Schachweltmeisterschaft 1987

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Kontrahenten der 34. Schachweltmeisterschaft 1987
Kasparov im Alter von 21 Jahren, 1985
Kasparov im Alter von 21 Jahren, 1985
Anatoli Karpow
Anatoli Karpow
Garri Kasparow Anatoli Karpow
Nation
Sowjetunion Sowjetunion
Sowjetunion Sowjetunion
Status Titelverteidiger
Weltmeister seit 1985
Herausforderer
Weltmeister 1975–1985
Alter 24 Jahre 36 Jahre
Elo-Zahl
(Juli 1987)
2740 2700
◄ 1986 1990 ►

Die Schachweltmeisterschaft 1987 fand vom 12. Oktober bis zum 18. Dezember 1987 in Sevilla statt. Hierbei trennten sich der Weltmeister Garri Kasparow und sein Herausforderer Anatoli Karpow 12:12 unentschieden, wodurch Kasparow seinen Weltmeistertitel behielt.

Qualifikation

Der übliche Zeitplan im dreijährigen WM-Zyklus war ziemlich durcheinandergeraten: Die Schach-WM 1984 hatte bis ins Jahr 1985 gedauert, wurde dann in einer umstrittenen Entscheidung abgebrochen und neu angesetzt. Nach Kasparows Sieg bei der WM 1985 hatte es einen Revanchekampf 1986 gegeben, den Kasparow ebenfalls für sich entscheiden konnte.

Gemäß dem üblichen Zyklus hatte inzwischen aber die Qualifikation für die WM 1987 begonnen, ohne dass Kasparow oder Karpow teilnehmen konnten. Es wurde daher beschlossen, dass zunächst die Kandidatenwettkämpfe stattfinden sollten und der Verlierer des Revanchekampfes 1986 gegen den Sieger des Kandidatenturniers ein Superfinale bestreiten sollte, um den Herausforderer für 1987 zu ermitteln.

Interzonenturniere

Das erste Interzonenturnier fand im April und Mai 1985 in Tunis als Rundenturnier unter 18 Teilnehmern statt. Für das Kandidatenturnier qualifizierten sich in Reihenfolge der Platzierung die vier besten Spieler Artur Jussupow, Alexander Beliavsky, Lajos Portisch und Alexander Tschernin. Im Juni 1985 folgte das zweite Interzonenturnier in Taxco in Mexico, wo sich unter 16 Spielern Jan Timman, Jesús Nogueiras, Michail Tal und Kevin Spraggett qualifizierten. Das dritte und letzte Interzonenturnier wurde im Juli 1985 in Biel abgehalten, dort qualifizierten sich unter 16 Teilnehmern Rafael Vaganian, Yasser Seirawan, Andrei Sokolow und Nigel Short.

Kandidatenturnier

Die FIDE veranstaltete das Kandidatenturnier 1985 in Montpellier. Von den 16 Teilnehmern waren 12 durch die Interzonenturniere qualifiziert; zusätzlich nahmen Boris Spasski, Wassili Smyslow, Viktor Kortschnoi und Zoltán Ribli teil. Die vier Erstplatzierten sollten in Wettkämpfen den Herausforderer des Verlierers aus dem Revanchekampf Kasparow-Karpow 1986 ermitteln. Es siegten Artur Jussupow, Rafael Vaganian und Andrei Sokolov mit je 9 Punkten. Jan Timman und Michail Tal, die auf 8½ Punkte kamen, mussten einen Stichkampf zur Ermittlung des vierten Halbfinalteilnehmers spielen. Timman setzte sich durch.

Einzelwettkämpfe

In den folgenden Wettkämpfen im K.o.-System gab es folgende Ergebnisse:

Halbfinale:

Finale:

  • Andrei Sokolow – Artur Jussupow 7½:6½

Das Kandidatenfinale („Superfinale“) fand im Februar 1987 zwischen Anatoli Karpow und Andrei Sokolow in Linares statt:

  • Anatoli Karpow – Andrei Sokolow 7½:3½

Organisation und Regeln

Gespielt wurde im eigens dafür renovierten Teatro Lope de Vega im Zentrum Sevillas. Das Match sollte über maximal 24 Partien gehen und vorzeitig beendet werden, sobald ein Spieler mit mindestens 12½ Punkten uneinholbar in Führung läge. Im Falle eines 12:12 würde Kasparow seinen Titel behalten. Als Hauptschiedsrichter fungierte der Niederländer Geurt Gijssen.

Psychologische Aspekte

Die Schachweltmeisterschaft 1987 war bereits im Vorfeld von psychologischen Faktoren geprägt. So erschien Kasparows Buch Politische Partie, in dem er Karpow stark kritisierte, eine Woche vor Beginn der Weltmeisterschaft. Karpow hingegen setzte auf psychologische Aspekte während des Wettkampfs, so sparte er nach Ansicht von Lothar Nikolaiczuk im Falle eines Ausgleichs Kräfte für die 23. Partie, um dort als Weißspieler auf sein solides Nervenkostüm zu verlassen. Sofern diese Anmerkung der Realität entspricht, ging Karpows Berechnung auf, doch Kasparow vermochte in der letzten Partie erneut den Ausgleich zu erzielen und so den Titel zu verteidigen.

Verlauf der Weltmeisterschaft

Das Match begann furios. Schon nach 5 Partien waren 3 Siege zu verzeichnen. Auch die weiteren Partien waren hart umkämpft. Keinem der Kontrahenten gelang es jedoch, mehr als einen Punkt Vorsprung zu erlangen, und nach 22 Partien stand es 11:11. In den letzten beiden Partien überschlugen sich dann die Ereignisse: In Partie 23 opferte Kasparow in Zeitnot einen Turm, doch seine Kombination wurde von Karpow glänzend widerlegt. In der letzten Partie gelang es Kasparow dann, mit positionellen Manövern einen Bauern und schließlich das Spiel zu gewinnen und somit seinen Titel zu retten.[1]

Schachweltmeisterschaft 1987
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 Siege Punkte
Garri Kasparow ½ 0 ½ 1 0 ½ ½ 1 ½ ½ 1 ½ ½ ½ ½ 0 ½ ½ ½ ½ ½ ½ 0 1 4 12
Anatoli Karpow ½ 1 ½ 0 1 ½ ½ 0 ½ ½ 0 ½ ½ ½ ½ 1 ½ ½ ½ ½ ½ ½ 1 0 4 12

Folgen

Angesichts des knappen Ergebnisses wurde spekuliert, ob Kasparow noch lange auf dem Schachthron bleiben könne. Bei der Schachweltmeisterschaft 1990, dem letzten Weltmeisterschaftsduell der beiden Kontrahenten gegeneinander, gelang es ihm jedoch erneut, Karpow zu besiegen und er blieb nach seiner Teilung der Schachwelt noch bis zur Schachweltmeisterschaft 2000 Weltmeister.

Literatur

  • Gutman, L., & Treppner, G. (1988). Schachweltmeisterschaft 1987 Garri Kasparow - Anatoli Karpow. Hollfeld: Beyer.
  • Lothar Nikolaiczuk: Schachweltmeisterschaft 87. Joachim Beyer Verlag, Hollfeld 1988. ISBN 3-88805-075-8
  • Pfleger, Helmut, Otto Borik, and Michael Kipp-Thomas. 1987. Schach-WM '87: Kasparow/Karpow. Niedernhausen/Ts: Falken.

Weblinks

  1. Vom Teufel geritten. In: Der Spiegel 53/1987. 28. Dezember 1987, S. 110–111, abgerufen am 24. Juni 2016.