Ziegenrück

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Wappen Deutschlandkarte
Ziegenrück
Deutschlandkarte, Position der Stadt Ziegenrück hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 50° 37′ N, 11° 39′ OKoordinaten: 50° 37′ N, 11° 39′ O
Bundesland: Thüringen
Landkreis: Saale-Orla-Kreis
Verwaltungs­gemeinschaft: Ranis-Ziegenrück
Höhe: 318 m ü. NHN
Fläche: 8,25 km2
Einwohner: 646 (31. Dez. 2022)[1]
Bevölkerungsdichte: 78 Einwohner je km2
Postleitzahl: 07924
Vorwahl: 036483
Kfz-Kennzeichen: SOK, LBS, PN, SCZ
Gemeindeschlüssel: 16 0 75 127
Adresse der
Stadtverwaltung:
Markt 6
07924 Ziegenrück
Website: www.ziegenrueck.de
Bürgermeister: Horst Maschke
Lage der Stadt Ziegenrück im Saale-Orla-Kreis
KarteBad LobensteinBodelwitzDittersdorfDittersdorfDittersdorfDöbritzDreitzschEßbachGefellGerodaKeilaGörkwitzGöschitzGössitzGrobengereuthHirschberg (Saale)GertewitzKirschkauKospodaKrölpaLangenorlaLausnitz bei Neustadt an der OrlaLemnitzLöhmaMiesitzMittelpöllnitzMoßbachMoxaNeundorf (bei Schleiz)Neustadt an der OrlaNeustadt an der OrlaNimritzOberoppurgOettersdorfOppurgPaskaPeuschenPlothenPörmitzPößneckQuaschwitzRanisRemptendorfRosendorfRosenthal am RennsteigSaalburg-EbersdorfSchleizSchmieritzSchmordaSchöndorfSeislaSolkwitzTannaTegauTömmelsdorfTriptisVolkmannsdorfWeiraWernburgWilhelmsdorf (Saale)WurzbachZiegenrückThüringen
Karte

Ziegenrück ist eine Landstadt im Saale-Orla-Kreis im Südosten von Thüringen und die fünftkleinste Stadt Deutschlands. Die Stadt liegt im tief eingeschnittenen Tal der mäandernden Saale zwischen der Bleilochtalsperre flussauf- und dem Hohenwarte-Stausee flussabwärts. Oberhalb der Stadt liegt die Kemenate Ziegenrück. Da die beengte geografische Lage eine weitere Entwicklung verhinderte, zählt Ziegenrück heute zu den kleinsten Städten Thüringens.

Geografie

Ziegenrück liegt am Nordrand des Thüringer Schiefergebirges an der Saale, die das Stadtgebiet in mehreren Schleifen durchzieht. Die Hänge am Rand ihres Tals steigen steil an und sind bewaldet. Darüber befinden sich als landwirtschaftliche Flächen genutzte Hochebenen.

Die Altstadt erstreckt sich im Tal des Drebabachs, der dort von rechts in die Saale einmündet. Südlich davon steht der Bahnhof, um ihn herum liegt die Neustadt auf einer relativ ebenen Fläche im Saaletal. Ziegenrück erstreckt sich auch ins Plothental rechts der Saale. Auf der linken Seite des Flusses befinden sich die Schule, der Sportplatz; südlich der Stadt liegt eine Industrieansiedlung.

Angrenzende Gemeinden sind Eßbach, Keila, Moxa, Paska, Remptendorf und Schöndorf.

Nächstgelegene größere Städte sind Schleiz im Osten (16 km), Pößneck im Norden (13 km), Saalfeld im Westen (28 km) und Bad Lobenstein im Süden (21 km).

Geschichte

Ziegenrück wurde um das Jahr 1000 gegründet. Die erste Siedlung soll sich zum größten Teil oberhalb der alten Schäferei befunden haben und durch eine Überschwemmung vernichtet worden sein. Der Ortsname Ziegenrück ist auf die sorbische Bezeichnung Czegenruck zurückzuführen, sie bedeutet so viel wie Flussbogen oder Flussschlinge. Aus dem Jahre 1258 stammt die erste urkundliche Erwähnung des Ortes. Auch in diesem Jahr wurde in Ziegenrück die Obermühle erstmals urkundlich und etwas später weitere Mühlen erwähnt.[2] Seit 1328 besitzt er das Stadtrecht.

Die Kemenate Ziegenrück

Die Burg Ziegenrück (jetzt: Kemenate Ziegenrück) war eine Bastion des Reichsgutskomplexes Saalfeld und wurde 1222 erstmals genannt. Sie lag strategisch günstig auf einem Felssporn hoch über der Saale zwischen dem Drebra- und dem Sormitztal und diente wohl der Überwachung und Sicherung des Flussübergangs der Saale für die damalige Straße von Nord nach Süd. Der Felssporn hat drei Seiten Steilhänge und besaß Gräben, die die Anlage in Abschnitte teilte. Die Burg war im Besitz der Grafen von Orlamünde. Ab dem 14. Jahrhundert gehörte sie dem Thüringer Landgrafen. Vorübergehend war Vogt Heinrich II. von Plauen Inhaber. 1448–1481 wurde die Veste an die Herren von Obernitz verpfändet. 1485 waren die Ernestiner der Linie Wettin Eigner. Nach mehreren Bränden wurde die Burg im 18. und 19. Jahrhundert abgebrochen. Die Kemenate diente dann als Jugendherberge und ist nun als Hotel vorgesehen.[3][4][5]

Ziegenrück kam 1567 mit den „assekurierten Ämtern“ in den Pfandbesitz und ab 1660 in den vollständigen Besitz des albertinischen Kurfürstentums, gehörte damit bis 1815 zum Neustädter Kreis des Königreichs Sachsen (Amt Ziegenrück) und wurde dann Kreisstadt im Regierungsbezirk Erfurt der preußischen Provinz Sachsen (Kreis Ziegenrück). Grund dieser außergewöhnlichen Verwaltungsart war wohl die Vermählung am 24. August 1300 vom Markgraf Friedrich der Freidige und Elisabeth, der 14-jährigen Tochter seiner Stiefmutter aus der Verbindung mit Otto von Lobdeburg-Arnshaugk. Deshalb brachte die junge Frau Neustadt an der Orla, Auma, Ziegenrück und ein Viertel der Stadt Jena mit in die Ehe. Nicht nur Friedrich wurde vom Kaiser begünstigt, sondern auch der landgräfliche Vormund Heinrich von Plauen der Elisabeth, dem auch Gebiete übereignet worden sind. Friedrich überließ zudem den Reußen die Burgen Triptis, Auma und Ziegenrück als Unterpfand für die Summe von 3000 Schock Meißner Groschen, die er schuldete und der Kaiser stimmte zu.[6]

1894 erreichte die Oberlandbahn aus Triptis Ziegenrück, ein Jahr später folgte die Fortsetzung nach Lobenstein.

Während des Zweiten Weltkriegs mussten zahlreiche Kriegsgefangene und Arbeitskräfte aus der Sowjetunion Zwangsarbeit verrichten. 16 Opfer der Zwangsarbeit sind auf dem Ehrenfriedhof in der Parkanlage am Saaleufer begraben. Dort wurde 1985 eine Stele zur Erinnerung an den Todesmarsch aufgerichtet, bei dem im April 1945 fünf KZ-Häftlinge auf der Straße von Paska nach Ziegenrück ihr Leben verloren.[7]

Am 1. Oktober 1945 wurde der Landkreis Ziegenrück aufgelöst. Dabei ordnete man die Stadt Ziegenrück dem Landkreis Saalfeld zu. 1952 wurde der Ort Teil des Kreises Schleiz im Bezirk Gera. 1994 ging der Kreis Schleiz im Saale-Orla-Kreis auf.

Einwohnerentwicklung

Entwicklung der Einwohnerzahl (ab 1994: Stand jeweils 31. Dezember):

Feuerwehrhaus Ziegenrück

1833 bis 1994

  • 1833: 694
  • 1890: 1.072[8]
  • 1933: 1.247[8]
  • 1939: 1.191[8]
  • 1994: 998

1995 bis 1999

  • 1995: 966
  • 1996: 931
  • 1997: 925
  • 1998: 906
  • 1999: 883

2000 bis 2004

  • 2000: 858
  • 2001: 838
  • 2002: 828
  • 2003: 806
  • 2004: 791

2005 bis 2009

  • 2005: 785
  • 2006: 758
  • 2007: 738
  • 2008: 722
  • 2009: 731

2010 bis 2014

  • 2010: 731
  • 2011: 722
  • 2012: 717
  • 2013: 700
  • 2014: 677
Datenquelle ab 1994: Thüringer Landesamt für Statistik

Politik

Ziegenrück ist Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Ranis-Ziegenrück mit Sitz in Ranis.

Stadtrat

Die Gemeinderatswahl am 25. Mai 2014 führte bei einer Wahlbeteiligung von 48,4 % zu folgendem Ergebnis:

  • Ziegenrücker Karnevalsgesellschaft Blau-Weiß 1984 e.V.: 433 Stimmen, 5 Sitze, 53,3 % Stimmenanteil
  • Fremdenverkehrsverein Ziegenrück e.V. 380 Stimmen, 3 Sitze, 46,7 % Stimmenanteil

Wappen

Blasonierung: „In Silber eine linksgewendete schwarze Ziege, über deren Rücken schwebend ein dreitürmiges rotes Gebäude mit erhöhtem Mittelturm.“[9]

Sehenswürdigkeiten

Wasserkraftmuseum
Saalebrücke (Schulstraße) Ziegenrück

Im Kern der Altstadt liegt die Stadtkirche St. Bartholomäus und St. Nikolaus. Sie wurde erstmals 1264 erwähnt und stammt in ihrer heutigen Form aus dem 14./15. Jahrhundert. Nach einem Brand 1656 wurde sie im Äußeren etwas verändert. Am Marktplatz befinden sich einige Fachwerkhäuser aus dem 16./17. Jahrhundert, unter anderem das Pfarrhaus von 1650.

Über der Stadt auf dem Schlossberg befindet sich die Kemenate Ziegenrück, die aus dem ersten Viertel des 15. Jahrhunderts stammt. Sie ist der letzte erhaltene Teil der 1550 zerstörten Burg an dieser Stelle und mit den Anlagen in Orlamünde und Reinstädt vergleichbar.

Durch Ziegenrück verlaufen der Bergwanderweg Eisenach–Budapest, der Saale-Orla-Wanderweg und der Saale-Radweg. Hier endet von Rügen kommend der Fernwanderweg Ostsee-Saaletalsperren.

Saaleviadukt Ziegenrück
Eisenbahnüberführung über die Straße ins Plothental

Sehenswert ist auch das Wasserkraftmuseum, das die Nutzung der Wasserkraft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dokumentiert. Die 1558 urkundlich erwähnte ehemalige Fernmühle wurde 1900 zum Laufwasserkraftwerk umgebaut und versorgte die hiesige Kartonagenfabrik mit Strom. Das 1965 stillgelegte und als technisches Denkmal erhaltene Werk veranschaulicht die Anfänge der Elektrifizierung.[10] Das Wasserkraftmuseum bietet auch regelmäßig Sonderausstellungen an mit verschiedenen Themen die auf eine oder andere Weise mit Wasser und Wasserkraftgewinnung verbunden sind.

Kultur

Die Poetenstube im Zentrum von Ziegenrück bietet regelmäßig Poesielesungen und Kunstausstellungen an. Die Poetenstube hat auch eine kleine Bibliothek anzubieten.

In der Treffpunkt Foto Galerie am Platz der Jugend im Zentrum von Ziegenrück gibt es eine Dauerausstellung von Fotokunst mit Bildern von Ziegenrück und Umgebung. Weiterhin finden auch monatlich Sonderausstellungen statt mit anderen Themen. Mit über 50 Kunstwerken und freiem Eintritt hat sich die Galerie zu einer vielbesuchten Attraktion für Touristen und Wochenendbesucher der Stadt entwickelt.

Die ehemalige Katholische Kirche in der Paskaer Straße hat sich auch seit der Übernahme durch Privatbesitzer in ein Kulturzentrum verwandelt wo regelmäßig Konzerte und Ausstellungen stattfinden.

Wirtschaft und Infrastruktur

Die Wirtschaft Ziegenrücks ist von der Saale geprägt. Diente sie früher vor allem der Flößerei, so ist heute die Wasserkraft zur Stromerzeugung von Bedeutung.

1895 erhielt Ziegenrück einen Bahnanschluss an der Bahnstrecke Triptis–Marxgrün, die die Stadt mit Gera im Norden und Hof im Süden verband. 1945 wurde diese Strecke durch die innerdeutsche Grenze unterbrochen und nur noch bis Blankenstein betrieben. 1998 wurde sie stillgelegt. Ein Eisenbahnviadukt über die Saale im Süden und eine ihr ähnelnde Straßenüberführung im Norden der Innenstadt verweisen noch auf den Verlauf der Bahnstrecke.

Über Landesstraßen ist Ziegenrück mit Pößneck im Norden, Auma im Nordosten, Schleiz im Osten und Bad Lobenstein im Süden verbunden.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Karl Rühl: Ziegenrück im oberen Saaletal. Festschrift zur 31. Haupt-Versammlung des Thüringerwald-Vereins in Ziegenrück. 1910.

Einzelnachweise

  1. Bevölkerung der Gemeinden vom Thüringer Landesamt für Statistik (Hilfe dazu).
  2. Werner Diezel: Mühlen zwischen oberer Saale und Thüringer Becken. Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza 2012, ISBN 978-3-86777-453-6, S. 18.
  3. Thomas Bienert: Mittelalterliche Burgen in Thüringen. Wartberg Verlag, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-631-1, S. 225.
  4. Michael Köhler: Thüringer Burgen und befestigte vor- und frühgeschichtliche Wohnplätze. Jenzig Verlag, 2001, ISBN 3-910141-43-9, S. 279.
  5. Burg Ziegenrück
  6. Wilfried Warsitzka: Die Thüringer Landgrafen. Verlag Dr. Bussert & Stadeler, 2004, ISBN 3-932906-22-5, S. 260, 293, 294.
  7. Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Studienkreis deutscher Widerstand 1933–1945 (Hrsg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933–1945. In: Heimatgeschichtliche Wegweiser. Band 8: Thüringen. Erfurt 2003, ISBN 3-88864-343-0, S. 230.
  8. a b c verwaltungsgeschichte.de
  9. Arbeitsgemeinschaft Thüringen e. V. (Hrsg.): Neues Thüringer Wappenbuch. Band 2, 1998, ISBN 3-9804487-2-X, S. 48.
  10. Historischer Führer - Stätten und Denkmale der Geschichte in den Bezirken Erfurt, Gera, Suhl, Urania-Verlag Leipzig-Jena-Berlin, Leipzig 1978, S. 158
  11. Robert Eitner: Musculus, Balthasar. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 23, Duncker & Humblot, Leipzig 1886, S. 94.
  12. Hermann Palm: Dornau, Caspar. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 351 f.

Weblinks

Commons: Ziegenrück – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien