Military Freefall

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Tandem-HALO-Sprung, Höhe 4500 m

Militärische Fallschirmsprungverfahren sind eine Verbringungsart und werden unterteilt in Absprünge mit automatisch geöffneten (zwangsausgelösten) Rundkappenfallschirmen aus niedrigen Höhen und Military Freefall (MFF) mit Flächenfallschirmen aus großen bis sehr großen Höhen. Das Absetzflugzeug befindet sich beim automatischen Sprung aus niedriger Höhe direkt über der Absetz- und Landezone.

Beim Freifallsprung im high altitude, low opening, abgekürzt HALO, überfliegt das Absetzflugzeug diese in großer Höhe. Der Fallschirm wird nach dem Absprung in größerer Höhe manuell tief geöffnet. Beim Gleiteinsatz, dem HAHO, befindet sich das Absetzflugzeug in großer Höhe weit entfernt von der geplanten Landezone, die Springer gleiten nach sofortiger Öffnung auf die entfernt liegende Landezone zu. Die Transportflugzeuge müssen für das Absetzen von Fallschirmspringern jeweils die Flarewerfer ausschalten, da diese sonst durch die Springer im Sprung ausgelöst werden.

Für Freifallsprungeinsätze sind vor allem Fernspäh- und Kommandoeinheiten sowie Kampfschwimmer ausgebildet, da diese meist aus Berufssoldaten bestehen und die Freifallausbildung aufwendig ist. MFF hat den Zweck, Soldaten unbemerkt durch die Luft in den tiefen Feindraum zu verbringen oder an wichtigen Einsatzobjekten (Schlüsselpunkten) zu landen. MFF wird unterschieden in

  • HALO für High Altitude – Low Opening dt. große Höhe – niedrige Öffnung für Absprung aus großer Höhe und manuelles Öffnen des Schirms in niedriger Höhe,
  • HAHO für High Altitude – High Opening dt. große Höhe – hohe Öffnung für Absprung aus großer Höhe und manuelles Öffnen des Schirms in großer Höhe mit anschließendem Gleiteinsatz.
  • Neu ist HAAO für High Altitude – Automatic Opening mit zwangsausgelösten Gleitfallschirmen.

Für Sprünge mit Sauerstoff aus bis zu 30000 ft (rund 9000m) wird der abgrenzende Begriff VHA-Sprünge für very high altitude benutzt.

HALO

Pararescuemen bei einem HALO-Sprung, Dschibuti, Afrika

HALO-Freifall-Fallschirmsprünge dienten dazu, militärische Fallschirmspringer außerhalb der Reichweite der mittleren Flugabwehr im Freifall abzusetzen. Für dieses Sprungverfahren wurden Hochleistungsrundkappen ParaCommander Mark I und II eingesetzt. Die Ursprünge datieren zurück bis 1959, als die United States Air Force im Rahmen des Project Excelsior mit Experimenten zum Notausstieg von Piloten in großer Höhe begann. Im Rahmen dieses Projekts führte Colonel Joseph Kittinger am 16. November 1959 den ersten Höhensprung aus einer Höhe von 23.165 m über Grund aus. Die ersten HALO-Sprünge unter Gefechtsbedingungen wurden im Vietnamkrieg über Laos von Mitgliedern des MACV-SOG absolviert. Mit der Einführung von Gleitfallschirmen wurde das Verfahren durch das HAHO abgelöst.

HAHO

HAHO-Springer auf der ILA 2008
HAHO-Springer mit Karte, Kompass und Sauerstoffhelm

HAHO ist die Abkürzung für High Altitude – High Opening (große Absprung Höhe – große Öffnungshöhe). Dabei wird der Springer in großer Höhe und je nach Höhenwindverhältnissen in etwa 40 km Entfernung vom geplanten Landepunkt abgesetzt, um eine Gefährdung der Transportmaschine zu verhindern und die Lage der Landezone zu verschleiern. Die Entfernung bestimmt sich aus der Gleitzahl des Flächenfallschirms, Höhenwindgeschwindigkeit und Absetzhöhe. Der Absetzpunkt liegt vom Ziel aus gesehen immer entgegen der Windrichtung, damit der Springer mit dem Wind auf das Ziel zugleiten kann. Beim typischen HAHO-Sprung wird der Springer in rund 8.000 m (26.000 Fuß) Höhe aus dem Flugzeug abgesetzt und öffnet nach wenigen Sekunden im stabilen Freifall den Fallschirm, um dann am geöffneten Schirm in Richtung des Ziels zu gleiten. Die Springer benutzen ein Instrumentendisplay mit Kompass und GPS mit gespeicherten Wegpunkten, um sich zu orientieren. Die Schwierigkeit besteht in der Navigation unter Berücksichtigung der realen Windverhältnisse. Der Springer kann durch eine andere als die meteorologisch vorhergesagte und geplante Windachse an der Landezone vorbeigedrückt werden.

HAAO

Neuestes Verfahren ist die automatische Öffnung des Gleitfallschirms durch Aufziehleine in großen Höhen (HAAO, High Altitude – Automatic Opening). Der Springer muss bei diesem Verfahren nicht den stabilen Freifall beherrschen, sondern nur noch das Steuern des Gleitfallschirms in der Gruppe.

Unterschiede HALO/HAHO

Der Hauptunterschied zwischen HALO und HAHO ist die Öffnungshöhe des Schirms. Während beim HALO der Schirm möglichst spät, in rund 800 m Höhe über Grund öffnet, wird beim HAHO der Schirm schon kurz nach Verlassen des Flugzeugs ausgelöst. Die Absetzhöhe für HALO/HAHO-Sprungverfahren liegt bei 8.000 m. Aber schon aus 4.000 m bis 4.500 m Höhe über Grund können je nach Höhenwindverhältnissen Gleitstrecken bis zu 40 km erreicht werden.

Die HALO-Technik wurde ab der Zeit des Vietnamkrieges benutzt um das Transportflugzeug aus dem unmittelbaren Wirkungsbereich von Truppen- und Kanonenflugabwehr beim Absetzen von Fallschirmspringern zu bringen. Dieses Verfahren setzte aber durch den Freifall eine umfangreich erweiterte Ausbildung voraus. Das HALO-Verfahren ist heute nicht mehr gebräuchlich; es stammt aus der Zeit, als mit Hochleistungsrundkappen gesprungen wurde, mit denen kein Gleiten möglich war, aber eine Gefährdung des Luftfahrzeugs durch Flugabwehr vermieden werden sollte. Durch die Gefährdung des Absetzflugzeuges durch Flugabwehrraketen mit immer größerer Reichweite und der Entwicklung von Gleitfallschirmen wurde das HAHO-Verfahren entwickelt. Bei diesem wird – entsprechend der möglichen Gleitstrecke mit Wind – entfernt von der Landezone abgesprungen und auf diese nach sofortiger Öffnung zugeglitten. Bei beiden Verfahren wird die Infanteriegefechts- und Aufklärungsausrüstung als Fallschirmsprunggepäck mitgeführt, und nicht wie früher am Ablassseil mehrere Meter unter dem Springer nach der Schirmöffnung wie beim automatischen Rundkappenfallschirm abgelassen. Dies konnte dazu führen, dass dieses beim Landeanflug wie ein Anker wirkt.

Freifallausbildung Bundeswehr

Das Ziel der militärischen Freifallsprungausbildung ist der geschlossene Einsatz von Teileinheiten. Ausbildungsziel der Freifalllehrgänge sind

  • Teil 1 Freifall-Fallschirmsprung bis 3650 m NN bei Tag und Nacht und sichere Landung in einem Landeraum von 50 m × 50 m.
  • Teil 2 Befähigung mit Ausrüstung und Waffen bis 9000 m NN bei Tag und Nacht sowie eingeschränkter Sicht einen vorgegebenen Landeraum sicher zu erreichen.
  • Teil 3 Manuelle Fallschirmsprungeinsätze zu planen, zu organisieren und zu führen, als Absetzer manuelle Fallschirmspringer abzusetzen sowie die Ausbildung zum Sauerstoffsicherheitswart.
  • Teil 4 Person oder Gepäck bis 100 kg mit einem Tandem-Freifall-Fallschirmsprungsystem bei Tag und eingeschränkter Sicht auch über 3650 m NN sicher zu landen.[1][2]

Typische HALO/HAHO-Ausrüstung

  • Höhenmesser barometrisch am Handgelenk für den Freifall, vor der Brust für den Zielsprung und Gleiteinsatz
  • Höhenwarner akustisch
  • Öffnungsautomat, der unterhalb einer vorgegebenen Höhe automatisch den Schirm auslöst, wenn er nicht manuell geöffnet wurde
  • Stroboskoplampe für Nachtsprünge
  • Fallschirmkappmesser, als Sicherheitsgerät in Kunststoff geschützte Klinge ohne Spitze wie Gurtmesser
  • Fallschirmsprunghelm (oftmals Integralhelm)
  • Handschuhe
  • Sprungtaugliche Springerstiefel (keine Haken, verstärkter Knöchelschutz)
  • Fuß- und Kniegelenkbandagestrümpfe um diese bei Landungen im Gelände vor Verletzungen zu schützen sowie gepolsterter Nierengurt zum Schutz der unteren Wirbelsäule bei Landungen in unwegsamen Gelände
  • Fallschirmsprungkombination und Wärmebekleidung mit Nierengurt
  • Ausrüstung für den Gleiteinsatz – Kugelkompass und GPS-Gerät auf Brustpanel
  • Sauerstoffflasche und Sauerstoffmaske für Sprünge über 4000 m oder für Gleiteinsätze
  • Militärische Ausrüstung mit Sprunggepäckbehälter, Waffen, Munition, Sprengmittel, Funkgeräte, optronische Aufklärungsmittel, Verpflegung sowie Feld- und Biwakausrüstung, mit einem Gewicht zwischen 20 und 80 Kilogramm (Waffe und Gepäck sind in einem Sprunggepäckbehälter zu verpacken, um Unfälle u. a. durch Verhängen der Kappenleinen zu verhindern)
  • bei Fallschirmsprüngen in Gewässer vollständiger Neoprenanzug und aufblasbare Schwimmweste

Die Bundeswehr führte ab 2006 das System ParaFinder von EADS für HAHO-Einsätze mit 300 Exemplaren für die Fallschirmspezialzüge, KSK und Kampfschwimmer ein. Neu hierbei ist unter anderem ein Helmdisplay, das dem Soldaten per GPS-Navigation den Weg in die Landezone (landing zone, LZ) weist. Die HAHO-Tests bis 7,6 km Höhe wurden im Mai 2007 abgeschlossen.[3] ParaFinder ermöglicht die zielgenaue Verbringung von Soldaten aus Höhen von bis zu 10.000 m und über Entfernungen von über 50 km. HAHO-Fallschirmsprünge sind wie alle Fallschirmsprünge bedingt wetterabhängig. Ein Gleiteinsatz bei Gewitter oder sehr starkem Wind ist hoch risikobehaftet. Somit können die Transportmaschinen wie die Transall oder die A400M außerhalb der Reichweite der meisten Flugabwehrwaffen bleiben. Die Aufklärung der Fallschirmspringer ist damit nahezu unmöglich.

Das nach dem ParaCommander bei der Bundeswehr eingeführte erste Gleitfallschirmsystem war der MT-1a, noch mit Reffleine, nach Umbau auf Slider MT-1c. Dieses System wurde durch das neu eingeführte Fallschirmsystem SOC-TWIN-TW-7 280 oder 300 (Siebenzeller mit 280 oder 300 sqft Kappengröße) und dem SOC-TWIN-TW-9 von Paratec in Wallerfangen abgelöst. Der TW-11 als 11 Zeller für Tandem und Schwerlast,[4][5] um bis zu 100 kg schwere Lasten plus Tandemspringer über 50 km im Gleiteinsatz zu transportieren.

Stabilisierter Freifall

Der stabilisierte Freifall war früher eine Sonderform des automatisierten Freifallspringens bei den Fallschirmjägern des Warschauer Paktes wie im Luftsturmregiment 40 üblich. Dabei wurde im Freifall aus mittleren Sprunghöhen bis 4000 m GND besprungen, bei dem der Fallschirmspringer mit einem vor dem Sprung ausgelösten kleinen Stabilisierungsschirm stabilisiert wurde, der bei erreichen der Auslösehöhe entweder durch den Öffnungsautomaten KAP-3 oder manuell durch den Fallschirmspringer ausgelöst wurde.

Last- und Schwerlastabwurf mit Gleitfallschirmen

Das spezialisierte SEAL-Team 6 der United States Navy entwickelte die HALO-Technik auch für den Abwurf von Lasten weiter, um Boote oder andere große Ausrüstungsgegenstände abzuwerfen. Um militärische Nachschubgüter abzusetzen, wird die Fracht über die Heckladeluke ins Freie geschoben. Dabei stabilisiert ein kleiner Fallschirm diese im freien Fall. Der oder die Hauptschirm(e) werden dann mittels automatischer – meist barometrischer oder zeitgesteuerter – Auslösung geöffnet, um eine sichere, gebremste Landung zu gewährleisten.

Bei der US Army wurde das automatische Lastabwurfverfahren mit Rundkappen-Lastenfallschirmen durch das GPS-gesteuerte Last-Gleitfallschirmsystem, englisch Joint Precision Airdrop System, für die automatische Verbringung von Großlasten mit Gleitfallschirmen abgelöst. In der Bundeswehr dient das Cassidian ParaLander für Lastabwurfahren mit Gleitfallschirmen.

Übersicht über Verbände mit MFF-fähigen Teileinheiten

USA

Großbritannien

Kanada

Frankreich

Singapur

Deutschland

Australien

Spanien

Italien

Tschechien

Indien

  • 1st, 2nd, 9th, 10th and 21st Battalions of the Parachute Regiment (Special Force), Indische Armee
  • Marine Commandos, Indische Navy.

Israel

Iran

Pakistan

  • Pakistan Army Special Services Group.

Polen

Schweiz

Österreich

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. youtube.com
  2. Härtetest Extrem Die Freifaller (1) und Die Freifaller (2)
  3. Scott Gourley: Call it what you will: It’s support from the air. In: Military Logistics International. Vol. 3, Nr. 5 (Februar/März), 2008, S. 9 (englisch, quantico.usmc.mil [PDF; 2,9 MB]).
  4. paratec.de Paratec Militärfallschirmsysteme
  5. Gleitfallschirmkappe TW11 444