Pariser Club

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Der Pariser Club (oder: Club de Paris) ist ein internationales Gremium, das sich mit Fragen der Umschuldung und des Schuldenerlasses beschäftigt. Der Club vermittelt zwischen Geberländern und den Ländern, die Probleme mit der Rückzahlung von öffentlichen Krediten oder Entwicklungshilfedarlehen haben.

Geschichte und Organisation

1956 wurde in Paris auf Bitte Argentiniens erstmals ein Treffen einberufen. Der damalige französische Finanzminister Pierre Pflimlin lud seinen argentinischen Amtskollegen zu einem Gespräch ein, bei dem Argentinien seine Schuldenlage mit allen Gläubigerstaaten gleichzeitig besprechen wollte. Diese Praxis stieß bei den Beteiligten auf große Zustimmung und die Vorgehensweise wurde auf weitere Länder ausgedehnt.

Seither hat der Klub samt einer kleinen Organisation seinen Sitz im Schatzamt des französischen Finanzministeriums. Tradtitionell fungiert der Direktor des Schatzamts als Präsident des Klubs, derzeit Xavier Musca. Zudem verfügt der Pariser Club über ein ständiges Sekretariat, an das Anfragen gestellt werden können. Darüberhinaus verfügt der Klub über keine rechtlichen Grundlagen - weder einen Regierungsvertrag noch eine organisatorische Verfassung. Da er trotz dieser Mängel gut funktioniert, sagte sein ehemaliger Präsident Jean-Claude Trichet[1]:

„Der Pariser Klub ist eine Nichtinstitution, die lateinische Phantasie mit angelsächsischem Pragmatismus verbindet.“

Jean-Claude Trichet

Die Gläubigerstaaten treffen sich zehn- bis elfmal im Jahr, um die Schuldensituation verschiedener Länder zu besprechen und Verhandlungen mit diesen zu führen. Das Ergebnis dieser Gespräche wird in einem Protokoll festgehalten, das lediglich eine Empfehlung darstellt. Auf Basis dieser Empfehlung werden verbindliche Abkommen mit den Ländern beschlossen. Meist wird gleichzeitig vom Internationalen Währungsfonds ein wirtschaftliches Sanierungsprogramm angeordnet.

Statistiken

Über Umschuldungen oder Schuldenerlasse regelte der Club seit 1983 Verpflichtungen in Höhe von 523 Milliarden US-Dollar gegenüber seinen Mitgliedern. Insgesamt kam es zu 402 Umschuldungsabkommen mit 83 Ländern.

Der letzte spektakuläre Beschluss brachte eine weitgehende Entschuldung des Iraks bis 2008.

Im Februar 2006 kündigten die USA für Afghanistan einen kompletten Schuldenerlass in Höhe von 108 Millionen US-Dollar an.

Nigeria hat als erstes afrikanisches Land seine Schulden beim Pariser Club getilgt. 4,5 Milliarden Dollar wurden am Freitag, 21. April 2006 überwiesen.

Russland hatte im Juli und August 2005 aufgrund der guten Ölgeschäfte damit begonnen, seine Schulden bei den vereinbarten Geberländern vorzeitig zurückzuzahlen, wobei die Rückzahlung in Raten erfolgte. Am 21. August 2006 beglich Russland seine Restschuld beim Pariser Club.

Kamerun ist am 18. Juni 2006 seine Schuld in Höhe von 3,5 Milliarden bis auf einen Rest von 27 Millionen US-Dollar erlassen worden.

Mitgliedsstaaten und Länder, mit denen Abkommen geschlossen wurden

(Stand 2007)

Permanente Mitglieder
Australien Australien Niederlande Niederlande
Permanente Mitglieder
Permanente Mitglieder
Belgien Belgien Norwegen Norwegen
Danemark Dänemark Osterreich Österreich
Deutschland Deutschland Russland Russland
Finnland Finnland Spanien Spanien
Frankreich Frankreich Schweden Schweden
Irland Irland Schweiz Schweiz
Italien Italien Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Japan Japan Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Kanada Kanada
Sporadische Mitglieder
Abu Dhabi Abu Dhabi Marokko Marokko
Sporadische Mitglieder
Sporadische Mitglieder
Argentinien Argentinien Neuseeland Neuseeland
Brasilien Brasilien Portugal Portugal
Israel Israel Sudafrika Südafrika
Korea Sud Südkorea Trinidad und Tobago Trinidad und Tobago
Kuwait Kuwait Turkei Türkei
Mexiko Mexiko
Institutionelle Beobachter
Datei:LogoWeltbank150.jpg Weltbank Datei:Imf logo.png Internationaler Währungsfonds Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD
Europaische Union Europäische Union Afrikanische Entwicklungsbank Asiatische Entwicklungsbank
UNCTAD Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung Interamerikanische Entwicklungsbank
Länder, mit denen Abkommen geschlossen wurden
Agypten Ägypten Guinea-Bissau Guinea-Bissau Nigeria Nigeria
Albanien Albanien Guyana Guyana Pakistan Pakistan
Algerien Algerien Haiti Haiti Panama Panama
Angola Angola Honduras Honduras Peru Peru
Äquatorialguinea Äquatorialguinea Indonesien Indonesien Philippinen Philippinen
Argentinien Argentinien Irak Irak Polen Polen
Athiopien Äthiopien Jamaika Jamaika Rumänien Rumänien
Benin Benin Jemen Jemen Russland Russland
Bolivien Bolivien Jordanien Jordanien Ruanda Ruanda
Bosnien und Herzegowina Bosnien und Herzegowina Kambodscha Kambodscha Sao Tome und Principe São Tomé und Príncipe
Brasilien Brasilien Kamerun Kamerun Sambia Sambia
Bulgarien Bulgarien Kenia Kenia Senegal Senegal
Burkina Faso Burkina Faso Kirgisistan Kirgisistan Serbien Serbien
Burundi Burundi Kongo Demokratische Republik Demokratische Republik Kongo Sierra Leone Sierra Leone
Chile Chile Kongo Republik Republik Kongo Simbabwe Simbabwe
Costa Rica Costa Rica Kroatien Kroatien Slowenien Slowenien
Dominikanische Republik Dominikanische Republik Liberia Liberia Somalia Somalia
Dschibuti Dschibuti Madagaskar Madagaskar Sudan Sudan
Ecuador Ecuador Malawi Malawi Tansania Tansania
El Salvador El Salvador Mali Mali Togo Togo
Elfenbeinküste Elfenbeinküste Mauretanien Mauretanien Trinidad und Tobago Trinidad und Tobago
Gabun Gabun Nordmazedonien Nordmazedonien Tschad Tschad
Gambia Gambia Mexiko Mexiko Turkei Türkei
Georgien Georgien Marokko Marokko Uganda Uganda
Ghana Ghana Mosambik Mosambik Ukraine Ukraine
Guatemala Guatemala Nicaragua Nicaragua Vietnam Vietnam
Guinea-a Guinea Niger Niger Zentralafrikanische Republik Zentralafrikanische Republik

Quellen

  1. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Eine lateinisch-angelsächsische Nichtinstitution, 14. Juni 2006, S. 13

Siehe auch

Weblinks