Fürst

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Fürstenkrone oder Fürstenhut, in Fürsten­häusern ein der Rangkrone entsprechendes Insigne

Fürst und Fürstin sind sowohl allgemeine Herrscherbezeichnungen (Landesfürsten) wie auch spezielle Adelstitel mit eigenem Fürstenstand im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation vom Mittelalter bis etwa 1800, mit einem „Fürstentum“ als ausgewiesenem Herrschaftsgebiet. Die Erhebung in diesen Adelsstand wurde „Fürstung“ genannt. Darüber hinaus finden sich Fürsten und Fürstentümer auch in anderen Ländern und politischen Strukturen, teilweise auch nur von außen als solche bezeichnet. Ähnlich wie die Bezeichnung Häuptling übertrugen die europäischen Entdecker und Kolonisatoren Fürst und Fürstentum auf reale oder vermeintliche Anführer und Herrschaftsgebiete anderer Völker oder übersetzten deren Eigenbezeichnung als „Fürst“.

Im übertragenen Sinne wurden früher beispielsweise große keltische Grabstätten als „Fürstengrab“ bezeichnet, auch wenn keine schriftlichen Quellen zur damaligen Herrschaftsstruktur vorlagen. Umgangssprachlich werden auch Regierungschefs von Bundesländern als Landesfürst bezeichnet.

Bedeutungen

Das Wort „Fürst“ stammt vom althochdeutschen furisto „der Erste“, das auch die Grundlage für ähnliche Bezeichnungen in anderen germanischen Sprachen bildet: englisch first „als erstes, Erster“, niederländisch Vorst, dänisch und norwegisch fyrste sowie schwedisch furste. Die dem Adelstitel des Fürsten entsprechende lateinische Vorform princeps („der Erste, Führer“) findet sich noch im deutschen „Prinz, Prinzessin“ und dem englischen prince, princess sowie principality für ein Fürstentum (beispielsweise Principality of Sealand). Als „Fürst von Wales“ kann der Titel Prince of Wales für den Thronfolger der britischen Monarchie offiziell übersetzt werden. Als „Fürstenstaaten(Princely States) werden die von einem einheimischen Fürsten (Maharadscha, eigentlich „Großkönig“) regierten Staaten unter britischer Oberhoheit in Indien bezeichnet. Auch das französische principauté steht für „Fürstentum“, offiziell beim Principauté de Monaco.

„Fürst“ ist im weiteren Sinne eine Sammelbezeichnung für die wichtigsten Herrschaftsträger wie Kaiser, Könige, Herzöge sowie Land-, Mark- und Pfalzgrafen (sogenannte „gefürsteteGrafen, siehe auch Reichsgraf). Im engeren Sinne wird ab Mitte des 13. Jahrhunderts (spätes Mittelalter) als Fürst ein vererbbarer Hochadels- und Herrschertitel verstanden, der rangmäßig über dem Grafen und dem (nichtköniglichen) Prinzen steht, aber unter dem Herzog. Der Titel ist nicht notwendigerweise an ein Herrschaftsgebiet gebunden und kann auch ehrenhalber verliehen werden.

Im weiteren Sinne wird die Bezeichnung Fürst für selbstständige Herrscher in außereuropäischen Kulturen verwendet, auch um die Bezeichnung König und damit verbundene Ehrerbietungen zu vermeiden. Herrschertitel in anderen Sprachen wurden teilweise als Fürst ins Deutsche übersetzt, beispielsweise das slawischsprachige Knes.

Vom Titel Fürst abgeleitet sind auch die folgenden Bezeichnungen:

Rechtsordnung

Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation war „Fürst“ ab dem 10. Jahrhundert zunächst eine allgemeine Bezeichnung für hohe adlige Lehnsträger. Zum Reichsfürstenstand zählten im Mittelalter Herzöge sowie Land-, Mark- und Pfalzgrafen (siehe Hoher Adel). Spätestens seit der Zeit wurde der ostfränkische oder deutsche König von den Großen des Reiches gewählt, seit 1356 (Goldene Bulle) von den 7 Kurfürsten.

Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 wurden einige deutsche Fürsten souveräne Herrscher ihres Landes; im Gothaischen Hofkalender wurden sie neben den Königen und Großherzögen in der Ersten Abteilung aufgeführt. Die meisten anderen Fürsten, deren Territorium durch Mediatisierung („Mittelbarmachung“) unter die Herrschaft eines anderen Staates kam, behielten oder erhielten den Fürstentitel als Ehrenprädikat, wie etwa die Sayn-Wittgenstein; diese mediatisierten Geschlechter bildeten im Hofkalender die Zweite Abteilung der „fürstlichen Häuser“.

Ein deutscher Sonderfall waren die ehemals reichsunmittelbar regierenden Grafen, die gelegentlich auch als gefürstete Grafen bezeichnet werden und ebenfalls der Zweiten Abteilung angehörten. Sie standen im Rang unter den Fürsten, gehörten aber wie diese zum Hochadel und waren ihnen nach der Deutschen Bundesakte ebenbürtig – anders als die gewöhnlichen, einfachen Titular-Grafen; sie wurden mit „Erlaucht“ angeredet. Hinzu kamen einige im 19. Jahrhundert gefürstete Familien, die niemals souverän gewesen waren, wie etwa Blücher als „Fürst von Wahlstatt“, Bismarck oder Bülow,[1] die neben ausländischen Fürsten in einer Dritten Abteilung zusammenfasst wurden. Somit waren die weitaus meisten Fürsten des Zweiten Deutschen Kaiserreiches keine regierenden Monarchen mehr, wie auch die Fürsten des österreichischen Adels im Kaisertum Österreich. Souveräne deutsche Fürsten führten deshalb bis 1918 den Titel „Regierender Fürst“.

Die Kinder eines Fürsten sind häufig Prinz oder Prinzessin mit der früher offiziellen AnredeDurchlaucht“, die heute im nicht offiziellen, gesellschaftlichen Schriftverkehr nur noch als Höflichkeitsbezeugung bei der Ansprache benutzt wird. Diese Titel übertragen sich auch auf die daraus entstehenden jüngeren Stammlinien. Allerdings führen die Nachgeborenen einiger mediatisierter („mittelbargemachter“) oder erst im Laufe des 19. Jahrhunderts erhobener fürstlicher Häuser den Titel Graf oder Gräfin mit der Anrede „Erlaucht“. In beiden Fällen führt das jeweilige Oberhaupt des Hauses den Fürstentitel als Erstgeburtstitel mit der Anrede „Durchlaucht“.

Heutiger Gebrauch

Im europäischen Kulturraum werden die Kleinstaaten Monaco (Fürst von Monaco) und Liechtenstein (Fürst von Liechtenstein) von Fürsten regiert (französisch Prince souverain). Andorra ist als Co-Fürstentum zweier Staatsoberhäupter ein einmaliger Sonderfall. In England (Fürst von Wales) und Spanien (Fürst von Asturien) wird der jeweilige Kronprinz in der Regel vom Monarchen zum Titular-Fürsten eines Landesteils ernannt, ohne dass dies irgendeine Regierungsgewalt mit sich brächte. Auch in den meisten übrigen europäischen Monarchien wird ein entsprechender Titel von den Chefs nicht regierender Fürstenhäuser noch als Adelstitel geführt.

Im Deutschen Reich wurde durch die Weimarer Reichsverfassung 1919 zusammen mit der Abschaffung der Standesvorrechte des Adels der ehemalige Titel Prinz oder Prinzessin unveränderlicher Bestandteil des Familiennamens. Damit entfiel der Titel Fürst oder Fürstin, soweit er durch Erstgeborenen-Nachfolge (Primogenitur) weitergegeben wurde. Er wird jedoch heute noch aus Gründen der Tradition vielfach inoffiziell von den Chefs der früheren Fürstenhäuser weitergeführt und gelegentlich auch auf Antrag nach dem Gesetz zur Änderung von Familiennamen und Vornamen infolge langjähriger Führung und allgemeiner Anerkennung (Nr. 50 NamÄndVwV) in den Pass übernommen, was jedoch wegen der dann erfolgenden – traditionswidrigen – Übertragung auf sämtliche anschließend geborenen Nachkommen von den ehemaligen Fürstenhäusern meist selbst nicht gewünscht wird. Gegenwärtig betrifft dies 54 deutsche Familien, davon vier nach 1806 (meist bis 1918) regierende Bundesfürsten: Hohenzollern-Sigmaringen, Waldeck und Pyrmont, Reuß und Schaumburg-Lippe.

Für den österreichischen Adel, dem durch das Adelsaufhebungsgesetz von 1919 jede Titelführung untersagt wurde, gilt bezüglich inoffizieller Führung Ähnliches, mit der Ausnahme, dass der „Chef des Hauses“ sich in der Regel nicht selbst als Fürst bezeichnet, jedoch von anderen so bezeichnen lässt.

In der Schweiz werden Adelstitel nicht als Bestandteil des Familiennamens anerkannt, Adelsbezeichnungen werden in amtlichen Papieren deshalb auch nicht eingetragen. Hingegen wird das Adelsprädikat „von“ durchaus von den Schweizer Behörden in Personenstandsakten geführt. In Bezug auf die Fürsten hat dies aber keine praktische Bedeutung mehr, da die Schweizer Hochadelsgeschlechter reichsfürstlichen Ranges (wie die Kyburger, Lenzburger, Rapperswiler oder Habsburg-Laufenburger) sämtlich schon im Spätmittelalter ausgestorben sind.

Ein in regelmäßigen Abständen publiziertes Genealogisches Handbuch des Adels setzt in seiner Bandreihe Fürstliche Häuser die genealogische Arbeit des Gothaischen Hofkalenders fort, wie dieser in drei Abteilungen gegliedert. Das Handbuch gibt Auskunft über Mitglieder des historischen deutschen Adels sowie über die nach Hausgesetzen legitimen Chefs der europäischen Fürstenhäuser, die adelsrechtlich berechtigt sind, den Fürstentitel zu führen (einschließlich regierender oder vormals regierender Häuser, mediatisierter Häuser und bloß titulierter Häuser). Der Deutsche Adelsrechtsausschuß wird in Zweifelsfällen von der Redaktion hinzugezogen und überwacht die Einhaltung des historischen Adelsrechts.

Kirchenfürsten

Als geistliche Fürsten wurden im Heiligen Römischen Reich hohe Würdenträger der katholischen Kirche bezeichnet, insbesondere Fürstbischöfe, Fürstpröpste und Fürstäbte sowie der Hochmeister des Deutschen Ordens, die neben ihrem geistlichen Amt in der Hierarchie der katholischen Kirche (der Verwaltung einer Abtei, eines Bistums oder Erzbistums) zugleich das weltliche Amt eines Reichsfürsten im Heiligen Römischen Reich ausübten (siehe: Reichsstände), also die Regentschaft in einem Reichsstift: die Erzstifte (weltliche Territorien von Erzbischöfen), die Hochstifte (weltliche Territorien von Fürstbischöfen), die Gebiete der Fürstpropsteien und der Reichsprälaturen (Reichsabteien und Reichspropsteien); die nichtfürstlichen, jedoch reichsständischen Prälaten übten die Hochgerichtsbarkeit aus, waren im Reichstag auf der geistlichen Bank aber nur gemeinschaftlich in zwei Kollegien vertreten, im Schwäbischen und im Rheinischen Reichsprälatenkollegium, die ihnen jeweils eine gemeinsame Kuriatstimme (keine eigene Virilstimme) gewährte, vergleichbar den vier Grafenbänken im Reichsfürstenrat. Räumlich waren diese weltlichen Territorien selten deckungsgleich mit den gleichnamigen geistlichen Sprengeln (den Diözesen). Als weltliche Regenten waren die geistlichen Reichsfürsten im Reichsfürstenrat des Reichstags vertreten. Drei der deutschen Fürstbischöfe waren zugleich als Kurfürsten zur Kaiserwahl berechtigt. Diese weltlichen Funktionen endeten allerdings mit der Säkularisierung, die dem Ende des Alten Reichs 1806 folgte.

Als Kirchenfürsten gelten darüber hinaus bis heute die Kardinäle, die durch ihre Berechtigung zur Papstwahl ebenfalls Regierungsfunktionen in einer Wahlmonarchie (bis 1870 dem Kirchenstaat und seit 1929 der Vatikanstadt) sowie beim Völkerrechtssubjekt des Heiligen Stuhls ausüben. Der Titel „Kardinal“ wird daher in den deutschsprachigen Ländern zwischen Vor- und Nachname geführt. Gemäß der Erläuterung zum geistlichen Fürstenstand im Gothaischen Hofkalender bzw. im Genealogischen Handbuch des Adels sind die Kardinäle ranggleich mit (nicht regierenden) Prinzen aus regierendem Hause.

In der etwas allgemeineren Bezeichnung Kirchenfürst nicht nur für Kardinäle, sondern auch für Bischöfe [2] lebt noch heute die Vorstellung eines adeligen Lebensstils und fürstlichen Auftretens geistlicher Führer fort.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Wiktionary: Fürst – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Fürstentum – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Fürst – Zitate

Einzelnachweise

  1. Eine Auflistung aller „Fürstungen“ von nicht-standesherrlichen Adeligen im Königreich Preußen seit 1803 findet sich bei René Schiller: Vom Rittergut zum Großgrundbesitz. Ökonomische und soziale Transformationsprozesse der ländlichen Eliten in Brandenburg im 19. Jahrhundert. Berlin 2003, S. 537.
  2. Duden-Redaktion: Kirchenfürst. In: Duden online. , abgerufen am 11. Mai 2014: „Kirchenfürst, der […] Bedeutung: hoher geistlicher Würdenträger (besonders Bischof, Erzbischof, Kardinal)“.