OLPC XO-1
Der XO-1 der Initiative „One Laptop Per Child“, deutsch „Ein Laptop pro Kind“, (kurz OLPC) ist ein robuster und speziell Kinderbedürfnissen angepasster Laptop, der für den Einsatz im Schulunterricht, insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern, vorgesehen ist. Weitere Bezeichnungen für den XO-1 sind 100-Dollar-Laptop, Children’s Machine beziehungsweise OLPC.[1]
Der Leitgedanke ist, den Computer zu einer freien Wissensdatenbank und zu einem kindgerechten und vielseitigen Lernwerkzeug für die Schule umzugestalten und zusätzlich den Zugang zu modernem Wissen über digitalisierte, vielfältige Medien aller Art zu ermöglichen.[2] Die Verwendung von freier Software wird angestrebt. Das Projekt bezeichnet sich als Ausbildungsprojekt, nicht als Laptopprojekt. Gründer und Vorsitzender der Initiative ist der MIT-Professor Nicholas Negroponte.
Überblick
Der Schülerlaptop soll die Grundlage für sogenanntes E-Learning im weiten Sinn sein. Der Computereinsatz im Rahmen von E-Learning erfordert eine Umgestaltung des Laptopdesigns, weg von der bisherigen Konzeption als Bürogerät für Erwachsene hin zur Gestaltung als Lernwerkzeug. Dazu wurden sowohl die Hardware als auch die Software für die Anforderungen und Bedürfnisse von Schülern maßgeschneidert: Es wurde eine neue grafische Benutzeroberfläche namens Sugar konzipiert.
Der Laptop soll sowohl neues Kommunikationsmedium als auch integriertes Medium für den regulären Unterricht sein. Er kann zum Lesen eines Buches (als E-Book) oder als modernes Kommunikationsmittel (netzbasiertes Videogespräch, Telefongespräch, Chat) verwendet werden. Der Laptop ermöglicht die spontane Bildung von Lernteams (kollaboratives Lernen), indem sich die Computer auf Anforderung seiner Nutzer selbständig miteinander vernetzen (Mesh-Netzwerk). Die mitgelieferten Anwendungen (das Softwarepaket) sind für Gruppenarbeit über das Netz (LAN und Internet) optimiert. Dieses aktive, situierte Lernen kann eine neue Qualität des Wissenserwerbs ermöglichen.[3]
Der Lerncomputer soll Plattform unterschiedlicher Lernkonzepte und Unterrichtsmethoden sein, wobei im Rahmen des Projektes die Konstruktivistische Didaktik im Vordergrund steht. Nach dem Konzept der Konstruktivistischen Didaktik nach Seymour Papert müsse der Lehrer Schülern das Konzept selbständigen Lernens beibringen. Alternativ dazu soll er in seinem Unterricht weiterhin auf Konzepte klassischer Unterrichtsmethoden bis hin zum Frontalunterricht zurückgreifen können.[4]
Träger des Projekts ist die Non-Profit-Organisation „One Laptop per Child“ unter Vorsitz des MIT-Professors Nicholas Negroponte.[5] Sie wurde nach Abschluss eines Forschungsprojekts am MIT Media Lab gegründet. Das Projekt versteht sich als Bildungsprojekt für die Allgemeinheit. Alle interessierten Menschen sind eingeladen sich an dem laufenden Projekt zu beteiligen. Als Open-Source-Projekt stellt OLPC die seit Projektstart im Jahr 2005 entwickelte Software der Allgemeinheit als freie Software uneingeschränkt und kostenlos zur Verfügung. Damit steht es jedem frei, die Software weiterzuentwickeln und an spezifische Bedürfnisse anzupassen.
Die Zielgruppe des Geräts sind Schüler aus Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländern. Als gemeinnützige Gesellschaft ist OLPC nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet. Die durch eine hohe Stückzahl erreichte Verringerung der Produktionskosten (sogenannter Skaleneffekt) wird unmittelbar an die Abnehmer weitergereicht. Zwar werden Entwicklungs- und Schwellenländer beim Start der Großproduktion besonders berücksichtigt, Industrieländer sind aber auch nicht ausgeschlossen.[6]
Neben der Verbesserung der Schulausbildung zielt das Projekt darauf, die wachsende digitale Kluft der Industrieländer gegenüber den Entwicklungs- und Schwellenländern langfristig zu schließen. Durch seinen geringen Preis soll der Laptop möglichst allen Bevölkerungsschichten den Zugang in das Internet und damit zu modernem Wissen erlauben. Wissen soll für alle zugänglich sein und so Bildung ermöglichen. Daher unterstützen die Vereinten Nationen das Projekt. Bereits im September 2000 hatten sie in ihren Millennium-Entwicklungszielen als zweites Ziel die Bereitstellung einer primären Schulausbildung für alle bis zum Jahr 2015 durch die Weltgemeinschaft beschlossen. In der Abschlusserklärung bestätigten und konkretisierten 174 Staaten dieses zweite Millennium-Ziel auf dem zweiten Weltgipfel zur Informationsgesellschaft im November 2005, in Tunis, Tunesien. „Wir bestätigen, dass es unser Wunsch und unsere Verpflichtung ist, eine am Menschen orientierte, nicht ausschließende und entwicklungsorientierte Informationsgesellschaft zu schaffen, […], so dass Menschen an jedem Ort zu Informationen und Wissen Zugang haben, es benutzen, gebrauchen, schaffen und teilen können, damit jeder seine Möglichkeiten ausschöpft; und um die international vereinbarten Entwicklungsziele, d. h. auch die Millenniumziele, zu erreichen.“[7] Seitens der 174 WSIS-Teilnehmer wird vom Zugang zu modernen Kommunikationstechniken erwartet, dass sich die sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungschancen verbessern und sich damit auf lange Sicht positive Impulse für die Entwicklungshilfe ergeben.
Konfiguration
Den Angaben des offiziellen OLPC-Wikis folgend[8] verwendet der Laptop den Prozessor AMD Geode LX-700@0,8W mit 433 MHz Taktfrequenz, mit zusätzlichem L1- und L2-Cache mit einer Größe von insgesamt 256 kB. Der Geodeprozessor basiert auf der x86-Architektur. Die Zahl 700 gibt an, dass die Rechenleistung zumindest der eines Intel Pentium III (Celeron) mit einer Taktfrequenz von 700 MHz entspricht. Laut Nicholas Negroponte wird ein Wechsel von der x86- zur ARM-Architektur angestrebt.[9]
Die Größe des Hauptspeichers beträgt 256 MB. Anstatt einer vibrationsempfindlichen Festplatte wird ein stoßfester Flash-Speicher mit 1024 MB eingebaut. Größere Datenmengen (derzeit 3 bis 5 GB pro Laptop) sollen auf einem 100-Dollar-Server gespeichert werden. Der Zugriff erfolgt dabei über integriertes WLAN. Der Laptop hat als externe Anschlüsse drei USB-Anschlüsse, ein integriertes Kartenlesegerät für SD-Karten sowie Audioein- und -ausgänge.
Das Display ist 7,5 Zoll groß. Die Bildschirmauflösung beträgt maximal 1200×900 Pixel. Das Display hat eine spezielle Technik, die es ermöglicht, sowohl im Sonnenlicht als auch bei Dunkelheit zu arbeiten. Bei Sonnenlicht wird das Licht hinter dem LCD-Gitter reflektiert. Somit ist zumindest ein monochromes Bild sichtbar („reflective mode“). Bei Nutzung der Hintergrundbeleuchtung („color mode“) ist die Anzeige mehrfarbig. Die Pixeldichte beträgt 200 dpi (vergleiche gedruckte Zeitschrift: 300 dpi).[10]
Weiterhin verfügt der Laptop über eine Videokamera mit einer Auflösung von 640×480 Pixel, ein Mikrofon und zwei Lautsprecher.
Über den Signaleingang ist der Laptop in der Lage, Messwerte von analogen Sensoren aufzuzeichnen und automatisch in einem Programm zu verarbeiten. Denkbar wären etwa die Messwerte von einem Thermometer, pH-Messgeräte, Oszilloskop oder einem Mikroskop. Der Schülerlaptop hat ein Touchpad mit einer Gesamtlänge von ca. 15 cm, wobei das Touchpad die Eingabe mit einem Eingabestift verarbeiten kann. Somit ist auch das Schreiben von digitalen Briefen möglich. Die Tastatur und das Touchpad können mittels zweier Leuchtdioden beleuchtet werden. Damit ist die Computernutzung auch nachts bzw. bei schlechten Lichtverhältnissen möglich.
Der Laptop hat einen eingebauten Router für ein lokales Funknetzwerk nach dem 802.11s-Standard. Die maximale Übertragungsgeschwindigkeit beträgt 2 Mbit/s. Die Funkreichweite pro Laptop beträgt unter optimalen Bedingungen etwa 2 Kilometer. Zudem kann der XO-Laptop mit anderen Laptops bei der Datenweiterleitung kooperieren. Datenpakete können über weitere 20 Laptops zum Empfänger weitergeleitet werden. Dadurch ergibt sich eine theoretische Reichweite des Funknetzes von 30 bis 40 Kilometer.
Jeder Laptop kann ohne eine Vermittlungsstelle, d. h. ohne einen Server, zu jedem anderen Laptop automatisch eine Verbindung aufbauen. Ein Serverausfall kann also durch den Laptop automatisch kompensiert werden. Soweit ein Laptop bzw. ein Server Zugang in das globale Internet hat, stellt er dies auch für alle Teilnehmer im Funknetz bereit, bei Bedarf auch über die eingebauten USB-Anschlüsse in Verbindung mit einer Ethernet-Netzwerkkarte. In entlegenen Gebieten kann der Server mittels einer Satellitenschüssel einen Internetzugang bereitstellen.
Der XO-Laptop wurde für den täglichen Einsatz in der Schule konzipiert und ist daher besonders robust konstruiert. Das mobile Computersystem soll zumindest für eine Dauer von fünf Jahren ohne Funktionsausfälle einsetzbar sein (Standardlaptop: Zwei Jahre). Die Tastatur ist wasserdicht, der gesamte Laptop ist beim Transport zum Schutz vor Regen abgedichtet. Je nachdem, welche Anwendung und welcher Akkutyp benutzt wird, beträgt die durchschnittliche Laufzeit des Akkus drei bis sechs Stunden. In der Zukunft sollen mit einer verbesserten Software Akkulaufzeiten von zehn Stunden und mehr erreicht werden.[11][12] Ebenso wurde der Schülerlaptop auf eine hohe Energieeffizienz ausgerichtet. Solange der Laptop aktiv benutzt wird, benötigt er lediglich ca. 2,5 Watt. Wenn am Laptop keine Eingaben erfolgen, arbeitet er weiterhin als Netzwerkrouter und nimmt dabei nur noch ca. 0,3 Watt auf (vergleiche Standardlaptops: ca. 20 bis 40 Watt; Desktopcomputer: mindestens 70 Watt). Daher sind zur externen Energieversorgung auch schwache Stromquellen wie etwa Solarzellen oder ein handbetriebener Dynamo (sogenannte human power) ausreichend.
Der Laptop hat die Maße 24,2 cm × 22,8 cm × 3,0 cm. Das Gerät ist in die Klasse der besonders mobilen Subnotebooks einzuordnen. Durch seinen umklappbaren Bildschirm kann das Gerät ähnlich wie ein Tablet-PC verwendet werden. Sein Gewicht beträgt – inklusive Akku – etwa 1,4 Kilogramm. Das Design des Geräts stammt vom renommierten Schweizer Industriedesigner Yves Béhar.
Projektverlauf
Erste Forschungsansätze
Erste Überlegungen bezüglich eines Wissenstransfers in Entwicklungs- und Schwellenländer gingen bereits in den 1970er Jahren von MIT-Professor Seymour Papert aus. In einem Forschungsprojekt brachte er Computertechnik in ein afrikanisches Dorf. Er beobachtete, inwieweit die Kinder, die vorher keinen Kontakt damit hatten, innerhalb kürzester Zeit lernten, den Computer anzuwenden und sich so neues Wissen anzueignen.
Bei weiteren Überlegungen kam am MIT die Idee auf, einen preiswerten Laptop speziell für Entwicklungsländer zu konzipieren. Daraus entstand später das Projekt 100-Dollar-Laptop. Am MIT Media Lab, Fakultät der Universität MIT in Cambridge (Massachusetts), entwickelt ein Forschungsprojekt es weiter.
Weitere Tests fanden im Jahr 2001 zusammen mit einer Dorfschule in Kambodscha statt. Jedem kambodschanischen Kind der Projektschule wurde ein damals moderner Laptop für den Schulunterricht zur Verfügung gestellt. Man testete, welche besonderen Anforderungen an ein solches Gerät im Rahmen des Schulunterrichts, insbesondere in einem infrastrukturell schwachen Gebiet gestellt werden, und zog daraus Schlussfolgerungen für das Design eines solchen Laptops.
Ausgliederung des Projektes One Laptop per Child
Als sich abzeichnete, dass das Projekt den Rahmen eines reinen Forschungsprojektes sprengen würde, wurde zu dessen Umsetzung in die Praxis die Non-Profit-Organisation One Laptop per Child (kurz: OLPC) gegründet und von der Universität organisatorisch ausgegliedert (sogenannter Spin-off).
Als Non-Profit-Organisation ist OLPC nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet. Vorstandsmitglieder sind unter anderem Nicholas Negroponte (Vorsitzender), Antonio Battro (Chief Education Officer) und Walter Bender (Software and Content). Gemäß dem Kurznamen OLPC ist es das erwünschte Ziel, jedem Kind für Ausbildung und Unterricht einen Laptop zur Verfügung stellen zu können. Somit steht der Begriff 100-Dollar für den anvisierten Produktionspreis bei großen Stückzahlen. Dieser Preis wurde für Ende 2008 bzw. Anfang 2009 angezielt.
Projektstart
Der Projektstart erfolgte im Januar 2005 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos (Schweiz), als Nicholas Negroponte das Konzept zur Entwicklung eines Hundred-Dollar-Laptop-Project (HDLP) bekannt gab. Damals konnte als erster Partner AMD gewonnen werden. Noch im selben Monat folgten News Corporation und Google.[13] Zu diesem Zeitpunkt wurden jedoch noch weitere Partner für dieses Projekt gesucht.
Am 16. November 2005 stellte Nicholas Negroponte gemeinsam mit UN-Generalsekretär Kofi Annan auf dem zweiten Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) in Tunis (Tunesien) erstmals öffentlich funktionsfähige Prototypen des 100-Dollar-Laptops vor.[14] Im Rahmen einer Pressekonferenz äußerte sich Kofi Annan wie folgt: „Er [der Laptop] ist eine eindrucksvolle technische Errungenschaft, in der Lage, fast alles, was größere, teurere Computer können, zu tun. In ihm liegt das Versprechen große Fortschritte in wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung zu bewirken. Aber vielleicht am wichtigsten ist die eigentliche Bedeutung von „one laptop per child“. Es geht nicht einfach darum, jedem Kind einen Laptop zu geben, so als würde man ihm ein Zaubermittel überreichen. Die Magie liegt im Inneren – im Inneren jedes Kindes, jedes werdenden Wissenschaftlers, Gelehrten oder einfachen Bürgers. Diese Initiative beabsichtigt sie ans Tageslicht zu bringen.“[15]
Seitdem erhält das Projekt von weiteren Partnern aus der Industrie wie etwa Marvell, Brightstar, Nortel, SES-Astra und Red Hat Unterstützung.[13] In einer Pressemitteilung vom Dezember 2005 gab „One Laptop per Child“ bekannt, dass als Laptop-Hersteller das Unternehmen Quanta mit Sitz in Taiwan gewonnen werden konnte. Auf dem Weltwirtschaftsforum im Januar 2006 wurde schließlich die Zusammenarbeit von „One Laptop per Child“ mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen bekanntgegeben.
Entwicklung und Produktion
Entwicklung
Im April 2006 begann der „Alpha-Test“ mit der Hauptplatine für die Großproduktion und seinen integrierten Komponenten. Im Juni 2006 wurde die konzipierte Hauptplatine (ca. 500 Stück) an alle beteiligten Entwickler für weitere Tests übergeben.
Im Sommer 2006 wurde die Beta-Testphase gestartet. Dieser begann mit Beta-Test 1 im November 2006. Es wurden 875 Laptops mit allen relevanten Komponenten an die Entwickler sowie für praktische Tests in der Schulklasse (für weitere Belastungs-Tests) versendet. Nach Abschluss des Beta-Tests-1 wurden die verwendeten Laptops zusätzlichen mechanischen Belastungstest unterzogen, um weitere Erkenntnisse über die Stabilität und maximale Belastbarkeit von Konstruktion und Design zu erhalten. Mitte Februar 2007 begann der Beta-Test 2 zur weiteren Optimierung des Systems. Etwa 2500 Beta-2-Laptops wurden wieder an Entwickler und zum testweisen Praxiseinsatz in der Schulklasse versandt.
Parallel dazu wurden verschiedene Tastatur-Layouts für Sprachen, die nicht so weit verbreitet sind, wie Kinyarwanda, Amharisch, Urdu, Nepali, Kasachisch, Mongolisch, Devanagari, Paschtu oder Darī entwickelt. Bislang war für einige dieser Sprachen keine Computertastatur verfügbar, was jedoch für ein Bildungsprojekt, das sich auf die Grundschulausbildung ausrichtet, wesentliche Voraussetzung ist. Die Entwicklung von Tastaturen für bislang vernachlässigte Sprachen wird seitens der Gesellschaft OLPC als ein Beitrag zur Überwindung der digitalen Kluft angesehen. Daneben wurden auch verfügbare Tastatur-Layouts weit verbreiteter Sprachen wie Libysch, Türkisch oder Englisch angepasst, um den Bedürfnissen der Zielgruppe des XO-Laptops besser zu entsprechen.
Im Mai 2007 wurde ein Beta-Test 3 produziert (Stückzahl: ca. 100 Stück), Ende Juni 2007 wurde der Prototyp der 4. Generation produziert (Stückzahl: ca. 2.000 Stück). Ende Juli 2007 wurde eine kleine Auflage an „pre-production test systems“ hergestellt (ca. 300 Stück), der sogenannte CTest-1, gefolgt von einem CTest-2. Diese Prototypen waren weitgehend identisch zum Endprodukt der Großproduktion.
Die Massenproduktion startete schließlich im November 2007. Laptops werden seit dem Dezember 2007 ausgeliefert. Bis Mitte 2010 wurden etwa 2 Millionen Laptops produziert, die hauptsächlich in Uruguay, Peru, Mexiko, Ruanda, Haiti und in den USA eingesetzt werden.
Praxiseinsatz der XO-Laptops
Parallel zur Weiterentwicklung der Prototypen zur Serienreife wurden in Brasilien, Nigeria, Thailand, Uruguay und in Peru Prototypen der ersten, zweiten, dritten bzw. vierten Laptop-Generation in der Schulklasse eingesetzt. Aus den Rückmeldungen konnten dann weitere Wünsche bei der Entwicklung berücksichtigt und die Konstruktion der Schüler-Laptops für die Großproduktion verfeinert werden. Parallel dazu konnte auch in den Abnehmerländern vor Ort festgestellt werden, in welchen Umfang der Einsatz des Laptops das Interesse der Schüler am Unterricht und damit im Ergebnis das Lernniveau erhöhte.[16]
Nach einem Zwischenbericht aus der OLPC-Projektschule Galadima in Nigeria gingen die Leistungen der Schüler über das bisherige Niveau hinaus. Laut Aussage eines Lehrers der Projektschule konnte das Konzept des Projekts One Laptop per Child bestätigt werden: “Pupils go even beyond what I can teach in the class. It's a very interesting thing to use. I personally have a better idea about teaching... We discovered that giving them time to discover something and to do it in their own way, they feel more happy and they are so excited in using it.” (deutsch: „Die Schüler gehen sogar über das hinaus, was ich ihnen in der Klasse beibringen kann. Der Einsatz [der Laptops] ist sehr interessant. Ich persönlich habe nun auch eine bessere Vorstellung, wie ich lehre … Wir haben Folgendes herausgefunden: Indem wir den Schülern mehr Zeit geben, etwas selbst zu entdecken, und sie dies auf ihre Weise machen können, sind sie zufriedener und sehr motiviert ihn [den Laptop] einzusetzen.“)[17]
Produktion
Nach der ursprünglichen Planung war als Voraussetzung für den Produktionsstart die vorherige Bezahlung der Laptops durch die Teilnehmerländer vorgesehen. Mittlerweile hat das Projekt OLPC sich für eine andere Art des Vertriebes entschieden.
Aufgrund des bisherigen Erfolges im Rahmen der Spendenaktion Give 1 Get 1 werden die Schulen in den verschiedenen Teilnehmerländern erst nach und nach mit XO-Laptops versorgt. Dieses Vorgehen kommt auch der bisherigen Organisationsstruktur des OLPC-Projekts entgegen. Indem die logistischen Kapazitäten für mehrere tausend XO-Laptops auf mehrere hunderttausend Stück in den nächsten Monaten erhöht werden, kann die Organisation die dazu erforderlichen Personalressourcen anpassen und damit auch direkt vor Ort Unterstützung anbieten.
Auch das gelegentlich kritisierte Vorgehen, dass lediglich Staaten die XO-Laptops ordern können, ist so nicht mehr gegeben. Bereits im Rahmen der Aktion Give 1 Get 1 hatten die Endverbraucher in Nordamerika bis zum Jahresende 2007 die Möglichkeit, einen Laptop für 400 US-Dollar zu erwerben und gleichzeitig eine Spende für die am Projekt teilnehmenden Entwicklungs- und Schwellenländer zu tätigen. Ab Ende 2008 war dies auch in Europa möglich.[18] Aufgrund dieser Spenden war der Start neuer Projekte in verschiedenen Ländern möglich.
Der XO-Laptop wird durch den Auftragshersteller Quanta Computer Inc. mit Sitz in Taiwan hergestellt. Quanta Inc. ist Auftragshersteller, u. a. auch für Apple-Computer, und fertigt ca. ein Drittel aller weltweit verkauften Notebooks. Nach derzeitiger Planung ist eine Gesamtproduktion von mehreren Millionen Stück über einen Zeitraum von ca. fünf Jahren geplant.
Weiterentwicklung und Varianten
Im April 2009 kündigte OLPC eine neue, verbesserte Variante des XO-1 an, die als XO-1.5 bezeichnet wurde. Im Vergleich zum Ursprungsmodell haben die neuen Laptops leistungsstärkere Prozessoren und mehr Speicher.[19] Diese Modellreihe wurde ab 2010 mit veränderter Software auch als XO-HS (Highschool) speziell für Schüler weiterführender Schulen angeboten. Ab September des Jahres werden 90.000 Laptops dieser Variante nach Uruguay geliefert.[20]
OLPC hatte eine neue Version des Laptops unter der Produktbezeichnung XO-2 geplant, die für 75 Dollar angeboten werden sollte.[21] Die Entwicklung wurde dann allerdings eingestellt. Als Ersatz wurde der XO Tablet-PC (Bezeichnung: XO-3) entwickelt, der alternativ mit einem 7- oder 10-Zoll-Bildschirm erhältlich ist.[22] Was den Laptop angeht, so gibt es inzwischen – nach XO-1, XO-1.5 und XO-1.75 – als neueste Version den XO-4, der mit einem sehr stromsparenden ARM-Prozessor ausgestattet ist. Den XO-4 gibt es auch mit Touchscreen (Bezeichnung: XO-4 Touch). Der XO-4 wird mit dem Linux-Betriebssystem Fedora 18 und den Benutzungsoberflächen Sugar und Gnome ausgeliefert.[23][24] Der Preis für das Modell ohne Touchscreen sollte laut Ankündigung vom August 2013 bei 206 US-Dollar liegen.[25]
Vertrieb
Einen Laptop mit diesen sehr anspruchsvollen Leistungsmerkmalen zu diesem Preis zu entwickeln, war von Anfang an für die Entwickler vom MIT Media Lab eine große Herausforderung.
„Es gibt zwei Wege um irgendwas kostengünstig zu machen. Der eine Weg ist, billige Komponenten, billige Arbeit sowie billiges Design zu nehmen, um ein ‚billiges‘ Produkt zu machen. Der andere Weg ist, fortgeschrittene Produktionsprozesse, einen hohen Integrationsgrad, sehr große Stückzahlen sowie gutes Design einzusetzen, um ein kostengünstiges, qualitativ hochwertiges Gerät zu bekommen. Wir haben uns ausschließlich auf Letzteres konzentriert […].“
Vertrieb an Teilnehmerländer
Demnach erfolgt der Vertrieb nur über „Großabnehmer“, d. h. über am Projekt teilnehmende Länder, welche die Laptops in großen Stückzahlen abnehmen. Die Weiterleitung an die Schüler geschieht dabei durch die Schule.[26] Die Bestellungen werden nicht sofort in Gesamthöhe ausgeführt, sondern über mehrere Monate oder wenige Jahre verteilt, um vorhandene Transportkapazitäten in die Abnehmerländer mitzunutzen. Ziel ist es auch, die Transportkosten gering zu halten.
Im September 2007 teilte das Projekt OLPC mit, dass der Laptop beim Start der Großproduktion zu einem Preis von ca. 188 US-Dollar angeboten wird, was umgerechnet etwa 135 Euro entspricht. Es wird jedoch weiterhin an dem Ziel festgehalten, den Preis kontinuierlich zu senken.
OLPC plante Anfang 2007, dass bis Ende 2008 der Preis bei größeren Stückzahlen circa 100 Dollar und im Jahr 2010 nur noch 50 Dollar beträgt.[27] Die Organisation führte an, dass Faktoren wie die Rohstoffpreise für Kupfer und Nickel sowie der Kurs des US-Dollars zu Preisschwankungen führen könnten. Der Preis sollte aufgrund höher integrierter Hardwarekomponenten und größeren Liefermengen sinken. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht, und der Preis blieb bei 190 Dollar (Stand Ende 2009).[28] OLPC gibt die für die Total Cost of Ownership (TCO), also die Fixkosten, die Wartung und den Internetzugang insgesamt 1 Dollar pro Woche an (Stand Ende 2009).[28]
„Give One Get One“ und private Spenden
Seit Ende September 2007 ist es auch für Privatpersonen möglich, dem Projekt Einzelspenden auf der Homepage XOgiving.org zukommen zu lassen. Möglich ist die Spende eines oder mehrerer XO-Laptops in Form einer Geldspende über das Onlinesystem PayPal.
Zudem fand vom 12. November bis 31. Dezember 2007 erstmals eine Kampagne namens Give 1 Get 1 (G1G1) in den USA und Kanada statt. Bei dieser Aktion bekam ein bedürftiges Kind einen XO-Laptop, einen zweiten Laptop erhielt der Besteller Mitte Dezember, also kurz vor Weihnachten, geliefert. Im Rahmen dieser Aktion wurden ca. 300.000 XO-Laptops bestellt, wovon allein bei dieser Aktion 150.000 XO-Laptops den teilnehmenden Projektländern als Spende zukamen.
Am 17. November 2008 wurde eine erneute Give One Get One Aktion gestartet, die es auch Privatpersonen aus allen Ländern der EU, sowie der Schweiz, Russland und der Türkei erlaubte, je einen XO-Laptop zu erwerben und zu verschenken. Der Vertrieb wurde ausschließlich durch Amazon UK abgewickelt. OLPC Deutschland umwarb dieses Projekt auch unter dem Arbeitstitel Dir1Mir1. Die Aktion ist jedoch im Dezember 2008 abgelaufen.
Während die Teilnehmer der Give One Get One Aktion keinen Einfluss darauf haben, in welchem Land der gespendete Laptop zum Einsatz kommt, bietet die OLPC-Stiftung bei Spenden von mehr als 100 Laptops (etwa durch Unternehmen) dem Spender die Möglichkeit, den Einsatzort selbst zu wählen. Auf diese Weise könnten auch Kinder in deutschen Bildungsprojekten an einen XO-Laptop kommen. Laut OLPC Deutschland wäre es bei einer Spende dieser Größenordnung auch möglich, den Laptop, der im Rahmen der Give One Get One Aktion nur mit QWERTY-Tastatur erhältlich ist, mit einem deutschen Tastatur-Layout zu versehen.
Zukünftige Vertriebswege
Es wird erwogen, einige Zeit nach Start der Großproduktion den Laptop eventuell auch frei verkäuflich für den ausschließlich privaten Gebrauch, also nicht zum Einsatz in der Schule, anzubieten. In diesem Fall würde ein anderer Hersteller die Produktionsrechte erwerben und zudem den XO-Laptop mit zusätzlicher Hardware ausrüsten, wie etwa eine eingebaute Netzwerk-Karte oder mehr Hauptspeicher.[29] Allerdings würde dann ein höherer, evtl. der dreifache Preis anfallen. Überschüsse aus diesem kommerziellen Verkauf sollen dann zur Unterstützung der Entwicklungsländer verwendet werden. Es ist noch offen, inwieweit diese Idee umgesetzt wird.[30] Im Januar 2008 wurde bekanntgegeben, dass die eigens gegründete Gesellschaft OLPC America die Geräte auch in den USA vertreiben soll. Preise wurden noch keine genannt, die Auslieferung soll jedoch in Zusammenarbeit mit den Regierungen der einzelnen Bundesstaaten noch im Laufe des Jahres erfolgen.[31]
Phase der Nachbetreuung
Für eine nachhaltige Entwicklung und einen Zugang für die gesamte Bevölkerung eines Landes ist es erforderlich, auch eine nachhaltige Betreuung bereitzustellen. Daher will das Projekt One Laptop per Child neben der erfolgreichen Übergabe der XO-Laptops an die Abnehmerländer auch die Anbindung an das Internet über spezielle Server, die 100-Dollar-Server, ermöglichen.
Diese 100-Dollar-Server sollen dabei in verschiedenen Konfigurationen bereitgestellt werden. Es werden derzeit drei Varianten seitens des Projekts geplant. Einen erweiterten XO-Laptop, der als Server für eine Kleingruppe dient, einen sogenannten XS-Server und schließlich das Servermodell XSX. Jedes Modell ist auf die Bereitstellung des Internetzugangs für eine bestimmte Gruppengröße ausgelegt und soll an die anspruchsvollen klimatischen Anforderungen insbesondere von Entwicklungs- und Schwellenländern angepasst sein.
Für eine nachhaltige Entwicklung ist es notwendig, dynamische Lernprozesse in den jeweiligen Teilnehmerländern und vor Ort zu fördern. Durch die Benutzung des Laptops und der bewusst offen gestalteten Architektur und Software der Computer sollen die Benutzer motiviert werden, sich Wissen über die Informationstechnologie anzueignen. Beste Voraussetzungen sind bei Verwendung von freier Software gegeben, welche jedem Computerbesitzer die Nutzung und das Recht zur Anpassung des Computersystems erlaubt.
Gezielt sollen dabei lokale Initiativen von Bürgern, den Kommunen und Initiativen des Staates gefördert werden. Bereits vor der Auslieferung der Laptops an die teilnehmenden Länder erfolgt die Bildung von Lernteams, um den Gebrauch der XO-Laptops zu fördern. Eine Unterstützung vor Ort erfolgt dabei langfristig durch die Stiftung One Laptop per Child. Diese ortsansässigen Initiativen sollen dabei helfen, digitale Bildung nachhaltig zu gestalten und zu vertiefen. Daneben ist es Ziel der Stiftung, nach Projektstart für besonders benachteiligte Kinder in Entwicklungsländern einen Zuschuss für XO-Laptops zu ermöglichen, wobei der Zuschuss von externen Spenden abhängig sein wird. Insbesondere Flüchtlingskinder, Kinder in besonders schwer erreichbaren Regionen der Erde und Kinder, die nicht durch das Abnehmerland berücksichtigt wurden, sollen auf diese Weise durch die Stiftung unterstützt werden.[32]
„One Laptop per Child“ im deutschsprachigen Raum
Der Laptop ist nicht nur für Kinder aus Entwicklungsländern konzipiert, sondern für das Lernen eines jeden Kindes – explizit auch in den Industrienationen. In Graz wurde im Herbst 2008 eine Volksschulklasse mit 25 XOs ausgestattet, wobei unter wissenschaftlicher Evaluation vier Jahre lang Erfahrungen mit dem Lernen am Laptop in einem westlichen Industrieland gesammelt werden sollen. Nachdem es lange mit „OLPC Austria“ nur eine österreichische Beteiligung an dem Projekt gab, gründete sich im April 2008 der gemeinnützige Verein „OLPC Deutschland e. V.“ Eine deutschsprachige Version für die im Projekt verwendete Software ist zwar gerade in der Entwicklung, jedoch ist die Übersetzung noch nicht abgeschlossen.
Der Deutsche IT-Verband BITKOM fordert gegenüber der deutschen Politik eine Beteiligung an einem Laptop-Projekt. Demnach soll jeder Schüler der fünften Klasse einen Laptop besitzen, ohne dass der Branchenverband mit dieser Forderung ein notwendiges, pädagogisches Gesamtkonzept verbindet.[33]
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dazu auf dem Technologiegipfel im Dezember 2006 in Potsdam keine Stellung genommen, obwohl es bei diesem Gipfel um eine Thematisierung solcher Fragen ging. Allerdings fallen Fragen der Schulausbildung, und damit auch die Frage des eingesetzten Lehrmaterials in die Kompetenz der Bundesländer. Ob und inwieweit moderne Informationstechnologie im Schulunterricht angewendet wird, entscheiden die jeweiligen Regierungen der deutschen Bundesländer.
Hardware
Flexibilität
Der XO-1 ist für die flexible Verwendung auch außerhalb des Klassenzimmers konzipiert.
Bildschirm für den Innen- und Außengebrauch
Der Bildschirm hat eine Diagonale von 7,5 Zoll (etwa 19 cm). Aufgrund seines besonderen Aufbaus, insbesondere der Anordnung der verschiedenen Schichten (hier des Farbfilters, der teildurchlässigen Reflexionsschicht und des eigentlichen LCDs), erhält der Bildschirm besondere Eigenschaften. Er arbeitet dadurch transflektiv und kann daher unter verschiedenen Lichtverhältnissen genutzt werden. Der Bildschirm kann Farben dabei nur transmissiv darstellen, während er reflektiv nur Schwarz-Weiß-Darstellung beherrscht. Die Schwarz-Weiß-Auflösung beträgt 1200 × 900 Pixel.[34] Rein rechnerisch beträgt die Auflösung bei Farbanzeige 692 × 520 Pixel. (Das entspricht einer Gesamtfarbpixelzahl von einem Drittel der Schwarzweißpixelzahl.) Aufgrund der ungewöhnlichen Anordnung der Subpixel ist es nicht einfach, die wahrgenommene Auflösung mit der anderer Displays zu vergleichen. Tests der wahrgenommenen Auflösung lassen sie im Bereich der XGA-Auflösung erscheinen (entspricht 1024×768 Pixeln). Im Farbbild-Modus wird der Bildschirm, wie bei Flachbildschirmen üblich, hintergrundbeleuchtet. Allerdings wird bei herkömmlichen Bildschirmen normalerweise das Bild umso blasser, je heller das einfallende Umgebungslicht ist. Im Extremfall ist bei sehr starkem Lichteinfall die Erkennbarkeit der Anzeige auf dem Bildschirm nur noch minimal. Deshalb wird der Bildschirm des OLPC XO-1 im Schwarz-Weiß-Modus nicht hintergrundbeleuchtet, sondern reflektiert das Umgebungslicht. Durch diese Reflexion erhöht sich der Kontrast der Anzeige. Der Bildschirm ist damit auch bei direktem Einfall von Sonnenlicht einsetzbar und die Anzeige sogar noch besser ablesbar.
Zwischen üblicher Grafikhardware des Chipsatzes und dem Bildschirm liegt ein spezieller Grafikprozessor (Display Controller – DCON). Er beinhaltet einen Framebuffer, so dass der Chipsatz komplett abgeschaltet werden kann und trotzdem ein Standbild auf dem Bildschirm aufrechterhalten werden kann.[35] Bei aktivem Chipsatz nimmt er Anpassungen des Signals vor, um den speziellen Eigenarten des Bildschirms Rechnung zu tragen: Bei abgeschalteter Hintergrundbeleuchtung ist er im Schwarzweiß-Modus, wobei aus dem Farbbildsignal ein tonwertrichtiges Schwarzweiß-Signal erzeugt wird. Mit der Hintergrundbeleuchtung wird der DCON in den Farbmodus umgeschaltet, wobei das Bildsignal einer Antialias-Filterung unterzogen wird,[36] um der geringeren Pixeldichte einer jeden der drei Grundfarben Rechnung zu tragen.
Als Innovation ist die Kombination von Hintergrundbeleuchtung und Reflexion in der Anzeige anzusehen. Soweit bei dem verwendeten Display bei eingeschaltetem Farbbild-Modus Sonnenlicht auf den Bildschirm fällt, werden zwar die Farben blasser, weil dann zunehmend – durch die Reflexion des Sonnenlichts – der Anteil des reflektiven Modus überwiegt. Allerdings erhöht sich durch die Reflexion auch der Kontrast der (nun Schwarz-Weiß-)Anzeige. Zudem nähert sich die wahrgenommene Auflösung der physischen Auflösung von 1200×900 Pixeln an, was die Lesbarkeit des Bildschirms erhöht. Bei vollem Reflexionsmodus beträgt die Auflösung 200 dpi (vergleiche Auflösung eines in den 1990er Jahren üblichen einfachen Laserdruckers: 300 dpi).
Computerbasierter Unterricht ist damit auch im Freien möglich, was insbesondere in Entwicklungsländern der Regelfall ist. Zudem wird im Schwarz-Weiß-Modus der Energieverbrauch des gesamten Systems erheblich gesenkt.[37] Der Bildschirm verbraucht dann 0,1 Watt, während ein Standardbildschirm durchschnittlich 7,0 Watt verbraucht.[38]
Speicher
Das Betriebssystem belegt ca. 140 Megabyte auf dem Flash-Speicher, womit noch ca. 860 Megabyte Speicherplatz für Anwendungen und Daten verfügbar sind. Soweit der Bedarf an einer Erweiterung des Speicherplatzes besteht, können sowohl über den eingebauten SD-Karten-Steckplatz als auch über die drei USB-Anschlüsse weitere Speichermedien angeschlossen werden. Bereits über den SD-Karten-Steckplatz ist eine zusätzliche Speichererweiterung um zumindest acht Gigabyte möglich.
Nachhaltigkeit
Witterungs- und Hitzebeständigkeit
Ziel der Entwickler ist es, den Kindern einen robusten und für den Schulalltag tauglichen Computer zur Verfügung zu stellen. Aufgrund seines geringen Stromverbrauchs muss die Abwärme des Prozessors nicht über Entlüftungsschlitze abtransportiert werden. Daher können die relevanten elektronischen Komponenten in einem vollständig umschlossenen, abgedichtetem Gehäuse von äußeren Einflüssen abgekapselt werden. Die externen USB- und Audioanschlüsse werden im geschlossenen Zustand von den integrierten Antennen abgedeckt. Der Laptop ist somit im geschlossenen Zustand unempfindlich gegenüber Regen bzw. Sand oder Insekten. Da die Tastatur des Laptops durch eine Gummimembran abgedichtet wurde, ist der Laptop auch im aufgeklappten Zustand gegen Flüssigkeit und Staub geschützt.
Aufgrund seiner geringen Abwärme heizt sich das Computersystem nicht so schnell wie ein Standard-Laptop auf. Daher ist der XO-Laptop selbst bei konstanter Außentemperatur von über 60 Grad Celsius funktionstüchtig, also auch bei Wüstentemperaturen einsetzbar.
Um die Funktionsfähigkeit des Laptops auch bei starken Stößen und Erschütterungen zu gewährleisten, wird statt einer Festplatte ein stoßunempfindlicher Flash-Speicher (Solid-State-Drive) verwendet. Die Hauptplatine ist im Kopfteil hinter dem Bildschirm eingebaut, um die Kabellänge und die Leiterbahnen zu den angeschlossenen Komponenten zu verkürzen und dadurch potentielle Bruchstellen bzw. Wackelkontakte auf ein Minimum zu reduzieren. Zusätzlich wird die Hauptplatine im Gehäuse auf Stoßdämpfer aus Weichgummi gelagert. Der Laptop hat zudem einen breiteren Gehäuserahmen als Standard-Laptops (2-mm-Gehäuse statt üblicherweise 1,3-mm-Gehäuse).[39]
Derzeit (Stand: 2007) wird der XO-Laptop zum Nachweis seiner Unempfindlichkeit gegenüber Regen, Sand und großer Hitze durch die Organisation Underwriters Laboratories zertifiziert.
Umweltfreundlichkeit
Bei einer möglichen Herstellung von geschätzten 100 bis 150 Millionen XO-Laptops ist es erforderlich, die Auswirkungen auf die Umwelt in die Überlegungen miteinzubeziehen. Derzeit werden weltweit jährlich 230 Millionen Computer ausgemustert. Jedes Jahr werden zum Beispiel 500 Container mit Computerschrott zur Entsorgung nach Nigeria transportiert.
Aus diesem Grund arbeitet die gemeinnützige Gesellschaft OLPC mit der Organisation EPEAT zusammen, um Konstruktion und Vertrieb des XO-Laptops möglichst ökologisch zu gestalten. Zur Bewertung wurde das „Electronic Program Environmental Assessment Tool“ nach dem IEEE 1680-Standard eingesetzt. Der XO-Laptop hat das Zertifikat in Gold erhalten.[40] Teilweise geht das Projekt sogar über die Anforderungen der Gold-Auszeichnung hinaus, so dass seitens der Organisation EPEAT bereits über eine nachträgliche Verschärfung der Bewertungskriterien nachgedacht wird. „[Die Gesellschaft] OLPC hat einen neuen Umwelt-Standard mit dem XO[-Laptop] geschaffen.“
Der XO-Laptop ist unter anderem aus folgenden Gründen besonders umweltfreundlich:
- Die verwendeten Akkus haben eine bis zu viermal längere Lebenszeit als Standard-Akkus.
- Der Stromverbrauch beträgt nur 10 % des Verbrauchs von Standard-Laptops. Weiterhin ist sein Energieverbrauch 14-mal geringer als es die Anforderungen von Energy Star vorschreiben.
- Der XO-Laptop erfüllt die Vorgaben der Umweltrichtlinie der EU RoHS. Zudem ist der XO-Laptop der erste Computer weltweit, der für den Bildschirm kein Quecksilber benötigt.
- Ausarbeitung und Start eines Recycling-Programms für alle XO-Computer in jedem Land der Welt, in dem sie verwendet werden.[40]
Der Computer wurde so konstruiert, dass ein Austausch von defekten Komponenten wie etwa der Tastatur oder des Bildschirms in möglichst wenigen Arbeitsschritten erfolgen kann. Dabei wurde darauf geachtet, dass die dazu notwendigen Handgriffe möglichst einfach bleiben und kein spezielles Werkzeug benötigt wird. Ein Test hat ergeben, dass bereits 10-jährige Kinder – ggf. unter fachkundiger Anleitung eines Erwachsenen – in der Lage sind den Komponentenaustausch vorzunehmen.[41]
Mobilität
Netzwerktechnik
In jedem XO-Laptop ist ein Router integriert. Dies ermöglicht den Aufbau eines Funknetzwerkes, ohne dass zusätzliche Hardware benötigt wird. Der Verbindungsaufbau im WLAN zwischen den XO-Laptop erfolgt dabei automatisch. Das WLAN verwendet als Übertragungsprotokolle 802.11b und 802.11g mit Erweiterung gemäß 802.11s.
Durch Verwendung von zwei integrierten WLAN-Antennen (die „Hasenohren“) ergibt sich eine maximale Übertragungsgeschwindigkeit von 2.000 kBit/s. Soweit eine Verbindung zwischen den XO-Laptops über große Distanzen aufgebaut werden soll, können zwei integrierte WLAN-Antennen für bessere Signalqualität ausgeklappt werden.[8]
Damit jeder Laptop als Vermittlungsstelle arbeiten kann, ist die Datenweiterleitung in den XO-Laptops selbst im ausgeschalteten Zustand aktiv. Somit steht ein ständig verfügbarer Router oder eine Bridge für das Funknetz zur Verfügung und stabilisiert damit für die anderen Teilnehmer das gesamte Netzwerk.[8] Die Leistungsaufnahme der Routerfunktion beträgt nur 0,25 Watt.
Integrierter WLAN-Router
Die im Laptop eingesetzten und für den Netzbetrieb erforderlichen WLAN-Mikrochips werden vom Unternehmen Marvell produziert und haben eine Übertragungsgeschwindigkeit von maximal 2.000 Kbit/s. Für das Routing und damit zur Steuerung des eingebauten Routers verwendet der Hersteller Marvell einen Mikrochip, der auf der ARM-Architektur basiert.
Die im Mikrochip verwendete Software (Firmware) basiert noch auf nicht-quelloffener Software eines anderen Herstellers. Der Quellcode für diese Firmware kann daher nur nach Unterzeichnung einer Vertraulichkeitsvereinbarung eingesehen werden. Dies entspricht nach Ansicht einiger Kritiker nicht dem an freier Software orientierten Gesamtkonzept.
Nach Mitteilung von Jim Gettys, Projektteilnehmer bei „One Laptop per Child“, wird an einem Firmware-Ersatz gearbeitet. Dieser soll dann unter die freie Lizenz „GNU GPL“ gestellt werden. Zusätzlich befindet sich das Projekt in juristischen Verhandlungen mit Rechtsanwälten von Marvell und dem Hersteller der Firmware über eine offenere Lizenz. Der Treiber im Linux-Kernel selbst war von Anfang an GPL-konform und ist mittlerweile im Linux-Kernel integriert.
Netzwerkprotokoll
Für das Mesh-Netzwerk müssen drei Protokolle verwendet werden.
Als WLAN-Protokoll wird der IEEE 802.11b/g-Standard verwendet. Das IEEE-802.11b/g-Protokoll beschreibt allerdings nur den Datenverkehr innerhalb eines Funknetzwerkes, welches nach dem Prinzip eines kabelgebundenen Ethernet-Netzwerkes arbeitet. Nach diesem Protokoll werden die Daten lediglich zwischen Sender und Empfänger direkt ausgetauscht.
Weiterhin können Datenpakete von dem einen zum anderen Rechner weitergeleitet werden. Für diese sogenannten „Hops“ muss zusätzlich das Protokoll IEEE 802.11s eingesetzt werden. Die Datenpakete werden dann so lange weitergeleitet, bis ein Laptop im Mesh-Netzwerk das Datenpaket dem eigentlichen Empfänger zugestellt hat. Somit können Laptops, welche sich eigentlich mit ihrem Funksignal außerhalb ihrer gegenseitigen Reichweite befinden, über Vermittlungsstellen miteinander kommunizieren bzw. in das Internet „einklinken“.
Reichweite des Netzwerks
Durch Einbau zweier Antennen (die „Hasenohren“) erhöht sich die Signalqualität und damit die Reichweite des Funksignals beträchtlich. Unterschiedliche Werte ergeben sich, je nachdem, ob Funkkontakt zwischen zwei XO-Laptops oder zwischen einem XO-Laptop und Standardhardware aufgebaut wird. Unter optimalen Bedingungen, d. h. bei Verbindungsaufbau zwischen zwei XO-Laptops mit ausgeklappten Antennen im flachen, dünn besiedelten Gebiet, ergibt sich eine maximale Reichweite von ca. zwei Kilometern. Bei Tests im Outback von Australien wurde eine Reichweite von 1,6 Kilometern gemessen.
Die XO-Laptops sind nach bisherigen Tests, aufgrund ihrer eingebauten Mesh-Netzwerkfunktion, in der Lage, Daten von einem Sender zu einem bestimmten Empfänger über bis zu 20 weitere Laptops weiterzuleiten. Dadurch ergibt sich eine theoretische Reichweite des Mesh-Netzwerkes von 30 bis 40 Kilometern. Somit wird ebenfalls auf besonders effiziente Art und Weise ein Breitbandanschluss in das Internet aufgebaut. Damit kann zugleich das „Problem der Letzten Meile“ in den teilnehmenden Partnerländern gelöst werden.
Soweit Daten über das Funknetz innerhalb eines Gebäudes weitergeleitet werden, können die XO-Laptops untereinander Kontakt zwischen den einzelnen Gebäudeetagen aufnehmen.
Netzwerkbildung
Lokales Netz
Über das mobile Mesh-Netzwerk (auch als mobiles Ad-hoc-Netz bezeichnet) vernetzen sich automatisch die in Reichweite befindlichen Laptops miteinander über WLAN, ohne dass manuelle Konfiguration erforderlich wäre. Damit entsteht ein lokales Netz.
Das Zuweisen einer IP-Adresse für das ineinandergreifende Netz erfolgt automatisch. Folglich ist kein Administrator oder eine zentrale Verwaltung der IP-Adressen erforderlich. Somit würde der automatische Netzwerkaufbau auch die automatische Einrichtung eines Schulnetzwerkes bzw. eines Netzwerkes für eine bestimmte Unterrichtsstunde ermöglichen, ohne vertiefte Computerkenntnisse über Soft- und Hardware.
Zudem ist der Laptop, neben dem unmittelbaren Datenaustausch, für netzwerkbasierte Videogespräche, Telefongespräche, und Netzwerk-Chat geeignet.
Globales Netz
Die XO-Nutzer können nicht nur lokal das Funknetz nutzen. Soweit ein zentraler Internetzugang in der Schule vorhanden ist, können sich die Laptops über WLAN in das globale Internet „einklinken“. Der XO-Laptop verwendet dabei bereits das neue Internetprotokoll IPv6. Damit ist es jederzeit möglich, das Internet als Informationsquelle heranzuziehen. Wissensaneignung soll daher nicht nur auf reine Datenabfrage beschränkt sein, sondern beinhaltet auch die Nutzung des Internets als Kommunikationsmedium (z. B. Soziale Netzwerke, Chat, E-Mail).
Entstehen eines sozialen Netzes
Durch spontane Bildung von beliebigen Netzwerken ermöglicht das technische Netzwerk auch die Bildung und Vertiefung von sozialen Netzwerken. Kinder sind damit in der Lage, durch Verwendung und bei Bedarf spontane Neubildung des lokalen, aber mobilen Mesh-Netzwerkes, die Zusammenarbeit und soziale Interaktion untereinander auf neue Art und Weise kennenzulernen. Kinder sollen in der Lage sein, je nach dem zu lösenden Problem und selbst über eine gewisse Distanz, Arbeitsgemeinschaften durch spontane Neuvernetzung zu bilden.
Aufgrund seines geringen Gewichts und der erheblichen Reichweite des Funknetzwerkes können sich die Kinder auch außerhalb der Schule miteinander vernetzen. Somit kann soziale Interaktion mittels Netzwerken und damit die Bildung von Wissensnetzen auch außerhalb der Schule erfolgen. Als weiterer positiver Aspekt wird gemäß den Befürwortern von freien Funknetzen angeführt, dass durch „PicoPeering-Vereinbarungen“ und die gemeinsame Verantwortung eines Wohnviertels für die Funktionsfähigkeit des WLAN die nachbarschaftliche Solidarität und Bürgerinitiative gefördert werden.
Energieversorgung
Als ein grundsätzliches Problem stellt sich die Energieversorgung in infrastrukturschwachen Gebieten dar. Obwohl der Computer bereits eine sehr geringe Leistungsaufnahme (etwa 2,0 Watt) aufweist, sind in der Praxis weitere Wege der Energieversorgung nötig. Der XO-Laptop kann sich daher über verschiedene Quellen mit elektrischer Energie versorgen:
- Bei vorhandenem Stromnetz direkt über einen Stromstecker, die verwendete Lade-Elektronik kann dabei Spannungsspitzen und sonstige Schwankungen des in den Entwicklungsländern häufig instabilen Stromnetzes kompensieren.
- Zudem ist jede beliebige Stromquelle ausreichend, die Strom mit einer Spannung zwischen 11 und 18 Volt herstellt. Spannungsspitzen bis ± 40 Volt werden durch die im XO-Laptop eingebaute Ladeelektronik kompensiert und können somit nicht dem System schaden. Somit kann auch sogenannter „schmutziger Strom“ nutzbar gemacht werden. Als Stromquelle sind demnach Solarzellen, kleine Windgeneratoren und Autobatterien denkbar.
- Über einen eingebauten, aber auswechselbaren Akku. Der Akku selbst besteht aus einem Akkupack mit fünf in Serie geschalteten aufladbaren Zellen im Standardformat AA (Mignon) mit je 1,2 V[8][39] oder zwei Akkuzellen aus Lithium-Eisenphosphat-Akkumulatoren (LiFePO4) mit je 3,2 V Nennspannung. Bei Bedarf kann der Laptop auch mit Standardakkus oder Batterien im Format AA betrieben werden. Daher braucht beim eventuellen Austausch der Akkus keine teure Spezialanfertigung verwendet zu werden, wie sonst bei anderen Laptops üblich.[8][42] Derzeit kommen zwei verschiedene Akkutypen in Betracht: Nickel-Metallhydrid- und Lithium-Eisenphosphat-Akkumulatoren (LiFePO4).
- Die Nickel-Metallhydrid-Akkus sind 2000-mal (Standard-Akkus: 500-mal) aufladbar, bis deren Kapazität (max. 16,5 Wh) auf 50 % abgesunken ist. Dies entspricht einer Nutzungsdauer von fünf Jahren, der Mindestnutzungsdauer der XO-Laptops.
- Die Lithium-Eisenphosphat-Akkus sind leichter und haben eine höhere Kapazität (max. 22,8 Wh). Hier werden zwei Einzelzellen seriell verschaltet oder 2s2p (Reihenschaltung+Parallelschaltung) für höhere Kapazität verwendet. LiFePO4-Akkus sind sicherer (kein thermisches Durchgehen) als herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus. und können mehrere tausend Male geladen werden, so dass ein Austausch während der gesamten Nutzungsdauer in der Regel unnötig ist.
- Über einen am Computer anschließbaren Dynamo. Dieser kann durch die Laptop-Nutzer, also die Kinder selbst, betrieben werden. Dazu wurden verschiedene Strom-Generatoren entwickelt, welche in ihrer Bedienung speziell auf die körperliche Leistungsfähigkeit von Kindern angepasst sein sollen. Die Energieversorgung kann wahlweise mittels Zugseil, Handkurbel oder über Pedale erfolgen; somit kann der Laptop auch in abgeschiedenen Gebieten eingesetzt werden, wo es keine Stromversorgung über ein Stromnetz gibt. Einminütiges Aufladen soll die Computernutzung für eine Dauer von ca. 10–20 Minuten sichern.[43]
Software
Es muss für den effektiven Einsatz der Laptops gewährleistet werden, dass die spätere Softwarepflege möglich ist und die Weiterentwicklung der Software, angepasst an die spezifischen Bedürfnisse in den Abnehmerländern, erfolgen kann. Die unabhängige Veränderung und Weiterentwicklung der Software würde bei proprietärer Software jedoch einen Lizenz-Verstoß und eine Urheberrechts-Verletzung zur Folge haben. Deswegen wird, soweit möglich, freie Software beziehungsweise Open Source verwendet. Das gesamte Softwarepaket für Linux (sogenannte „stabile Version“) wird bereits zum Testen und Ausprobieren zum Herunterladen bereitgestellt. Der Download kann als Live-CD auch für normale PCs erfolgen[44] bzw. kann als Emulator als Anwendung auf der Festplatte installiert werden.
Boot-Loader
Als Bootloader zum Start des PC-Systems wird Open Firmware (anstatt BIOS) eingesetzt, das unter der freien MIT-Lizenz bzw. BSD-Lizenz verfügbar ist. Open Firmware ist in der Lage, über verschiedene Datenspeicher zu booten:
- über den eingebauten Flash-Speicher (fixiert auf der Hauptplatine),
- über eine externe SD-Karte (Zugriff über ein eingebautes Kartenlesegerät),
- über die USB-Anschlüsse (für USB-Sticks oder externe Festplatten),
- über das Funknetzwerk (sogenanntes „wireless boot“).
Darüber hinaus wird versucht, die Größe des Codes zum Starten des Computers zu reduzieren. Da die Größe des Firmware-Speichers für den Boot-Loader bei 1024 kB liegt, wäre es möglich, den Boot-Code doppelt im Firmware-Speicher abzulegen. Es wären dann zwei Versionen im Speicher hinterlegt, eine größere Hauptversion und eine kleinere Version als Notfallsystem. Wenn dann bei der Aktualisierung des Boot-Codes ein Fehler passieren würde, könnte Open Firmware automatisch auf seine eigene Kopie zurückgreifen, den PC starten und versuchen, erneut die Aktualisierung erfolgreich durchzuführen. Somit könnte sich der Boot-Code selbst „heilen“, wohingegen bei den meisten Standard-PCs ein BIOS-Fehler zur vollständigen Unbrauchbarkeit des gesamten Computersystems führt. Da die Entwicklung des Boot-Codes durch OLPC noch nicht beendet ist, kann OLPC diese Möglichkeit der Selbstheilung noch nicht zusichern.
Betriebssystem
Als Betriebssystem wird die Distribution Fedora 9 des freien Open-Source-Systems Linux installiert. Sie basiert auf dem 2.6-Linux-Kernel. Fedora-Linux wird vom Unternehmen Red Hat, einem Distributions-Entwickler, auf besonders intelligenten Ressourcen- und geringen Stromverbrauch optimiert und damit speziell für diesen Laptop weiterentwickelt. Ziel der Softwareentwickler ist es, ein schlankes und damit schnelles Betriebssystem zur Verfügung zu stellen. Die Zeit für einen Kaltstart des Laptops soll auf unter eine Minute, vielleicht sogar auf ca. 30 Sekunden reduziert werden. Erreicht wird dies, indem u. a. Treiber für veraltete und nicht mehr produzierte Hardware aus dem Kernel entfernt bzw. indem systematisch Teile des Linux-Kernels effizienter programmiert werden. Manche dieser Code-Anpassungen sind bereits in den offiziellen Linux-Kernel übertragen worden und sind damit Bestandteil aller aktuellen Linux-Betriebssysteme.
Der Systemstart aus dem Ruhezustand soll, nach Abschluss der System-Optimierung, nur noch 0,1 Sekunden betragen, was für den Benutzer unterhalb der Wahrnehmungsschwelle ist.[45] Dabei sind der Hauptprozessor und sonstige Geräte abgeschaltet, lediglich der Bildschirm bleibt aktiviert. In einem zusätzlichen Chip (DCON-Chip) werden Daten für die Anzeige auf dem Bildschirm zwischengespeichert.
Ist der Zwischenspeicher des DCON-Chips erschöpft, wird der Hauptprozessor wieder aktiviert und aus dem RAM bzw. vom Flashspeicher neue Daten in den DCON-Speicher übertragen. Danach wird das System wieder in den Ruhezustand versetzt. Somit ist bei normaler Benutzung des XO-Laptops das Computersystem für die meiste Zeit und damit zum überwiegenden Teil inaktiv, verbraucht also insgesamt wenig Energie.
Sicherheitsplattform „Bitfrost“
Bitfrost[46] ist die neuentwickelte Sicherheitsplattform von OLPC. Sie vereinigt verschiedene in der Wissenschaft entwickelte und erfolgreich getestete Sicherheitskonzepte. Bitfrost soll gemäß seiner Spezifikation in der Lage sein, Computerviren und Spyware weitestgehend ohne Virenscanner zu bekämpfen.
Die Sicherheitsplattform soll folgendes ermöglichen:
- Sicherheit bereits beim ersten Start des Computers.
- Sicherheit ohne Eingabe von Benutzer-Passwörtern.
- Keine Datenverluste mittels automatischer Netzwerk-Sicherungen.
- Garantierte Virenfreiheit der Anwendung vor ihrer Installation. Die Anwendung muss die Virenfreiheit durch eine digitale Signatur nachweisen.
Dem Sicherheitskonzept liegen folgende Prinzipien zugrunde:
- Uneingeschränkter Zugang des Nutzers zu seinem Computer.
- Offenes Design der Sicherheitsplattform.
- Maximale Sicherheit ohne Mitwirkung und aufwändige Konfiguration durch den Nutzer.
Das Referenzmodell unterliegt gemäß der Free-Software-Tradition einer öffentlichen Diskussion. Je nach Einwänden der Beteiligten werden möglicherweise bessere Alternativen diskutiert und Bitfrost daran angepasst.
Benutzeroberfläche „Sugar“
Die grafische Benutzeroberfläche des Betriebssystems wird auf die Zielgruppe angepasst, d. h. für Schüler ab der Primarstufe, die gegebenenfalls noch keine Kenntnisse in Lesen und Schreiben haben. Diese maßgeschneiderte Oberfläche heißt „Sugar“[47] und ermöglicht die einfache Bedienung aller Funktionen auch durch Analphabeten. „Sugar“ basiert auf Software-Komponenten von Gnome.[48] Allein durch Anklicken von selbsterklärenden Symbolen wird die Computernutzung, auch ohne Vorkenntnisse über Informationstechnologie, ermöglicht. Dabei soll sich die Computernutzung vorrangig durch Zusammenarbeit der Mitschüler untereinander bzw. zwischen Schüler und seinem Lehrer äußern.
Die Design-Vorgaben liegen auf Bereitstellung von „Aktivität, nicht Anwendung“, Bereitstellung von „Werkzeugen des individuellen Selbstausdrucks“ und „Möglichkeit der jederzeitigen Gruppenarbeit“.[49] Demnach können „Aktivitäten“ nicht nur durch eine einzelne Person gestartet werden, sondern auch mit anderen im Mesh-Netzwerk geteilt werden. Dazu kann der Nutzer die Aktivität für alle oder einen bestimmten Personenkreis veröffentlichen oder bestimmte Personen fragen, ob sie teilnehmen wollen. Jeder Teilnehmer kann die „Aktivität“ aufnehmen oder beenden. „Sugar“ vereinigt verschiedene Konzepte der Kognitionspsychologie um die Benutzer in ihrem Lernprozess zu unterstützen. Für den Ideen- und Dateienaustausch wurde ein „Schwarzes Brett“ integriert. Zunächst wird für jede laufende „Aktivität“ ein Schwarzes Brett automatisch eingerichtet. Die hinterlegten Dateien können dann unmittelbar in das gemeinsam erstellte Dokument übertragen werden. Für effektive Zusammenarbeit ist ein Chat-Programm integriert, um Hinweise oder sonstige Informationen mitzuteilen.[50]
Durch einen übersichtlichen und einfachen Aufbau aller Aktivitäten soll der Laptop auch geeignet sein für junge und in Informationstechnologie unerfahrene Kinder.[51] Die grafische Oberfläche „Sugar“ soll nach Beendigung der Schulausbildung durch die Nutzeroberfläche GNOME ersetzt werden können. Damit soll der XO-Laptop nach Beendigung der Schulausbildung auch für berufliche Zwecke geeignet sein.
Anwendungen
Wie bei einem Standard-PC können jederzeit Anwendungen installiert bzw. deinstalliert werden. Damit das Gerät ohne aufwendige Einrichtung jedes einzelnen Computers verwendbar ist, wird der 100-Dollar-Laptop unter Linux mit bestimmten vorinstallierten Programmen (den sogenannten „Aktivitäten“) in den Abnehmerländern verteilt. Einige Aktivitäten wurden durch die deutsche Community bereits in die deutsche Sprache bzw. in die Sprache der Partnerländer übersetzt (Lokalisierung). Dies wird über ein Onlinesystem namens Pootle ermöglicht, einer Homepage, bei der nach dem Wiki-Prinzip jeder User zur Übersetzung beitragen kann.[52] Nachfolgende Übersicht über Status der Übersetzungsprojekte bezieht sich auf das Linux-Softwarepaket mit Stand September 2007:[53]
Programmgruppe | Name der Aktivitäten | Dateiformate | Deutsche Übersetzung |
---|---|---|---|
Suchen und Entdecken | Journal, Browse, Library | .ogg, .html, .xol | Teilweise übersetzt |
Textbearbeitung | Read, Write, News Reader, Storybuilder | .pdf, .odf, .doc, .abw, .txt, .rtf | Nicht übersetzt |
Kommunizieren | Chat, Talk | Eigenformat | Teilweise übersetzt |
Malen und Medienerstellung | Draw, Record, TamTam, Cartoon Builder | .png, .jpg, .ogg, .midi | Nicht übersetzt |
Programmieren | Pippy, Etoys, Turtle Art | Eigenformat | Teilweise übersetzt |
Mathematik und Naturwissenschaft | Calculate, Stopwatch, Poll Builder | Eigenformat | Nicht übersetzt |
Mediaplayer | Helix Media Player | .ogg+ | Nicht übersetzt |
Spiele | Connect, Kuku, Implode, Memorize, Memoletters, Jigsaw Puzzle, Typewriter, Domino, Ecomundo | Eigenformat | Nicht übersetzt |
Neben installierter Software für den XO-Laptop werden weitere Medien auf dem 100-Dollar-Server zur Verfügung gestellt, wie etwa eine digitale Bibliothek bzw. eine Kopie der Wikipedia.[54]
Installierte Anwendungen unter Linux
Zur Grundausstattung gehört unter anderem ein Webbrowser, der zur Darstellung die gleiche Software wie Firefox (die Gecko-Engine) verwendet. Ebenso wird auf dem Laptop die Textverarbeitung AbiWord,[55] eine Anwendung zum E-Mail-Versand und ein Chat-Programm mit Videokonferenz-Funktion installiert.[53] Der Laptop unterstützt verschiedene Formate zur Anzeige von Dokumenten, Bildern, zum Abspielen von Audio- und Videodateien (u. a. PDF-Dateien, Word-Dateien, ODF-Dateien, JPEG-Dateien, PNG-Dateien, MP3-Dateien, Ogg-Dateien, Video-Flash).
Die Textverarbeitung Abiword ermöglicht das parallele Bearbeiten eines Dokuments mit bis zu fünf Personen über das Funknetz und globale Internet. Die Eingabe der ersten Person ist dabei sofort auf dem Bildschirm der anderen beteiligten Mitarbeiter sichtbar. Ebenso gehören zur Grundausstattung Neuentwicklungen, etwa für den Musikbereich. Zu erwähnen sind das digitale Musikinstrument „TamTam“ und das Spiel „Musik-Memory“.[56]
„TamTam“ ist ein Musiksynthesizer, der von Musikern und Software-Entwicklern der Universität Montreal entwickelt wird.[57] Er kann die Töne von Musikinstrumenten, aber auch von sonstigen Tönen aus der Natur verarbeiten. Es ist für die Zusammenarbeit über das Mesh-Netzwerk konzipiert. Folglich kann ein von einem Schüler begonnenes Musikprojekt jederzeit über das Mesh-Netzwerk, zusammen mit anderen Mitschülern, weiterentwickelt werden. Die entstandene Musikdatei kann ggf. über das Mesh-Netzwerk an andere weitergegeben werden. Das Spiel „Musik-Memory“ ist das Spiel „Memory“, allerdings nicht mit Bildern, sondern mit Tönen bzw. Liedern.
Zur Förderung der Kreativität wird ein Malprogramm für Kinder beigefügt. Auf einem digitalen Blatt Papier können die Kinder verschiedene Dinge zeichnen. Das Malen kann dabei alleine oder zusammen mit anderen Kindern erfolgen. Die Kinder sind dabei über das Funknetz miteinander verbunden, d. h. mehrere Kinder können gemeinsam ein digitales „Blatt Papier“ bemalen.
Logisches Denken soll durch die Anwendung Squeak gefördert werden. Auf dem Laptop werden dazu einfache, in Squeak entwickelte Bausteine (die EToys) installiert. Auch diese Bausteine können von den Kindern über das Netzwerk getauscht werden. Daneben werden von verschiedenen Communitys Spiele-Klassiker wie Tetris oder auch SimCity auf den XO übertragen.[58]
Anwendungen für das Internet
Zudem wurden von verschiedenen Diensteanbietern weitere Nutzungsmöglichkeiten eingeräumt: Laut einem Interview mit Nicholas Negroponte stellt Google digitale Landkarten zur Verfügung, eBay ermöglicht die Benutzung von PayPal (System für Kleingeldzahlungen) und Skype (Videogespräche und Telefongespräche über Internet bzw. Internet-Chat). News Corp stellt die Videoplattform Myspace zur Verfügung.[59] Diese Inhalte stehen jedoch nicht unter einer freien Lizenz.
Lehrmaterial
Das größte Hindernis ist die noch geringe Verfügbarkeit von geeignetem digitalem Inhalt zur Wissensvermittlung. Da der Laptop auch für E-Learning innerhalb und außerhalb des Schulunterrichts konzipiert wurde, bedarf es noch der Generierung großer Mengen digitalen Lehrmaterials für die Schule und die unabhängige Weiterbildung.[60]
Eine Bereitstellung von digitalem Unterrichtsmaterial in Verbindung mit dem Mesh-Netzwerk würde die schnelle Verteilung innerhalb einer Schulklasse bzw. innerhalb einer Schule ermöglichen. Rechtliche Bedenken bezüglich Urheberrechtsverletzungen würde durch die Verwendung flexibler freier Lizenzen, wie etwa Creative Commons, ausgeschlossen sein.
Als digitales Unterrichtsmaterial kommen folgende Materialien in Betracht:
- vom Lehrer selbst erstelltes und unter eine freie Lizenz gestelltes Unterrichtsmaterial, z. B. Textdateien, Audiodateien, Bilder, Notationen.
- freie Fotos von bedeutenden Orten, Personen der Zeitgeschichte, wichtige Ereignisse
- freie Musik bzw. Tonaufnahmen von historischen Ereignissen, als digitale Audiodatei.
- freie Hörbücher, etwa als digitale Ogg-Vorbis-Datei (freies Format) bzw. als MP3-Datei (ISO-Standard).
- freie Videos, etwa als digitale Ogg-Theora-Datei (freies Format) bzw. als MPEG-4-Datei (proprietäres Format).
- freie digitale Schulbücher
- der eigene Quellcode des Schülerlaptops. Da der 100-Dollar-Laptop freie Software enthält, hat auch jedermann das Recht, den Quellcode einzusehen. Daher wird auch eine sogenannte „Zeige-Quellcode“-Taste der Tastatur hinzugefügt. Somit kann jeder Schüler auf einen Tastendruck, soweit er daran Interesse hat, den Quellcode des gesamten Computersystems (d. h. von Open Firmware (als BIOS-Ersatz),[61] Betriebssystem und jeder freien Anwendung) ansehen, und damit einen Blick „hinter die Kulisse“ werfen.
Für das digitale Inhaltemanagement wird darüber nachgedacht, ein Wiki-System zu verwenden, dessen Software ebenfalls unter der freien GNU General Public License steht. Dies hätte auch den Vorteil, dass jeder Teilnehmer an dem Projekt mit seinem Wissen, ähnlich der Idee von Wikipedia, zum Erfolg beitragen kann. Auf diese Weise könnten freie Unterrichtsmaterialien ausgetauscht werden.
Da das gemeinnützige Projekt auf freier Software basiert und somit der Quellcode frei verfügbar ist, arbeiten auch Freiwillige weltweit an der Entwicklung der Software mit.[62] Es ist festzuhalten, dass ohne die Vorarbeit von freier Software das gemeinnützige Projekt in dieser Form nicht möglich wäre.
Auswirkungen
Nicholas Negroponte teilte Ende 2010 mit, dass 2 Millionen Geräte in 40 verschiedene Länder ausgeliefert wurden.[63] In Uruguay verfügt beinahe jedes Schulkind über einen OLPC-Laptop – auch in entfernt gelegenen Dörfern.
OLPC XO-1 hatte eine Vorreiterrolle in der Entwicklung kostengünstiger, kompakter Notebooks, und nahm somit die Entwicklung der Netbooks vorweg. Die Organisation OLPC sieht in Netbooks jedoch keine Konkurrenz, da sie nicht für Bildungszwecke in Entwicklungsländern ausgelegt seien.[64]
Die Inter-American Development Bank (IDB) veröffentlichte 2012 eine groß angelegte Studie, in der die Auswirkungen des OLPC-Projekts in Peru untersucht wurden. Zwar nutzten die Schüler der Primärschulen die vorinstallierten Anwendungen häufig. Jedoch steigerte sich die Anwesenheit im Unterricht nicht, die Schüler lasen nicht mehr als die Vergleichsgruppe, und die Lernmotivation konnte nicht messbar gesteigert werden. Die Studie schlägt vor, Gelder besser für die Verkleinerung der Klassen und für die Lehrerausbildung einzusetzen.[65][66]
Kritik
Intel-Chef Craig R. Barrett sagte im Dezember 2005, dass der Laptop nicht alle Möglichkeiten eines vollwertigen Computers biete, und bezeichnete ihn als „Gadget“ (englisch etwa technische Spielerei). Er zweifelte am Erfolg des Projekts. Die Presse machte für seine Haltung unter anderem den Umstand verantwortlich, dass die CPU des Laptops von Intels Konkurrenten AMD hergestellt wird.[67] Zudem wies er darauf hin, dass es sich „nicht um ein Laptop-Projekt, sondern um ein Bildungsprojekt handelt“.[68] Negroponte warf Barrett außerdem vor, den Erfolg des 100-Dollar-Laptops gezielt zu unterminieren, indem er Partner für Intels eigenen low-budget-laptop abwerbe.[69]
Microsoft-Gründer Bill Gates bemängelte im März 2006 die Größe des Bildschirms, das Fehlen der Festplatte und die Handkurbel zur Stromgenerierung („Himmel, nehmt einen vernünftigen Computer.“). Stattdessen stellte er die gemeinsam mit Intel entwickelte 100-Dollar-Alternative Origami vor. Dieser hat ebenfalls einen Sieben-Zoll-Bildschirm, aber keine Tastatur. Stattdessen erfolgt bei dem vorgestellten „Lifestyle-Gerät“ die Eingabe mit den Fingern bzw. mit einem speziellen Induktivstift über den sieben Zoll kleinen Touchscreen. Die Presse mutmaßte, dass die Konzeption des 100-Dollar-Laptops als Linuxsystem Anlass seiner ablehnenden Haltung war.
Tony Roberts von Computer Aid International äußerte im Juni 2006 Zweifel am Konzept des 100-$-Laptops. „Sie [One Laptop per Child] wollen eine nicht standardisierte und ungetestete Plattform einführen, die nur an Regierungen verkauft wird.“ Weiterhin beanstandete er, dass der 100-Dollar-Laptop von anderen Projekten mit ähnlichen Zielen ablenke.[70] Computer Aid International ist ein in London ansässiges Projekt, das gebrauchte, aber von Unternehmen gespendete Desktop-Computer repariert und an Entwicklungsländer weitergibt. Pro PC wird eine Kostenerstattung von 39 Pfund zuzüglich Kosten für den Versand erhoben. Auf diese Weise konnten seit 1998 bereits 80.000 Desktop-Computer in Entwicklungsländer verschifft werden.
Die indische Regierung lehnte nach anfänglicher Zustimmung im Juli 2006 die Teilnahme am Projekt ab. Staatssekretär Sudeep Banerjee zweifelte am pädagogischen Nutzen des Projekts. Wenn jedes Kind für den Schulgebrauch einen Laptop erhielte, wäre dies der Entwicklung von Kreativität und analytischen Fähigkeiten abträglich.[71] Eine Investition des Geldes in traditionelle Schulmittel wie Schulgebäude und Lehrer wäre sinnvoller.[72]
Im März 2007 kritisierte die Onlinezeitschrift Telepolis die Höhe der Kosten für die Entwicklungsländer. Selbst ein Laptop-Preis von 100 US-Dollar würde die finanzielle Leistungsfähigkeit der Entwicklungsländer überfordern. Zudem würde durch die XO-Laptops massenweise Elektronikschrott anfallen, der trotz eines Recyclingprogramms schwerwiegende ökologische Folgen nach sich ziehen könnte.[73] Mittlerweile fordert aber auch Negroponte einen Null-Dollar-Laptop.[74]
Im Juli 2007 wurde bekannt, dass Schülerlaptops dazu benutzt wurden, pornografisches Material im Internet herunterzuladen. Entsprechend reagierte das Projekt OLPC und integrierte einen Softwarefilter, der ein solches Herunterladen unterbinden soll.[75] Seitens der OLPC-Stiftung wurde dieses Phänomen als gesellschaftliche Angelegenheit und explizit als kein spezifisches Problem bezüglich der Laptops eingestuft.[76]
Ein Einwand ist auch, dass es Schulen in ärmeren Ländern an viel grundlegenderen Dingen mangelt. So sei es kaum sinnvoll, in Informations- und Kommunikationstechnik zu investieren, wenn es an Infrastruktur und Ausbildung der Lehrkräfte mangelt. Der Erfolg sei zweifelhaft, da diese Projekte und deren Erfolgskontrolle von der Industrie mit unterstützt würden. Projekte wie „Mehrere gute Lehrer pro Schule“ wären sinnvoller. Einige Projektländer hätten zudem Regierungen, die sich kaum um die Bildung kümmerten. Somit sei die Politik die eigentliche Ursache der Bildungsmissstände.[77]
Der Neurowissenschaftler und Psychiater Manfred Spitzer kritisiert die Verwendung von Computern als Hilfsmittel in der Bildung von Kindern aufgrund der angeblich nachgewiesenen negativen Auswirkung auf das Lernen.[78][79]
Siehe auch
Film
- Ein Laptop gegen die Armut. Fernseh-Dokumentation, Deutschland, 2009, 45 Min., Buch und Regie: Chiara Sambuchi, Produktion: Lavafilm, Arte, ZDF, Erstausstrahlung: 23. März 2010, Inhaltsangabe von Arte
Weblinks
- Offizielle Website des OLPC-Projekts (englisch)
- Das OLPC-Wiki – OLPC (deutsch)
- OLPC Deutschland e. V. Oesterreich Schweiz
Einzelnachweise
- ↑ 2B1: The Children’s Machine. OLPC-Wiki, übersichtliche Funktionsbeschreibung des Computers
- ↑ Kurzbeschreibung und Ziele des Projekts 100-Dollar-Laptop. OLPC-Wiki
- ↑ Constructivism and Playful Learning. OLPC-Wiki
- ↑ Die Entwicklung von speziellen Programmen, welche die automatische Bereitstellung von computerunterstützten Klausuren ermöglichen, wird bereits von einigen OLPC-Projektteilnehmern diskutiert (siehe Drill and test software. OLPC-Wiki)
- ↑ One Laptop per Child. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 10. Mai 2020; abgerufen am 14. August 2017 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Ask OLPC a Question about Distribution. OLPC-Wiki
- ↑ Vergleiche die Abschlusserklärung der zweiten WSIS in Tunis, Tunesien.
- ↑ a b c d e Abschnitt Hardware-Angaben, Stand Juni 2007. OLPC-Wiki
- ↑ OLPC strebt Wechsel auf ARM Prozessor an. heise.de, abgerufen am 13. März 2009.
- ↑ Display – OLPC. In: laptop.org. OLPC Association, abgerufen am 15. Januar 2015 (englisch).
- ↑ Support_FAQ #How long does the battery last. OLPC-Wiki
- ↑ Results of the first baseline battery test conducted July 12, 2007. OLPC-Wiki
- ↑ a b Milestones. OLPC-Wiki
- ↑ UN debut for $100 laptop. BBC News
- ↑ Annan presents prototype $100 laptop at World Summit on Information Society. Massachusetts Institute of Technology, news office, 16. November 2005
- ↑ Stories. Abgerufen am 25. März 2016 (englisch).
- ↑ Carla Gomez Monroy: OLPC in Nigeria: School Galadima. Abgerufen am 25. März 2016 (englisch).
- ↑ OLPC schaltet Werbung für den Bildungsrechner XO. Golem.de, 17. November 2008; abgerufen am 28. August 2010.
- ↑ Neue OLPC-Laptops mit verbessertem Innenleben. Golem.de, 20. April 2009. Abgerufen am 28. August 2010.
- ↑ XO-Laptop für Oberschüler. Golem.de, 15. Juni 2010, abgerufen am 28. August 2010.
- ↑ OLPC 2.0 – Nicholas Negropontes 75-Dollar-Laptop. Golem.de, 20. Mai 2008, abgerufen am 28. August 2010.
- ↑ OLPC Upgrades 7" XO Tablet and Adds 10" Version. 2. Januar 2014, abgerufen am 25. März 2016.
- ↑ XO-4 Touch. Abgerufen am 25. März 2016 (englisch).
- ↑ XO-4 Hardware Design Specification. (PDF, 6,7 MB) 14. Februar 2013, abgerufen am 25. März 2016 (englisch, 18 Seiten).
- ↑ Edgar Alvarez: OLPC XO-4 to sell starting at $206, production commencing March. 1. August 2013, abgerufen am 25. März 2016 (englisch).
- ↑ Rollout, Marketing & Sales. OLPC-Wiki
- ↑ 100-Dollar-Notebook wird ausgeliefert. Onlinekosten.de
- ↑ a b OLPC: Kleinschreibung und kein XO-2. Golem.de, 3. November 2009, abgerufen 26. Juni 2011.
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- ↑ News vom 13. Januar 2008. ( vom 11. September 2012 im Webarchiv archive.today) eeenews.de
- ↑ The Foundation’s Program – focus on grassroots innovations. laptopfoundation.org
- ↑ IT-Branche fordert Notebooks für alle ab der 5. Schulklasse. In: Die Welt, 14. Dezember 2006, IT-Gipfel, Potsdam
- ↑ Matthias Kremp: Dritte-Welt-PC: 100-Dollar-Laptop läuft mit Jojo-Antrieb. In: Spiegel Online. 8. Juni 2007, abgerufen am 26. November 2013.
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- ↑ Our technology – How bright will the display be?. OLPC-Wiki
- ↑ 2B1: The Children’s Machine. OLPC-Wiki – übersichtliche Funktionsbeschreibung des Computers
- ↑ a b OLPC-Spezifikationen ( vom 22. Oktober 2008 im Internet Archive)
- ↑ a b Environmental Impact. OLPC-Wiki
- ↑ OLPC: Repairing an XO. youtube.com, Dokumentation der Reparatur
- ↑ 100-Dollar-Laptop geht in die Testphase. heise online
- ↑ Negroponte hofft auf Mitarbeit der Open-Source-Gemeinde beim 100-Dollar-Laptop. heise online
- ↑ Link zur Live-CD.
- ↑ Hardware Power Domains. OLPC-Wiki
- ↑ Nachfolgende Angaben sind dem OLPC-Wiki, Abschnitt Bitfrost entnommen.
- ↑ Startseite für das Betriebssystem Sugar. OLPC-Wiki
- ↑ Open Source ist wichtig für den OLPC. Golem.de, 11. Mai 2007, Interview
- ↑ Human Interface Guidelines. OLPC-Wiki
- ↑ Schwarzes Brett zum Ideen- und Informationsaustausch. OLPC-Wiki
- ↑ Designprinzipien. OLPC-Wiki
- ↑ Die Online-Übersetzung mittels Pootle basiert auf der freien Software WordForge. Eine Übersicht der derzeit laufenden OLPC-Übersetzungen ist online einsehbar ( vom 5. März 2009 im Internet Archive).
- ↑ a b Eine Auflistung der im Softwarepaket enthaltenen Programme (unter Sugar als „Aktivität“ bezeichnet) ist auf dem OLPC-Wiki verfügbar: Activities
- ↑ Vergleiche die Auflistung im OLPC-Wiki: Library Grid.
- ↑ Getting involved in OLPC. OLPC-Wiki
- ↑ Software components. OLPC-Wiki
- ↑ Die Softwareentwicklung erfolgt durch die Faculté de musique de l’Université de Montréal unter Leitung von Prof. Piché. Siehe dazu Homepage des TamTam-Entwicklerteams.
- ↑ GDC: SJ Klein Asks For Serious OLPC Content Gamasutra.com, 6. März 2007
- ↑ Interview mit Nicholas Negroponte: Auch unsere Server werden 100 Dollar kosten. Welt.de
- ↑ Startseite für die Erstellung und Bereitstellung edukativer digitaler Inhalte. OLPC-Wiki
- ↑ Siehe OLPC-Wiki zu Open Firmware
- ↑ Wiki der OLPC-Software mit Repository: One Laptop Per Child: Development site.; OLPC-Softwareentwickler für das GNU/Linux-Betriebssystems (auf Fedora-Basis): OLPC project development streams.
- ↑ Nicholas Negroponte: Artikel. ( vom 31. Mai 2013 im Internet Archive) In: Boston Review
- ↑ Negroponte Says OLPC Started Netbook Craze; Will Open-Source Its Hardware. Gigaom.com, 7. Februar 2009, abgerufen 26. Juni 2011, englisch
- ↑ Oliver Diedrich: One Laptop per Child: Wenig Nutzen für die Schüler? heise.de, 10. April 2012, abgerufen 22. April 2012.
- ↑ Technology and Child Development: Evidence from the One Laptop per Child Program. iadb.org, Februar 2012, abgerufen am 22. April 2012, englisch
- ↑ Kritik durch Intel-Chef Craig Barrett, bei heise.de am 11. Dezember 2005
- ↑ Negropontes Reaktion auf die Kritik durch Intel, bei heise.de am 5. April 2006.
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- ↑ Kritik von Tony Roberts zdnet.de, 21. Juni 2006.
- ↑ HRD Ministry rejects Plan panel’s idea of laptop per child. ( vom 16. August 2006 im Internet Archive) Hindu.com
- ↑ Kritik durch das indische Bildungsministerium, bei heise.de am 25. Juli 2006.
- ↑ Der MIT-Professor und der digitale Graben. Telepolis, 1. März 2007.
- ↑ OLPC: Negroponte will „Null-Dollar-Laptop“ für Kinder. Heise online
- ↑ Pornofilter für 100-Dollar-Laptop. pressetext.ch
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- ↑ Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer: Risiken und Nebenwirkungen digitaler Informationstechnik – Verantwortung für die Zukunft unserer Gesellschaft. Abgerufen am 2. Januar 2021.