Open Source

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Als Open Source (aus englisch open source, wörtlich offene Quelle) oder quelloffen (zugehöriges Hauptwort: Quelloffenheit[1]) wird Software bezeichnet, deren Quelltext öffentlich und von Dritten eingesehen werden kann.

Im engeren Sinne steht Open Source Software (OSS) für Software, die die Definition der Open Source Initiative (OSI) erfüllt, beispielsweise darüber, dass diese Software einer von OSI anerkannten Open-Source-Softwarelizenz unterliegt.[2] Im weiteren, nicht nur auf Software bezogenen Sinne steht „Open Source“ für frei verfügbares Wissen und Information im Allgemeinen und hat dadurch die Gründung neuer „Open“-Bewegungen inspiriert, beispielsweise Open Content, Open Source Hardware und Open Access.

Der Begriff open source wurde eingeführt, nachdem die ursprüngliche Bezeichnung free software (freie Software) zu Irritationen führte, da sie als grundsätzlich kostenlose Software missverstanden wurde.

Geschichte

Open Source hat viele Ursprünge und Vorläufer, beispielsweise die Do-it-yourself-Bewegung, die Hacker-Bewegung der 1960/70er und die Freie-Software-Bewegung der 1980er Jahre, die der unmittelbare Vorläufer wurde.

Beeinflusst durch den 1997 publizierten Essay Die Kathedrale und der Basar von Eric S. Raymond, entschied Netscape im Jahr 1998 angesichts der wachsenden Dominanz von Microsoft am Browser-Markt, den Quelltext des wirtschaftlich nicht mehr verwertbaren Netscape Navigators freizugeben (aus dieser Freigabe entstand später das Mozilla-Projekt).[3]

Kurz darauf befanden Raymond,[4] der Informatiker Bruce Perens und Tim O’Reilly, Gründer und Vorstand des O’Reilly Verlags, dass die Freie-Software-Gemeinschaft ein besseres Marketing benötige.[5][6] Um diese freie Software als geschäftsfreundlich und weniger ideologisch belastet darstellen zu können, wurde dabei beschlossen, einen neuen Marketing-Begriff für Freie Software einzuführen – der Begriff Open Source wurde von da an flächendeckend im Marketing genutzt und war auch der Namensgeber für die von Raymond, Perens und O’Reilly gegründete Open Source Initiative (OSI). Es wurden angepasste Open-Source-Lizenzen geschaffen, die den Bedürfnissen des Open-Source-Umfelds genügen und auch für Wirtschaftsunternehmen attraktiv sein sollten (Permissive licenses). Eine der bekanntesten Lizenzen, die aus diesen Bestrebungen hervorging, ist die Mozilla Public License.

Definition der Open Source Initiative

Die Open Source Initiative wendet den Begriff Open Source auf all die Software an, deren Lizenzverträge den folgenden drei charakteristischen Merkmalen entsprechen und die zehn Punkte der Open Source Definition erfüllen:[7]

  • Die Software (d. h. der Quelltext) liegt in einer für den Menschen lesbaren und verständlichen Form vor: In der Regel handelt es sich bei dieser Form um die Quelltexte in einer höheren Programmiersprache. Vor dem eigentlichen Programm(ab)lauf ist es normalerweise notwendig, diesen Text durch einen Compiler in eine binäre Form zu bringen, damit das Computerprogramm vom Rechner ausgeführt werden kann. Binärprogramme sind für den Menschen im semantischen Sinne praktisch nicht lesbar.
  • Die Software darf beliebig kopiert, verbreitet und genutzt werden: Für Open-Source-Software gibt es keine Nutzungsbeschränkungen, weder bezüglich der Anzahl der Benutzer, noch bezüglich der Anzahl der Installationen. Mit der Vervielfältigung und der Verbreitung von Open-Source-Software sind auch keine Zahlungsverpflichtungen gegen einen Lizenzgeber verbunden. Es wird typischerweise nur die Weitergabe des Quelltextes gefordert.
  • Die Software darf verändert und in der veränderten Form weitergegeben werden: Durch den offengelegten Quelltext ist Verändern ohne weiteren Aufwand für jeden möglich. Weitergabe der Software soll ohne Lizenzgebühren möglich sein. Open-Source-Software ist auf die aktive Beteiligung der Anwender an der Entwicklung geradezu angewiesen. So bietet sich Open-Source-Software zum Lernen, Mitmachen und Verbessern an.

Open-Source bedeutet jedoch nicht, wie häufig angenommen, alles-ist-erlaubt; es sind Bedingungen an die Nutzung geknüpft. Völlig bedingungslose Nutzung existiert typischerweise nur bei gemeinfreier Software. Deswegen gibt ein BITKOM-Bericht zum Thema Open Source Software folgende korrekte Beschreibung: „Die Verwertung, Vervielfältigung und Bearbeitung ist nicht vorbehaltlos gestattet, denn bei der Open Source Software wird vielfach die Einräumung von Nutzungsrechten von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht. In dieser Weise kann Open Source Software abgegrenzt werden von Public Domain Software […]. Bei der Public Domain Software ist dem Nutzer die Vervielfältigung, Verbreitung und Veränderung uneingeschränkt und vorbehaltlos erlaubt.“[8]

Open-Source-Software (OSS) hat in der Praxis große Überschneidungen mit Freier Software wie sie die FSF definiert.[9][10] Beide Konzepte haben gemeinsam, dass der Quellcode von Software für Anwender verfügbar sein sollte. Es werden auch die gleichen Copyleft- und Freizügige-Softwarelizenzen, bis auf seltene Ausnahmen, von beiden Seiten als „Frei“ bzw. „Offen“ eingeordnet. Der primäre Unterschied liegt in der Terminologie und Sichtweise: Freie Software fokussiert auf den Aspekt der Nutzerkontrolle über Software und sieht Freie Software als wichtiges soziales, politisches und ethisches Anliegen.[11] Die OSI vertritt die Sichtweise, dass der praktische Nutzen für die Allgemeinheit (Nutzer, Gesellschaft, Firmen etc.) einer frei verfügbaren Softwareinfrastruktur, eines freien Softwaremarktes und einer kollaborativen Entwicklungsmethode der entscheidende Aspekt sind.[7][12][13]

Weitergehende Definitionen

Open Source, abgeleitete "Open"-Konzepte und assoziierte Eigenschaften: Offenheit, Transparenz, gemeinschaftliche Zusammenarbeit
Open Educational Resources-Logo
Open Source Hardware-Logo
Vores Øl - An Open Source Beer
Open access

Der Begriff Open Source beschränkt sich nicht ausschließlich auf Software, sondern wird auch auf Wissen und Information allgemein ausgedehnt. Darüber hat die Open Source Bewegung in anderen Bereichen die Begründung vieler neuer „Open“-Bewegungen inspiriert.

Ein Beispiel dafür ist Wikipedia und die Wikimedia Commons, in deren Zusammenhang von freien Inhalten (Open Content) gesprochen wird. Weitere bedeutende Beispiele für Open Content sind OpenStreetMap und Open Educational Resources. Eine Lizenzfamilie, die für solche freien Inhalte („free cultural works“) geschaffen wurde, sind die Creative Commons Lizenzen.

Übertragen wurde die Idee des öffentlichen und freien Zugangs zu Information auch auf Entwicklungsprojekte. In diesem Zusammenhang wird oft von freier Hardware (Open Hardware) gesprochen, also freiem Zugang zu allen Informationen (Offener Standard, Offenes Format), um eine entsprechende Hardware herzustellen. Produktebeispiel auf Basis von offenen Standards und Rezepturen sind Vores Øl/Free Beer oder OpenCola.

Auch als „Offen“ und der Open Source- und Open Hardware-Bewegung nahestehend verstehen sich die FabLabs, die freien Zugang zur (Produktions-)Hardware vermitteln wollen.

Open Access (englisch für offener Zugang) versucht, den freien Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und anderen Materialien im Internet zu ermöglichen und Paywalls abzubauen. Ähnlich versucht Open Government, den Zugang zu Regierungsressourcen für Bürger zu erleichtern.

Motivation

Die Verwendung und Entwicklung von Open-Source-Software kann sowohl von Einzelpersonen als auch von Organisationen betrieben werden. Einsatz und Entwicklungsprozess können dabei - abhängig vom Einzelfall - mit Kosten verbunden sein. Es bietet sich aber eine Reihe von Vorteilen:

  • An der Entwicklung eines Open-Source-Programms kann sich eine beinahe beliebig große Anzahl von Personen (und Firmen) beteiligen. Der Aufwand für die Entwicklung wird geteilt und jeder kann von der Arbeit der Anderen profitieren. Für eine Firma kann es sich finanziell lohnen, sich an einem Open-Source-Projekt zu beteiligen anstatt eine Eigenentwicklung zu starten oder fertige Software einzukaufen.
  • Der Nutzer einer Open-Source-Software ist niemals von einer bestimmten Herstellerfirma abhängig. Wünscht sich der Nutzer eine Erweiterung oder die Behebung eines Programmfehlers, so steht es ihm frei, diese Änderung vorzunehmen oder jemanden damit zu beauftragen. Bei proprietärer Software ist dies nicht möglich, und eine Änderung kann einzig beim Hersteller beantragt werden. Durch diese Unabhängigkeit ist eine Geplante Obsoleszenz eines Softwareproduktes zu Lasten des Nutzers, wie bei proprietärer Software üblich, ausgeschlossen.[14] Auch ist mit Open-Source-Software Interoperabilität (z. B. Datenformate) möglich, während dies mit proprietärer Software häufig durch den Lock-in-Effekt verhindert wird.
  • Die Nutzung von Open-Source-Software ist an keine oder nur wenige Bedingungen geknüpft. Die Software darf von einer beliebigen Anzahl Benutzern für einen beliebigen Zweck eingesetzt werden. Bei der Vervielfältigung und Weiterverwendung fallen keine Lizenzkosten an.
  • Open-Source-Software ermöglicht Einblick in den Quelltext und über das offene Entwicklungsmodell üblicherweise auch die Versionshistorie. Damit ist es jedermann – beispielsweise unter Verwendung von dafür bestimmten Seiten wie Ohloh – möglich, die Softwarequalität mittels Statischer Code-Analyse sowie die Anzahl der Entwickler und deren Veränderungen zu analysieren und daraus auf die Wartbarkeit und den Reifegrad der Software zu schließen.
  • Prüfbarkeit eines Programmes auf bewusst eingebrachte, Nutzer-ungewollte Mechanismen wie Backdoors, die für politische oder wirtschaftliche Spionagezwecke verwendet werden könnten. Beispielsweise hat Microsoft als Anbieter nicht-quelloffener Software Probleme, immer wiederkehrende Gerüchte[15][16] über NSA-Hintertüren in ihren Betriebssystemen zu widerlegen, da eine Offenlegung des Quelltexts keine Option für Microsoft ist.

Finanzierung

Freiwilligen-Projekte wie Wikipedia funktionieren zum einen Teil durch Spenden für die Serverhardware und Organisation, zum größten Teil aber durch die altruistische Mitarbeit von Freiwilligen, die keine extrinsische Motivation benötigen.

Open Source dient häufig als Basis für kommerzielle Software. So wird auf vielen Embedded-Systemen, Heim-Routern, Set-Top-Boxen und Mobiltelefonen das Open-Source-Betriebssystems Linux als Plattform verwendet. Auch das kommerzielle Betriebssystem webOS von HP Palm profitiert von Linux.

Eine andere Variante, wie Softwareentwicklungsunternehmen mit Open-Source-Produkten wirtschaftlich handeln können, ist die Bereitstellung von Support-Dienstleistungen für diese. Dies ist beispielsweise bei den Betriebssystemen Ubuntu, Red Hat/Fedora und SUSE Linux der Fall.

Wirtschaftliche Bedeutung

Nachdem sich Open-Source-Software zunächst in den Bereichen Serverbetriebssysteme, Web- und Mailserver, Datenbanken und Middleware etabliert hatte, konnte Open-Source-Software allgemein in kommerzieller Software eine wichtige Rolle erringen.[17]

Eine Studie im Auftrag der Europäischen Kommission hat im Jahr 2006 die wirtschaftliche Bedeutung von Open Source für Europa untersucht.[18] Demnach ist der Marktanteil in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Den Gesamtwert beziffert die Untersuchung auf rund zwölf Milliarden Euro. Die Wertschöpfung beruht in den Wirtschaftsstatistiken allerdings auf Schätzungen, da die Lieferungen und Leistungen im Gegensatz zu proprietärer Software nur unzureichend erfasst werden. Auf Unternehmensseite sind Sun, IBM und Red Hat die größten Programmlieferanten.

Für das Jahr 2010 prognostiziert die Studie bei den IT-Dienstleistungen einen Open-Source-Anteil von 32 Prozent und befürwortet eine stärkere Förderung von freier Software, damit Europa das wirtschaftliche Potenzial von Open Source besser nutzen kann. So findet das Thema zunehmend in der Wirtschaftsförderung Beachtung. Ein Beispiel ist die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, die eine Initiative für einen Open-Source-Cluster gestartet hat.[19]

Es existieren zur Förderung von Open-Source-nahen Wirtschaftsaktivitäten auch Organisationen und Interessengruppen, beispielsweise in Nürnberg der seit 2006 aktive gemeinnützige Verein OpenBIT. Der Verein unterstützt sowohl Unternehmen und Organisationen durch Netzwerke und Kontakte zu Experten, Foundation Coaches, Unternehmensmitgliedern, Organisationen und Risikokapitalgebern und damit mit Expertise zu Open source, Open Business und Open Technology.

Im Jahr 2003 wurde Open Source Press, als einer der ersten auf Open Source spezialisierten Fachbuchverlage, als selbstständiger Computerbuch-Verlag mit Sitz in München gegründet.

Seit einigen Jahren hat sich in den Wirtschaftswissenschaften eine lebhafte Debatte um Open-Source-Software entwickelt. Siehe dazu die Abschnitte „Volkswirtschaftliche Aspekte“ und „Betriebswirtschaftliche Aspekte“ in der Literatur über freie und Open-Source-Software.

Definitionskonflikt mit „Freier Software“

Die Begriffe Open-Source-Software und Freie Software werden zwar häufig synonym verwendet, allerdings besteht die Möglichkeit einer unterschiedlich pointierten Interpretation. Obwohl sich in der eigentlichen Bedeutung die Open-Source-Definition kaum von freier Software unterscheidet, können beide Begrifflichkeiten bewusst verwendet werden, um unterschiedliche Assoziationen auszulösen.

Der ältere Begriff Freie Software wird bereits seit den 1980ern von der Free Software Foundation (FSF) verwendet. Eine Fehlassoziation von Freier Software mit Freeware war häufig, da im Englischen frei für kostenlos wie auch Freiheit stehen kann,[20] und außerdem freie Software in den meisten Fällen wirklich auch kostenlos erhältlich ist. Da mit Frei aber wirklich nur Freiheit von der FSF gemeint war, prägte diese den Slogan, free speech, not free beer„freie Meinungsäußerung, nicht Freibier, um einer Assoziation von Freier Software mit kostenloser Software entgegenzuwirken.

Die mögliche Fehlinterpretation des zweideutigen Wortes frei war Teil der Motivation für den Terminus Open Source, der ab Ende der 1990er Jahre mit Linux populär wurde.[21] Der Vorschlag kam 1998 von Christine Peterson vom Foresight Institute[13][22] bei der Gründung der OSI und Open-Source-Bewegung. Die frischgegründete Open-Source-Bewegung entschied sich, Open Source anstelle des bereits existierenden FSF Terminus Freie Software zu etablieren,[23] da man hoffte, dass die Verwendung der Bezeichnung Open Source die "Frei"-Mehrdeutigkeit beseitigt und damit eine bessere Akzeptanz des Open Source-Konzepts auch bei der Wirtschaft ermöglicht. Außerdem vermied der Begriff Open Source eine Assoziation mit der Free Software Foundation und der GNU General Public License (GPL), die aus wirtschaftlicher Sicht problematisch sein kann.[24][25][26] Der Begriff Open-Source-Software sollte auch eine Überlegenheit des kollaborativen, offenen Entwicklungsprozesses (siehe The Cathedral and the Bazaar von Eric Steven Raymond) hervorheben.

Seit der Einführung der konkurrierenden Bezeichnung Open Source kritisiert die FSF, dass auch diese Bezeichnung Verwirrung stiften kann. Der Begriff Open Source assoziiert die Verfügbarkeit des Quelltextes, sagt aber nichts über die gewährten Verwendungsrechte und Nutzungsfreiheiten aus. Ein Beispiel für eine solche Begriffsverwirrung ist PGP Corporations aktuelle Version ihres Kryptographie­programms PGP: diese wird als Open Source angepriesen, da der Quellcode betrachtet werden kann, jedoch unterliegt dieser keiner Open-Source-Lizenz. Weitergabe und Veränderung dieses Quellcodes sind verboten, so dass das Programm nicht unter die Open-Source-Definition fällt. GNU Privacy Guard ist als Reaktion darauf entstanden, die den Open-Source-Anforderungen durch ihre GPL-Lizenzierung gerecht wird.

Umgekehrt wird die von der FSF als „frei“ angesehene GNU FDL[27] als nicht „Open“ und „Frei“ kritisiert. Bei der GNU FDL ist eine problematische Besonderheit, dass sie die Möglichkeit bietet, die Modifikation bestimmter Abschnitte zu verbieten, also das Recht auf freie Weiterverwendung beschränkt. Die GNU FDL erfüllt somit eine grundlegende Anforderung der Open-Source-Definition, der Freie-Software-Definition sowie der Debian Free Software Guidelines für Software nicht.[28]

Um den Konflikt zwischen Freie Software und Open-Source-Software zu umgehen und die Gemeinsamkeiten der Open-Source- und Freie-Software-Bewegung zu betonen,[29] wurden die Begriffe FOSS und FLOSS (Free/Libre and Open Source Software) vorgeschlagen, die auch eine relevante Verbreitung erlangten.

Kritik und Probleme

Eric S. Raymond beschreibt in seinem Buch Die Kathedrale und der Basar eine Entwicklungsmethode (den Basar), durch die Open-Source-Projekte selbstständig ohne zentrale Entität von der Gemeinschaft verwaltet werden können. Ob diese Entwicklungsmethode tatsächlich so Anwendung findet oder überhaupt praktisch umgesetzt werden kann, ist aber umstritten.[30] Beispielsweise folgt der Linux-Kernel, eines der großen OSS-Erfolgsprojekte, mit Linus Torvalds an der Spitze eher einem zentralisierten Benevolent Dictator for Life (Wohlwollender Diktator auf Lebenszeit) Entwicklungsmodell (Kathedrale in Raymond'scher Terminologie). Ähnliche Führungsstrukturen sind mit Richard Stallman an der Spitze der FSF/GNU-Projekt und auch bei der Mozilla Foundation[31] zu finden. Als Gegenbeispiele werden die Community getriebenen Projekte Apache Hadoop und OpenStack angeführt.[32]

Der Informatiker Niklaus Wirth äußert sich kritisch zur technischen Qualität komplexer Open-Source-Projekte: Die Open-Source-Bewegung ignoriere und behindere die Vorstellung, komplexe Softwaresysteme basierend auf streng hierarchischen Modulen aufzubauen. Entwickler sollten den Quelltext der von ihnen verwendeten Module nicht kennen. Sie sollten rein auf die Spezifikationen der Schnittstellen der Module vertrauen. Wenn, wie bei Open-Source, der Quelltext der Module vorhanden ist, führe das automatisch zu einer schlechteren Spezifikation der Schnittstellen, da ja das Verhalten der Module im Quelltext nachlesbar ist.[33]

Die FSF,[34][35] und insbesondere deren Gründer Richard Stallman, kritisiert prinzipiell an der Open-Source-Bewegung, dass sie sozialethische Aspekte außen vor lässt und sich lediglich auf technische und wirtschaftliche Fragestellungen konzentriert. So werde die Grundidee von freier Software nach Stallmans Meinung vernachlässigt.[36] Die FSF kritisiert auch die von Teilen[37][38] der Open-Source-Bewegung tolerierte Firmenpraxis, die Weiterentwicklungen von bestehender Open-Source-Software so weit an eigene (Hardware-)Systeme anzupassen, dass sie praktisch nicht mehr anders verwendet werden können, z. B. Tivoisierung oder unlesbar gemachter Quelltext. Die Weiterentwicklung steht dann zwar immer noch unter einer Open-Source-Lizenz, kann von der Gemeinschaft aber nicht mehr genutzt werden; eine Situation, welche die FSF über die GPLv3 zu verhindern versucht.

Das Ideal des Open Source, der freie Austausch und die beliebige Weiterverwendung von Quelltext, ist in der Realität durch u. a. Lizenzprobleme eingeschränkt. Besonders problematisch ist dies durch die inzwischen auf eine kaum überschaubare Anzahl angewachsene (und weiter wachsende) Menge an Softwarelizenzen und Versionsvarianten, ein als License proliferation bekanntes Problem.[39][40][41] Auch anerkannte Open-Source-Lizenzen sind häufig nicht miteinander kompatibel und was damit eine Software-Weiterverwendung in manchen Kontexten verhindert.[42][43][44] Deswegen wird dazu geraten keine eigenerstellten oder exotische Open-Source-Lizenz zu verwenden, deren rechtliche und praktische Probleme man unter Umständen nicht überschaut, sondern auf eine erprobte, anerkannte und weitverbreitete freie Lizenz (und Lizenzkombinationen) wie die GPL, die LGPL oder die BSD-Lizenz zurückzugreifen. Besonders die Freizügigen Lizenzen zeichnen sich durch eine sehr gute Lizenzkompatibilität aus.[45][46]

Siehe auch

Portal: Freie Software – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Freie Software
Wikibooks: Open Source im Unternehmen – Lern- und Lehrmaterialien
Wiktionary: quelloffen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: open source (englisch) – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Hauptwortbildung mit der Endung (oder dem Suffix) „-heit“, siehe auch Substantivierung#Suffixformen
  2. Open Source Licenses bei der Open Source Initiative (englisch)
  3. MOUNTAIN VIEW, Calif., April 1 /PRNewswire/ -- Netscape Communications and open source developers are celebrating the first anniversary, March 31, 1999, of the release of Netscape’s browser source code to mozilla.org. Netscape Communications, 31. März 1999, abgerufen am 10. Januar 2013 (englisch): „[…]The organization that manages open source developers working on the next generation of Netscape’s browser and communication software. This event marked a historical milestone for the Internet as Netscape became the first major commercial software company to open its source code, a trend that has since been followed by several other corporations. Since the code was first published on the Internet, thousands of individuals and organizations have downloaded it and made hundreds of contributions to the software. Mozilla.org is now celebrating this one year anniversary with a party Thursday night in San Francisco.
  4. Eric S. Raymond: Goodbye, "free software"; hello, "open source". 8. Februar 1998, abgerufen am 13. August 2008: „"After the Netscape announcement broke in January I did a lot of thinking about the next phase -- the serious push to get "free software" accepted in the mainstream corporate world. And I realized we have a serious problem with "free software" itself. Specifically, we have a problem with the term "free software", itself, not the concept. I've become convinced that the term has to go."“
  5. History of OSI. opensource.org, abgerufen am 11. Februar 2016 (englisch): „"conferees decided it was time to dump the moralizing and confrontational attitude that had been associated with "free software" in the past and sell the idea strictly on the same pragmatic, business-case grounds"“
  6. Evgeny Morozov: The Meme Hustler – Tim O’Reilly’s crazy talk. thebaffler.com, 4. April 2013, abgerufen am 14. Juli 2013 (englisch): „In those early days, the messaging around open source occasionally bordered on propaganda. As Raymond himself put it in 1999, „what we needed to mount was in effect a marketing campaign“, one that „would require marketing techniques (spin, image-building, and re-branding) to make it work“.
  7. a b The Open Source Definition. In: Open Source Initiative. Opensource.org, abgerufen am 10. Juli 2013.
  8. http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Publikation_OSS_Version_1.0.pdf
  9. What is „free software“ and is it the same as „open source“? Open Source Initiative FAQ
  10. Open source Kategorien freier und unfreier Software (gnu.org)
  11. Warum Open Source das Ziel von Freie Software verfehlt, gnu.org
  12. Mission of the Open Source Initiative "The promise of open source is better quality, higher reliability, more flexibility, lower cost, and an end to predatory vendor lock-in." auf opensource.org (englisch)
  13. a b History of the Open Source Initiative
  14. Fernando Cassia: Open Source, the only weapon against „planned obsolescence“. theinquirer.net, 28. März 2007, abgerufen am 15. Januar 2012 (englisch).
  15. Duncan Campbell: How NSA access was built into Windows. Telepolis, 4. September 1999, abgerufen am 3. Dezember 2011 (englisch): „Careless mistake reveals subversion of Windows by NSA.
  16. J Mark Lytle: Microsoft denies NSA backdoor in Windows 7. techradar.com, 22. November 2009, abgerufen am 3. Dezember 2011 (englisch): „US National Security Agency did, however, work on the new OS
  17. Best Practices for commercial use of open source software. Karl Michael Popp, 2015, ISBN 978-3-7386-1909-6.
  18. Study on the: Economic impact of open source software on innovation and the competitiveness of the Information and Communication Technologies (ICT) sector in the EU (PDF; 1,8 MB) – englischsprachige Studie zur wirtschaftlichen Bedeutung
  19. Initiative für einen Open-Source-Cluster
  20. free-software
  21. For the love of Hacking auf forbes.com
  22. Technology In Government, 1/e. Jaijit Bhattacharya, 2006, ISBN 978-81-903397-4-2, S. 25 (google.com).
  23. Why `Free Software' Is Too Ambiguous (Memento vom 13. Oktober 1999 im Internet Archive) opensource.org
  24. GNU GENERAL PUBLIC LICENSE Version 3, 29 June 2007 - Conveying Non-Source Forms. gnu.org, 29. Juni 2007, abgerufen am 17. Juni 2015 (englisch): „(1) a copy of the Corresponding Source for all the software in the product that is covered by this License, on a durable physical medium customarily used for software interchange, for a price no more than your reasonable cost of physically performing this conveying of source, or (2) access to copy the Corresponding Source from a network server at no charge.
  25. Freie Software verkaufen. gnu.org, 17. Juni 2015, abgerufen am 17. Juni 2015: „Hohe oder niedrige Preise und die GNU GPL - [...] die GNU GPL verpflichtet, den Quellcode auf weitere Anfrage bereitzustellen. Ohne eine Begrenzung des Preises für den Quellcode wäre es ihnen möglich einen Preis festzulegen, der für jedermann zu hoch zu bezahlen wäre ‑ wie eine Milliarde Euro ‑ und somit vorgeben den Quellcode freizugeben, obwohl sie ihn in Wahrheit verbergen. Darum müssen wir in diesem Fall den Preis für den Quellcode begrenzen, um die Freiheit der Nutzer zu gewährleisten.
  26. Is it legal to sell GPL software? "Please note that "as much as you wish" only applies to the executable form of the software, not its source code." by Marco Fioretti on Techrepublic.com, 19. Nov 2013 (englisch)
  27. „Freie Dokumentationslizenzen“ Stand: 2012
  28. Allgemeiner Beschluss: Warum die »GNU Free Documentation License« nicht für Debian-Main geeignet ist auf debian.org (2006)
  29. FLOSS and FOSS on gnu.org (englisch)
  30. Chuck Connell: Open Source Projects Manage Themselves? Dream on. (englisch) Stand: Juni 2008
  31. Roles auf Mozilla.org "The ultimate decision-maker(s) are trusted members of the community who have the final say in the case of disputes. This is a model followed by many successful open source projects, although most of those communities only have one person in this role, and they are sometimes called the "benevolent dictator". Mozilla has evolved to have two people in this role - Brendan Eich has the final say in any technical dispute and Mitchell Baker has the final say in any non-technical dispute." (englisch)
  32. Matt Asay: Open Source's Cult Of Personality Is Dying—Thankfully. readwrite.com, 2. Mai 2014, abgerufen am 18. Juni 2015 (englisch).
  33. Richard Morris: Niklaus Wirth: Geek of the Week. simple-talk.com, 2. Juli 2009, abgerufen am 16. Dezember 2009 (englisch): „Besides all the good things, the open source movement ignores and actually hinders the perception of one of the most important ideas in designing complex systems, namely their partitioning in modules, and their formation as an orderly hierarchy of modules.“
  34. Wir sprechen von Freier Software – ein Statement der Free Software Foundation Europe
  35. Warum Freie Software besser ist als Open Source Stand: 2007, Statement des GNU-Projekts
  36. Richard Stallman: Warum Open Source das Ziel von Freie Software verfehlt Stand: 2010
  37. Streit um die neue GPL von Oliver Diedrich auf heise.de (2006)
  38. Torvalds on Tivoisation (englisch)
  39. "FLOSS License Proliferation: Still a problem" von David A. Wheeler (englisch)
  40. Ed Burnette: Google says no to license proliferation. 2. November 2006, archiviert vom Original am 24. Februar 2007; abgerufen am 11. September 2010.
  41. Greg Stein: Standing Against License Proliferation. 28. Mai 2009, archiviert vom Original am 1. Juni 2008; abgerufen am 11. September 2010.
  42. MPL 1.1 FAQ - Historical Use Only. Mozilla Foundation, 1. Februar 2012, abgerufen am 26. Februar 2012.
  43. Philippe LAURENT: The GPLv3 and compatibility issues. (pdf) In: European Open source Lawyers Event 2008. University of Namur – Belgium, 24. September 2008, S. 7, abgerufen am 30. Mai 2015: „Copyleft is the main source of compatibility problems
  44. Frequently Asked Questions about the GNU Licenses – Is GPLv3 compatible with GPLv2? gnu.org, abgerufen am 3. Juni 2014: „No. Some of the requirements in GPLv3, such as the requirement to provide Installation Information, do not exist in GPLv2. As a result, the licenses are not compatible: if you tried to combine code released under both these licenses, you would violate section 6 of GPLv2. However, if code is released under GPL “version 2 or later,” that is compatible with GPLv3 because GPLv3 is one of the options it permits.
  45. Marcus D. Hanwell: Should I use a permissive license? Copyleft? Or something in the middle? opensource.com, 28. Januar 2014, abgerufen am 30. Mai 2015: „Permissive licensing simplifies things One reason the business world, and more and more developers […], favor permissive licenses is in the simplicity of reuse. The license usually only pertains to the source code that is licensed and makes no attempt to infer any conditions upon any other component, and because of this there is no need to define what constitutes a derived work. I have also never seen a license compatibility chart for permissive licenses; it seems that they are all compatible.
  46. Licence Compatibility and Interoperability. In: Open-Source Software - Develop, share, and reuse open source software for public administrations. joinup.ec.europa.eu, abgerufen am 30. Mai 2015: „The licences for distributing free or open source software (FOSS) are divided in two families: permissive and copyleft. Permissive licences (BSD, MIT, X11, Apache, Zope) are generally compatible and interoperable with most other licences, tolerating to merge, combine or improve the covered code and to re-distribute it under many licences (including non-free or “proprietary”).