„Staat“ – Versionsunterschied

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[[Wolfgang Reinhard]] beschreibt das Phänomen, wie die einstige [[Kulturnation]] in der Wandlung zum modernen [[Nationalstaat|National]]- und [[Verfassungsstaat]] ausgehend von Europa die ganze Welt überzogen hat<ref>Wolfgang Reinhard: ''Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart'', Beck, München 2002, ISBN 3-406-45310-4.</ref> und [[Martin van Creveld]] sieht den Staat historisch vor allem in Afrika bereits auf dem Rückzug.<ref>Martin van Creveld: (''The Rise and Decline of the State'', Cambridge University Press, 1999, ISBN 0-521-65629-X) / ''Aufstieg und Untergang des Staates''. 2004. - ISBN 3-93242-513-8</ref>
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== Aufgaben des Staats nach Wilhelm von Humboldt ==
Ohne πλεονεξία (griechisch ''pleonexía''. soviel wie "vielfältige Hinneigung" oder „Begierde nach Mehr“) sei eine Staatsvereinigung nicht notwendig, schreibt [[Wilhelm von Humboldt]] in seinen ''Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen'' (1792). Humboldt begründet das [[Gewaltmonopol des Staates|Gewaltmonopol]] des Staates: „Denn bei der Zwietracht entstehen Kämpfe aus Kämpfen. entstehen Kämpfe aus Kämpfen. Die Beleidigung fordert Rache, und die Rache ist eine neue Beleidigung. Hier muss man also auf eine Rache zurückkommen, welche keine neue Rache erlaubt - und diese ist die Strafe des Staats.“ In seiner Schrift empfiehlt Humboldt, dass sich der Staat nur auf das Notwendigste beschränken solle, dass der Entfaltung der Freiheit des Einzelnen diene. Notwendig sei nur, dass der Staat Aufgaben übernehme, die der Einzelne nicht alleine ausführen könne. Und auch hier sei der Bereich der Aufgaben auf die ''Sicherung'' des Menschen zu beschränken. Dazu gehöre die „Sicherheit gegen auswärtige Feinde“ und die „Sicherheit der Bürger untereinander“. Aber auch vor den Unberechenbarkeiten der „Natur“ solle der Staat den Einzelnen schützen. Alles jedoch, was die „Religion“ beträfe, läge außerhalb der Wirksamkeit des Staates. Die „Polizeigesetze“ kämen zur Wirkung, wenn das Handeln des einen Bürgers die Rechte eines anderen Bürgers „schmälern“. Die „Zivilgesetze“ dagegen beträfen das „Kränken“ der Rechte eines Bürgers durch einen anderen. Bei Konflikten habe der Staat mit einer geeigneten „Prozessordnung“ die Rechte ''beider'' Parteien zu schützen. Die „Kriminalgesetze“ regeln dabei die Bestrafung. Einen besonderen Schutz müsse der Staat „unmündigen Personen“ (z.B. Kinder) bieten. Die Erhaltung seiner eigenen Strukturen („Staatsgebäude“) sei eine weitere Aufgabe des Staates. Auch für seine „eingeschränktesten“ Aufgaben seien dazu „hinlängliche Einkünfte“ erforderlich. Im Umgang mit den theoretischen Zielen eines Staates ist Humboldt pragmatisch: „Der Staat muß in Absicht der Grenzen seiner Wirksamkeit den wirklichen Zustand der Dinge der richtigen und wahren Theorie insoweit nähern, als ihm die Möglichkeit dies erlaubt und ihn nicht Gründe wahrer Notwendigkeit daran hindern.“ Die Verantwortung des Staates für das Notwendige darf keinen Komfort liefern, sondern muss den Bürger in die Lage versetzen, sich auf das Nützliche konzentrieren zu können, denn für ihn gilt: „Endlich führt Sorgfalt für das Nützliche meistenteils zu positiven, für das Notwendige meistenteils zu negativen Veranstaltungen.“<ref name="Humboldt">[[Wilhelm von Humboldt]]: ''Ideen zu einem Versuch die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen'', 1792, ISBN 978-3150019917; [http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=1285&kapitel=1 etext]</ref>


== Etymologie ==
== Etymologie ==

Version vom 12. Februar 2008, 23:54 Uhr

Der Begriff Staat als gesellschaftliche Einrichtung kann auf verschiedene Weise behandelt werden.

Die klassische und juristisch beeinflusste Definition[1] sieht den Staat als „eine politisch-rechtliche Ordnung, die eine Personengemeinschaft auf der Grundlage eines Staatsvolkes innerhalb eines räumlich abgegrenzten Gebietes zur Sicherstellung bestimmter Zwecke auf Dauer bindet und einer souveränen Herrschaftsgewalt unterwirft“.[2]

Nach einer wissenschaftlich beeinflussten Annäherung ist der Staat „ein klarer Satz politischer Institutionen (im Namen des öffentlichen Interesses innerhalb eines begrenzten Territoriums) dessen spezielles Interesse in der Organisation der Herrschaft liegt.“

Nach dieser Beschreibung[3] ist der Staat „das wohl zentralste Konzept in der politischen Beobachtung und seine Definition ist daher der Gegenstand intensiven wissenschaftlichen Streits. Marxisten, politische Soziologen und politische Antropologen bevorzugen üblicherweise eine breite Definition, welche die Aufmerksamkeit auf die Rolle die zwangsausübenden Organisationen zieht. Diese Organisationen üben klare Priorität in der Entscheidungsfindung und Anspruchsbedeutung der Anwendung von nackter Gewalt bezüglich sozialer Probleme innerhalb territorrialer Grenzen aus. Nach diesen Standard signalisieren archäologische Reste die Existenz von Staaten bis ins Jahr 6000 vor Chr.. Bilder und Aufzeichnungen über staatliche Präsenz reichen bis ins Jahr 4000 vor Chr..“

Die sozial- und politikwissenschaftlichen Werke brauchen für die Definition von Staat den meisten Platz. Das Wort Staat stammt aus der europäischen Neuzeit. Das lateinische Ursprungswort „status“ (Zustand, im Mittelalter auch „Stand“) nimmt zu dieser Zeit neue Formen an. „Zunächst bezeichnet es den Parteianhang eines (Renaissance-)Herrschers, sodann den Besitz der Macht. Die Sinnperspektive wechselt vom Inhaber der Macht zur Macht als Sache und zur Sache der Macht: zu Staatsgewalt und Staatsraison“ schreibt Josef Isensee.[4]

Einige Autoren weisen auf die breite Spanne hin, was alles als „Staat“ subsumiert wird, was ein Staat nicht ist und welche Ansprüche, Utopien, Ideale und Ideologien mit „Staat“ verbunden sind. Das liegt nach Franz Oppenheimer zunächst an der Herangehensweise. In seinem Werk Der Staat betrachtet er „den Staat vom Standpunkt des Soziologen. Nicht von dem des Philosophen: denn der interessiert sich nur für den Staat, wie er sein soll. Aber der Staat, wie er war und ist, der geschichtliche Staat, sagt z. B. Fichte, »geht den Erleuchteten gar nichts an«. Auch nicht vom Standpunkt des Juristen: denn ihn interessiert nur die äußere Form, während der Soziologe den Inhalt, das Leben der Staatsgesellschaft verstehen will.

Bei der Betrachtung der vielen Staatstheorien verweist Oppenheimer auf deren „unversöhnlichen“ Zwiespalt zueinander.[5] In der Praxis hat sich kein Staatsmodell als alternativlos oder endgültig herausstellen können. Vielmehr werden Staatsformen eher als Übel betrachtet von denen manche nur kleiner sein mögen. Auch über Zweck und Umfang streiten die meisten Staatstheoretiker. Es ist noch nicht mal wissenschaftlich wie praktisch geklärt, ob ein Staat in bestimmter Hinsicht tatsächlich für die Masse der Menschen notwendig oder nützlich ist. Vom biologischen Standpunkt der originären Herkunft des Menschen als Jäger und Sammler aus ist es zum Beispiel kein zwingendes evolutionäres Denkmuster, dass menschliche 'Subjekte' vom Staat organisiert oder beherrscht werden.[6] Der Wandel in der menschlichen Lebensweise vom Jäger, Viehhalter, Landwirt bis hin zur modernen Wirtschaft mit jeweils eigenen Formen des Eigentums impliziert für Adam Smith gesellschaftlichen Wandel. Aber auch der Eigentumsbegriff ist nur ein weiterer Streitpunkt bezüglich des Staatsbegriffes. Entsprechende historische Zeugnisse solcher Auseinandersetzungen über Sinn und Zweck des Staates liefern zum Bespiel der Methodenstreit in der Nationalökonomie, der Methodenstreit in den Sozialwissenschaften und der Positivismusstreit. Heute steht die Österreichische Schule als Quelle für grundsätzliche Kritik am Staat. Allgemein unbestritten ist lediglich, dass die soziologischen Betrachter (wie Oppenheimer, Stefan Blankertz, Max Weber) den Staat vor allem als Klassenstaat begreifen, während die Juristen den Staat als Rechtsmonopolisten schätzen und die meisten Ökonomen den Staat nur als Wirtschaftssubjekt behandeln.

Wolfgang Reinhard beschreibt das Phänomen, wie die einstige Kulturnation in der Wandlung zum modernen National- und Verfassungsstaat ausgehend von Europa die ganze Welt überzogen hat[7] und Martin van Creveld sieht den Staat historisch vor allem in Afrika bereits auf dem Rückzug.[8]

Aufgaben des Staats nach Wilhelm von Humboldt

Ohne πλεονεξία (griechisch pleonexía. soviel wie "vielfältige Hinneigung" oder „Begierde nach Mehr“) sei eine Staatsvereinigung nicht notwendig, schreibt Wilhelm von Humboldt in seinen Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen (1792). Humboldt begründet das Gewaltmonopol des Staates: „Denn bei der Zwietracht entstehen Kämpfe aus Kämpfen. entstehen Kämpfe aus Kämpfen. Die Beleidigung fordert Rache, und die Rache ist eine neue Beleidigung. Hier muss man also auf eine Rache zurückkommen, welche keine neue Rache erlaubt - und diese ist die Strafe des Staats.“ In seiner Schrift empfiehlt Humboldt, dass sich der Staat nur auf das Notwendigste beschränken solle, dass der Entfaltung der Freiheit des Einzelnen diene. Notwendig sei nur, dass der Staat Aufgaben übernehme, die der Einzelne nicht alleine ausführen könne. Und auch hier sei der Bereich der Aufgaben auf die Sicherung des Menschen zu beschränken. Dazu gehöre die „Sicherheit gegen auswärtige Feinde“ und die „Sicherheit der Bürger untereinander“. Aber auch vor den Unberechenbarkeiten der „Natur“ solle der Staat den Einzelnen schützen. Alles jedoch, was die „Religion“ beträfe, läge außerhalb der Wirksamkeit des Staates. Die „Polizeigesetze“ kämen zur Wirkung, wenn das Handeln des einen Bürgers die Rechte eines anderen Bürgers „schmälern“. Die „Zivilgesetze“ dagegen beträfen das „Kränken“ der Rechte eines Bürgers durch einen anderen. Bei Konflikten habe der Staat mit einer geeigneten „Prozessordnung“ die Rechte beider Parteien zu schützen. Die „Kriminalgesetze“ regeln dabei die Bestrafung. Einen besonderen Schutz müsse der Staat „unmündigen Personen“ (z.B. Kinder) bieten. Die Erhaltung seiner eigenen Strukturen („Staatsgebäude“) sei eine weitere Aufgabe des Staates. Auch für seine „eingeschränktesten“ Aufgaben seien dazu „hinlängliche Einkünfte“ erforderlich. Im Umgang mit den theoretischen Zielen eines Staates ist Humboldt pragmatisch: „Der Staat muß in Absicht der Grenzen seiner Wirksamkeit den wirklichen Zustand der Dinge der richtigen und wahren Theorie insoweit nähern, als ihm die Möglichkeit dies erlaubt und ihn nicht Gründe wahrer Notwendigkeit daran hindern.“ Die Verantwortung des Staates für das Notwendige darf keinen Komfort liefern, sondern muss den Bürger in die Lage versetzen, sich auf das Nützliche konzentrieren zu können, denn für ihn gilt: „Endlich führt Sorgfalt für das Nützliche meistenteils zu positiven, für das Notwendige meistenteils zu negativen Veranstaltungen.“[9]

Etymologie

Das deutsche Wort „Staat“ ist dem lateinischen status („Stand, Zustand, Stellung“) entlehnt. Das daher stammende italienische lo stato kam in der Renaissance auf und bezeichnete dort die mehr oder weniger stabile Verfassungsform einer Monarchie oder Republik. Der status regalis meinte Stellung, Macht und Einfluss des zur Herrschaft gelangten Königs oder Fürsten, später auch seines Anhangs, des Hofstaats. Die französische Übersetzung état konnte dann auch auf den ökonomischen Haushalt der Zentralmacht, später auch auf die rechtliche und politische Einheit aller Staatsbürger eines Staatsgebiets bezogen werden.

Mit dieser Wortgeschichte ging der historische Wandel politischer Gebietskörperschaften einher, so dass sich der neuzeitliche Staatsbegriff nur bedingt auf ältere Herrschaftsformen anwenden lässt. Ältere griechische und lateinische Begriffe wie polis (Stadtstaat), civitas („Bürgerschaft“), res publica („öffentliche Angelegenheit“), regimen („Königsherrschaft“), regnum („Königreich“) oder imperium („erobertes einheitlich regiertes Herrschaftsgebiet“) bezeichnen je einzelne, ebenfalls nicht verallgemeinerungsfähige Aspekte ähnlicher Sachverhalte.

Entstehung

Über die Entstehung von einheitlich verfassten politischen Gemeinwesen gibt es historisch recht verschiedene Theorien, die oft mit der Legitimation einer aktuellen Staatsform verbunden sind.

Neue Staaten können heute vor allem auf drei Arten entstehen:

Typen

Aristoteles ordnete die vorfindlichen Herrschaftsformen im Anschluss an Platon und Herodot nach sechs Grundtypen, wobei er drei positive Typen ihren jeweiligen Entartungen gegenüberstellte:

Beispiele weiterer Staatsformen:

Cicero ließ nur die drei positiven Typen (Monarchie, Aristokratie, Demokratie) als res publica gelten. Heutige Staatsformen nehmen meist den Begriff der Demokratie für sich in Anspruch, auch dort, wo die Partizipation der Bevölkerung an politischen Entscheidungsprozessen faktisch stark eingeschränkt ist. Der in Europa und den USA vorherrschende Staatstyp ist durch Parlamentarismus und Repräsentative Demokratie geprägt.

Soziologie

Max Weber definiert in seiner Herrschaftssoziologie Staat als einen solchen politischen Anstaltsbetrieb, dessen Verwaltungsstab erfolgreich das Monopol legitimen physischen Zwanges (also das Gewaltmonopol) für die Durchführung der Ordnungen in Anspruch nimmt.[10] Für den modernen Staat sind nach Max Weber Territorialität, Gewaltmonopol, Fachbeamtentum und bürokratische Herrschaft kennzeichnend. Dem Anspruch nach hat sich diese Form politischer Herrschaft spätestens seit der Epoche des Kolonialismus global verbreitet (vgl. Schlichte 2005).

Der soziologischen Staatsidee Franz Oppenheimers folgend ist der Staat seinem Wesen und Ursprung nach eine Einrichtung, „die von einer siegreichen Menschengruppe einer besiegten Menschengruppe aufgezwungen wurde mit dem einzigen Zwecke, die Herrschaft der ersten über die letzte zu regeln und gegen innere Aufstände und äußere Angriffe zu sichern.“[11]

Als System verwendet Niklas Luhmann den Begriff „Staat“ nur in Anführungszeichen[12]. Luhmann definiert den Begriff als eine semantische Einrichtung: Der Staat ist kein politisches System, sondern die Organisation eines politischen Systems zur Selbstbeschreibung dieses politischen Systems[13].

Ökonomie

Als Staat bezeichnet man in der Volkswirtschaftslehre jedes hoheitlich tätige Wirtschaftssubjekt, beispielsweise eine Regierung, eine Verwaltung sowie teilweise eine Institution sui generis. Der Staat wird als Summe aller Zwangsverbände betrachtet. Staatliches Handeln im volkswirtschaftlichen Sinn umfasst demnach die Tätigkeit aller politischer Ebenen (d. h. kommunaler, regionaler und bundesstaatlicher Einrichtungen).

Der Staat wird als wirtschaftlich agierendes Subjekt unter dem Aspekt seiner Rolle und Bedeutung für eine Volkswirtschaft betrachtet. Die Volkswirtschaftslehre sieht den Staat als zentralen Träger der Wirtschaftspolitik an. Über Ordnungspolitik, Strukturpolitik und Prozesspolitik soll er die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftssystems sicherstellen.

In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist der Staat ein Element des Wirtschaftskreislaufs. Er greift über monetäre Transaktionen in Marktabläufe ein: etwa durch Staatskäufe von Waren und Dienstleistungen als auch durch Steuern und Transferzahlungen (z. B. Subventionen). Die Steuerung dieser einzelnen Positionen (Fiskalpolitik) beeinflusst den Haushaltsplan und die Staatsverschuldung.

Die Betrachtung des Staates als Wirtschaftssubjekt bezieht sich aber nur auf von einer Regierung direkt oder indirekt kontrollierte Einrichtungen. Demnach gehören unabhängige Zentralbanken nicht dazu. Unklar ist die Abgrenzung zwischen Staats- und Unternehmenssektor; allgemein werden beispielsweise Staatsunternehmen, die einer Gewinnerzielungsabsicht unterliegen, dem Unternehmenssektor zugerechnet. Liegt keine Gewinnerzielungsabsicht vor, so wird eine betriebliche Tätigkeit zumeist ökonomisch als Staatstätigkeit angenommen.

Zur Unterscheidung oder Kongruenz von Staat und Gesellschaft siehe Staat und Gesellschaft.

Völkerrecht

Das klassische Völkerrecht kennt drei Merkmale des Staates:

Diese sog. Drei-Elemente-Lehre wurde von dem Staats- und Völkerrechtler Georg Jellinek entwickelt. Sie gilt heute als allgemein anerkannt. Bei Erfüllung der drei Merkmale liegt ein Staat im Sinne des Völkerrechts und damit ein Völkerrechtssubjekt vor.

Die Konvention von Montevideo benennt als zusätzliches Kriterium die Fähigkeit, mit anderen Staaten in Beziehungen zu treten. Diese Auffassung hat sich aber in der Völkerrechtswissenschaft nicht durchsetzen können und entspricht auch nicht der Staatenpraxis der Gegenwart. Der Anwendungsbereich dieses Kriteriums beschränkt sich tatsächlich auf einen Teilaspekt der Staatsgewalt, nämlich die Fähigkeit, nach außen selbständig und rechtlich unabhängig nach Maßgabe des Völkerrechts zu handeln. Diese äußere Souveränität ist eine Eigenschaft der Staatsgewalt, nicht aber ein zusätzliches, viertes Staatsmerkmal.

Von der Staatsqualität zu unterscheiden ist die Anerkennung von Staaten. Eine solche Anerkennung hat nach der überwiegend vertretenen Auffassung eine rein deklaratorische Wirkung, d.h. sie ist für die Eigenschaft des anerkannten Staates, ein Staat zu sein, nicht konstitutiv. Allerdings kommt der Anerkennung rein faktisch eine starke Indizwirkung zu, durch die auf die völkerrechtliche Existenz als Staat geschlossen werden kann.

Von der Anerkennung von Staaten wiederum zu unterscheiden ist die Anerkennung von Regierungen. Diese bedeutet die Feststellung, dass ein bestimmtes Regime rechtmäßiger Inhaber der Staatsgewalt eines Staates ist. Da die Anerkennung einer Regierung begrifflich bereits die Anerkennung des jeweiligen Staates voraussetzt, kommt ihr nur bei einer Verweigerung der Anerkennung eigenständige Bedeutung zu. Dies betrifft insbesondere Fälle der Machtergreifung einer nicht demokratisch legitimierten Regierung z.B. in Folge eines Militärputsches.

Das Recht der Staatennachfolge regelt die Frage, wann und in welchem Umfang neue Staaten in die rechtlichen Positionen ihrer Vorgängerstaaten eintreten. Besondere Aufmerksamkeit erfuhr dieser Rechtskomplex im Zuge der Auflösung der Sowjetunion und Jugoslawiens. Die Staatennachfolge wird ganz überwiegend nach Völkergewohnheitsrecht geregelt. Zwar sind mit der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Verträge[14] vom 23. August 1978 sowie der Wiener Konvention über die Staatennachfolge in Vermögen, Archive und Schulden von Staaten[15] vom 8. April 1983 jeweils entsprechende völkerrechtliche Verträge geschlossen worden, doch ist erstgenannter Vertrag aufgrund der niedrigen Zahl seiner Vertragsstaaten von nur geringer praktischer Bedeutung und ist letztgenannter Vertrag in Ermangelung einer ausreichenden Zahl von Ratifikationen bislang nicht in Kraft getreten.

Die Frage nach der Staatennachfolge stellt sich allerdings nur dann, wenn ein Staat die völkerrechtliche Identität seines Vorgängerstaates nicht fortsetzt, sondern ein neues Völkerrechtssubjekt darstellt. Bei einer Identität mit dem jeweiligen Vorgängerstaat handelt es sich sprachlich also gar nicht um einen Vorgängerstaat, sondern um denselben Staat. So ist z.B. nach heute herrschender Auffassung die Bundesrepublik Deutschland identisch mit dem 1945 besiegten Deutschen Reich. Als Folge besteht die Bindung der bis 1945 eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands fort und muss nicht erneuert werden. Gleiches gilt für die Russische Föderation, die nach überwiegender Auffassung mit dem Völkerrechtssubjekt Sowjetunion identisch ist. Die übrigen Teilrepubliken der UdSSR hingegen sind Staaten, die die Rechtspersönlichkeit der UdSSR nicht fortsetzen, sodass ihr Eintritt z.B. in das Vermögen der UdSSR jeweils gesondert geregelt werden musste, in der Regel durch Vertrag mit der Russischen Föderation und betroffenen Drittstaaten.

Rechtsprechung deutscher Gerichte

  • zu Bundesrepublik Deutschland: BVerfG, Urteil vom 31. Juli 1973, Az. 2 BvF 1/73, in: BVerfGE 36, S. 1 ff.: „[…] Mit der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland wurde nicht ein neuer westdeutscher Staat gegründet, sondern ein Teil Deutschlands neu organisiert. […]“
  • zu Palästina: OVG Münster, Urteil vom 14. Februar 1989, Az. 18 A 858/87, in: NVwZ 1989, S. 790 f.
  • zu Sealand: VG Köln, Urteil vom 3. Mai 1978, Az. 9 K 2565/77, in: DVBl. 1978, S. 510 ff.

Anzahl

Insgesamt gibt es 193 vollständig (von der UN) anerkannte souveräne Staaten. Darunter fallen die 192 Mitglieder der UN sowie die Vatikanstadt. Weitere Staaten sind nur von einer Minderheit der weltweiten Staaten anerkannt, dies sind unter anderem die Republik China, Somaliland, Westsahara (DARS), die Cookinseln, Niue und die Türkische Republik Nordzypern.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Formulierung von http://evakreisky.at/2005/fse05/glossar/starker_staat.pdf
  2. M. G. Schmidt (Hg.): Wörterbuch zur Politik: Staat, Stuttgart., 1995, S. 896
  3. Peter Burnham (Leiter der Fakultät für Politik und internationale Studien der Universität Warwick), Beitrag zum Stichwort State im über www.answers.com zugänglichen Political Dictionary, Oxford University Press.
  4. Josef Isensee: Staat, in: Staatslexikon, Görres Gesellschaft (Hg.), Band 5, Auflage 7, Breisgau., 1989, 133f.
  5. Franz Oppenheimer: Der Staat. Neudruck der 3. überarbeiteten Auflage von 1929, Libertad, Berlin 1990, im etext S. 12.
  6. Für den Problemkreis siehe z.B.: Louis E. Carabini: Inclined to Liberty, 2007, SMALL GROUP/LARGE GROUP, S. 10-11
  7. Wolfgang Reinhard: Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, Beck, München 2002, ISBN 3-406-45310-4.
  8. Martin van Creveld: (The Rise and Decline of the State, Cambridge University Press, 1999, ISBN 0-521-65629-X) / Aufstieg und Untergang des Staates. 2004. - ISBN 3-93242-513-8
  9. Wilhelm von Humboldt: Ideen zu einem Versuch die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen, 1792, ISBN 978-3150019917; etext
  10. Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Kap. 1, § 17
  11. Franz Oppenheimer: Der Staat. (s.o.) etext S. 15.
  12. Niklas Luhmann: Macht, 1975, ISBN 978-3825223779
  13. Niklas Luhmann: Die Politik der Gesellschaft, 2000, ISBN 978-3518582909
  14. http://untreaty.un.org/ilc/texts/instruments/english/conventions/3_2_1978.pdf
  15. http://untreaty.un.org/ilc/texts/instruments/english/conventions/3_3_1983.pdf

Literatur

  • Arthur Benz: Der moderne Staat. Grundlagen der politologischen Analyse, Oldenbourg, München 2001, ISBN 3-486-23636-9.
  • Gotthard Breit, Peter Massing (Hrsg.): Der Staat. Ideengeschichtliche Grundlagen, Wandel der Aufgaben, Stellung des Bürgers. Eine Einführung. Wochenschau-Verlag, Schwalbach 2003, ISBN 3-89974-072-6.
  • Stefan Breuer: Der Staat. Entstehung, Typen und Organisationsstadien, Rowohlt, Reinbek 1998, ISBN 3-499-55593-X.
  • James R. Crawford: The Creation of States in International Law. 2. Aufl., Oxford University Press, Oxford 2006, ISBN 0-19-826002-4.
  • Ernst Forsthoff: Der Staat der Industriegesellschaft, 2. Aufl., Beck, München 1971.
  • Helmut Kuhn: Der Staat. Eine philosophische Darstellung. Kösel, München 1967.
  • Franz Oppenheimer: Der Staat. Neudruck der 3. überarbeiteten Auflage von 1929, Libertad, Berlin 1990 (Link).
  • Ernst Meyer: Einführung in die Antike Staatskunde, 6. Aufl., WBG, Darmstadt 1992.
  • Wolfgang Reinhard: Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, Beck, München 2002, ISBN 3-406-45310-4.
  • Murray N. Rothbard: The Anatomy of the State (Link).
  • Klaus Schlichte: Der Staat in der Weltgesellschaft. Politische Herrschaft in Asien, Afrika und Lateinamerika. Campus, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-593-37881-7.
  • Carl Schmitt: Der Begriff des Politischen. 7. Aufl., Duncker und Humblot, Berlin 2002, ISBN 3-428-08725-9.
  • Stefan Talmon: Kollektive Nichtanerkennung illegaler Staaten. Grundlagen und Rechtsfolgen einer international koordinierten Sanktion, dargestellt am Beispiel der Türkischen Republik Nord-Zypern. Mohr Siebeck, Tübingen 2006, ISBN 3-16-147981-5.
  • Hans-Peter Waldrich: Der Staat. Das deutsche Staatsdenken seit dem 18. Jahrhundert. Olzog, München 1973, ISBN 3-7892-7063-6.
  • Weltbank (Hrsg.): Weltentwicklungsbericht 1997. Der Staat in einer sich ändernden Welt. Washington, DC 1997, ISBN 0-8213-3772-6.

Weblinks

Wiktionary: Staat – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Staat – Zitate