Gutsbezirk Münsingen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Wappen Deutschlandkarte
?
Gutsbezirk Münsingen
Deutschlandkarte, Position des gemeindefreien Gebiets Gutsbezirk Münsingen hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 48° 25′ N, 9° 32′ OKoordinaten: 48° 25′ N, 9° 32′ O
Bundesland: Baden-Württemberg
Regierungsbezirk: Tübingen
Landkreis: Reutlingen
Höhe: 810 m ü. NHN
Fläche: 64,63 km2
Einwohner: 0 (31. Dez. 2022)[1]
Bevölkerungsdichte: 0 Einwohner je km2
Kfz-Kennzeichen: RT
Gemeindeschlüssel: 08 4 15 971
Lage des gemeindefreien Gebiets Gutsbezirk Münsingen im Landkreis Reutlingen
KarteAlb-Donau-KreisLandkreis BiberachLandkreis BöblingenLandkreis EsslingenLandkreis EsslingenLandkreis GöppingenLandkreis SigmaringenLandkreis TübingenZollernalbkreisBad UrachDettingen an der ErmsEngstingenEningen unter AchalmGomadingenGrabenstettenGrafenberg (Landkreis Reutlingen)Gutsbezirk MünsingenHayingenHohenstein (Landkreis Reutlingen)HülbenLichtenstein (Württemberg)MehrstettenMetzingenMünsingen (Württemberg)PfronstettenPfullingenPfullingenPliezhausenReutlingenRiederichRömerstein (Gemeinde)SonnenbühlSt. Johann (Württemberg)TrochtelfingenWalddorfhäslachWannweilZwiefalten
Karte
Vorlage:Infobox Gemeinde in Deutschland/Wartung/Gemeindefreies Gebiet

Der Gutsbezirk Münsingen im Landkreis Reutlingen in Baden-Württemberg ist ein gemeindefreies Gebiet auf der Schwäbischen Alb. Er wurde am 1. Oktober 1942 gegründet und umfasst im Wesentlichen den ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen im Münsinger Hardt. Er ist neben Rheinau eines von zwei unbewohnten gemeindefreien Gebieten in Baden-Württemberg.

Der Gutsbezirk Münsingen war bis 2010 ein bewohntes gemeindefreies Gebiet. Die bewohnten Gebiete wurden zum 1. Januar 2011 rekommunalisiert.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachbargemeinden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Folgende Städte und Gemeinden grenzen an den Gutsbezirk Münsingen, sie werden im Uhrzeigersinn beginnend im Norden genannt und gehören zum Landkreis Reutlingen¹ bzw. zum Alb-Donau-Kreis²: Römerstein¹, Laichingen², Heroldstatt², Schelklingen², Münsingen¹ und Bad Urach¹.

Gliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Gutsbezirk Münsingen lagen die beiden Orte Barackenlager (Altes Lager) und Breithülen. Zum 1. Januar 2011 wurde das Alte Lager in die Stadt Münsingen eingegliedert, Breithülen wurde in die Gemeinde Heroldstatt im Alb-Donau-Kreis eingegliedert. Das 56,3 Hektar große und unbewohnte ehemalige Munitionsdepot Ingstetten wurde zum 1. Januar 2011 der Stadt Schelklingen zugeschlagen.

Historische Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Truppenübungsplatz 1897
Karte des Gutsbezirks Münsingen
Breithülen, bis 2011 Teil des Gutsbezirks Münsingen

Im Gutsbezirk Münsingen liegen mehrere abgegangene (heute nicht mehr bestehende) Orte. Die meisten dieser Orte sind mit der Gründung des Truppenübungsplatzes 1895 und dessen Erweiterung 1938 aufgelöst worden. Die erste Erwähnung von Gruorn geht auf die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts zurück. Die Gemeinde Gruorn kam mit der Erweiterung des Truppenübungsplatzes 1938 zum Truppenübungsplatz, die Einwohner des Dorfes wurden bis 1939 umgesiedelt. In der ehemaligen Gemarkung Münsingen lagen das 1855 entstandene Hofgut Achenbuch und das 1831 entstandene Rittergut Ludwigshöhe, die beide 1895 im Truppenübungsplatz aufgingen. In der ehemaligen Gemarkung Ennabeuren lagen der 1843 erbaute Ort Bäumlersburg, der ebenfalls 1895 zum Truppenübungsplatz kam, und das Dorf Heroldstatt, das 1130 als Heroluestetin erstmals erwähnt wurde. Die Dorfkirche wurde Anfang des 19. Jahrhunderts abgebrochen. Anstelle des abgegangenen Dorfes wurde 1858 ein Hof angelegt, der 1895 zum Truppenübungsplatz kam. Der um 1100 als Heggilingen erstmals erwähnte Ort Höcklingen und der 1595 als uf Waldstetten erstmals erwähnte Ort Waldstetten gehörten ebenfalls zur ehemaligen Gemarkung Ennabeuren. In der ehemaligen Gemarkung Zainingen lag die Hofstelle Schorstallhof.[2]

Bodennutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Flächenerhebung 2001 gliederte sich die Gesamtfläche von 66,98 km² folgendermaßen auf:

  • Landwirtschaftsfläche: 48,61 km²
  • Waldfläche: 16,90 km²
  • Wasserfläche: 0,00 km²
  • Siedlungs- und Verkehrsfläche: 1,47 km²
    • Gebäude- und Freifläche: 0,78 km²
    • Verkehrsfläche: 0,68 km²

Schutzgebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Gutsbezirk gehört größtenteils zum FFH-Gebiet Münsinger Alb und zum Vogelschutzgebiet Mittlere Schwäbische Alb. Auf dem Gutsbezirk sind darüber hinaus zehn Kernzonen des Biosphärengebiets Schwäbische Alb ausgewiesen. Der Rest gehört bis auf wenige periphere Bereiche zu dessen Pflegezone.[3]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

19. und 20. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Truppenübungsplatz Münsingen war 1895 auf dem Gelände des sog. Münsinger Hardts von der Militärverwaltung Württembergs errichtet worden. 1897 wurde an der Südostecke des Platzes das Remontedepot Breithülen (77 ha) eingerichtet, dessen Aufgabe es war, für das württembergische Armee-Korps jährlich 250 Pferde bereitzustellen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Depot geschlossen, jedoch 1934 im Zuge der Aufrüstung der Wehrmacht neu gegründet.

Wappen Truppenübungsplatz Münsingen

1938 wurde der Truppenübungsplatz Münsingen erweitert. Damals gingen die gesamte Gemarkung der Gemeinde Gruorn sowie Teile der Nachbargemeinden Auingen, Böhringen, Böttingen, Ennabeuren, Feldstetten, Hengen, Ingstetten, Magolsheim, Münsingen, Seeburg, Trailfingen und Zainingen in ihm auf.[4] Zu diesem Zweck mussten die 665 Bewohner der Gemeinde Gruorn umgesiedelt werden, nachdem 1937 die Auflösung der Gemeinde beschlossen worden war. Die Umsiedlung geschah zwischen 1937 und 1939. Die Einwohner zogen in verschiedene Orte in Württemberg, Baden und Bayern.

Als 1942 das gemeindefreie Gebiet Heeresgutsbezirk Münsingen[5] errichtet wurde, waren die Bediensteten des Depots die ersten Einwohner dieses Verwaltungsbezirks. Während des Zweiten Weltkriegs war der Truppenübungsplatz auch Aufstellungsort von militärischen Einheiten. So wurde hier 1944 die Infanterie-Division Münsingen, eine sogenannte Schatten-Division, aufgestellt. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs übernahm die französische Besatzungsmacht den Truppenübungsplatz, der ab 1957 auch zur Hälfte von der Bundeswehr genutzt wurde.

Bis zur Kreisreform am 1. Januar 1973 gehörte der Gutsbezirk Münsingen zum Landkreis Münsingen und wechselte bei dessen Auflösung in den Landkreis Reutlingen.

Am 3. Oktober 1983 kam es auf dem Truppenübungsplatz zu einem Schießunglück: Ein Mörser der Heimatschutzbrigade 56 feuerte auf eine Stellung, die noch nicht von einem LKW mit Beobachtern geräumt worden war. Zwei Bundeswehrsoldaten wurden dabei getötet und 25 weitere Soldaten und Zivilisten zum Teil schwer verletzt.[6]

1992 zogen die französischen Soldaten ab und überließen das gesamte Gelände der Bundeswehr.

An die Gemeinden Heroldstatt (Wohnsiedlung und Remontedepot Breithülen) und Schelklingen (Munitionsdepot Ingstetten) rückübertragene Flächen des Gutsbezirks
Das nördliche Münsinger Hardt
An die Stadt Münsingen rückübertragene Fläche (Altes Lager, Soldatenwohnsiedlung „Am Kapf“ und Wohngebiet „Königstraße“) des Gutsbezirks
Kirche und Friedhof von Gruorn
Innenansicht der Kirche von Gruorn
Lindenallee im ehemaligen Remonte-Depot in Breithülen
Im historischen Remonte-Depot in Breithülen befand sich ein Reiterhof
Exkursion mit TrÜP-Guides durch den ehemaligen Truppenübungsplatz

21. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 21. Oktober 2005 wurde der Truppenübungsplatz außer Dienst gestellt und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben übergeben. Das Gebiet soll weiterhin in Bundesbesitz bleiben, nicht zuletzt, da weite Teile durch Kampfmittel belastet sind. Das an Auingen angrenzende Wohngebiet „Königstraße“, die Soldatensiedlung „Am Kapf“ und der öffentliche Wohnbereich „Altes Lager“ mit einer Fläche von 96,3 Hektar und 41 Einwohnern wurden der Stadt Münsingen (Landkreis Reutlingen), die Wohnsiedlung „Breithülen“ mit 77,5 Hektar und 64 Einwohnern der Gemeinde Heroldstatt (Alb-Donau-Kreis) und das ehemalige „Munitionsdepot Ingstetten“ mit 56,3 Hektar der Gemeinde Schelklingen (Alb-Donau-Kreis) zugeschlagen. Die ehemalige Soldatensiedlung „Am Kapf“ wurde inzwischen durch die Stadt Münsingen abgerissen. Damit wurde im Jahr 2010 die Rekommunalisierung des Truppenübungsplatzes Münsingen durch das Land Baden-Württemberg abgeschlossen. Der Kreistag des Landkreises Reutlingen und der Kreistag des Alb-Donau-Kreises, die drei betroffenen Gemeinden, das Regierungspräsidium Tübingen sowie das Innenministerium von Baden-Württemberg und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben haben den Veränderungen der Kreis- bzw. Gemeindegrenzen und dem damit verbundenen Gebietszuwachs bereits zugestimmt. Der Landtag von Baden-Württemberg verabschiedete am 15. Dezember 2010 das Gesetz zur Neugliederung des gemeindefreien Gebiets „Gutsbezirk Münsingen“.[7]

Am 1. Januar 2011 wurde die Rekommunalisierung der bewohnten Gebiete des Gutsbezirks Münsingen somit endgültig vollzogen.[8] Damit endete nach 68 Jahren die gemeindefreie Zeit für Breithülen sowie für die oben genannten und an Auingen angrenzenden Wohngebiete. Der 6473 Hektar große und unbewohnte Truppenübungsplatz des ehemaligen Gutsbezirks mit dem aufgegebenen Dorf Gruorn geht als unbewohntes gemeindefreies Gebiet in die unmittelbare Verwaltung des Landkreises Reutlingen über. Notwendig wird auch eine Neuzuschneidung der Landtagswahlkreise Hechingen-Münsingen (61) und Ehingen (65) sowie der Bundestagswahlkreise Reutlingen (289) und Ulm (292), da die Einwohner von Breithülen zum Alb-Donau-Kreis gehören und somit zum Landtagswahlkreis Ehingen bzw. zum Bundestagswahlkreis Ulm wechseln. Die Wohngebiete „Königstraße“, „Am Kapf“ und der öffentliche Wohnbereich „Altes Lager“ verblieben im Landtagswahlkreis Hechingen-Münsingen und im Bundestagswahlkreis Reutlingen. Nach mehr als 70 Jahren dürfen die Bewohner der rekommunalisierten Wohngebiete zudem wieder bei Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen in den jeweiligen Gemeinden mitwählen. Außerdem erhielt Breithülen mit der Eingemeindung nach Heroldstatt die neue Postleitzahl 72535 und gab im Gegenzug die Postleitzahl 72525 von Münsingen ab.

Der Gutsbezirk Münsingen ist zentraler Bestandteil des Biosphärengebiets Schwäbische Alb. Seit April 2006 ist das ehemalige Sperrgebiet auf ausgewiesenen Wegen für die Öffentlichkeit zugänglich. Für Wanderer, Radfahrer und Inline-Skater wurden genau gekennzeichnete und gelb markierte Strecken freigegeben, der größte Teil dieses Wegenetzes ist asphaltiert. Aus Naturschutzgründen und wegen der vorhandenen Kampfmittelbelastung dürfen diese Wege nicht auf eigene Faust verlassen werden;[9] für Verstöße werden Bußgelder bis zu 50.000 Euro angedroht.[10] Vom 1. April bis zum 1. November besteht jedoch die Möglichkeit einer Teilnahme an einer geführten Exkursion, um dabei die Landschaft und die Tier- und Pflanzenwelt an sicheren Stellen abseits der Hauptwege näher kennenzulernen. Diese Touren werden von umfassend ausgebildeten und geschulten Truppenübungsplatz-Führern (TrÜP-Guides) geleitet. Für Wanderer bieten die TrÜP-Guides drei verschiedene Routen an, die in den Nordosten, den Nordwesten oder den Südosten des 6700 Hektar großen Gebietes führen. Es besteht auch die Möglichkeit, mit einem TrÜP-Guide eine Tour mit dem Fahrrad oder einem Bus auf den öffentlichen Wegen des Areals zu unternehmen. Die Kirchenführung in Gruorn und eine Besichtigung des Alten Lagers in Münsingen sind auf Anfrage ebenfalls möglich.

Im Alten Lager befindet sich das Informationszentrum für das Biosphärengebiet Schwäbische Alb, die Geschäftsstellen des Biosphärengebietes und des Vereins Geopark Schwäbische Alb e. V. haben dort bereits ihren Sitz. Im Remonte-Depot in Breithülen befand sich ein Reiterhof; seit November 2011 ist dort eine Schuhfabrik ansässig.

Die in den 1980er Jahren gebaute 38 Kilometer lange Panzerringstraße ist eine Privatstraße und für Besucher des ehemaligen Truppenübungsplatzes gesperrt. Dieser betonierte etwa 10 Meter breite Rundkurs (sowie das ehemalige Fahrschulgelände zwischen Böttingen und Magolsheim) ist verpachtet und wird von verschiedenen Unternehmen wie z. B. Liebherr und Daimler für Test- und Vorführfahrten im niedrigen Geschwindigkeitsbereich genutzt.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es handelt sich um Einwohnerzahlen nach dem jeweiligen Gebietsstand. Die Zahlen sind Volkszählungsergebnisse (¹) oder amtliche Fortschreibungen des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg (nur Hauptwohnsitze).

Jahr Einwohner
1. Dezember 1871 ¹ 615
1. Dezember 1880 ¹ 724
1. Dezember 1890 ¹ 686
1. Dezember 1900 ¹ 670
1. Dezember 1910 ¹ 728
16. Juni 1925 ¹ 693
16. Juni 1933 ¹ 665
17. Mai 1939 ¹ 38
13. September 1950 ¹ 431
1956 393
6. Juni 1961 ¹ 296
Jahr Einwohner
27. Mai 1970 ¹ 262
31. Dezember 1975 247
31. Dezember 1980 217
25. Mai 1987 ¹ 143
31. Dezember 1990 122
31. Dezember 1995 240
31. Dezember 2000 263
31. Dezember 2005 228
31. Dezember 2007 196
31. Dezember 2010 160
1. Januar 2011 0

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verwaltungsmäßig war der Gutsbezirk Münsingen bis zum 31. Dezember 2009 eine Gebietskörperschaft im Sinne der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg und insofern mit den übrigen Gemeinden Baden-Württembergs vergleichbar. Allerdings hatte der Gutsbezirk keine Gemeindevertretung (Gemeinderat) und keinen Bürgermeister. Die wahlberechtigte Bevölkerung konnte somit lediglich bei Wahlen im Bund, im Land Baden-Württemberg und im Landkreis Reutlingen teilnehmen.

Gutsbezirksvorsteher und Geschäftsführer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Oberhaupt hatte das gemeindefreie Gebiet anstelle eines Bürgermeisters einen Gutsbezirksvorsteher, der nicht gewählt wurde, sondern als Berufsbeamter durch die Oberfinanzdirektion Stuttgart bestellt wurde. Diesem war wiederum ein Geschäftsführer unterstellt, welcher sich um die anfallenden Gemeindeaufgaben kümmerte.

Bezirksvorsteher seit 1946[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1946–1975: Friedrich Schock
  • 1975–1980: Adam Fleischmann
  • 1980–1982: Günther Miller
  • 1982–2010: Horst Medrow

Geschäftsführer seit 1946[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1946–1976: Paul Früh
  • 1976–2010: Willi Börgmann

Volksentscheid[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 26. September 2010 fand im Gutsbezirk Münsingen ein nichtbindender Volksentscheid statt, bei welchem über die zukünftige Zugehörigkeit der Bewohner des Gutsbezirks entschieden wurde.[11]

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Friedhof der russischen Kriegsgefangenen Gänsewag
Aussichtsturm Sternenberg
Aussichtsturm Waldgreut
Neue Ortshinweistafel von Breithülen seit 1. Januar 2011

Friedhöfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf dem Gelände des ehemaligen Truppenübungsplatzes befinden sich drei frei zugängliche Friedhöfe: Der Friedhof Hörnle, der Waldfriedhof Gänsewag und der Friedhof bei der Stephanuskirche.

Der Friedhof Hörnle liegt direkt neben dem Alten Lager; man erreicht ihn am besten über den südlichen Eingang zum Weg Nr. 1. Dort wurden nicht nur deutsche Soldaten und Übungsplatzbedienstete beerdigt, sondern auch die Gefallenen zweier ausländischer Verbände, die nach Beginn des Zweiten Weltkriegs in Münsingen aufgestellt worden waren, nämlich die italienische Division Monte Rosa von 1943/44 und die Russische Befreiungsarmee General Wlassows von 1944/45.

Der Waldfriedhof Gänsewag liegt ein paar hundert Meter weiter nördlich am Weg Nr. 4. Hier wurden hauptsächlich russische Soldaten des Ersten Weltkriegs aus dem Kriegsgefangenenlager Gänsewag bestattet. Außerdem gibt es hier ein Massengrab für sowjetische Gefangene, die im Winter 1941/42 unter unmenschlichen Bedingungen starben. Des Weiteren wurden Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus der Region hier beigesetzt. Ein Gedenkstein mit kyrillischer Inschrift erinnert an 542 unbekannte Tote.

Ein weiterer Friedhof befindet sich bei der Stephanuskirche im einstigen Dorf Gruorn. Das Komitee zur Erhaltung der Kirche in Gruorn e. V. betreut die alten Gräber.

Bauwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

f1 Karte mit allen Koordinaten: OSM | WikiMap

Der Schwäbische Albverein hat nach der Schließung des Truppenübungsplatzes vier Beobachtungstürme übernommen, darunter drei 1981 errichtete Stahlgittertürme, die ursprünglich demontiert werden sollten. Sie wurden nach Umbaumaßnahmen im April 2007 als Aussichtstürme freigegeben. Der Hursch-Turm ist mit 42 m der höchste der drei Stahlgitterkonstruktionen und befindet sich südwestlich von Zainingen auf dem Hursch in einer Höhenlage von 853 m ü. NN.[12] Der Waldgreutturm südöstlich von Zainingen ist 20 m (864 m ü. NN)[13], der Heroldstatt-Turm westlich von Ennabeuren 30 m (810 m ü. NN)[14] hoch. Der vierte Turm auf dem Sternenberg bei Böttingen ist eine ehemalige Mühle, lediglich 8 m hoch (836 m ü. NN)[15] und nur zeitweise geöffnet. 2016 hat der Schwäbische Albverein diesen Turm an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zurückgegeben, die Betreuung erfolgt seither durch deren Geschäftsbereich Bundesforst.[16] Bei klarem Wetter sind von allen Türmen aus gelegentlich die Alpen zu sehen, ebenso sind zeitweise das Ulmer Münster (von Hursch und Waldgreut) oder der Stuttgarter Fernsehturm (von Hursch) erkennbar.

360°-Panorama vom Aussichtsturm Hursch

Daneben gibt es fünf weitere, steinerne Beobachtungstürme auf dem Gelände, die – wie auch mehrere steinerne oder betonierte Beobachtungsbunker – jedoch aus Sicherheitsgründen eingezäunt und daher für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Teilweise dienen die alten Beobachtungsbunker nun als Rückzugsort für Fledermäuse.[17]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Joachim Lenk: Ehemaliger Truppenübungsplatz Münsingen. Freizeit- und Wanderkarte. 2. Auflage. Wiedemann Verlag, Münsingen 2020, ISBN 978-3-9810687-6-4 (1 Karte, mehrfarbig, 74 × 50 cm, gefaltet).
  • Iris Fromm-Kaupp: Der Truppenübungsplatz Münsingen. 110 Jahre Militärgeschichte in Württemberg. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 37. Jg. 2008, Heft 3, S. 159–164 (denkmalpflege-bw.de PDF).
  • Joachim Lenk: Letzter Appell in Schwäbisch Sibirien: Militär in Münsingen, Breithülen und Feldstetten 1895 bis 2007. 1. Auflage. Wiedemann Verlag, Münsingen 2008, ISBN 978-3-9805531-9-3 (158 Seiten).
  • Günter Künkele: Naturerbe Truppenübungsplatz – Das Münsinger Hardt. Bilder einer einzigartigen Landschaft. Silberburg-Verlag, Tübingen 2006, ISBN 3-87407-713-6.
  • Gottfried Göggel: Der Truppenübungsplatz Münsingen von 1895 bis 2005. In: Schwäbische Heimat. Bd. 57 (2006), Nr. 2, S. 152–157 doi:10.53458/sh.v57i2.4125-
  • Joachim Lenk: Von der Schneeschuhkompanie zum Panzerbataillon: Münsinger Soldatenleben 1915 bis 2004. Neues Lager, Herzog-Albrecht-Kaserne. 1. Auflage. Wiedemann Verlag, Münsingen 2004, ISBN 3-9805531-8-3.
  • Sönke Lorenz, Roland Deigendesch: Vom Nutzwald zum Truppenübungsplatz – Das Münsinger Hart. Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde, DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen 1998, ISBN 3-87181-422-9.
  • Christoph Morrisey: Historische Kulturlandschaft Gruorn auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen. In: Schwäbische Alb. Bd. 61 (2010), Nr. 3, S. 271–276 doi:10.53458/sh.v61i3.3118.
  • Erich Schraml: 100 Jahre Truppenübungsplatz Münsingen 1895–1995 ; eine Dokumentation. Baader, Münsingen 1995, ISBN 3-88287-011-7.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg – Bevölkerung nach Nationalität und Geschlecht am 31. Dezember 2022 (CSV-Datei) (Hilfe dazu).
  2. Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band VII: Regierungsbezirk Tübingen. Kohlhammer, Stuttgart 1978, ISBN 3-17-004807-4, S. 98–100.
  3. Daten- und Kartendienst der LUBW
  4. Der Landkreis Reutlingen, Band II, ISBN 3-7995-1357-4, S. 1010.
  5. Ein Kuriosum - Der Gutsbezirk Münsingen. In: Internetpräsenz. Landratsamt Reutlingen, abgerufen am 18. November 2023.
  6. Schießunglück der Bundeswehr 03.10.1983
  7. Gesetz zur Neugliederung des gemeindefreien Gebiets „Gutsbezirk Münsingen“ (Memento vom 13. April 2014 im Internet Archive) (PDF-Datei; 35 kB) Landtag von Baden-Württemberg (14. Wahlperiode) – Drucksache 14 / 7384.
  8. StBA: Gebietsänderungen vom 01. Januar bis 31. Dezember 2011
  9. Martin Cyris: Ehemaliger Truppenübungsplatz Münsingen. Natur mit Blindgängern. In: www.spiegel.de. DER SPIEGEL GmbH & Co. KG, Hamburg, 17. September 2012, abgerufen am 18. November 2023.
  10. Rechtsverordnung des Regierungspräsidiums Tübingen und des Landratsamts Reutlingen zur Beschränkung des Betretens auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen (Landkreis Reutlingen) vom 4. April 2006 (PDF-Datei; 18 kB).
  11. Volksentscheid in Münsingen – welche Flagge wird gehisst? Stuttgarter Zeitung online, 25. September 2010.
  12. Hursch-Turm – Informationen des Schwäbischen Albvereins, Koordinaten: 48° 28′ 14,2″ N, 9° 31′ 49,4″ O.
  13. Waldgreutturm – Informationen des Schwäbischen Albvereins, Koordinaten: 48° 28′ 16,4″ N, 9° 34′ 1,6″ O.
  14. Heroldstatt-Turm – Informationen des Schwäbischen Albvereins, Koordinaten: 48° 26′ 48″ N, 9° 37′ 27,8″ O.
  15. Sternenbergturm – Informationen des Schwäbischen Albvereins (Memento des Originals vom 15. Oktober 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/tuerme-wanderheime.albverein.net, Koordinaten: 48° 24′ 49,6″ N, 9° 33′ 22″ O.
  16. swp.de
  17. SWR2 Wissen Lebens- und Todeszone – Der ehemalige Truppenübungsplatz Münsingen (PDF; 53 kB).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gutsbezirk Münsingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien