Pausenzeichen
Das Pausenzeichen (engl. interval signal) ist ein akustisches Signal zwischen zwei Hörfunk- oder Fernsehsendungen im Hörfunk und Fernsehen, das die Unterbrechung überbrücken soll und auch der Sendererkennung dient.
Allgemeines
Zwischen dem Ende einer Sendung und dem Beginn der nächsten wurde bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern in Deutschland früher kein überbrückender Werbeblock gesendet, sondern ein sich wiederholendes Pausenzeichen. Es diente einerseits als Überbrückung zwischen zwei Sendungen während einer Sendepause, andererseits aber auch als Senderkennung („station identification“). Zudem wurden die – aus technischen Gründen – länger dauernden Umschaltphasen zwischen zwei Sendern mit Pausenzeichen überbrückt. Außerdem wird es als für jeden Sender einzigartiges Erkennungszeichen genutzt.
Geschichte
Pausenzeichen sind so alt wie das Radio. In den USA wurden Pausenzeichen im privaten Rundfunk überwiegend nicht verwendet, weil man Werbeblöcke und Jingles zur Senderidentifizierung einsetzte. Hingegen verwendete der werbefreie öffentliche Rundfunk meist eigenproduzierte Pausenzeichen. Der Sender MIRAG (Leipzig) sendete seit 1924 das tickende Geräusch eines Weckers, der Deutschlandsender führte 1933 ein neues Pausenzeichen ein, das von einem Pausenzeichengeber erzeugt wurde.[1] In einer Radiofachschrift wurden 1934 einzelne charakteristische Pausenzeichen mit Noten aufgelistet.[2] Eines der bekanntesten Pausenzeichen ist die Tonfolge B-B-B-F der BBC, die mit dem Morsezeichen · · · − für „V“ (= Victory) übereinstimmt und den Anfangstönen der Beethoven’schen Schicksalssymphonie ähnelt. Beides wurde im Zweiten Weltkrieg propagandistisch genutzt. Wegen der hohen Stationsdichte auf Mittelwelle und insbesondere Kurzwelle haben die auf diesen Radiofrequenzen beheimateten Sender mit Pausenzeichen ihre Identifizierung durch den Radiohörer ermöglicht und ihm Gelegenheit gegeben, die Radiofrequenz korrekt einzustellen. Auch wurden Pausenzeichen von Staatsrundfunksendern ausgestrahlt, die propagandistisches Programm sendeten (etwa Radio Moskau mit der Stimme Russlands erstmals am 29. Oktober 1929, Radio Habana Cuba ab 1. Mai 1961). Anfang der 1950er Jahre spielten die drei DDR-Radiosender eine Passage aus dem Arbeiterlied Wann wir schreiten Seit’ an Seit’.
In Deutschland haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender lange Zeit ignoriert, dass weltweit die Pausenzeichen zugunsten von Jingles zurückgenommen wurden. Sicherlich hatte zu jener Zeit das klassische Pausenzeichen keine Bedeutung im Rahmen einer akustischen Markenführung. Erst mit dem Aufkommen des Privatrundfunks im Januar 1984, der sofort Jingles einsetzte, wurden allmählich auch die Pausenzeichen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk abgeschafft. Sie wurden auch im deutschen Fernsehen gesendet; weltweit im Fernsehen bereits genutzte so genannte Quellenkennungen wurden auch in Deutschland viel später eingesetzt.
Instrumentation und Inhalt
Die eigenproduzierten Pausenzeichen basierten meist auf bestehenden Kompositionen, die verkürzt wiedergegeben wurden. Der WDR benutzte ein Motiv aus Beethovens „In allen guten Stunden“ (Opus 122), das seit der Aufspaltung des NWDR in NDR und WDR am 1. Januar 1956 erstmals gespielt wurde.[3] Der Bayerische Rundfunk spielte eine Passage aus dem Volkslied „Solang der alte Peter“ – eigentlich von Carl Lorens für Wien komponiert. Der Sender Freies Berlin sendete die musikalische Übersetzung seines Sendenamens – die Tonfolge Es-F-B (sprich SFB). Pausenzeichen wurden von einem oder mehreren Instrumenten gespielt oder einem so genannten Pausenzeichengeber erzeugt. Mit Aufkommen des Tonbandgeräts benutzte man eine Bandschleife. Nach der Einführung von digitalen Tuningsystemen ging die Nutzung von Pausenzeichen zurück, wurde aber noch nicht ganz aufgegeben. Da die Pausenzeichen weltweit fast vollständig aus dem Radio- und Fernsehalltag verschwunden sind, bemühen sich Sammler um die Komplettierung ganzer Datenbanken mit Pausenzeichen.[4] Heute werden Pausenzeichen als Identifizierungshilfe im Rundfunk durch Jingles und im Fernsehen durch die so genannte Quellenkennung ersetzt.
Liste von Pausenzeichen
Bis 1945
Quelle: Der deutsche Rundfunk
Deutsches Sprachgebiet
- Deutschlandsender: Weckerticken 210/min;
Mozart, Die Zauberflöte (Ein Mädchen oder Weibchen) / Schubart, Üb' immer Treu und Redlichkeit - Funkstunde Berlin: Weckerticken 210/min; Morsezeichen "b";
- Orag Königsberg:;
Dewischeit, Masurenlied (Wild flutet der See);
Wo des Haffes Wellen trecken an den Strand - Norag Hamburg: Morsezeichen "h-a";
Wagner, Der fliegende Holländer (Steuermann, laß' die Wacht) - Werag Köln:;
Hopsa, mei Lorche, dreh dich mal rum;
Schläge auf Metallplättchen - Süwrag Frankfurt: Weckerticken 190/min;
Carl Wilhelm, Die Wacht am Rhein (Zum Rhein, zum Rhein, zum deutschen Rhein) - Saarbrücken: Deutsch ist die Saar
- Sürag Stuttgart: Gongschläge
- Deutsche Stunde in Bayern (München):;
Wagner, Parsifal-Glocken - Mirag Leipzig: Weckerticken 240/min;
Noten B-A-C-H - Schlesische Funkstunde Breslau: Weckerticken 200/min;
Hohenfriedberger Marsch
- Ravag Wien: Weckerticken 270/min
- Landessender Beromünster:
- Basel: Westminsterschlag
- Bern: Casimir Meister, D’ Zyt isch do (1926–66, Musikdose)[5]
- Zürich:
- Basel: Westminsterschlag
- Landessender Sottens:
- Landessender Monte Ceneri: Glockenspiel der Kirche von Pazzalino (Lugano)
Westeuropa
- Oslo
- Kopenhagen
- Brüssel I: von Grétry
- Brüssel II: Benoit, Beiaardlied
- Poste Parisien: Charpentier, Louise
- Barcelona
- Madrid
Osteuropa
- Helsinki
- Tallinn: Weckerticken 150/min
- Kaunas
- Riga
- Warschau: Chopin, A-Dur-Polonaise
- Kattowitz: Hammerschläge auf Amboss
- Prag: Smetana, Vyšehrad
- Budapest
- Bukarest
- Zagreb: Weckerticken 100/min
- Belgrad
Nach 1945
Quelle: World Radio TV Handbook
- DW: Beethoven, Fidelio (Es sucht der Bruder seine Brüder)
- DLF: Binzer, Wir hatten gebauet ein stattliches Haus (Dir, Land voll Lieb' und Leben)
- NWDR Hamburg: Brahms, 4. Sinfonie
- NDR Hamburg: Brahms, 2. Sinfonie
- NDR II 1973 Hamburg: Dominantseptnonakkord
- Sender Freies Berlin: Beethoven, Egmont-Fanfare
Noten Es-F-B - WDR Köln: Beethoven, Bundeslied (In allen guten Stunden)
- SWF Baden-Baden: Mozart, Die Zauberflöte (Bald prangt, den Morgen zu verkünden)
- Radio Saarbrücken: Kein schöner Land in dieser Zeit (1946–56)
- SR Saarbrücken: Steigerlied (Und er hat sein helles Licht bei der Nacht)[6]
- BR München: Wiesberg, Solang der alte Peter
- HR Frankfurt: Humperdinck, Königskinder[7]
- SDR Stuttgart: Silcher, Jetzt gang i ans Brünnele
- Radio Bremen: Bach, Messe in h-moll[8]
- RIAS Berlin: Fasch, Triosonate
- RBI: Eisler, Auferstanden aus Ruinen
- Radio DDR I: Englert, Wann wir schreiten Seit’ an Seit’
- Berliner Rundfunk: Lortzing, Regina
- RÖI: Strauss, An der schönen blauen Donau
- Österreich 1: drei Töne (für O-R-F) von Werner Pirchner[9]
- SRI: Lueget vo Berg und Tal
- Landessender Beromünster:
- Basel: Z’ Basel a mym Rhy
- Bern: Casimir Meister, D’ Zyt isch do (1926–66, siehe oben)
- Zürich: Chum Bueb und lueg dis Ländli a
- Basel: Z’ Basel a mym Rhy
- Landessender Sottens:
- Genf: Quelle fatale journée (Lied der Escalade)
- Lausanne: Voici la mi-été
- Genf: Quelle fatale journée (Lied der Escalade)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Radiomuseum; Funkschau 17/1933
- ↑ Der Deutsche Rundfunk 12, Heft 49 vom 30. November 1934
- ↑ Der Spiegel 2/1956 vom 11. Januar 1956, Getrennte Kasse, S. 35
- ↑ Webseite über internationale Pausenzeichen
- ↑ Als das Warten noch geholfen hat. Ein Nachruf auf das Pausenzeichen. In: NZZ. 20. Dezember 2003 (nzz.ch).
- ↑ saar-nostalgie.de
- ↑ Audio: hr-online.de
- ↑ bremer-rundfunkmuseum.de
- ↑ Ö1 gehört gehört (1997), S. 218.