„Bundesrat (Schweiz)“ – Versionsunterschied

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Version vom 22. September 2010, 12:47 Uhr

Bundesrat
«Corporate Design Bund»
«Corporate Design Bund»
Staatliche Ebene Bund
Stellung Exekutive, Regierung
Gründung 16. November 1848
Hauptsitz Bundeshaus, Bern
Vorsitz Doris Leuthard, Bundespräsidentin
Website www.admin.ch/br
Der erste Bundesrat der Schweiz, gewählt am 16. November 1848
Bundesratsfoto 2010

Der Bundesrat in corpore (v. l. n. r.):

Didier Burkhalter,
Bundeskanzlerin Corina Casanova,
Eveline Widmer-Schlumpf,
Ueli Maurer,
Micheline Calmy-Rey,
Hans-Rudolf Merz,
Bundespräsidentin Doris Leuthard,
Vizepräsident Moritz Leuenberger

Der Bundesrat (französisch Conseil fédéral, italienisch Consiglio federale, rätoromanisch Cussegl federal) ist die oberste exekutive Behörde und damit die Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. In der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist er als die «oberste leitende und vollziehende Behörde des Bundes» (gemäss Artikel 174 BV) definiert. Die einzelnen Mitglieder werden ebenfalls «Bundesrat» oder «Bundesrätin» genannt; falls es aus sprachlichen Gründen nötig ist, zwischen der Behörde und dem einzelnen Mitglied zu unterscheiden, wird ersteres auch «Gesamtbundesrat» genannt.

Der Bundesrat unterscheidet sich teilweise erheblich von den Exekutiven, wie sie in anderen Demokratien bestehen: Es handelt sich um eine sogenannte Kollegialbehörde (Artikel 177, Absatz 1 der Bundesverfassung: «Der Bundesrat entscheidet als Kollegium»). Diese setzt sich aus sieben gleichberechtigten, von der Vereinigten Bundesversammlung fest auf vier Jahre gewählten Mitgliedern zusammen. Der Bundesrat «als Ganzes» (und nicht der Bundespräsident) ist zugleich nicht nur Regierungsgremium, sondern faktisch auch das Staatsoberhaupt der Schweiz; dabei beruht diese Funktion nicht auf einer expliziten Verfassungsbestimmung – die Verfassung definiert kein Staatsoberhaupt –, sondern darauf, dass dem Bundesrat gemäss seiner verfassungsrechtlichen Definition faktisch alle Aufgaben zugewiesen sind, die in anderen Staaten dem Staatsoberhaupt zukommen. Es ist im internationalen Vergleich sehr ungewöhnlich, dass ein Kollektiv als Staatsoberhaupt fungiert.

Bei der Schaffung des Bundesrates dienten das französische Direktorium der Revolutionszeit und antike griechische Behörden (Archonten) als Vorbild. Die Schweiz ist das einzige Land der Welt, welches dieses System angepasst und als Regierungsform übernommen hat, anstelle eines Westminster-Systems oder eines Präsidentiellen Regierungssystems.[1]

Wahl

Alle vier Jahre – jeweils in der ersten Session des vom Volk neu gewählten Nationalrates, also zu Beginn dessen vierjähriger Legislaturperiode – findet eine Gesamterneuerungswahl des Bundesrates statt. Dazwischen werden jährlich von der Vereinigten Bundesversammlung aus den Bundesratsmitgliedern der Präsident und der Vizepräsident des Bundesrates für das kommende Jahr bestimmt. Falls ein einzelner Bundesrat vor Ablauf der Amtszeit zurücktritt, wird ein Nachfolger gewählt, der aber nur bis zur nächsten Gesamterneuerungswahl gewählt ist.

Wählbar ist grundsätzlich jeder stimmberechtigte Schweizer Bürger. Bei jeder Wahl melden sich einige Bewerber aus dem «gewöhnlichen Volk». Im Laufe der Geschichte hat sich jedoch ein nicht leicht darzustellendes Wahlverfahren mit zahlreichen geschriebenen und ungeschriebenen Regeln entwickelt, dessen Ziel eine möglichst «gerechte», ausgewogene Vertretung der Bevölkerung im Sinne der schweizerischen Konkordanzdemokratie ist.

Das Verfahren richtet sich nach Artikel 175 Bundesverfassung[2] und Artikel 130–134 Parlamentsgesetz.[3]

Da ein parlamentarisches Misstrauensvotum in der Verfassung nicht vorgesehen ist, können Bundesräte während der Legislaturperiode nicht abgesetzt werden. Auch eine Nichtwiederwahl eines amtierenden Bundesrates ist nicht üblich und geschah seit 1848 erst viermal, in jüngster Zeit wurden am 10. Dezember 2003 Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold und am 12. Dezember 2007 Bundesrat Christoph Blocher nicht wiedergewählt. Daraus ergibt sich auch eine sehr lange Amtsdauer der Bundesräte (rund zehn Jahre im Durchschnitt). Die längstdienenden Bundesräte im 20. Jahrhundert waren Giuseppe Motta von 1911 bis 1940 und Philipp Etter von 1934 bis 1959.

Bis 2009 war auch das Vorgehen im Falle einer dauernden Handlungsunfähigkeit eines Bundesrates nicht geregelt. Als Bundesrat Jean Bourgknecht im Mai 1962 einen Schlaganfall erlitt, wurde das damit entstandene Problem der Amtsunfähigkeit eines Mitgliedes des Bundesrates ad hoc gelöst, wenn auch aus heutiger Sicht auf rechtlich problematische Art und Weise, indem drei Familienangehörige des Bundesrates am 3. September 1962 in seinem Namen den Rücktritt erklärten. Diese Lücke wurde erst nach einer Parlamentarische Initiative von 2005[4] mit der Revision des Parlamentsgesetzes vom 3. Oktober 2008[5] (Inkrafttreten am 2. März 2009) geschlossen. Dessen Artikel 140a[6] legt nun fest, dass im Falle einer voraussichtlich langandauernden Amtsunfähigkeit eines Mitglieds des Bundesrates infolge schwerwiegender gesundheitlicher Probleme oder Einwirkungen, die ihn daran hindern, an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren, die Vereinigte Bundesversammlung auf Antrag des Büros derselben oder des Bundesrates die Amtsunfähigkeit feststellt.

Gemäss dem Parlamentsgesetz kann ein Bundesrat nicht zugleich Mitglied des Parlaments sein.[7] Trotzdem pflegen die Bundesräte üblicherweise einen regen Kontakt mit der Fraktion ihrer Partei und nehmen an den Fraktionssitzungen mit beratender Stimme teil, dürfen aber – im Gegensatz zu Fraktionsmitgliedern – weder Anträge stellen noch abstimmen.

Departementsprinzip

Die sieben Bundesräte regieren eigentlich gemeinsam über alle Geschäfte, aber in der Praxis stehen sie als «Departementsvorsteher» je einem Bereich der Bundesverwaltung vor (Departementalprinzip) und sind dadurch vergleichbar mit Ministern anderer Länder; umgangssprachlich beziehungsweise in den Medien ist die Bezeichnung «Minister» für die Departementsvorsteher auch üblich. Einen Regierungschef mit Richtlinienkompetenz gibt es aber explizit nicht.

Die Verteilung der Departemente wird jeweils nach der Bundesratswahl durch die Bundesräte selber vorgenommen, es gibt kein Mitwirkungsrecht des Parlaments. Dabei wird nach dem «Anciennitätsprinzip» vorgegangen: Der amtsälteste Bundesrat wählt zuerst sein Departement, anschliessend der Zweitälteste und so weiter. Dem neugewählten Bundesrat wird das verbleibende Departement zugeteilt. Darüber hinaus sind alle Bundesräte auch für sämtliche Geschäfte der anderen Departemente mit zuständig und haben dadurch erhebliche Mitsprache- und Einflussmöglichkeiten.

Der Bundesrat wird durch den Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin unterstützt. Diese leitet die Bundeskanzlei, die Stabsstelle des Bundesrates.

Kollegialitätsprinzip

Der Eingang zum Bundesratssitzungszimmer

Die Beschlüsse des Bundesrates werden durch das Kollegium mit Mehrheitsentscheid getroffen und müssen dann vom zuständigen Departementsvorsteher vor Parlament und Öffentlichkeit auch dann vertreten werden, wenn dieser den getroffenen Entscheid eigentlich ablehnt (Kollegialitätsprinzip). Dabei regelt die Bundesverfassung im Grunde nur die Form der Entscheidungsfindung (Artikel 177 Absatz 1: «Der Bundesrat entscheidet als Kollegium.»), ohne sich zur Handhabung des Prinzips sonst, insbesondere zum Verhalten der Mitglieder des Bundesrats nach getroffenen Entscheiden, weiter zu äussern. Seit altersher wurde es ausnahmsweise als zulässig erachtet, dass ein Bundesrat eine vom Gesamtbundesrat abweichende Meinung öffentlich kundtut, wenn er sich auf Gewissensgründe beruft und die Entscheidung nicht unter der Bearbeitung des eigenen Departement fällt. Es ist in letzter Zeit jedoch immer öfter zu beobachten, dass einzelne Bundesräte Entscheide des Kollegiums mehr oder weniger offen zu desavouieren versuchen. So werden Sinn und Unsinn des Kollegialitätsprinzips auch immer wieder in den Medien und in politischen Gremien thematisiert.

Bedeutsame Unterschiede zwischen Regierungsmitgliedern anderer Länder und den Schweizer Bundesräten bestehen darin, dass ein Bundesrat zugleich noch Teil des Staatsoberhauptes ist, und dass es keinen richtigen Regierungschef mit Weisungsbefugnis oder wenigstens Richtlinienkompetenz gibt. Dazu kommt die Tatsache, dass ein Bundesrat auf eine Periode von vier Jahren fest gewählt ist. Der Bundespräsident hat im Vergleich zu den übrigen Bundesräten selbst im äussersten Fall nur den Stichentscheid bei einer sonst unentschiedenen Abstimmung im Gesamtbundesrat.

Bundespräsident und Vizepräsident

Die Vereinigte Bundesversammlung wählt jedes Jahr aus den sieben Bundesräten den Bundespräsidenten sowie den Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäss Tradition werden diese Positionen der Reihe nach allen Mitgliedern des Bundesrates übertragen. Ein neues Bundesratsmitglied wird üblicherweise erst zum Vizepräsidenten und anschliessend zum Bundespräsidenten gewählt, nachdem es unter dem Präsidium aller amtsälteren Kollegen gewirkt hat. Der Bundespräsident kann nicht als Staatsoberhaupt oder als Regierungschef der Schweiz bezeichnet werden, da er als erster unter Gleichen (→ primus inter pares) keine erweiterten Rechte hat. Ihm werden Repräsentationsaufgaben als Stellvertreter des Gesamtbundesrates übergeben und er leitet die Bundesratssitzungen.

Weil die Schweiz kein Staatsoberhaupt hat, pflegt die Schweiz auch keine Staatsbesuche abzustatten. Wenn sich der Bundespräsident ins Ausland begibt, dann tut er dies nur als zuständiger Departementsvorsteher. Jedoch gelten hier auch Ausnahmen. So vertritt der Bundespräsident die Schweiz an Versammlungen von Staatsoberhäuptern (beispielsweise die Generalversammlung der Vereinten Nationen).

Gemäss der protokollarischen Rangordnung in der Schweiz ist der Bundesratspräsident der höchste Schweizer. Im Jahr 2010 ist Doris Leuthard Bundespräsidentin und Moritz Leuenberger Vizepräsident.

Zauberformel

In der Schweiz herrscht wegen der Minderheiten eine Konkordanzdemokratie. Unter der Konkordanz wird der Wille verstanden, möglichst viele verschiedene Parteien, Minderheiten und gesellschaftliche Gruppen in einen Prozess einzubeziehen und Entscheidungen durch Herbeiführung eines Konsenses zu treffen.

Diese Konkordanz wird bei der Zusammenstellung des Bundesrats vom Parlament berücksichtigt. Die Konkordanz in der Schweiz ist jedoch nicht, wie die Berücksichtigung der verschiedenen Landesteile, von der Verfassung aufgetragen, sondern wurde vielmehr während Jahrzehnten zu einer Tradition. Aus dieser Konkordanz hat sich auch eine sogenannte Zauberformel gebildet. Sie besagt, dass die drei während der Zeit zwischen 1959 und 1999 stärksten Parteien im Parlament, SP, FDP und CVP, je zwei Sitze im Bundesrat beanspruchen dürfen und die SVP als viertstärkste Partei einen Sitz. Dieses Verhältnis 2:2:2:1 blieb bis 2003 unverändert. [8]

Entschädigung

Ein Schweizer Bundesrat erhält einen jährlichen Lohn von 404'791 Schweizer Franken[9], sowie jährliche (nicht steuerpflichtige) Repräsentationszulagen von 30'000 Franken.

Überdies haben die Mitglieder der Landesregierung Anspruch auf zwei Dienstfahrzeuge, sowie einen Chauffeur. Bei Zeitdruck kann für grössere oder kleinere Dienstreisen ein Hubschrauber oder Jet der Luftwaffe beansprucht werden. Nach der Tätigkeit als Bundesrat erhält der ehemalige Magistrat eine jährliche Pension von 220'000 Franken, falls eine allfällige berufliche Tätigkeit nicht mehr als 220'000 Franken beträgt.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Allgemeine Staatslehre, Thomas Fleiner-Gerster, Thomas Fleiner, Peter Hänni, Lidija R. Basta, Seite 469
  2. Artikel 175 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
  3. Artikel 130 ff. Bundesgesetz über die Bundesversammlung vom 13. Dezember 2002
  4. Parlamentarische Initiative Hochreutner. Handlungsunfähige Bundesräte, 05.437
  5. Bundesgesetz vom 3. Oktober 2008, AS 2009 725; siehe auch den Bericht des Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 21. Februar 2008, BBl 2008 1869, und die Stellungnahme des Bundesrates vom 16. April 2008, BBl 2008 3177
  6. Art. 140 Bundesgesetz über die Bundesversammlung vom 13. Dezember 2002
  7. Art. 14, Bst. a Art. 14 Bundesgesetz über die Bundesversammlung vom 13. Dezember 2002
  8. Michael Hermann: Grund zur Abregung. Was bewegt sich in der Schweizer Politik wirklich? Eine Analyse jenseits von rechter Märchenstunde und linker Horrorshow. Das Magazin (Schweiz), 31. August 2007, abgerufen am 17. August 2010.
  9. SR 172.121.1 Art. 1 Bundesrat (Verordnung der Bundesversammlung über Besoldung und berufliche Vorsorge der Magistratspersonen), abgerufen am 2. August 2010

Weblinks

Commons: Bundesrat – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien