Liberaldemokratische Partei (Japan)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 3. August 2016 um 13:57 Uhr durch Asakura Akira (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Liberaldemokratische Partei
Jiyūminshutō
Liberal Democratic Party of Japan
Partei­vorsitz (sōsai) Shinzō Abe
Stellvertretender Vorsitz Masahiko Kōmura
General­sekretär Toshihiro Nikai
Exekutivratsvorsitz Hiroyuki Hosoda
PARC-Vorsitz Toshimitsu Motegi
Parlaments­angelegenheiten Wataru Takeshita
Fraktionsvorsitz im Sangiin Seiko Hashimoto
Gründung 1955
Haupt­sitz 1-11-23 Nagatachō, Chiyoda, Präfektur Tokio
Mitglieder 871.871 (2010)[1]
Abgeordnete im Shūgiin
290/475
(Juli 2016)
Abgeordnete im Sangiin
122/242
(Juli 2016)
Staatliche Zuschüsse 15,8 Mrd. Yen (2014)[2]
Mitglieder­zahl 871.871 (2010)[1]
Internationale Verbindungen ehemals IDU (Gründungsmitglied)
Website www.jimin.jp

Die japanische Liberaldemokratische Partei (LDP; 自由民主党 Jiyūminshutō, kurz 自民党 Jimintō; englisch Liberal Democratic Party of Japan) ist eine politische Partei und stellt seit 1955, mit Ausnahme der Jahre 1993–1994 und 2009–2012, die Regierung. Die Mitgliederzahl schwankt stark zwischen einer Million und fünf Millionen und lag 2006 bei 1,21 Millionen zahlenden Mitgliedern.

Die Politik der Partei ist gemäßigt konservativ, wirtschaftsnah sowie außenpolitisch pro-amerikanisch, was sich in letzter Zeit vor allem durch die Unterstützung der Sicherheits- und Antiterrorpolitik der ehemaligen Regierung Bush und, damit einhergehend, einem stärkeren militärischen Engagement bemerkbar machte. So schickte sie japanische Soldaten in den Irak und Schiffe zur Unterstützung der Operation Enduring Freedom. Durch die fast ununterbrochene Herrschaft der Partei seit 1955 gibt es sehr enge Verbindungen zu Wirtschaft und Bürokratie, was sich regelmäßig in Korruptionsskandalen äußert, aber auch zum Wirtschaftswachstum der Nachkriegsjahrzehnte beitrug. Die Beziehungen zwischen Partei, Wirtschaft und Bürokratie werden auch als sogenanntes „Eisernes Dreieck“ bezeichnet.

Die wichtigsten Führungspositionen der LDP füllen der Parteivorsitzende Shinzō Abe, Generalsekretär Shigeru Ishiba, die Vorsitzende des Exekutivrats Seiko Noda und die Vorsitzende des politischen Forschungsausschusses Sanae Takaichi. Die innerparteilichen Entscheidungsprozesse werden maßgeblich von den Faktionen und ihren Vorsitzenden bestimmt. Genau wie Premier Abe sind viele der derzeitigen Regierungs-und Parteimitglieder auch Mitglieder der als revisionistisch eingestuften Nippon Kaigi oder stehen dieser nahe. [3]

Geschichte

Gründungsparteitag 1955
Direktwahlstimmenanteil bei nationalen Unterhauswahlen
50%
40%
30%
20%
10%
0%
’58
’60
’63
’67
’69
’72
’76
’79
’80
’83
’86
’90
’93
’96
’00
’03
’05
’09
’12
’14
Verhältnisw. Unterhaus
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
’96
’00
’03
’05
’09
’12
’14

Nach einigen Zusammenschlüssen und Auflösungen verschiedener konservativer Parteien in den Jahren 1945 bis 1955 bildete sich am 15. November 1955 die LDP in der „Konservativen Fusion“ aus der Liberalen Partei und der Demokratischen Partei Japans in Reaktion auf den Zusammenschluss des rechten und des linken Flügels der Sozialistischen Partei Japans. Durch das Wirtschaftswunder der 1960er Jahre, eine unverhohlene Klientelpolitik, das im Allgemeinen höhere Stimmgewicht ländlicher Wähler, die oft fehlende Einigkeit der Opposition und die Tendenz der Japaner, personen- und nicht programmorientiert zu wählen, – begünstigt durch institutionelle Faktoren wie die Wahlkampfvorschriften oder die Kōenkai – konnte die LDP sich für Jahrzehnte große Mehrheiten im Parlament sichern.

Bereits seit Ende der 1960er Jahre liegt der Stimmenanteil der LDP bei Unterhauswahlen durchgehend unter 50 Prozent; als in den 1970er Jahren die Folgen der Ölkrise den Wirtschaftsaufschwung bremsten und mehrere politische Skandale, insbesondere der Lockheed-Skandal, öffentlich wurden, verlor die Partei bei der Wahl 1976 auch erstmals die absolute Mehrheit der Sitze, konnte aber mit Hilfe parteiloser Abgeordneter weiterregieren. Im gleichen Jahr hatten sechs Abgeordnete unter Führung von Yōhei Kōno die Partei verlassen und gründeten den Neuen Liberalen Klub, der bis 1986 bestand und in den 1980er Jahren an einer Koalitionsregierung beteiligt war. Gleichzeitig waren die 1970er und 1980er Jahre von einem innerparteilichen Machtkampf zwischen Kakuei Tanaka und Takeo Fukuda bestimmt, dem sogenannten Kaku-Fuku-Krieg, der teilweise über Stellvertreter ausgetragen wurde und unter anderem zu den vorzeitigen Neuwahlen 1980 führte.

1982 wurde (zunächst durch die Unterstützung Kakuei Tanaka) Yasuhiro Nakasone Parteivorsitzender-Premierminister, der zwar 1983 wieder einen Verlust der absoluten Sitzmehrheit hinnehmen musste, aber durch seine „neokonservative“ Verbindung von wirtschaftlicher Deregulierung und Privatisierung und einer selbstbewussteren Außenpolitik in enger Abstimmung mit dem Bündnispartner unter Präsident Ronald Reagan der LDP 1986 zu ihrem besten Wahlergebnis (49,4 %) in Jahrzehnten verhalf. Allerdings führten unter seinen Nachfolgern neue Skandale, insbesondere der Recruit-Skandal und der Sagawa-Express-Skandal, innerparteiliche Machtkämpfe und schließlich das Platzen der Bubble Economy und die Debatte über „politische Reform“ (des Wahlrechts und der Parteifinanzierung) zum erneuten Popularitätsverlust. Bei der Oberhauswahl 1989 musste die LDP ihre erste klare Wahlniederlage hinnehmen – erstmals seit Gründung der LDP entstand ein „verdrehtes Parlament“. 1993 verlor sie durch Parteiaustritte die Unterhausmehrheit und musste nach der Unterhauswahl 1993 erstmals in ihrer Geschichte in die Opposition. Unter dem Parteivorsitzenden Yōhei Kōno konnte sie durch eine Koalitionsvereinbarung mit der Sozialistischen Partei Japans 1994 in die Regierung zurückkehren. Ab 1996 stellte sie wieder den Premierminister. Seit 1999 regierte die LDP in Koalition mit kleineren Partnern.

2005 vertrieb der Parteivorsitzende Jun’ichirō Koizumi die sogenannten „Rebellen“, Gegner seiner Pläne zur Postprivatisierung, aus der LDP und veranlasste vorgezogene Neuwahlen, bei denen er eine klare Mehrheit für die LDP erringen konnte. Einige der „Rebellen“ gründeten die Neue Partei Japan und die Neue Volkspartei. Nach Ablauf von Koizumis Amtszeit als Parteivorsitzender übernahmen 2006 Shinzō Abe, 2007 Yasuo Fukuda und schließlich 2009 Tarō Asō den Parteivorsitz. Die Unterhauswahl 2009 endete in einer erdrutschartigen Niederlage. Asō trat zurück, der neue Vorsitzende Sadakazu Tanigaki soll die LDP in der Opposition erneuern und konnte bei der Oberhauswahl 2010 die knappe Mehrheit der neuen Regierung angreifen. Im September 2012 wurde der zwischenzeitlich zurückgetretene Shinzō Abe erneut zum Parteichef gewählt.[4]

Führungsstruktur

Parteivorsitzender

Parteizentrale im Tokioter Regierungsviertel Nagatachō.
Der erste Parteivorsitzende Ichirō Hatoyama und die Führungspolitiker der LDP 1955.

Der Parteivorsitzende der LDP wird als sōsai (総裁) bezeichnet, während die Vorsitzenden der meisten anderen Parteien daihyō (代表) genannt werden. Diese Namensgebung knüpft an die Tradition der Liberalen Partei und der Vorkriegspartei Rikken Seiyūkai an. Wegen der dominanten Position der LDP war der Parteivorsitzende in der Regel auch Premierminister (sōri-daijin), weshalb seine Doppelfunktion auch als sōri-sōsai (総理総裁) bezeichnet wurde.

Wahl des Vorsitzenden

Der Parteivorsitzende wurde im Lauf der Zeit auf verschiedene Arten bestimmt. Oft wurde er nach Verhandlungen zwischen den Führungspolitikern der Faktionen bestimmt und durch eine Versammlung von Abgeordneten bestätigt. Zeitweise wurde er durch parteiinterne Vorwahlen bestimmt.[5] Zuletzt (2009) wurde er durch die Versammlung der Abgeordneten beider Kammern und 300 Delegierte aus den Präfekturen gewählt, wobei Kandidaturen und offizielle Unterstützung ebenfalls vorher unter den Faktionen ausgehandelt werden. Die nächste reguläre Wahl des Parteivorsitzenden findet 2012 statt.

Während seiner Amtszeit gibt der Parteivorsitzende normalerweise seine offizielle Faktionszugehörigkeit auf.

Liste der Parteivorsitzenden

Mit Ausnahme von Yōhei Kōno waren alle Parteivorsitzenden vor 2009 auch Premierminister. Umgekehrt waren alle Premierminister seit 1955 mit Ausnahme von Morihiro Hosokawa, Tsutomu Hata und Tomiichi Murayama zugleich LDP-Vorsitzende. (siehe auch Liste der Premierminister Japans)

Zwischen 1955 und 1998 hatte Japan 19 Regierungschefs (zum Vergleich: Italien hatte im selben Zeitraum 22 Ministerpräsidenten). Die häufigen Wechsel des Parteivorsitzenden/Regierungschefs und die noch zahlreicheren Kabinettsumbildungen dienten, wenn sie nicht durch Skandale verursacht wurden, in der Vergangenheit häufig dazu, die verschiedenen Faktionen gleichmäßig mit Regierungsposten zu versorgen und eine dauerhafte Vormachtstellung einer Faktion zu verhindern.

Gremien

Da der Parteivorsitzende der LDP in der Regel als Premierminister mit den Regierungsgeschäften befasst war, spielt der Generalsekretär traditionell eine wichtige Rolle in der Parteiführung. Er wird vom Vorsitzenden mit Zustimmung des Exekutivrats ernannt. Nominell höchstes Entscheidungsgremium ist der Parteitag, der regulär einmal im Jahr zusammenkommt. Der letzte (79.) Parteitag fand am 22. Januar 2012 statt. Wichtige tagespolitische Entscheidungen werden von einer Versammlung der Abgeordneten beider Kammern gefällt. Neben dem Parteivorsitzenden, dem Generalsekretär und ihren Stellvertretern, denen die Parteizentrale mit ihren Abteilungen untersteht, gibt es eine Reihe weiterer einflussreicher Parteiposten. Die wichtigsten innerparteilichen Gremien sind:

  • der Exekutivrat (総務会, Sōmukai, wörtl. Rat für allgemeine Angelegenheiten), der aus 31 Mitgliedern besteht und die wichtigsten parteipolitischen Entscheidungen bestätigt,
  • der Politikforschungsrat (政務調査会, Seimu Chōsakai, engl. Policy Affairs Research Council, kurz: PARC), der sich entsprechend der Ressortaufteilung im Kabinett in zwölf Abteilungen gliedert und in Zusammenarbeit mit Parlamentsausschüssen und Ministerien an Gesetzentwürfen arbeitet,
  • das Komitee für Parlamentsangelegenheiten (国会対策委員会, Kokkai Taisaku Iinkai), das Termine und Entscheidungen mit den Fraktionen anderer Parteien im Parlament koordiniert, und
  • die Wahlstrategiekommission (選挙対策委員会, Senkyo Taisaku Iinkai).

Faktionalismus

Die Partei ist in mehrere innerparteiliche Faktionen (派閥, habatsu) gespalten, zwischen denen nicht selten starke Konflikte bestehen. Dabei hat jedoch die Abgrenzung der Faktionen meist weniger mit programmatischen Inhalten zu tun als mit innerparteilicher Machtpolitik. Die politische Linie der Partei wird unter den Anführern der Faktionen ausgehandelt. Auch wichtige Partei- und Regierungsämter (einschließlich das des Ministerpräsidenten) werden meist so vergeben, oft nach einem Rotationsprinzip unter den Faktionen, um den Zusammenhalt der Partei zu garantieren. Als das Unterhaus noch mit dem Verfahren der einfachen nicht-übertragbaren Stimme in Mehrpersonenwahlkreisen gewählt wurde, traten häufig LDP-Kandidaten verschiedener Faktionen gegeneinander an.[6] Nach der Wahlrechtsreform von 1994 werden nur noch die Direktmandate des Oberhauses in solchen Mehrpersonenwahlkreisen vergeben.

Die Faktionen sind absteigend nach Anzahl der im Parlament vertretenen Mitgliedern (Stand: 17. Dezember 2012)[7]:

Offizieller Name Vorsitz Unterhaus-
abgeordnete
Oberhaus-
abgeordnete
Wichtige Parteiämter Minister
Seiwa Seisaku Kenkyūkai 清和政策研究会 Nobutaka Machimura 38 25 Parteivorsitzender (=Premierminister) 4
Heisei Kenkyūkai 平成研究会 Fukushirō Nukaga 25 19 3
Kōchikai 宏池会 Fumio Kishida 20 8 5
Ikōkai 為公会 Tarō Asō 14 4 1
Shisuikai 志帥会 Toshihiro Nikai 12 4 Wahlstrategiekommission 0
Kinmirai Seiji Kenkyūkai 近未来政治研究会 Nobuteru Ishihara 15 0 1
Banchō Seisaku Kenkyūjo 番町政策研究所 Tadamori Ōshima 5 3 Vizevorsitzender 0
ohne Faktion Generalsekretär, PARC, Exekutivrat, Parlamentsangelegenheiten 4

Die offiziellen Namen der Faktionen setzen sich oft aus Regierungsdevisen (Heisei) oder anderen interpretierbaren Bezeichnungen (Kinmirai Seiji, dt. „Politik der nahen Zukunft“) und Forschungsrat (研究会, kenkyūkai) zusammen. Diese Bedeutungsarmut reflektiert die Tatsache, dass die Faktionen abgesehen von Verbindungen zu bestimmten Interessengruppen kaum programmatisch fassbare politische Ziele verfolgen. Deshalb werden sie in der medialen Berichterstattung auch meist mit ihrem gegenwärtigen, manchmal auch nach ehemaligen Vorsitzenden bezeichnet. So wurde beispielsweise die Faktion von Shizuka Kamei, das Shisuikai, bis zu dessen Parteiaustritt als Kamei-Faktion (亀井派, Kamei-ha) bezeichnet. Danach hieß sie „ehemalige Kamei-Faktion“ (旧亀井派, Kyū-Kamei-ha), bis sich ein neuer Faktionsführer durchgesetzt hatte. Nach Spaltungen oder Neugründungen werden Faktionen manchmal zunächst als Gruppe bezeichnet (z.B. Nikai-Gruppe für Atarashii Nami; jap. 二階グループ, Nikai-Gurūpu), ehe erkennbar wird, dass sich die Neubildung im Faktionssystem der LDP etabliert.

Geschichte der Faktionen

Die Faktionen der LDP begannen sich unmittelbar nach der Gründung der Partei 1955 zu formieren. Bis 1957 hatten sich acht Führungspolitiker herauskristallisiert, die um die Führung der Partei konkurrierten. Dieses Acht-Faktionen-System hatte bis Ende der 1960er Jahre Bestand. Danach formierten sich die Faktionen Anfang der 1970er Jahre neu, und es entstanden fünf größere Faktionen. In dieser Zeit entwickelten sich auch formellere Strukturen: Die Faktionen hatten feste Büros und klar zugewiesene Führungspositionen, die mit den drei wichtigsten Führungspositionen der Partei (tō-san’yaku) korrespondierten. Auch die innerparteilichen Entscheidungsprozesse, also die Verhandlungen unter den Faktionen, wurden in dieser Zeit formalisiert. Für die Besetzung von Parteiposten wurde ein Senioritätssystem eingeführt, das sich an der Anzahl der errungenen Wiederwahlen eines Abgeordneten orientierte. Man benötigte:

  • zwei Wiederwahlen für einen Ausschussposten im Shūgiin oder den stellvertretenden Vorsitz in einem PARC-Ausschuss
  • drei Wiederwahlen für einen Staatssekretärsposten („Vizeminister“)
  • vier Wiederwahlen für den Vorsitz in einem PARC-Ausschuss
  • fünf Wiederwahlen für den Vorsitz in einem Shūgiin-Ausschuss
  • und sechs oder mehr Wiederwahlen, um Minister zu werden.

Dieses Senioritätssystem wurde bis zum Machtverlust 1993 konsequent angewendet, auch wenn vorzeitige Beförderungen (抜擢人事, batteki jinji) besonders in den frühen Jahren immer wieder vorkamen. Die Anzahl von Kabinettsposten verhielt sich weitgehend proportional zur zahlenmäßigen Stärke der Faktionen, und die drei Führungspositionen der Partei wurden nahezu immer auf drei Faktionen verteilt. Eine wichtige Rolle bei der Besetzung von Partei- und Regierungsposten spielten auch die Branchenabgeordneten (zoku-giin), die sich auf bestimmte Politikfelder spezialisieren und enge Beziehungen zur Ministerialbürokratie unterhalten.[8]

Seit dem Amtsantritt von Parteipräsident Ikeda Hayato versprach jeder Parteivorsitzende, die Macht der Faktionen zu brechen; tatsächlich wurden die Geschäfte jedoch immer wie gehabt weitergeführt. Auch Premierminister Junichirō Koizumi hatte vielfach angekündigt, das Habatsu-System zurückzudrängen. Einige Maßnahmen zeigten Erfolg: In der vorgezogenen Wahl 2005 stellte Koizumi teilweise faktionsunabhängige Kandidaten gegen die Postprivatisierungsgegner auf, die die Partei verlassen hatten. Allerdings blieb auch dadurch die Macht der bestehenden Faktionen im Wesentlichen unbeeinträchtigt. 2007, ein Jahr nach dem Ende der Ära Koizumi waren nur 57 der 305 LDP-Unterhausabgeordneten und 19 der 83 Oberhausabgeordneten ohne Zugehörigkeit zu einer Faktion.

Fraktionen im nationalen Parlament

Die LDP-Parlamentsfraktionen im nationalen Parlament sind im Abgeordnetenhaus Jiyūminshutō – Mushozoku no Kai (自由民主党・無所属の会, „Liberaldemokratische Partei – Versammlung der Unabhängigen“), zu der neben den LDP- auch einige parteilose Abgeordneten gehören, im Rätehaus besteht seit Januar 2012 eine Fraktionsgemeinschaft mit der LDP-Abspaltung Tachiagare Nippon, die dortige Fraktion hat den Namen Jiyūminshutō – Tachiagare Nippon – Mushozoku no Kai (自由民主党・たちあがれ日本・無所属の会).

Wahlergebnisse

National

Wahlsiege als stärkste Partei unterstrichen, absolute Mehrheiten fett.

Jahr Unterhauswahlergebnisse Oberhauswahlergebnisse Oberhaus­zusammensetzung
Kandidaten Direktwahl Verhältniswahl Mandate
gesamt
Kandidaten Präfektur­wahlkreise Nationaler Wahlkreis
(ab 1983: Verhältniswahl)
Mandate
gesamt
Stimmen­anteil Mandate Stimmen­anteil Mandate Stimmen­anteil Mandate Stimmen­anteil Mandate
Bei Parteigründung 299/467 118/250
1956 118 56,0 % 42/75 36,5 % 19/52 61/127 122/250
1958 413 57,8 % 287/467 287/467
1959 101 52,0 % 49/75 41,2 % 22/52 71/127 132/250
1960 399 57,6 % 296/467 296/467
1962 100 47,1 % 48/75 46,4 % 21/52 69/127 142/250
1963 359 54,7 % 283/467 283/467
1965 95 44,2 % 46/75 47,2 % 25/50 71/125 140/250
1967 342 48,8 % 277/467 277/467
1968 93 44,9 % 46/75 46,7 % 25/52 71/127 137/250
1969 328 47,6 % 288/486 288/486
1971 94 44,0 % 41/75 44,5 % 21/50 62/125 131/249
1972 339 46,9 % 271/491 271/491
1974 95 39,5 % 43/76 44,3 % 19/54 62/130 126/250
1976 320 41,8 % 249/511 249/511
1977 77 39,5 % 45/76 35,8 % 18/50 63/126 124/249
1979 322 44,6 % 248/511 248/511
1980
Shū-San-Doppelwahl
310 47,9 % 284/511 284/511 77 43,3 % 48/76 42,5 % 21/50 69/126 135/250
1983 90 43,2 % 49/76 35,3 % 19/50 68/126 137/252
1983 339 45,8 % 250/511 250/511
1986
Shū-San-Doppelwahl
322 49,4 % 300/512 300/512 83 45,1 % 50/76 38,6 % 22/50 72/126 143/252
1989 78 30,7 % 21/76 27,3 % 15/50 36/126 109/252
1990 338 46,1 % 275/512 275/512
1992 82 45,2 % 49/76 33,3 % 19/50 68/126 107/252
1993 285 36,6 % 223/511 223/511
1995 66 25,4 % 31/76 27,3 % 15/50 46/126 111/252
1996 355 38,6 % 169/300 32,8 % 70/200 239/500
1998 87 30,5 % 30/76 25,2 % 14/50 44/126 103/252
2000 337 41,0 % 177/300 28,3 % 56/180 233/480
2001 76 41,0 % 44/73 38,6 % 20/48 64/121 111/247
2003 336 43,9 % 168/300 35,0 % 69/180 237/480
2004 83 35,1 % 34/73 30,0 % 15/48 49/121 115/242
2005 346 47,8 % 219/300 38,2 % 77/180 296/480
2007 84 31,6 % 23/73 28,1 % 14/48 37/121 83/242
2009 326 38,6 % 64/300 26,7 % 55/180 119/480
2010 84 33,4 % 39/73 24,1 % 12/48 51/121 84/242
2012 337 43,0 % 237/300 27,6 % 57/180 294/480
2013 78 42,7 % 47/73 34,7 % 18/48 65/121 115/242
2014 352 48,1 % 222/295 33,1 % 68/180 290/475
2016 73 39,9 % 37/73 35,9 % 19/48 56/121 121/242

Präfekturebene

In den meisten Präfekturparlamenten ist die LDP stärkste Partei, eine Ausnahme ist das Parlament von Osaka, in einigen Parlamenten stellen parteilose Abgeordnete Mehrheiten. Nach Fraktionen statt Parteizugehörigkeit betrachtet, stellt die LDP unter anderem in den Parlamenten von Iwate und Mie nicht die stärkste Fraktion.

Die meisten Gouverneure werden mit expliziter oder impliziter Unterstützung der LDP gewählt, und eine Mehrheit regiert mit Unterstützung aller nationalen Parteien außer (vereinzelt auch inklusive) der KPJ – Gebietskörperschaften, in denen das der Fall ist, werden oft mit dem Schlagwart all yotō (オール与党) beschrieben, also etwa „sämtlich Regierungsparteien“, auch wenn es in Präsidialsystemen wie auf Präfektur- und Kommunalebene im engeren Sinne keine Regierungs- und Oppositionsparteien gibt.

Kommunalebene

Die Kommunalpolitik ist jenseits der großen Städte in der Regel wenig parteipolitisch organisiert. Auch wenn die Demokratische Partei und einige der kleineren Parteien starke Unterstützung in städtischen Gebieten erhalten, ist die LDP in mehreren Stadträten der 20 seirei shitei toshi, der „regierungsdesignierten Großstädte“, stärkste Partei; auch in den 23 Parlamenten der Sonderbezirke Tokios ist sie mit insgesamt 286 von 903 Sitzen (Stand: Jahresende 2011) stärkste Kraft. Mit LDP-Unterstützung gewählte Großstadtbürgermeister sind unter anderem Kazumi Matsui in Hiroshima und Sōichirō Takashima in Fukuoka.

Literatur

  • Masaru Kohno: Japan’s Postwar Party Politics. Princeton University Press, Princeton NJ 1997, ISBN 0-691-01596-1.
  • Ellis S. Krauss, Robert J. Pekkanen: The Rise and Fall of Japan’s LDP. Political Party Organizations as Historical Institutions. Cornell University Press, Ithaca NY u. a. 2010, ISBN 978-0-8014-7682-2
  • Manfred Pohl: Die politischen Parteien. In: Manfred Pohl, Hans Jürgen Mayer (Hrsg.): Länderbericht Japan. Geographie, Geschichte, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur (= Bundeszentrale für Politische Bildung. Schriftenreihe 355). 2. aktualisierte und erweiterte Auflag. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1998, ISBN 3-89331-337-0.
  • Jacob M. Schlesinger: Shadow Shoguns. The Rise and Fall of Japan's Postwar Political Machine. Reprint with a revised conclusion. Stanford University Press, Stanford CA 1999, ISBN 0-8047-3457-7.
  • Nathaniel B. Thayer: How the conservatives rule Japan. Princeton University Press, Princeton NJ 1969.

Weblinks

Commons: Liberal Democratic Party of Japan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Sōmu-shō: 収支報告書, LDP 30. November 2010 (PDF; 2,2 MB)
  2. Sōmushō, 1. April 2014: 平成26年分政党交付金の交付決定
  3. http://www.nytimes.com/2014/09/13/opinion/tea-party-politics-in-japan.html
  4. Germis, Carsten: Japan: Abe führt Oppositionspartei bei faz.net, 26. September 2012 (abgerufen am 27. September 2012).
  5. Geschichte der Wahlen zum Parteivorsitz auf der offiziellen Website (Japanisch)
  6. LDP Policy Groups (Factions) auf der offiziellen Website der Partei (Englisch)
  7. 自民派閥、メンバー軒並み増加 町村派がトップ維持. In: MSN/Sankei News. 17. Dezember 2012, abgerufen am 31. Dezember 2012 (japanisch).
  8. Masaru Kohno: Japan's Postwar Politics. Princeton University Press, Princeton 1997, ISBN 0-691-01596-1, S. 91–115: The Evolution of the LDP's Intraparty Politics.