Argus Motoren Gesellschaft

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Die Argus Motoren Gesellschaft m.b.H. war ein deutsches Entwicklungs- und Herstellerunternehmen von Kraftfahrzeugen sowie Fahrzeug-, Boots- und Flugmotoren (Fokker) mit Sitz in Berlin-Reinickendorf.

Im Jahre 1948 übersiedelte das Unternehmen nach der Demontage seiner Produktionsanlagen durch die sowjetische Besatzungsmacht nach Ettlingen nahe Karlsruhe (Baden-Württemberg) und benannte sich in Neue ARGUS GmbH um. 1950 etablierte sich das Unternehmen als erster Hersteller von Kugelhähnen in Europa. Anfang der 1990er-Jahre wurde das Unternehmen vom britischen Konzern BTR übernommen, jedoch im Jahre 2002 an die Flowserve Corporation verkauft. Heute trägt das Unternehmen den Namen ARGUS Flowserve Flow Control GmbH.

Unternehmensgeschichte

1901 bis 1945

Vor dem Jeannin/Argus-Werk, 1902/1903. Henri Jeannin am Steuer.

Das Unternehmen wurde 1901 von Henri Jeannin als Internationale Automobil-Zentrale Jeannin & Co. gegründet, die sich ausschließlich dem Handel mit Fahrzeugen widmete. 1904 wurde sie in Argus Motoren-Gesellschaft Jeannin & Co. umbenannt, aus der schließlich am 7. November 1906, mit Frank Rahtjens als Gesellschafter, die Argus Motoren-Gesellschaft m.b.H. wurde. Das Unternehmen ließ sich in Reinickendorf bei Berlin nieder, wo es Automobile sowie Stationär- und Bootsmotoren produzierte. 1916 kaufte Moritz Straus das Unternehmen und wurde Geschäftsführer.

Im Jahr 1938 wurde Moritz Straus, der jüdische Eigentümer des kleinen, aber durchaus bedeutenden Herstellers von Flugmotoren, im Zuge der „Arisierung“ gezwungen, sein Unternehmen zu verkaufen.[1] Heinrich Koppenberg, Generaldirektor der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke, bot mit Hilfe der Deutschen Bank 5,2 Mio. Reichsmark (RM) und erhielt den Zuschlag. Der Betrag lag zwar über dem Angebot von BMW von 2 bis 3 Mio., aber doch deutlich unter dem Buchwert von 11 Mio. RM. Die Argus Motoren Gesellschaft machte damals mit 3000 Beschäftigten 25 Mio. RM Umsatz.

1948 bis heute

1948 wurde das Unternehmen unter den Namen Neue ARGUS GmbH in Ettlingen neu gegründet. Bereits zwei Jahre später stellte sich das Unternehmen als erster Hersteller von Kugelhähnen in Europa vor. Im Jahre 1988 bekam das Unternehmen die DIN-ISO-9001-Zulassung, um sich deutlich von der wachsenden Konkurrenz im Armaturenbau abzuheben. In den 1990er-Jahren wurde das Unternehmen vom britischen Konzern BTR gekauft und blieb in dessen Hand, bis es im Jahr 2002 vom US-amerikanischen Armaturenkonzern Flowserve Corporation übernommen wurde.

Produkte

1901 bis 1945

LKW-Bau

Ab 1906 wurden zwei Jahre lang eigene LKW mit zweieinhalb sowie vier und fünf Tonnen Nutzlast gebaut. Die LKW hatten 24-, 40- und 70-PS-Motoren, wobei letzterer der erste Sechszylinder war, der in ein Nutzfahrzeug eingebaut wurde.

PKW-Bau

Bis 1910 wurden auch Personenwagen hergestellt. Zunächst wurden Einbaumotoren von Panhard & Levassor verwendet, später wurden eigene Motoren mit zwei, vier und sechs Zylindern hergestellt. Die Fahrzeuge wurden auch im Motorsport eingesetzt. Im Vereinigten Königreich trugen die Fahrzeuge die Bezeichnung Beaufort.

Motorenbau

1906 erhielt das Unternehmen den Auftrag, zwei Motoren für das französische Luftschiff Ville de Paris zu entwickeln. Dazu wurde die Leistung eines Reihen- Vierzylinder-Bootsmotors auf 70 PS gesteigert. 1908 entschied man sich dafür, Flugmotoren in Serie zu bauen, die sich bald wegen ihrer Leistungsfähigkeit einen guten Ruf schufen. Die mit Argusmotoren ausgerüsteten Boote gewannen damals viele Preise in Motorbootkonkurrenzen; ebenso erfolgreich waren die mit Argusmotoren ausgestatteten Flugzeuge. Im Jahre 1910 wurden im Deutschen Reich von etwa 150.000 RM Meetingpreisen 130.000 RM mit Argus-Flugmotoren gewonnen. 1912 wählte auch Igor Iwanowitsch Sikorski vier 100 PS starke Argus-Motoren zum Einbau in seinen „Russischen Recken“, dem ersten viermotorigen Flugzeug der Welt. Mit dem Erfolg dieser Maschine wurde Argus international bekannt.

Während des Ersten Weltkrieges baute Argus Motoren sowohl für das Deutsche Heer als auch für die Luftstreitkräfte. Straus stellte Arnold Zoller ein, um Kompressoren zu entwickeln. Wegen des hohen Bedarfs an Motoren wurde auch Opel in Rüsselsheim mit dem Lizenzbau von Argusmotoren beauftragt. Das Unternehmen prosperierte und 1918 waren bereits 910 Mitarbeiter beschäftigt. Der Versailler Vertrag entzog der Flugmotorenfertigung die Grundlage und man beschäftigte sich ausschließlich mit der Entwicklung und Verbesserung von Pkw-Motoren der Horchwerke AG Zwickau, an der Straus seit 1920 eine Aktienmehrheit besaß. Die Horchwerke wurden 1932 Teil der Auto Union. Zum 1. Juli 1923 wechselte Paul Daimler zu Argus und machte sich hier einen Namen als Motorenentwickler im Fachbereich Flugzeugtriebwerke, wo er bis 1928 blieb.

Ab 1927 bemühte sich Argus, die Flugmotorenfertigung wieder aufleben zu lassen. Im Deutschen Reich wurden wegen der staatlichen Förderung der Sportfliegerei und des zunächst geheimen Aufbaus der neuen Luftwaffe Flugmotoren in immer größerer Zahl gebraucht. 1935 konnte Hans Reissner als Konstrukteur für die Entwicklung von Verstellluftschrauben gewonnen werden, so dass auch diese in das Vertriebsprogramm aufgenommen werden konnten.

Von den neuentwickelten Motoren, für die Manfred Christian verantwortlich zeichnete, waren es insbesondere der Argus As 8, der Argus As 10 und der Argus As 410, aus dem schließlich der Argus As 411 entstand, die in großen Stückzahlen gefertigt wurden. Für die letzteren beiden wurde auch das Prager Unternehmen Walter mit dem Lizenzbau beauftragt. Eine weitere Fertigung wurde in Frankreich bei dem Unternehmen Renault eingerichtet, die den Motor As 411 auch nach dem Kriegsende weiterbaute. Eine Neuentwicklung war das Schmidt-Argus-Rohr Argus As 014 – ein Verpuffungsstrahltriebwerk – das in der Fieseler Fi 103 zum Masseneinsatz kam. Auch zwei Projekte von Großmotoren As 412 und As 413 (24 Zylinder in H-Form, wassergekühlt mit 4000 PS für zwei gegenläufige Luftschrauben), für die Fritz Goßlau zuständig war, standen gegen Kriegsende in der Entwicklung. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Werk als Reparationsleistung für die Sowjetunion demontiert.

Der Unternehmenssitz befand sich in der Flottenstraße 34–49 in Berlin-Reinickendorf.

Triebwerke

Typ 4, 4-Zyl.-Reihenmotor
Opel Argus As III, 6-Zyl.-Reihenmotor
As 10 C, 8-Zyl.-V-Motor
As 8, 4-Zyl.-Reihenmotor
As 411 A, 12-Zyl.-V-Motor

Literatur

  • Anton Doppelfeld: Die Geschichte der Argus Motoren Gesellschaft 1906–1940. Berlin 1940.
  • Die Geschichte des deutschen LKW-Baus. Weltbild Verlag, Augsburg 1994, ISBN 3-89350-811-2, Band 1, S. 27 und Band 2b, S. 31.
  • Ulrich Kubisch: Deutsche Automarken von A–Z. VF Verlagsgesellschaft, Mainz 1993, ISBN 3-926917-09-1.
  • Wulf Dieter Kisselmann: Argus. Flugmotoren und mehr. Verlag Schiff & Flugzeug, Empfingen 2012, ISBN 978-3-86755-220-2.

Weblinks

Commons: Argus Motoren Gesellschaft – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • webcitation.org (Memento vom 27. Juli 2014 auf WebCite)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt

Einzelnachweise

  1. Constanze Werner: Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit bei BMW. Oldenburg, 2005. S. 39. (Online in der Google-Buchsuche)