) = 90.000 m²
Wasserverbrauch pro Jahr ?

Anwendung bei Industrieprozessen

Anwendung im Wärmekraftwerksprozess zur Stromerzeugung

Wärmekraftwerke erzeugen Wärme mit Hilfe verschiedener Verfahren:

  • Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Kohle, Gas, Öl, Torf
  • Wärmeenergie aus nuklearen Spaltprozessen in Kernkraftwerken
  • Wärme aus Solar- bzw. Geothermie

Nach den Gesetzen der Thermodynamik kann Wärmeenergie nur dann in eine andere Energieform umgewandelt werden, wenn eine Temperaturdifferenz vorliegt. Neben einer Wärmequelle wird also auch eine Wärmesenke benötigt. Diese Wärmesenke kann durch einen Kühlturm bereitgestellt werden.

Zur Erzeugung von elektrischem Strom aus Wärme benötigt man einen Wasserdampferzeuger. Der Wasserdampf treibt eine Turbine an, die wiederum einen Generator antreibt, der den Strom erzeugt. Der Abdampf der Generatorturbine muss mit Hilfe eines Kondensators rückkondensiert werden. Dadurch bildet sich eine Druckdifferenz zwischen heißer und kalter Seite, welche den Dampf in Bewegung setzt und den Antrieb einer Turbine erst ermöglicht. Zur Kondensation des Dampfes werden erhebliche Mengen Kühlwasser benötigt. In einem großen Wärmekraftwerk können pro Stunde bis zu 100.000 m³ Wasser die Anlagenteile und den Kühlturm passieren.

In einem Kraftwerk befinden sich in der Regel zwei getrennte Wasserkreisläufe.

  • Dampfprozess: Das Wasser wird in einem Dampfkessel erhitzt und verdampft. Die Turbine entzieht dem Dampf die Strömungsenergie und stellt sie als mechanische Energie zur Verfügung, welche dann den Generator antreibt. Bei der Entspannung in der Dampfturbine wird der Dampf bereits bis zu 15 % kondensiert (Temperaturen etwa 36 °C). Anschließend wird der restliche Dampf im Kondensator niedergeschlagen. Das flüssig vorliegende Wasser wird durch die Speisepumpen energetisch günstig auf das Druckniveau gebracht.
  • Kühlkreislauf: Im zweiten Wasserkreislauf, dem sogenannten Kühlkreislauf, wird die Wärmeenergie vom Kondensator abgeführt und, falls erforderlich, das Wasser in einem Kühlturm abgekühlt.

Die Gründe für den Betrieb eines Kühlturmes liegen zum einen in der Forderung, ein möglichst kaltes Ende (Wärmesenke) des Dampfkreislaufes im Wärmekraftwerk bereitzustellen, und andererseits von einem nahen Fließgewässer oder einen sonstigen Wärmeverbraucher unabhängig zu sein. Ebenfalls notwendig ist ein Kühlturm, wenn das Kühlwasser aus Umweltschutzgründen nur mit begrenzter Temperatur in das Fließgewässer abgegeben werden darf.

Bei Wärmekraftwerken steht meistens die Erzeugung von elektrischem Strom im Vordergrund. Die erzeugte Wärme lässt sich aus physikalischen Gründen nur zum Teil in Strom umsetzen. Es bleibt immer ein Rest an Wärme, der in der Regel nicht direkt nutzbar ist. Man spricht dann von Abwärme, die in erster Linie im Kühlturm umgesetzt wird. Bei wärmegeführten Kraftwerken mit dem Schwerpunkt Heizenergieproduktion wird die Bezeichnung Heizkraftwerk oder Fernwärme-Heizkraftwerk verwendet.

Kühlwasserverbrauch bei verschiedenen Stromerzeugungsverfahren

Kühlwasserverbrauch verschiedener Stromerzeugungsverfahren
Kraftwerk Typ Wassermenge
m³/Jahr
Strommenge
MWh/Jahr
Wasserverbrauch
m³/MWh
Literaturwert[19]
gallons/MWh
Kernkraftwerke Kernkraft 1,893–4,164 500–1100
Parabolrinnen-Solarthermie-Kraftwerke Solarthermie 2,877–3,483 760–920
Andasol Solarthermie 870.000 180.000 4,833 1277
Nevada Solar One [20] Solarthermie 493.393 135.050 3,653 965
Kohlekraftwerke Kohle 0,416–1,136 110–300
Gaskraftwerke (kombinierter Zyklus) Gas 0,757 200

Anwendung außerhalb eines Kraftwerks

Zellenkühler (Ventilatorkühlturm) an einer Industrieanlage

Kühltürme befinden sich nicht nur in Kraftwerken, sondern werden auch in anderen Anlagen verwendet, zum Beispiel Wasserkühlung in der chemischen Industrie, allgemein Kühlung in der Industrie sowie Kühlung von Einkaufszentren, Sporthallen, etc.

Die Kühltürme bzw. Rückkühlwerke dieser Anlagen sind wegen der meist geringeren Wärmemengen (Abwärme) erheblich kleiner.

Notwendige Daten zur Planung von Kühltürmen

Kühltürme werden in Abhängigkeit vom Kühlverfahren nach verschiedenen DIN- und ISO-Normen ausgelegt. Dabei müssen einige grundlegende Daten des Kraftwerks und des Kühlturms berücksichtigt werden. Zudem müssen verschiedene EG-Richtlinien beachtet werden. So ist seit Ende Dezember 2009 die Maschinenrichtlinie verbindlich. Nachfolgend eine nicht vollständige Auflistung der wichtigsten Parameter:

Kraftwerk:

  • Kraftwerksstandort
  • Luftdruck (ISO-Norm: Seehöhe)
  • Umgebungstemperatur (ISO-Norm: 15 °C)
  • relative Luftfeuchtigkeit (ISO-Norm: 60 % relative Luftfeuchtigkeit)
  • Kraftwerksleistung
  • Wassertemperatur im Heizkreislauf
  • Wasserdruck im Heizkreislauf
  • Dampfdruck im Heizkreislauf hinter dem Kondensator

Kühlturm:

  • Wassereintrittstemperatur im Kühlkreislauf
  • Wasseraustrittstemperatur im Kühlkreislauf
  • Bauart des Kühlturms
  • Lufteintrittstemperatur in den Kühlturm
  • Luftaustrittstemperatur aus dem Kühlturm
  • Wasserumlaufmenge
  • Wasserverbrauch

Nutzungsmöglichkeiten der Abwärme von Industrieprozessen als Alternative zu Kühltürmen

Das Heizkraftwerk Berlin-Mitte wird neben der Stromproduktion auch zur Fernwärmeversorgung des Regierungsviertels eingesetzt. Im Winter ist durch die Abgabe von Fernwärme kein Kühlturm notwendig. Im Sommer wird die Anlage nicht mit Volllast betrieben, zusätzlich steht ein abgewandelter Trockenkühlturm in flacher Bauweise mit Ventilatoren zur Verfügung.
Wärmespeicher

Bei Kraftwerken für die Stromerzeugung wird von dem Kondensator verfahrensbedingt eine relativ niedrige Temperatur an den Kühlkreislauf des Kühlturmes übertragen. Diese Abwärme geringer Temperatur ist technisch nicht weiter nutzbar, sollte aber zur Erhöhung des Wirkungsgrades des thermischen Kreisprozesses noch weiter gesenkt werden. Diese Aufgabe kann ein Kühlturm übernehmen, wenn er die vorhandene und nicht mehr zur Stromerzeugung nutzbare Prozesswärme an die Umgebung abführt. Bei einem Bedarf könnte diese Kondensationswärme (z. B. in einem Fernwärmenetz oder Wärmespeicher) auch bei einer höheren Temperatur abgeführt werden.

Diese Wärmeauskopplung mindert zwar den elektrischen Wirkungsgrad und damit die elektrisch nutzbare Leistung des Kraftwerkes, da nun ein kleinerer Teil der Wärmeenergie zur Stromerzeugung direkt nutzbar ist. Jedoch wird aber mehr Energie vom eingesetzten Brennstoff für zwei Prozesse (Stromproduktion und Fernwärmeproduktion) genutzt. Somit wird der Brennstoffausnutzungsgrad verbessert. Der kombinierte Strom- und Wärmenutzungsprozess bei Kraftwerken wird als Kraft-Wärme-Kopplung bezeichnet.

Es wird zwischen strom- und wärmegeführter Auslegung von KWK-Anlagen unterschieden, je nach der Priorität, die einer der beiden Energieformen zugemessen wird. Stromgeführte Anlagen optimieren den Stromertrag, wärmegeführte Anlagen den Wärmeertrag. Der höchste Nutzungsgrad wird mit wärmegeführter Auslegung erzielt, weil dabei die geringsten Energieverluste entstehen. Dabei kann die Wärmespeicherung durch Verwendung eines Fernwärmespeichers bewerkstelligt werden. Die erzeugte Wärme wird als warmes Wasser, die sogenannte Fernwärme, oder Wasserdampf über isolierte Rohrleitungen zur Gebäudeheizung, für industrielle Zwecke (Prozesswärme) oder in der Lebensmittelherstellung (z. B. Aquakultur) verwendet. Durch Einsatz von großen Wärmespeichern kann die im KWK-Prozess (immer zeitgleiche) Produktion von Wärme und Strom zeitlich wieder entkoppelt werden, da die Wärme zwischengespeichert werden kann. So kann eine KWK-Anlage stromgeführt betrieben werden und dennoch die Wärmebereitstellung eines wärmegeführten Betriebs gewährleisten. In Zeiten von hoher Strom- und geringer Wärmenachfrage kann die Anlage in Volllast betrieben werden und die überschüssige Wärme in den Speicher laden. In Zeiten von geringer Strom- und dennoch hoher Wärmenachfrage kann die KWK-Anlage in Teillast betrieben werden, die restliche Wärme kann dann durch den Wärmespeicher temporär bereitgestellt werden.

Da die Verbindung von KWK-Anlagen und großen Wärmespeichern zu einer hohen Flexibilität bei gleichzeitig effizienter Brennstoffnutzung führt, hat die Bundesregierung die Förderung von Wärmespeichern mit der letzten Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes in die Förderung mit aufgenommen.

Fernwärme

Fernwärmeleitung aus Kunststoffmantel-Verbundrohr

In den mehrstufigen Turbinen der Kraftwerke wird der Wasserdampf in der Regel bis an den Beginn der Kondensation expandiert, bei Auskopplung von Fernwärme muss dieser Prozess schon vorher abgebrochen werden, was eine Einbuße von bis zu 25 % der elektrischen Leistung bedeutet. Zum Betrieb eines Fernwärmenetzes ist wegen der vielen Wärmeübertrager und der dort erforderlichen Temperaturgefälle eine Temperatur des Primärkreislaufs von 130–150 °C notwendig. Im Sommer geht die Kühlleistung (für Kühlwasser im Kraftwerksbetrieb) eines Fernwärmenetzes durch den geringeren Heizbedarf von externen Fernwärmenutzern stark zurück, so dass trotzdem in (zum Teil auch kleinere) Kühltürme oder Wärmespeicher investiert werden muss. Deshalb wird nach Möglichkeiten gesucht, um die restliche Energie auch im Sommer zu nutzen. Ein sinnvolles Einsatzgebiet ist die Fernkälte.

Fernkälte

Datei:Hinweisschild Fernkaelte Dresden.jpeg
Fernkälte als Nutzungsmöglichkeit um Fernwärme im Sommer umzuwandeln

Bei der Nutzung bzw. Produktion von Fernkälte wird dem externen Kunden wie bei Fernwärme im Winter heißes Wasser geliefert, welches vor Ort mit Hilfe von Absorptionskältemaschinen Kälte erzeugt. Dieses Verfahren wird zur Zeit für Einrichtungen mit großem Kältebedarf, zum Beispiel Krankenhäuser oder Einkaufszentren, eingesetzt. In Chemnitz gibt es einen zentralen Kältespeicher, der Einrichtungen in der Stadt versorgt.[21]

Seit 1973 besitzt Chemnitz (damals Karl-Marx-Stadt) als zweite deutsche Stadt ein Fernkältenetz.[22] Das etwa vier Kilometer lange von den Stadtwerken Chemnitz betriebene Netz versorgt Technische Universität, Opernhaus, Stadthalle, Amtsgericht sowie mehrere große Einkaufszentren. Durch Nutzung von Absorptionskältemaschinen ist es möglich, auf die mit Elektroenergie angetriebenen Kältemaschinen (Kompressionskältemaschinen) weitgehend zu verzichten.

In Wien ging 2009 die erste Kältezentrale für Fernkälte in der Spittelau ans Netz, die unter anderem das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien sowie verschiedene Bürogebäude mit Fernkälte versorgt. Mittlerweile gibt es auch noch weitere Kältezentralen von Wien Energie im ganzen Stadtgebiet, 2014 erfolgte die Inbetriebnahme der Fernkältezentrale Hauptbahnhof. Mit einer Leistung von 20 Megawatt im Endausbau ist diese Kältezentrale eines der größten Fernkälteprojekte in Europa. Im ganzen Stadtgebiet sind 65 Megawatt (Stand 2014) an Fernkälteleistung in Betrieb. Ohne die Fernkältenutzung würde ein Großteil der Energie im Sommer ungenutzt über Kühltürme an die Umwelt abgegeben. [23]

Die Kombination von gemeinsamer Strom- und Wärmeerzeugung (sowie Fernkälteerzeugung durch Umwandlung der Heizenergie) wird als Kraft-Wärme-Kopplung bezeichnet. Dieses System kann mit maximaler Effizienz nur dezentral betrieben werden um Leitungsverluste zu minimieren. Voraussetzung sind somit geringe Strecken zum Wärmetransport. Mit zunehmender Verteuerung von Brennstoffen und bei erhöhten Umweltschutzauflagen wird die Kraft-Wärme-Kopplung weiter an Bedeutung gewinnen.

Gefahren

Brandgefahren

Sobald ein Naturzug-Kühlturm außer Betrieb ist, kann von ihm wegen der sehr leichten Rieseleinbauten (Polypropylen, Polyvinylchlorid, Asbestzement, Holz) und des Kamineffekts eine erhebliche Brandgefahr ausgehen. Am 12. Mai 2003 brannte bei Abrissvorbereitungen im stillgelegten Kraftwerk Schwandorf ein Naturzugkühlturm ab, nachdem in seinem Inneren ohne Brandschutzmaßnahmen geschweißt wurde.[24] Innerhalb von 45 Minuten brannten 108 Tonnen Einbauteile aus Polypropylen ab, nach weiteren 50 Minuten waren auch 60 Tonnen hölzerne Einbauteile verbrannt. Die frühzeitig gerufene Feuerwehr konnte wegen Einsturzgefahr das Feuer nicht rechtzeitig löschen. Versuche der VGB haben gezeigt, dass der Brand eines Naturzug-Kühlturmes unlöschbar ist und immer einen Totalschaden zur Folge hat.

Gesundheitsgefahren durch Verkeimung der Umgebung

Kohlekraftwerk Weisweiler. Block F war 2014 mit 275.000 KBE pathogener Legionellen konta­miniert.
Kühltürme produ­zier­en große Mengen Aerosol und können dadurch über 10 km Ent­fernung eine Infektions­quelle sein.

Bei Kühltürmen und Rückkühlwerken, die mit offenen Wasserkreisläufen (Nasskühlung) arbeiten, besteht die Gefahr einer Verkeimung und einer Verbreitung der Keime als Bioaerosol.[25] Kontaminierte Kühltürme können im Radius von über 10 km Entfernung Infektionen mit Legionella pneumophila verursachen.[26]

Das Problem lässt sich durch den Einsatz von Trockenkühltürmen vermeiden, allerdings ist Trockenkühlung weniger effizient als Nasskühlung. Somit wird für die gleiche Kühlleistung bei Trockenkühlung entweder mehr elektrische Energie zum Betrieb benötigt (bei Ventilator-Trockenkühltürmen) oder die Türme benötigen mehr Innenraumvolumen (Naturzug-Trockenkühltürme).

Eine weitere Möglichkeit die Verkeimung von Kühltürmen einzuschränken ist der Einsatz spezieller Metall-Mineral-Katalysatoren. Diese sind in der Lage das Wachstum eines Biofilms zumindest zu hemmen und zu verlangsamen und somit die Risiken durch Verkeimung der Kühltürme zu reduzieren.[6] [7] [8]

Naturzugkühltürme (Nasskühlung) bis zu 200 MW thermischer Leistung unterliegen der Richtlinienreihe VDI 2047 "Hygiene bei Rückkühlwerken."[27] Der freiwillige Grenzwert für Legionellen liegt in Deutschland bei 1.000 kbE/100 mL.[28]

Beispiele für Legionellen-kontaminierte Kühlsysteme:

  • Europäische Epidemien: Murcia, Spanien (2001, Belüftungsanlage mit einem Kühlturm); Barrow-in-Furness, England (2003, Kühlturm); Lens, Frankreich (2004, Kühlturm) und Genf, Schweiz (2001, wahrscheinlich Kühlturm).[29]
  • Januar 2010 in Ulm, war auf einen Testbetrieb eines neuen Rückkühlwerks von Kühlanlagen zurückzuführen
  • Im Sommer 2012 wurden in Rheinland-Pfalz und im Saarland über 20 Personen mit Legionellen inzifiziert.[30]
  • Der Legionellose-Ausbruch in Warstein 2013 wird auf ein Rückkühlwerk zurückgeführt.
  • Das Kohlekraftwerk Moorburg wurde im Probebetrieb 2013 stillgelegt, da Legionellen mit 2.300 kbE/100 mL im Kühlkreislauf nachgewiesen wurden.[28]
  • Der Legionellose-Ausbruch in Jülich 2014 führte dazu, dass Block F des Kohlekraftwerkes in Weisweiler mehrmals abgeschaltet wurde, da in dessen Kühlkreislauf eine überhöhte Anzahl Legionellen nachgewiesen wurde. Daraufhin wurde die Überprüfung aller Kühltürme in NRW angeordnet[31] und eine Gesetzesinitiative über den Bundesrat eingebracht, Kühlanlagen regelmäßig auf Legionellen zu untersuchen.[32] Die Dekontamination in Weisweiler erwies sich als schwierig und zog sich über drei Monate.[33] Der Höhepunkt wurde trotz zahlreicher Maßnahmen mit 275.000 KBE erreicht und zog ein zweiwöchiges Betriebsverbot nach sich.[34]

Nutzung und Gestaltung der Fassade von Kühltürmen

Schutz des Landschaftsbilds durch Farbgestaltung

Zum Schutz des Landschaftsbilds besteht die Möglichkeit notwendige Kühlanlagen für Kraftwerke und Industrieanlagen entweder besonders kompakt und niedrig zu bauen (Zellenkühler, Ventilatorkühltürme und Hybridkühltürme) oder die Anlagen mit Hilfe von Farbgestaltung weniger sichtbar zu machen.

In den letzten Jahren wurden Kühltürme häufig in einem hellen grau (lichtgrau) beschichtet, es gibt aber auch Versuche mit Hilfe von verschiedenen Farben und Mustern noch bessere Ergebnisse zu erzielen.

Kunstobjekte

Teilweise werden Kühltürme auch als Leinwand und Kunstobjekt verwendet. So befindet sich die größte Karte der Welt auf der 26.000 m² großen Außenseite des Kühlturmes des Kraftwerks Meppen-Hüntel (Emsland). Das Konzept stammt von dem Künstler Christoph Rihs. Ein weiteres Beispiel für die Nutzung eines Kühlturms als Kunstobjekt findet sich in Frankreich. Beim Kernkraftwerk Cruas wurde ein Gemälde auf den Kühlturm gemalt. Der Ventilatorkühlturm des ehemaligen Kernkraftwerks Kalkar wurde nach Umnutzung des Kraftwerks in einen Freizeitpark außen farblich mit einer Berglandschaft gestaltet und von innen mit einem Kettenkarussell ausgestattet.

Politische Protestbotschaften durch Umweltschutzorganisationen

Kühltürme wurden, insbesondere bei Kernkraftwerken, von Umweltschutzorganisationen als Plattform für Proteste genutzt. Nach Einbruch der Dunkelheit wurden mit einem Beamer Bilder auf sie projiziert. In einigen Fällen wurde auch mit Farbe etwas auch Teile des Kühlturms gemalt oder geschrieben.

Quellen

  1. VGB-Richtlinie für den bautechnischen Entwurf, die Berechnung, die Konstruktion und die Ausführung von Kühltürmen, Ausgabe 2005
  2. Kraftwerk Völklingen/Fenne auf power-saar.steag-saarenergie.de
  3. Kraftwerk Moorburg Technikdetails auf vattenfall.de
  4. http://www.atominfo.ru/news3/c0289.htm
  5. Moorburg – Die Kraftwerkstechnik. Abgerufen am 11. März 2013. (Flash wird benötigt, um Informationen zum Kühlturm anzuzeigen)
  6. Naßkühltürme. VDI-Berichte 298, 1977, VDI-Verlag, Düsseldorf
  7. Handbuchreihe Energie, hrsg. von Thomas Bohn: Konzeption und Aufbau von Dampfkraftwerken. Technischer Verlag Resch, TÜV Rheinland, Gräfelfing 1985, ISBN 3-87806-085-8
  8. Informationen der GEA über das Kraftwerk Wyodak II
  9. a b Introducing Wygen II, auf www.blackhillscorp.com, abgerufen am 30. Dezember 2009 (englisch).
  10. O. Scherf: Luftgekühlte Kondensationsanlage für einen 150-MW-Block des Kraftwerks Ibbenbüren. BWK 20 (1968), Nr. 2, S. 56–60
  11. Cleve: Auslegungsprobleme und Berechnungsgrundlagen von Trockenkühltürmen. Seminarvortrag, RWTH Aachen, 10. Jan. 1974
  12. Kendal Power Station. In: www.eskom.co.za. Abgerufen am 6. September 2015.
  13. U. Häuser: Untersuchungen zum Betriebsverhalten von Hybridkühltürmen. Dissertation an der TU Braunschweig, 1981
  14. a b Informationen der GEA über das verschiedene Kraftwerke
  15. [1]
  16. [2]
  17. Informationen der GEA über das Kraftwerk in Boulder (Nevada)
  18. [3]
  19. [4]
  20. [5]
  21. Konzept Fernkälte: Kühlung aus dem Heizkraftwerk. In: Spiegel Online. abgerufen am 3. November 2008.
  22. Kältespeicher in Chemnitz
  23. Jahrbuch Wien Energie 2013. Wien Energie GmbH, Wien 2014
  24. VGB PowerTech, Fachzeitschrift: VGB Kraftwerkstechnik 06/2006
  25. VDI 4250 Blatt 1:2014-08 Bioaerosole und biologische Agenzien; Umweltmedizinische Bewertung von Bioaerosol-Immissionen; Wirkungen mikrobieller Luftverunreinigungen auf den Menschen (Bioaerosols and biological agents; Risk assessment of source-related ambient air measurements in the scope of environmental health; Effects of bioaerosol pollution on human health). Beuth Verlag, Berlin. S. 24.
  26. http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/00682/00684/01084/index.html?lang=de&download=NHzLpZig7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCEfIN5fWym162dpYbUzd,Gpd6emK2Oz9aGodetmqaN19XI2IdvoaCUZ,s-
  27. http://www.vdi.de/index.php?id=44414
  28. a b Legionellen legen Moorburg lahm. klimaretter.info, 4. September 2013, abgerufen am 12. Oktober 2014.
  29. http://www.laborveritas.ch/php/bdata/files/filesDatei_bdataFileExtPDF/53_Legionellen_Bericht_BAG.pdf
  30. http://lua.rlp.de/fileadmin/lua.rlp.de/Jahresberichte/2012/LUA-Bilanz-Infektionspr%C3%A4vention-2012.pdf
  31. Weitere Kraftwerke überprüft. Die Welt, 2. Oktober 2014, abgerufen am 5. Oktober 2014.
  32. Ausbruchsquelle weiter unklar. WDR, 9. Oktober 2014, abgerufen am 11. Oktober 2014.
  33. Weisweiler: Fast keine Legionellen mehr. Aachener Zeitung, 6. Januar 2015, abgerufen am 23. März 2014.
  34. Erneut Legionellen-Alarm am Kraftwerk Weisweiler. WDR, 3. Dezember 2014, abgerufen am 23. März 2015.
  35. Prozess-Serie gegen Greenpeace-Leute. Schwäbisches Tagblatt, 22. Februar 2012, abgerufen am 23. März 2015.

Weblinks

Commons: Kühlturm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kühlturm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen