Steinbrech (Saxifraga) ist eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Steinbrechgewächse (Saxifragaceae). Die Gattung umfasst etwa 450 bis 480 Arten, die zum Teil sehr schwer zu unterscheiden sind.
Steinbrech-Arten sind selten ein- bis zweijährige, meist ausdauernde krautige Pflanzen. Oft sind es Blattsukkulenten, viele wachsen als Polsterpflanzen, viele Arten bilden immergrüne, grundständige Blattrosetten und viele Arten sind sommergrün mit Blättern, die am Stängel verteilt sind.
Die meist wechselständigen, gestielten oder ungestielten Laubblätter sind einfach. Blattrand ist gelappt oder gezähnt. Nebenblätter fehlen.
Die meist zwittrigen Blüten sind meist radiärsymmetrisch, sehr selten zygomorph und meist fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Es sind meist fünf (selten vier, sieben oder acht) Kelchblätter vorhanden; sie sind höchstens an ihrer Basis verwachsen. Die meist fünf (selten vier) freien Kronblätter sind weiß, gelb bis orange oder rot bis purpurfarben. Es sind zwei Kreise mit je fünf (selten vier) freien Staubblättern vorhanden. Die zwei unterständigen bis meist oberständigen Fruchtblätter sind nur teilweise verwachsen, mit freien und auseinanderweisenden Enden.
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Steinbrech-Arten sind typische Felspflanzen und Schuttbesiedler. In der alpinen Höhenstufe finden sie sich auch häufig auf Roh- und Initialböden (u. a. Rendzinen).
Manche Arten können selbst noch in extremen Höhenlagen gedeihen. So hält der Gegenblättrige Steinbrech (Saxifraga oppositifolia) den derzeitigen Höhenrekord in den Alpen mit 4507 Meter am Dom im Wallis.[1]
Systematik und Verbreitung
Die Gattung Saxifraga wurde 1753 durch Carl von Linné aufgestellt.
Steinbrech-Arten gedeihen überwiegend in den gemäßigten und kalten Klimagebieten. In den Alpen kommen circa 40 Arten vor.
Die Gattung wird gegliedert in 12 Sektionen[2] und enthält 450 bis 560 Arten:
Saxifraga sect. CiliataeHaw.: Sie enthält etwa 220 Arten (Auswahl):[2]
Kriech-Steinbrech (auch Judenbart) (Saxifraga stoloniferaCurt.), Heimat: vom Himalaya bis Japan, in der Schweiz und in Italien stellenweise eingebürgert
Saxifraga sect. Heterisia(A.M.Johnson) Small: Sie enthält nur eine Art:
Saxifraga rivularisL.: Sie kommt in Europa in Skandinavien, Nordrussland, Spitzbergen, Island, auf den Färöer-Inseln und im nördlichen Großbritannien vor.
Saxifraga sibiricaL.: Sie kommt in Europa in Russland, Bulgarien und Griechenland vor.
Zwei weitere Sektionen werden in neuerer Zeit auf Grundlage von molekulargenetischen Untersuchungen von manchen Autoren als eigene Gattung MicranthesHaworth abgetrennt:
Saxifraga sect. Merkianae(Engl. & Irmsch.) Gornall: Sie enthält nur zwei Arten:
Saxifraga sect. Micranthes(Haw.) D.Don: Sie enthält etwa 70 Arten, beispielsweise:
Saxifraga clusiiGouan: Sie kommt in Portugal, Spanien, Andorra und Frankreich vor.[5]
Saxifraga foliolosaR.Br. (Syn.: Micranthes foliolosa(R.Br.) Gornall): Sie kommt in der ganzen Subarktis vor, südlich bis Colorado und kommt in Europa in Island, Skandinavien, Spitzbergen und Nordrussland vor.[5]
Habichtskraut-Steinbrech (Saxifraga hieraciifolia(Waldst. & Kit. ex Willd.) Haw.): Er gedeiht in den subarktischen und subalpinen Gebieten der Nordhalbkugel.[3]
Von einigen Arten werden die grünen Pflanzenteile roh oder gegart gegessen. Sie sind eine gute Quelle für Vitamin C. Einige Arten werden auch medizinisch genutzt.[6]
Etymologie
Der botanische Gattungsname Saxifraga ist abgeleitet über herba saxifraga und saxifragus („Steine brechend“) von saxum für Stein und frangere für brechen.[7]
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Der deutschsprachige Trivialname Steinbrech (von mittelhochdeutsch feminin „steinbrëche“, bezogen auf Saxifraga granulata) ist wörtlich vom Lateinischen übersetzt. Der Name der Gattung geht auf Plinius den Älteren zurück (quia saxa frangit „weil sie die Felsen bricht“). Vom Wuchsort in Felsspalten wurde fälschlicherweise auf Felssprengung durch die Pflanze geschlossen.
Eine weitere Namensdeutung ist die Tatsache, dass nach der Signaturenlehre die Pflanzen als Heilmittel gegen Nieren- und Harnstein genutzt wurde. Andere, ähnliche Namensdeutung: Steinbrech bezieht sich ursprünglich auf den Knöllchen-Steinbrech (Saxifraga granulata), dessen Kraut und Blüten sowie die kleinen, harten Brutzwiebeln (ebenfalls aufgrund der mittelalterlichen Signaturenlehre) als Heilmittel gegen Blasensteine verwendet wurden.
↑ Jaakko Jalas, Juha Suominen, Raino Lampinen, Arto Kurtto: Atlas florae europaeae. Band 12: Resedaceae to Platanaceae. Helsinki 1999, ISBN 951-9108-12-2, S. 133.
↑Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. Birkhäuser, Basel/Stuttgart 1976, ISBN 3-7643-0755-2, S. 330 f.
↑Vgl. etwa Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 154 (Saxifragia: Saxifraga granulata L., Steinbrech)
↑Vgl. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 801: „Steinbrech Weiß, gelb, Saxifraga“, in Oeconomia von 1579.
↑Vgl. etwa Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit“ von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 35 („Cauda porcina – wyszsteinbreche“).
↑Eberhard Stübler: Leonhart Fuchs und die Pharmakognosie. In: Beiträge zur Württembergischen Apothekengeschichte II (1953–55). Nr. 2, 1953, S. 37–40, hier: S. 39.
↑Heinrich Marzell: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen. 5 Bände (unter Mitwirkung von Wilhelm Wissmann und Wolfgang Pfeifer). Leipzig (1937) 1943–1972 (Band 1, 2 und 5/Registerband [1958 mit Wilhelm Wissmann]), Stuttgart/Wiesbaden (1976) 1977–1979 (Band 3 ab Sp. 481, und 4, aus dem Nachlass hrsg. von Heinz Paul); Neudruck (Lizenzausgabe) Köln 2000, ISBN 3-88059-982-3, Band 2, S. 437–438, und Band 3, S. 712
↑Jörg Mildenberger: Anton Trutmanns ‚Arzneibuch‘. Teil II: Wörterbuch. I–V, Würzburg 1997 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 56), Band IV, S. 1863 f.
↑Jerry Stannard: Identification of the plants, described by Albertus Magnus, 'De vegetabilibus', lib. VI. In: Res publica Litterarum. Band 2, 1979, S. 281–318, hier: S. 311.
↑Hans-Joachim Poeckern: Die Simplicien im Nürnberger Dispensatorium des Valerius Cordus von 1546 und ihre Erläuterung in den kursiv gedruckten Fußnoten, unter besonderer Berücksichtigung der Dioskuridesanmerkungen und Pflanzenbeschreibungen des Valerius Cordus. Mathematisch-naturwissenschaftliche Dissertation, Halle an der Saale 1970, S. 168 und 176.
↑Jürg Blome: Fachnomenklatorische Untersuchungen zu einem der ältesten bebilderten Kräuterbücher Mitteleuropas. (Kurzfassung der Dissertation: Transkription, Übersetzung und systematisch-botanische Bearbeitung der in der Basler Universitätsbibliothek aufbewahrten Kräuterbuch-Handschrift 'Circa instans' (Mscr. K II 11) aus dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts. Basel 1978) In: „gelêrter der arzeniê, ouch apotêker“. Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte. Festschrift zum 70. Geburtstag von Willem F. Daems. Hrsg. von Gundolf Keil, Horst Wellm Verlag, Pattensen/Hannover; jetz bei Königshauser und Neumann, Würzburg 1982 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 24), ISBN 3-921456-35-5, S. 551–588, hier: S. 561.
Literatur
David Allardice Webb, R[ichard] J. Gornall: Saxifrages of Europe, with notes on African, American and some Asiatic species, London 1989.
Jaakko Jalas, Juha Suominen, Raino Lampinen, Arto Kurtto: Atlas florae europaeae. Band 12: Resedaceae to Platanaceae. Helsinki 1999, ISBN 951-9108-12-2, S. 128–216.
Klaus Kaplan in Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band IV, Teil 2 A, 3. Auflage, Seite 130–223. Blackwell Wissenschaftsverlag Berlin 1995, ISBN 3-8263-3016-1.