Berlin-Lichterfelde

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Lichterfelde
Ortsteil von Berlin
Lichterfelde auf der Karte von Steglitz-ZehlendorfBerlinBrandenburgWannseeNikolasseeSchlachtenseeZehlendorfDahlemSteglitzLankwitzLichterfelde
Lichterfelde auf der Karte von Steglitz-Zehlendorf
Koordinaten 52° 26′ 0″ N, 13° 19′ 0″ OKoordinaten: 52° 26′ 0″ N, 13° 19′ 0″ O
Fläche 18,22 km²
Einwohner 85.793 (31. Dez. 2023)
Bevölkerungsdichte 4709 Einwohner/km²
Eingemeindung 1. Okt. 1920
Postleitzahlen 12203, 12205, 12207, 12209, 14167
Ortsteilnummer 0602
Gliederung
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortslagen
Dorfkirche Lichterfelde
Lilienthal-Gedenkstätte

Lichterfelde ist ein Ortsteil im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Lichterfelde grenzt im Nordwesten an Dahlem, im Nordosten an Steglitz, im Westen an Zehlendorf und im Osten an Lankwitz. Die Villenkolonie Groß-Lichterfelde entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf der Feldflur der alten Dörfer und Rittergüter Lichterfelde und Giesensdorf. Nach der Bezeichnung der Bahnhöfe der Anhalter und Potsdamer Bahn wird Lichterfelde in die Ortslagen Lichterfelde Ost, Lichterfelde West und Lichterfelde Süd unterteilt.

Geschichte

Wappen der ehemaligen Landgemeinde Groß-Lichterfelde

Mit der Deutschen Ostsiedlung entstand in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts (wohl um 1230) das Dorf Lichtervelde, das vermutlich von flämischen Ansiedlern gegründet wurde. Lichterfelde wurde als Straßenangerdorf angelegt, mit einer Dorfkirche auf dem Anger. Sie bestand vermutlich nur aus Holz, denn die Bearbeitung des Feldsteinmauerwerks der heutigen Dorfkirche deutet auf die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts. Sie wurde in der Folge mehrfach umgestaltet und erweitert. Die letzte, große Umgestaltung fand zwischen 1939 und 1941 statt.

Im Jahr 1289 tauchte urkundlich ein Arnoldus de Lichterfeld auf; 1316 wurde Lichtervelde als Dorf genannt. Um 1375 wurden die von Britzke als Inhaber diverser Rechte (Abgaben, Gerichtsbarkeit) erwähnt; ihr Einfluss endete 1692. Seitdem wechselte die Herrschaft über das Gut mehrfach innerhalb kurzer Zeit. Im Landbuch Karls IV. 1375 wurde Lichterfelde mit 39 Hufen erwähnt, von denen der Pfarrer drei hatte. Es gab einen Schulzen und eine (Wasser-)Mühle, aber der Krug lag wüst. 1450 wurden in Lichterfelde nunmehr 52 Hufen gezählt (vermutlich hat es eine Nachvermessung gegeben). Immer noch hatte der Pfarrer drei Pfarrhufen, und der Krug war inzwischen besetzt. Im Jahr 1536 erwähnte ein Dokument einen Wohnhof derer von Britzke und eine Windmühle.

In den Jahren 1877/1878 vereinigten sich die Gutsbezirke Lichterfelde und Giesensdorf sowie die Gemeindebezirke von Lichterfelde und Giesensdorf zum Gemeindebezirk Groß-Lichterfelde. Die Dorfkirche Giesensdorf stammt wahrscheinlich um das Jahr 1250. Die Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört. Beim Wiederaufbau wurde der hölzerne Glockenturm nicht wieder neu errichtet, sondern die Glocken wurden in einem Dachreiter untergebracht.

Der Unternehmer Johann Anton Wilhelm von Carstenn erwarb 1865 die hoch verschuldeten Rittergüter Giesensdorf und Lichterfelde, um auf diesen Flächen die Villenkolonie Groß-Lichterfelde zu gründen, wo sich in der Folgezeit finanzkräftige Bürger, mittlere und höhere Beamte sowie Offiziere ansiedelten.

Lichterfelde war von 1878 bis 1918 Sitz der Preußischen Hauptkadettenanstalt. In Lichterfelde verkehrte die erste elektrische Straßenbahn der Welt. Lichterfelde Süd ist der Standort des Fliegebergs, von dem der Flugpionier Otto Lilienthal 1894 seine ersten Flugversuche mit selbstgebauten Gleitflugapparaten startete. Seit 1932 befindet sich dort eine Lilienthal-Gedenkstätte. Der Physiker Manfred von Ardenne führte 1930 in seinem Forschungslaboratorium für Elektronenphysik in Lichterfelde Ost, der heutigen Villa Folke Bernadotte, die ersten elektronisch aufgenommenen und wiedergegebenen Fernsehbilder vor.

Die neugotische Nazareth-Kirche zu Ehren der Heiligen Familie entstand 1901. Die Lichterfelder Dorfaue war Standort eines weit bekannten und im Jahr 1898 enthüllten Standbildes von Kaiser Wilhelm I., gefertigt von Ernst Wenck, das – bedingt durch den Zweiten Weltkrieg verlagert – heute in der Zitadelle Spandau aufgestellt ist.

Seit 1920 ist Groß-Lichterfelde ein Teil von Groß-Berlin und gehörte als Ortsteil zum damaligen Bezirks Steglitz, der während der Teilung Berlins ein Teil des Amerikanischen Sektors war.

Gedenktafel KZ-Außenlager Lichterfelde

Von Juni 1942 bis 1945 befand sich in Lichterfelde ein Außenlager des KZ Sachsenhausen. Das für 1500 Häftlinge ausgelegte Lager befand sich an der Wismarer Straße in der Nähe des Teltowkanals, unweit der Wohnhäuser von SS-Offizieren der Leibstandarte SS Adolf Hitler. Mindestens 41 Menschen sind in Lichterfelde zu Tode gekommen.[1] Eine Säule des Erinnerns macht auf diesen Platz aufmerksam. In dem mit seinem hohen adeligen Bevölkerungsanteil lange deutschnational geprägten Lichterfelde West traf sich in der Zeit des Nationalsozialismus der Grafenclub der Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis um Peter Graf Yorck von Wartenburg in dessen Wohnung in der Hortensienstraße 50.

Struktur und Bebauung

Lichterfelde wurde 1865 durch den Unternehmer Johann Anton Wilhelm von Carstenn gegründet. Er ließ auch auf eigene Kosten die Bahnhöfe Lichterfelde Ost (1868) und Lichterfelde West (1872) erbauen. Es ist als eines der ältesten Villenviertel Berlins bekannt. Herrschaftliche Villen im Stil des Historismus, große Gärten, kleine Alleen und gepflasterte Straßen prägen den Ortsteil.

Die Villen in Lichterfelde zeichnen sich durch eine große Vielfalt zum Teil phantasievoller Baustile aus, bis hin zu Jugendstilbauten, die um 1900 entstanden. Nach 1900 entwickelte sich Dahlem als weiteres Villenviertel und schloss Lichterfelde-West an den Ortsteil Grunewald an.

Carstenn finanzierte dem preußischen Staat auch den Umzug der Preußischen Hauptkadettenanstalt in großzügige Gebäude an der Finckensteinallee. In der Zeit des Nationalsozialismus war dort die 1. SS-Panzer-Division Leibstandarte SS Adolf Hitler untergebracht. Seit den 1990er Jahren befindet sich dort unter anderem eine Zweigstelle des Bundesarchivs. Von 1880 bis 1920 hatte das Garde-Schützen-Bataillon seinen Standort ebenfalls in Lichterfelde West in der neuen Gardeschützenkaserne, die nunmehr Teile des Bundesnachrichtendienstes beherbergt. Lichterfelde West verzeichnete nach dem Umzug der Bundesregierung nach Berlin die höchste Steigerungsrate bei Immobilien- und Mietpreisen im ehemaligen West-Berlin. Die erhaltene historische Bausubstanz steht inzwischen weiträumig unter Denkmalschutz. Die Villenkolonie profitiert seit dem Mauerfall wieder von der direkten S-Bahn-Verbindung nach Berlin-Mitte und dem Regierungsviertel (Linie S1).

Lichterfelde Ost, das im Osten an den Steglitz-Zehlendorfer Ortsteil Lankwitz grenzt, ist der ältere Teil der Villenkolonie, hat jedoch im Zweiten Weltkrieg stärkere Beschädigungen davongetragen. Insbesondere ursprünglich repräsentativ gestaltete Gartenanlagen um den Bäkefluss und heutigen Teltowkanal fielen Gewerbegebieten zum Opfer. Dennoch findet sich auch in Lichterfelde Ost eine stattliche Zahl erhaltener Gründerzeitvillen. Die alten Alleen sind weitestgehend intakt.

Die übrigen Bereiche von Lichterfelde sind durch Einfamilienhäuser und Mietbebauung geprägt. In Lichterfelde Süd befindet sich eine Hochhaussiedlung, die als Thermometersiedlung bekannt ist. Lichterfelde hat außerdem Gewerbeareale beiderseits des Teltowkanals.

Julius Posener, der Architekt und langjährige Vorsitzende des Deutschen Werkbundes, der in Lichterfelde-West aufwuchs, beschrieb die Villenkolonien so:

„Lichterfelde ist heute noch voll von kauzigen Häusern aller Art: Burgen, Miniatur-Palazzi, Schweizerhäuschen, Backsteinschlössern, in deren hohen, ein wenig düsteren Räumen alte Oberste, Staatssekretäre, Privatgelehrte ihr Wesen trieben, Erinnerung pflegten: Sammlungen, Memoiren […] Die Häuser haben sogar einen Geruch, den der Kenner als ‚lichterfelderisch‘ erinnert.“

Julius Posener

Außer der Villenkolonie ist die bekannteste Attraktion in Lichterfelde der Botanische Garten Berlin mit dem Botanischen Museum. Der Botanische Garten zählt mit einer Fläche von über 43 Hektar und etwa 22.000 verschiedenen Pflanzenarten zu den größten und bedeutendsten botanischen Gärten der Welt und ist der größte in Europa. Einen Besuch lohnt auch der nach einem Gartenarchitekturwettbewerb von 1908 bis 1911 nach einem Entwurf von Friedrich Bauer angelegte Parkfriedhof Lichterfelde am Thuner Platz, der sich bereits in den 1920er Jahren zum Prominentenfriedhof entwickelte.[2] Das ehemalige Gutshaus des Villenkoloniegründers von Carstenn mit einer kleinen Grünanlage findet sich am Hindenburgdamm (das Carstenn-Schlösschen) und dient seit den letzten Jahrzehnten vorwiegend zu sozialen Zwecken. Die ursprüngliche Inneneinrichtung ist zerstört, Teile der Gartenanlage sind erhalten und können besichtigt werden (Schlosspark Lichterfelde).

In Lichterfelde gibt es zahlreiche Berliner Studentenverbindungen mit eigenen Häusern.

Gewässer im Ortsteil

Von den ursprünglichen Wasserläufen und Gewässerflächen sind durch die Bebauung nur einige verblieben.

  • Eichenteich im Botanischen Garten (Lage)
  • Karpfenteich (Lage) am Königsgraben gelegen im Lilienthalpark.
  • Johann-Baptist-Gradl-Grünzug (Lage)
  • Schwatlograben (Lage)
  • Limonenteich (Lage)
  • Schilfluchgraben (Lage)
  • Stangenpfuhl (Wasserrückhaltebecken) und Stangenpfuhlgraben (Lage)
  • Südpfuhl (Lage)

Infrastruktur

Verkehr

Informationstafel zur ersten elektrischen Bahn der Welt
Straßenbahndenkmal

Von der Hauptkadettenanstalt in Lichterfelde West verkehrte ab dem 16. Mai 1881 die erste elektrische Straßenbahn der Welt zum Bahnhof der Anhalter Bahn in Groß Lichterfelde Ost. Die von Werner von Siemens und Johann Georg Halske konstruierte ‚Elektrische Eisenbahn‘ fuhr zunächst im Probebetrieb auf der zum Bau der Hauptkadettenanstalt genutzten Strecke, später dann im regulären Betrieb. Der Unternehmer Carstenn unterstützte das Unterfangen, versprach er sich doch durch die revolutionäre Entwicklung Publizität für die Villenkolonien und eine bessere Vermarktung der Grundstücke. Carstenn hatte zuvor die Bahnhöfe Lichterfelde Ost und 1882 Lichterfelde West finanziert, wie oben bereits ausgeführt.

Der öffentliche Nahverkehr wird seit den späten 1990er Jahren durch S-Bahnen und Omnibusse bewältigt. Lichterfelde wird von der Wannseebahn sowie der Anhalter Bahn durchschnitten und ist damit gut an das Berliner Stadtzentrum angeschlossen. Es gibt fünf S-Bahnhöfe: Lichterfelde West (Linie S1), Botanischer Garten (S1), Lichterfelde Ost (S25 und Regionalverkehr), Osdorfer Straße (S25) sowie Lichterfelde Süd (S25).

Heizkraftwerk

Große Teile des südlichen Berlins einschließlich Lichterfelde werden vom hiesigen Heizkraftwerk mit Fernwärme versorgt.

Öffentliche Einrichtungen

Schulen (Auswahl)

Friedhöfe

Konfessionelle Einrichtungen

Orden und Gemeinden

Lichterfelde ist Verwaltungssitz des protestantischen Johanniterordens (Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens Sankt Johannis vom Spital zu Jerusalem)[3] und Tagungsort der Ordenskommende. Daneben unterhält auch der Malteserorden ausgedehnte Liegenschaften in Lichterfelde. In der Promenadenstraße befindet sich die Berliner Mennoniten-Gemeinde nebst dem Mennonitischen Friedenszentrum Berlin.

Kirchen

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter des Ortsteils

Prominente auf dem Parkfriedhof Lichterfelde

Auf dem Parkfriedhof Lichterfelde wurden neben vielen anderen folgende Persönlichkeiten beigesetzt:

Siehe auch

Weblinks

Commons: Berlin-Lichterfelde – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bezirk erinnert mit Stele an KZ-Außenlager
  2. Parkfriedhof Lichterfelde – Wissenswertes. Bei: Berlin.de, abgerufen am 6. Januar 2013.
  3. Balley Brandenburg – Mitte des Ordens. Abgerufen am 11. November 2009.