Richard Stücklen

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Richard Stücklen mit Bundespräsident Richard von Weizsäcker

Richard Stücklen (* 20. August 1916 in Heideck; † 2. Mai 2002 in Weißenburg in Bayern) war ein deutscher Politiker (CSU).

Er war von 1957 bis 1966 Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen und von 1979 bis 1983 Präsident des Deutschen Bundestages.

Leben und Beruf

Nach dem Besuch der Volksschule machte Stücklen eine Lehre im Elektrohandwerk und war anschließend in diesem Beruf auch tätig. Nebenher absolvierte er ein Fernstudium der Ingenieurwissenschaften, Fachrichtung Elektrotechnik. 1936 wurde er zum Reichsarbeitsdienst und anschließend zum Wehrdienst einberufen. Von 1940 bis 1943 nahm er als Soldat am Zweiten Weltkrieg teil. Es folgte eine Dienstverpflichtung in der Elektroindustrie. 1944 konnte er seine Ausbildung zum Elektroingenieur am Technikum Mittweida (Sachsen) beenden und war dann bis zur Demontage des Betriebes Abteilungsleiter bei der AEG in Freiberg. Seit 1945 war er in der elterlichen Schlosserei in Heideck tätig. Von 1952 bis 1989 war er als Mitbegründer Gesellschafter der BMS Ingenieurgesellschaft mbH & Co. KG in Köln.

Richard Stücklen war verheiratet und hatte zwei Kinder.

Partei

Stücklen war ab 1939 Mitglied der NSDAP.[1] Nach Kriegsende zählte Stücklen 1945 zu den Mitbegründern der CSU in Heideck und im Landkreis Hilpoltstein. Von 1953 bis 1957 war er Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes und von 1967 bis 1989 Mitglied im Präsidium der CSU.

Im Bundestagswahlkampf 1976 gehörte Stücklen zur Regierungsmannschaft von Helmut Kohl für den Fall eines Wahlsieges.

Abgeordneter

Von 1949 bis 1990 war Stücklen Mitglied des Deutschen Bundestages. Er gehörte damit dem Deutschen Bundestag über elf Legislaturperioden an, so lange wie bisher noch kein anderer Politiker.

Von 1953 bis 1957 war er als geschäftsführender Vorsitzender der CSU-Landesgruppe Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion und in dieser Zeit auch Vorsitzender des Ausschusses für Sonderfragen des Mittelstandes. Er war damals der jüngste Vorsitzende eines Bundestagsausschusses.

Am 24. Juni 1955 brachte Stücklen gemeinsam mit seinen Fraktionskollegen einen Gesetzentwurf zur Einführung des relativen Mehrheitswahlrechts nach britischem Vorbild ein. 1957 brachte er gemeinsam mit Bundestagsabgeordneten von CSU und DP einen Gesetzentwurf zur Aufhebung von Artikel 102 Grundgesetz ein, mit dem Ziel die Todesstrafe wieder einzuführen. Dieser hatte jedoch keinen Erfolg.

Vom 25. Januar 1967 bis 1976 war er Vorsitzender der CSU-Landesgruppe und erneut Stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Zur Zeit der Großen Koalition startete er mit Fraktionskollegen weitere Initiativen zur Einführung des Mehrheitswahlrechts, die jedoch allesamt scheiterten.

Von 1968 bis 1969 war Stücklen außerdem stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Überprüfung der gegenwärtigen Organisation, Kompetenzverteilung, personellen und sachlichen Ausstattung der für den Staatsschutz und die Spionageabwehr zuständigen Nachrichtendienste.

Nach der Bundestagswahl 1976 wurde er am 14. Dezember 1976 zum Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages gewählt. Nachdem Karl Carstens zum Bundespräsidenten gewählt worden war, wurde Stücklen am 31. Mai 1979 als dessen Nachfolger zum Bundestagspräsidenten und nach der Bundestagswahl 1983 dann am 29. März 1983 erneut zum Vizepräsidenten gewählt. Dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bundestag am 20. Dezember 1990.

Anlässlich der Schleyer-Entführung 1977 machte Stücklen mit der Bemerkung auf sich aufmerksam, ein toter Terrorist könne weder Wiederholungstäter noch freigepresst werden.[2]

1979 bis 1983 war er Vorsitzender der Unterkommission für den Haushalt, 1979/80 der Unterkommission des Koordinierungsgremiums „Enquête-Kommission Verfassungsreform“ und 1980 bis 1987 der Baukommission jeweils des Ältestenrates des Bundestages. Während seiner Präsidentschaft war er auch Vorsitzender des Gemeinsamen Ausschusses von Bundestag und Bundesrat gemäß Artikel 53a des Grundgesetzes.

In seine Zeit als Bundestagsvizepräsident fällt das berühmte Zitat Joschka FischersMit Verlaub Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!“. Stücklen hatte am 18. Oktober 1984 den grünen Abgeordneten Jürgen Reents ausgeschlossen, da dieser Helmut Kohl als „von Flick freigekauft“ bezeichnete. Die grüne Abgeordnete Christa Nickels stellte daraufhin Antrag auf Sitzungsunterbrechung. Als Stücklen ihr das Mikrophon abstellte, entfuhr Fischer der bekannte Ausspruch, woraufhin er ebenfalls ausgeschlossen wurde. Am nächsten Tag nahm Fischer den Satz wieder zurück.

Stücklen ist stets als direkt gewählter Abgeordneter in den Bundestag eingezogen. Er vertrat zunächst den Wahlkreis Weißenburg und ab 1976 den Wahlkreis Roth. Zuletzt erreichte er bei der Bundestagswahl 1987 in seinem Wahlkreis 59,2 % der Erststimmen.

Öffentliche Ämter

Nach der Bundestagswahl 1957 wurde Stücklen am 29. Oktober 1957 als Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen in die von Bundeskanzler Konrad Adenauer geführte Bundesregierung berufen und war damit der damals jüngste Bundesminister. Er gehörte in dieser Funktion auch den ab 1963 von Bundeskanzler Ludwig Erhard geleiteten Kabinetten an. In seine Amtszeit fiel unter anderem die Einführung der vierstelligen Postleitzahlen. Mit der Bildung der Großen Koalition schied Stücklen am 1. Dezember 1966 aus der Bundesregierung aus.

Ehrenämter

Stücklen war 1977 bis 1979 Vorsitzender der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft.

Auszeichnungen

Veröffentlichungen

  • Die Opposition in der modernen Demokratie. In: Rudolf K. Fr. Schnabel: Die Opposition in der modernen Demokratie. Stuttgart 1972, Seiten 22 bis 30.
  • Parlamentarier der ersten Stunde. In: Friedrich Zimmermann: Anspruch und Leistung. Widmungen für Franz Josef Strauß. Stuttgart 1980, Seiten 13 bis 31.
  • Das Parlament in unserer Mitte. In: Wirtschaftswoche. 1981, Heft 11, Seite 25.
  • Würde und Humor gehören zusammen. In: Rupert Schick: Der Bundestagspräsident. Amt, Funktion, Personen. 9. Auflage, Stuttgart 1987, Seiten 129 bis 133.
  • Am wichtigsten ist Glaubwürdigkeit. In: Sonja Schmid-Burgk: Ein Leben für die Politik? Briefe an jüngere Mitbürger. Freiburg 1988, Seiten 140 bis 146.

Einzelnachweise

  1. "CSU-Landesgruppenvorsitzende". Hanns-Seidel-Stiftung, Januar 2010, abgerufen am 18. April 2010.
  2. Der Spiegel. Nr. 39 vom 19. Oktober 1977, S. 27

Siehe auch

Weblinks