Bundestagswahl 1949
Die Bundestagswahl 1949 fand am 14. August 1949 statt. Sie war die erste Bundestagswahl überhaupt und – nach den Wahlen zu den Landtagen und den Kommunalwahlen in den Jahren seit 1946 – die erste komplett freie Wahl auf deutschem Boden seit der Reichstagswahl vom 6. November 1932.
Die Wahl
Nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg und der darauf folgenden Teilung Deutschlands fand die Wahl nur in der neu gegründeten Bundesrepublik statt, deren Grundgesetz am 23. Mai 1949 verkündet worden war. Der Parlamentarische Rat hatte sich nicht darauf verständigen können, Grundlagen für das Wahlverfahren in die Verfassung aufzunehmen. Er hatte stattdessen ein Wahlgesetz zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland beschlossen, das die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit den von den alliierten Militärgouverneuren vorgenommenen Änderungen ausgefertigt hatten.
Gemäß diesem Wahlgesetz wurden die Mandate auf Länderebene verteilt. Die Fünf-Prozent-Hürde galt nur landesweit. Um in den Bundestag einzuziehen, brauchte eine Partei nur in einem Land fünf Prozent der Stimmen zu erzielen oder einen Wahlkreis direkt zu gewinnen, was die Wirkung der Sperrklausel einschränkte. Allerdings erhielten Parteien, die bundesweit über 5 % lagen, in den Bundesländern keine Sitze, in denen sie weder 5 % noch ein Direktmandat bekamen. Dies war bei der KPD in mehreren Bundesländern der Fall. Das spätere System der Erst- und Zweitstimmen gab es 1949 noch nicht. So waren im ersten Bundestag zehn Parteien mit Abgeordneten vertreten, dazu gehörte auch die Südschleswigsche Wählervereinigung mit ihrem Vertreter Hermann Clausen. Bei den drei unabhängigen Abgeordneten handelte es sich um Eduard Edert aus dem Wahlkreis Flensburg, Richard Freudenberg aus dem Wahlkreis Mannheim-Land und Franz Ott aus dem Wahlkreis Esslingen. In Flensburg hatten CDU, FDP, DP, Zentrum sowie DKP/DRP zugunsten Ederts und in Mannheim-Land die FDP/DVP zugunsten Freudenbergs auf eigene Kandidaten verzichtet. Ott gehörte der Vertriebenenorganisation Notgemeinschaft Württemberg-Baden an; diese hatte von den Besatzungsmächten keine Parteilizenz erhalten.
Da die CDU zum Zeitpunkt der Wahl rechtlich noch nicht als Bundespartei existierte - diese wurde erst im Mai 1950 gegründet - kandidierte sie als „Arbeitsgemeinschaft“ der bereits bestehenden Landesverbände, die juristisch allesamt als eigenständige Parteien definiert waren.
Dem ersten Bundestag gehörten zunächst 410 Abgeordnete an, darunter 402 Abgeordnete mit vollem und acht Berliner Abgeordnete mit eingeschränktem Stimmrecht. Die hohe Wahlbeteiligung von 78,5 % wurde politisch auch als Zustimmung des Wahlvolkes zum Grundgesetz gewertet, über das nur die Landtage abgestimmt hatten.
Am 1. Februar 1952 traten elf zusätzliche Berliner Abgeordnete in den Bundestag ein, womit sich die Gesamtzahl der Abgeordneten auf 421 erhöhte.
Endergebnis
Gesamtergebnis
CDU/CSU, FDP und DP bildeten eine Koalition (siehe Kabinett Adenauer I).
Das Ergebnis lautete wie folgt:[1]
Partei | Stimmen | Prozent | Sitze1 | Wahlkreise | Überhangmandate |
---|---|---|---|---|---|
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) | 6.934.975 | 29,2 | 131 (5) | 96 | 1 (Bremen) |
Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) | 5.978.636 | 25,2 | 115 (2) | 91 | 1 (Baden) |
Freie Demokratische Partei (FDP/DVP/BDV) | 2.829.920 | 11,9 | 52 (1) | 12 | — |
Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) | 1.380.448 | 5,8 | 24 | 24 | — |
Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) | 1.361.706 | 5,7 | 15 | — | — |
Bayernpartei (BP) | 986.478 | 4,2 | 17 | 11 | — |
Deutsche Partei (DP) | 939.934 | 4,0 | 17 | 5 | — |
Deutsche Zentrumspartei (DZP) | 727.505 | 3,1 | 10 | — | — |
Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung (WAV) | 681.888 | 2,9 | 12 | — | — |
Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei (DKP-DRP) | 429.031 | 1,8 | 5 | — | — |
Radikal-Soziale Freiheitspartei (RSF/FSP/SFP) | 216.749 | 0,9 | — | — | — |
Südschleswigscher Wählerverband (SSW) | 75.388 | 0,3 | 1 | — | — |
Sammlung zur Tat/Europäische Volksbewegung Deutschlands (SzT/EVD) | 26.162 | 0,1 | — | — | — |
Rheinisch-Westfälische Volkspartei (RWVP) | 21.931 | 0,1 | — | — | — |
Unabhängige | 1.141.647 | 4,8 | 3 | 3 | — |
Gesamt | 23.732.398 | 100 | 402 (8) | 242 | 2 |
Ergebnis nach Bundesländern
Land | CDU/ CSU |
SPD | FDP | KPD | BP | DP | DZP | WAV | DKP- DRP |
RSF | SSW | SzT- EVD |
RWVP | Un- abh. |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Baden | 51,1 | 23,7 | 17,4 | 4,2 | 3,6 | |||||||||
Württemberg-Baden | 31,0 | 25,2 | 18,2 | 7,4 | 0,1 | 18,0 | ||||||||
Württ.-Hohenzollern | 59,1 | 18,9 | 15,3 | 5,3 | 1,5 | |||||||||
Bayern | 29,2 | 22,7 | 8,5 | 4,1 | 20,9 | 14,4 | 0,1 | |||||||
Bremen | 16,9 | 34,4 | 12,9 | 6,8 | 18,0 | 2,1 | 9,0 | |||||||
Hamburg | 19,7 | 39,6 | 15,8 | 8,5 | 13,1 | 1,2 | 1,5 | 0,5 | ||||||
Hessen | 21,4 | 32,1 | 28,1 | 6,7 | 11,8 | |||||||||
Niedersachsen | 17,6 | 33,4 | 7,5 | 3,1 | 17,8 | 3,4 | 8,1 | 1,0 | 8,1 | |||||
Nordrhein-Westfalen | 36,9 | 31,4 | 8,6 | 7,6 | 8,9 | 1,8 | 2,1 | 0,3 | 2,3 | |||||
Rheinland-Pfalz | 49,0 | 28,6 | 15,8 | 6,2 | 0,3 | |||||||||
Schleswig-Holstein | 30,7 | 29,6 | 7,4 | 3,1 | 12,1 | 0,9 | 1,9 | 1,3 | 5,4 | 7,6 | ||||
Gesamt | 31,0 | 29,2 | 11,9 | 5,7 | 4,2 | 4,0 | 3,1 | 2,9 | 1,8 | 0,9 | 0,3 | 0,1 | 0,1 | 4,8 |
Durch Übertritte und Nachwahlen änderten sich Fraktionsstärken im Laufe der Legislaturperiode. Bereits am Tag der Kanzlerwahl, dem 15. September 1949, trat von den drei unabhängigen Abgeordneten einer der CDU/CSU- und einer der FDP-Fraktion bei. Der über die hessische FDP-Landesliste gewählte Abgeordnete Heinrich Leuchtgens wurde Mitglied der DRP-Fraktion.
Folgen
Konrad Adenauer, zuvor Präsident des Parlamentarischen Rates, gewählt im Wahlkreis Bonn-Stadt und -Land, wurde von der Koalition aus CDU/CSU, FDP und DP zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Dieses Amt hatte er bis Oktober 1963 inne. Kurt Schumacher, gewählt im Wahlkreis Hannover-Süd, SPD-Vorsitzender seit 1946, übernahm den Vorsitz der SPD-Fraktion. Er führte damit die größte Oppositionsfraktion.
Das von Adenauer gebildete Kabinett regierte vom 20. September 1949 bis zum 20. Oktober 1953, also die volle Legislaturperiode.
Siehe auch
Weblinks
- Ergebnisse der Wahl zum 1. Deutschen Bundestag am 14. August 1949 beim Statistischen Bundesamt
- Ergebnis der Bundestagswahl, nach Ländern aufgeschlüsselt
- Nach zwei Jahren Kampf (Der Spiegel 34/1949 vom 18. August 1949, S. 5)
- Karte zu den Ergebnissen nach Wahlkreisen
- SPD Wahlaufruf (PDF; 209 kB)
- CSU Wahlaufruf (PDF; 8,6 MB)
Einzelnachweise
- ↑ a b Wahl zum 1. Deutschen Bundestag am 14. August 1949, Der Bundeswahlleiter