„Stadtbild“ – Versionsunterschied

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Doch wieso wurde die Erneuerung und Revitalisierung der historischen Stadtbereiche in den neuen Bundesländern ein anerkanntes Erfolgsmodell? Zunächst verdeutlichen die in fast allen Städten und Gemeinden in großer Aufl age herausgegebenen Festschriften und Dokumentationen mit einem direkten Bildvergleich von Aufnahmen vom Zustand der Innenstädte um 1990 und heute sehr anschaulich die positiven Veränderungen: die Fotos aus der Wendezeit zeigen vor allem vom baulichen Verfall und Sanierungsstau gekennzeichnete Stadtensembles, die in ihrem physischen Bestand arg gefährdet erscheinen. In diesem „DDR-Biotop“ hatte zugleich ein unvergleichlicher baulicher Schatz an historischer Originalsubstanz überlebt, der in den alten Ländern längst dem Wiederaufbau in den Wirtschaftswunderjahren oder der Kahlschlagsanierung geopfert worden war.
„Doch wieso wurde die Erneuerung und Revitalisierung der historischen Stadtbereiche in den neuen Bundesländern ein anerkanntes Erfolgsmodell? Zunächst verdeutlichen die in fast allen Städten und Gemeinden in großer Auflage herausgegebenen Festschriften und Dokumentationen mit einem direkten Bildvergleich von Aufnahmen vom Zustand der Innenstädte um 1990 und heute sehr anschaulich die positiven Veränderungen: die Fotos aus der Wendezeit zeigen vor allem vom baulichen Verfall und Sanierungsstau gekennzeichnete Stadtensembles, die in ihrem physischen Bestand arg gefährdet erscheinen. In diesem „DDR-Biotop“ hatte zugleich ein unvergleichlicher baulicher Schatz an historischer Originalsubstanz überlebt, der in den alten Ländern längst dem Wiederaufbau in den Wirtschaftswunderjahren oder der Kahlschlagsanierung geopfert worden war.“<ref>{{Internmetquelle|url=https://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-658-18649-4_3|titel=SpringerLink: Warum die Stadterneuerung in Ostdeutschland ein Erfolgsmodell wurde...|zugriff=2018-09-21}}</ref>



In Folge der Misswirtschaft blieb [[Ostdeutschland]] von den westdeutschen [[Bausünde]]n der 1960er und 1970er Jahre verschont, die Innenstädte wurden vernachlässigt und meist auf größerem Abstand zu ihnen entstanden punktuell neue Wohnviertel mit [[Plattenbau]]ten. Bereits in den 1980er Jahren und nicht erst zur [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|Wende]] setzte in der [[DDR]] ein Umdenken ein und man begann historische Altstädte zu [[Restaurierung|restaurieren]], was im Westen nahezu unbekannt ist. Schon vor der Wende wie auch seitdem blieben dort historische Bauteile, wie Fenster oder Dachziegel, so weit wie möglich erhalten oder wurden wiederverwendet. Statt der sogenannten ''[[Renovierung|Totrenovierung]]'', die häufig im Westen bis heute zu beobachten ist. Zudem blieben, mit wenigen aber großen Ausnahmen, wie [[Berlin]], [[Dresden]] oder dem Zentrum von [[Chemnitz]], ostdeutsche Städte wegen größerer Entfernungen und größeren Anflugrisiken vom [[Luftkrieg]] weitgehend verschont
In Folge der Misswirtschaft blieb [[Ostdeutschland]] von den westdeutschen [[Bausünde]]n der 1960er und 1970er Jahre verschont, die Innenstädte wurden vernachlässigt und meist auf größerem Abstand zu ihnen entstanden punktuell neue Wohnviertel mit [[Plattenbau]]ten. Bereits in den 1980er Jahren und nicht erst zur [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|Wende]] setzte in der [[DDR]] ein Umdenken ein und man begann historische Altstädte zu [[Restaurierung|restaurieren]], was im Westen nahezu unbekannt ist. Schon vor der Wende wie auch seitdem blieben dort historische Bauteile, wie Fenster oder Dachziegel, so weit wie möglich erhalten oder wurden wiederverwendet. Statt der sogenannten ''[[Renovierung|Totrenovierung]]'', die häufig im Westen bis heute zu beobachten ist. Zudem blieben, mit wenigen aber großen Ausnahmen, wie [[Berlin]], [[Dresden]] oder dem Zentrum von [[Chemnitz]], ostdeutsche Städte wegen größerer Entfernungen und größeren Anflugrisiken vom [[Luftkrieg]] weitgehend verschont

Version vom 21. September 2018, 10:07 Uhr

Ungewöhnliches Stadtbild: Bellinzona im Schweizer Kanton Tessin

Stadtbild ist zumeist ein kulturgeographischer Begriff, der auch häufig im alltäglichen Sprachgebrauch Verwendung findet. Er bezeichnet die Wirkung und subjektive Wahrnehmung eines urbanen Raums durch die Gesamtheit seiner kulturellen und natürlichen Bestandteile. Somit ist mit dem Stadtbild vor allem die optische Wahrnehmung einer Stadt in ihrer Gesamtheit gemeint.

Merkmale

Bestandteile sind in der Regel Bauwerke und Grünflächen, können aber auch markante Berge, Felsen oder Flüsse sein, die zusammen Stadtlandschaften bilden. Im Gegensatz zur Skyline ist der Betrachtungswinkel auf das Stadtbild nicht vorgegeben. Das Stadtbild ist daher auch eine Gesamtheit aller Perspektiven. Begrifflich wird davon die grafisch dargestellte Stadtansicht unterschieden (vgl. Vedute, Weichbild).

Das Stadtbild dient Städten und Regionen als Merkmal der regionalen Identifikation und schafft neben einzelnen Wahrzeichen einen Wiedererkennungswert. Es dient mit diesen Merkmalen auch dem Stadtmarketing. Beispiele für Leitsprüche oder Slogans, die auch das Stadtbild aufgreifen, sind etwa Stuttgart (Großstadt zwischen Wald und Reben), Güstrow (Hier hat Zukunft Tradition), Krefeld (Stadt wie Samt und Seide) oder Schwerin (Residenzstadt mit Märchenschloss).

Debatten

Um die Erhaltung, Umgestaltung oder Wiedergewinnung eines traditionellen Stadtbildes entwickeln sich häufig Kontroversen wie bei Debatten um die Rekonstruktion der Frauenkirche und des umgebenden Neumarktes in Dresden, beim Dom-Römer-Projekt in Frankfurt am Main oder beim Wiederaufbau von Gebäuden rund um den Alten Markt in Potsdam. Kritiker attestieren den rekonstruierten Straßenzügen fehlende Authentizität und Anbiederung.[1] In Deutschland hat sich der städtebauliche Denkmalschutz zum Schutz und zur harmonischen Weiterentwicklung der historischen Stadtkerne etabliert. Der Verein Stadtbild Deutschland setzt sich für den rekonstruierenden Wiederaufbau historischer Bauten ein und kürt jährlich ein „Gebäude des Jahres“, 2016 den wiederaufgebauten Palast Barberini in Potsdam.[2]

Welche Stadtbilder erhaltenswert sind, ist einem historischen Wandel unterworfen und unter Zeitgenossen umstritten. Dabei zeigt sich der Wandel des Geschichtsbewusstseins und stellt sich dich Frage gesellschaftlicher Identität.[3] Neben historischen Altstädten gelten inzwischen auch Festungsstädte wie Neuf-Brisach, Industriestädte wie La Chaux-de-Fonds im Schweizer Jura, nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaute Städte wie Freudenstadt oder Chemnitz oder Gründungsstädte der DDR wie Eisenhüttenstadt als erhaltenswert.

Neuer Urbanismus

Der Neue Urbanismus ist ein übergreifendes Thema in der Entwicklung heutiger Stadtbilder. Durch die Entwicklungen in der Moderne der Architektur, beeinflusst von der Charta von Athen sowie von der Idee der „autogerechten Stadt“, sollten die Städte in ihrem Charakter verändert werden. Die einst in den meisten Städten vorherrschende Kleinteiligkeit und Nutzungsmischung wurde von vielen Stadtplanern, Architekten und politisch Verantwortlichen aufgegeben, es entstanden getrennt genutzte Gebiete für Wohnen und Gewerbe, aufgelockerte Siedlungen sowie verstärkt Trabantenstädte. Diese Entwicklung wurde bereits von Zeitgenossen der frühen modernistischen Bewegungen kritisiert, etwa durch Anhänger der Heimatschutzarchitektur und speziell ab den 70er-Jahren mit dem Aufkommen der Denkmalschutzbewegung.

Seit den 80er-Jahren wurde mit der Urbanismusbewegung wieder die Blockrandbebauung und Mischnutzung von Quartieren bevorzugt. Danach soll diese urbane Bebauungsart das verstärkte städtische Leben unterstützen durch soziale und wirtschaftliche Durchmischung und einer Einsparung von Ressourcen (zum Beispiel Fahrtwege, Flächen- und Energieverbrauch) gegenüber den aufgelockerten Siedlungen führen.[4] Der Neue Urbanismus zielt auf Erhalt und Weiterentwicklung nachhaltiger Stadtbilder ab. Auch architektonische Nachhaltigkeit spielt meist eine Rolle, etwa durch die Verwendung natürlicher und lokaler Materialien und Ausdrucksformen.

Gefährdung der Stadtbilder

Von der Nachkriegszeit bis heute

In den Nachkriegsjahrzehnten wurden Stadtbilder in Deutschland durch den großflächigen Abriss historischer Gebäude zugunsten von häufig gesichtslosen Neubauten sowie mittels Durchbrüchen breiter Straßen im Sinne der autogerechten Stadt beeinträchtigt. Insbesondere in Westdeutschland kam es zu Eingriffen in die historische Gebäudesubstanz durch Maßnahmen wie Entstuckung sowie die Entfernung alter Fenster und Fensterläden aus Holz und Ersatz durch industrielle Baustoffe und Produkte. Bei Stadtmöbeln wie Straßenlaternen wurde häufig mehr Wert auf Funktionalität als auf Ästhetik gelegt. Es folgte ein Umdenken ab den 1970er Jahren, alte Bausubstanz wurde fortan vermehrt erhalten oder wieder freigelegt. Infolge der Energiekrise seit den 1970er Jahren kam es zu erheblichen Eingriffen in die Stadtbilder durch nachträgliches Anbringen von Wärmedämmungen.[5]

Sonderfall Ostdeutschland

Putbus: Beispiel einer harmonischen Gesamtstruktur, vom Stadtzentrum über Gärten und Parks, mit grünen Bändern bis in die Felder

„Doch wieso wurde die Erneuerung und Revitalisierung der historischen Stadtbereiche in den neuen Bundesländern ein anerkanntes Erfolgsmodell? Zunächst verdeutlichen die in fast allen Städten und Gemeinden in großer Auflage herausgegebenen Festschriften und Dokumentationen mit einem direkten Bildvergleich von Aufnahmen vom Zustand der Innenstädte um 1990 und heute sehr anschaulich die positiven Veränderungen: die Fotos aus der Wendezeit zeigen vor allem vom baulichen Verfall und Sanierungsstau gekennzeichnete Stadtensembles, die in ihrem physischen Bestand arg gefährdet erscheinen. In diesem „DDR-Biotop“ hatte zugleich ein unvergleichlicher baulicher Schatz an historischer Originalsubstanz überlebt, der in den alten Ländern längst dem Wiederaufbau in den Wirtschaftswunderjahren oder der Kahlschlagsanierung geopfert worden war.“[6]


In Folge der Misswirtschaft blieb Ostdeutschland von den westdeutschen Bausünden der 1960er und 1970er Jahre verschont, die Innenstädte wurden vernachlässigt und meist auf größerem Abstand zu ihnen entstanden punktuell neue Wohnviertel mit Plattenbauten. Bereits in den 1980er Jahren und nicht erst zur Wende setzte in der DDR ein Umdenken ein und man begann historische Altstädte zu restaurieren, was im Westen nahezu unbekannt ist. Schon vor der Wende wie auch seitdem blieben dort historische Bauteile, wie Fenster oder Dachziegel, so weit wie möglich erhalten oder wurden wiederverwendet. Statt der sogenannten Totrenovierung, die häufig im Westen bis heute zu beobachten ist. Zudem blieben, mit wenigen aber großen Ausnahmen, wie Berlin, Dresden oder dem Zentrum von Chemnitz, ostdeutsche Städte wegen größerer Entfernungen und größeren Anflugrisiken vom Luftkrieg weitgehend verschont

So verfügen heute wieder unzählige große und kleine ostdeutsche Städte über ein nahezu intaktes Stadtbild, als Gesamtkunstwerk durch alle historischen Epochen hindurch, vom mittelalterlichen Stadtkern, ggf. dem Schloss oder der Burg, über die Gründerzeitviertel, bis hin zu Villen am Stadtrand. Wie beispielsweise in Erfurt, Potsdam, Schwerin, Naumburg, Pirna, Quedlinburg, Greiz, Meiningen oder Putbus. Zudem sind die Stadtränder allgemein weit weniger verbaut als im Westen. So grenzen oftmals historische Strukturen direkt an Natur oder Seen oder historische Landschaftsparks, mit einer Verschmelzung bzw. einem harmonischen Übergang vom Stadtbild zum Landschaftsbild (z. B. Potsdam, Schwerin, Blankenburg, Putbus). Diese Intention historischer Planungen ist in Westdeutschland nur noch selten sichtbar, wie beispielsweise in Kassel-Wilhelmshöhe. Auch sind i. Ggs. zum Westen historische Alleen vielerorts besser erhalten, sowohl im Umfeld der Städte als auch innerhalb von ihnen wie beispielsweise in Ballenstedt.

Die hohe Qualität restaurierter, historischer Strukturen widerspiegeln neuerdings auch überproportional gestiegene Immobilienpreise in Ostdeutschland.[7]

Siehe auch

Wiktionary: Stadtbild – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Andreas Voigt: Die Sehnsucht der Deutschen nach der alten Zeit. In: Welt Online, 21. März 2011; Wider den Architekturpopulismus. In: Baunetz, 7. Mai 2018.
  2. Katharina Wiechers: Palais Barberini in Potsdam ist „Gebäude des Jahres“. In: Der Tagesspiegel, 10. Januar 2016.
  3. Katja Marek: Rekonstruktion und Kulturgesellschaft. Stadtbildreparatur in Dresden, Frankfurt am Main und Berlin als Ausdruck der zeitgenössischen Suche nach Identität. Dissertation, Kunsthochschule Kassel 2009, S. 172 f. (PDF).
  4. Charta des New Urbanism – deutsche Übersetzung der engl. Charter of the New Urbanism
  5. Im Dämm-Wahn: Gebäudesanierung verändert das Stadtbild. In: 3sat.de, 9. April 2015; Niklas Maak: Die Burka fürs Haus. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. November 2010.
  6. Vorlage:Internmetquelle
  7. Business Insider Deutschland: Auf dem Immobilienmarkt in Ostdeutschland passiert etwas, mit dem kaum einer gerechnet hat. Abgerufen am 18. September 2018.