Französische Streitkräfte

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Flagge Französische Streitkräfte
Forces armées françaises
Führung
Oberbefehlshaber: Staatspräsident Emmanuel Macron
Verteidigungsminister: Ministerin Florence Parly
Militärischer Befehlshaber: Chef d'État-Major des Armées François Lecointre
Militärische Führung: Generalstab der Streitkräfte
Militärische Stärke
Aktive Soldaten: 227.000[1]
Wehrpflicht: Nein
Wehrtaugliche Bevölkerung: 27.181.048 (Männer und Frauen; Alter 17–49/ 2005; Schätzung)[2]
Wehrtauglichkeitsalter: Vollendetes 18. Lebensjahr, Verpflichtung ab dem voll­endeten 17. Lebensjahr mit Zustimmung der Eltern möglich.[2]
Anteil Soldaten an Gesamtbevölkerung: 0,57 %
Haushalt
Militärbudget: 38,445 Mrd. €[1]
Anteil am Bruttoinlandsprodukt: 1,9 %[1]
Geschichte

Die französischen Streitkräfte (französisch Forces armées françaises, auch Armée française) sind das Militär der Französischen Republik und zählen zu den schlagkräftigsten der Welt. Der französische Staatspräsident ist mit dem Titel „chef des armées“ Oberbefehlshaber der Streitkräfte, er stellt die oberste Behörde für militärische Angelegenheiten dar und ist der einzige, der einen nuklearen Angriff anordnen kann. Seit Juni 2009 ist Frankreich wieder Vollmitglied der NATO, nachdem es sich 1966 aus der militärischen Struktur des Bündnisses zurückgezogen hatte.[3] Der französische Verteidigungsetat war 2009 der dritthöchste, 2013 nur noch der fünfthöchste der Welt.

Zur Gesamtstärke der französischen Streitkräfte zählt traditionell die Gendarmerie nationale mit ihren rund 100.000 Angehörigen, die Berufsfeuerwehr von Paris (gehört zur Pioniertruppe) und die Berufsfeuerwehr von Marseille (gehört zur Marine). Effektiv gesehen verfügte Frankreich im Jahr 2009 über rund 245.000 Soldaten im eigentlichen Sinn.

Auftrag

Der Auftrag der französischen Streitkräfte besteht im weitesten Sinne in der Sicherung der nationalen Unabhängigkeit. Der Artikel 1111-1 des französischen Code de la défense[4] benannte von 1959 bis 2009[5] den Auftrag folgendermaßen:

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Die „Integrität des Territoriums“ bezieht sich sowohl auf das französische Mutterland (France métropolitaine) als auch auf die Übersee-Départements (DROM-COM). Dem Schutz der Bevölkerung dienen ebenso humanitäre Einsätze.

Der Auftrag französischen Streitkräfte umfasst (Stand Januar 2007) die Teilnahme am Eurokorps, an internationalen Friedensmissionen sowie am Krieg gegen den Terrorismus[6].

Teilstreitkräfte

Das französische Militär gliedert sich in vier Teilstreitkräfte. Außer den üblichen Teilstreitkräften Heer, Marine und Luftstreitkraft gibt es im Rahmen des französischen Zentralismus eine nationale Polizei, die Gendarmerie nationale. Darüber hinaus erachtet Frankreich seine nukleare Abschreckung als so wichtig, dass auch diese in einer eigenen Streitkraft (Force de dissuasion nucléaire de la France) zum Tragen kommt, die aus Elementen der Marine und Luftstreitkräfte besteht. Das französische Nukleararsenal ist das viertgrößte der Welt hinter dem der USA, Russlands und Chinas.

2010 betrug der Frauenanteil in den Streitkräften 15,5 %.

Heer

Ein Soldat des 35. Infanterieregiments während eines Einsatzes in Afghanistan im Juni 2005

Die Armée de Terre ist mit 77.000 Soldaten (Stand: 2016) die größte der vier Teilstreitkräfte. Diese können auf einen Fuhrpark von 254 Kampfpanzern (Leclerc), 4648 gepanzerte und geschützte Fahrzeuge, 121 Artilleriegeschütze, sowie 260 Kampf- und Transporthubschrauber zurückgreifen. Weitere 90 sollen bis 2019 zugeführt werden. Außerdem ist die Fremdenlegion dem Heer unterstellt.

Luftstreitkraft

Die Armée de l’air ist mit 60.649 Mann[7] die zweitgrößte Teilstreitkraft. Sie ist in zwei Luftregionen (Nord und Süd) und zwei Luftverteidigungssektoren eingeteilt. Auf sie verteilen sich circa 530 Kampfflugzeuge (u. a. 234 Dassault Rafale, Dassault Mirage 2000, und 80 Dassault Mirage F1), 131 Transportflugzeuge (unter anderem 55 Transall), 323 Schulflugzeuge (unter anderem 146 Alpha Jet) sowie 86 Hubschrauber.

Marine

Die Marine nationale ist in drei Abteilungen gegliedert. Die reguläre Marine mit 43.596 Soldaten[7], die Marineinfanterie (franz. Infanterie de marine) mit rund 12.000 Mann, sowie die Marineflieger (Aviation navale) mit einer Personalstärke von 6.800. Die Marine ist eingeteilt in die Kommandos Atlantik, Mittelmeer, Indischer Ozean und Pazifischer Ozean. Sie verfügt über 66 Kriegsschiffe und 162 Flugzeuge – davon 138 Kampfflugzeuge, unter anderem auch vom Typ Dassault Rafale. Flaggschiff der Marine nationale ist der Flugzeugträger Charles de Gaulle. Neben Russland ist Frankreich als einziges europäisches Land mit einem CTOL-Flugzeugträger mit Fangseilen und Startkatapulten ausgestattet, ähnlich den US-amerikanischen Trägern. Bestandteil der Marine sind auch sechs atomgetriebe Jagd-U-Boote (SNA) und vier Atom-U-Boote mit Interkontinentalraketen (SNLE).

(Siehe auch Geschichte der Französischen Marine)

Gendarmerie nationale

Die Gendarmerie nationale ist ein Polizeiverband der Republik Frankreich. Sie ist Teil der Streitkräfte und daher im Unterschied zu den übrigen Polizeikräften dem Verteidigungsministerium unterstellt. Sie nimmt in der Rangordnung der Teilstreitkräfte Frankreichs den ersten Platz ein und besteht heute aus 97.864 Beamten.[7]

Atomstreitmacht

Frankreich unterhält mit der Force de dissuasion nucléaire de la France (ugs. force de frappe) einen eigenständigen nuklearen Abschreckungsapparat mit rund 350 Sprengköpfen. In diesen fließen rund 10 % des Wehretats, das ist der doppelte Anteil der britischen Nuklearstreitkräfte. Kritiker sind der Meinung, allein dieser teure Apparat verleihe der französischen Außenpolitik ihr momentanes Gewicht, über das Frankreich weder wirtschaftlich noch politisch oder mit seinen konventionellen Streitkräften z. B. im Vergleich mit den anderen ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates verfüge.

Organisation

Ministerialebene

Laut Artikel 15 der französischen Verfassung ist der Staatspräsident "Chef des armées" und damit Oberbefehlshaber der französischen Streitkräfte. Er ernennt die obersten Offiziere und entscheidet über die nötigen Ressourcen für die Armee. Ebenfalls steht er den Verteidigungsräten (welche die Gesamtstrategie planen) vor und ist der einzige, der einen direkten Einsatz von Atomwaffen anordnen kann. Derzeitiger Präsident ist Emmanuel Macron.

Verteidigungsministerin ist seit dem 21. Juni 2017 Florence Parly, die dessen Aufgabe tagespolitisch ausführt. Der Ministerin arbeiten ein ministeriales Rechnungsprüfungsbüro und eine Delegation für strategische Angelegenheiten zu. Die Stabschefs der einzelnen Streitkräfte schließen sich zu einem Generalstab zusammen und beraten die Ministerin, gleichrangig mit einer Abteilung für Rüstungsbeschaffung und einem Generalsekretär für die Verwaltung.[8]

Wehrpflicht

1997 wurde die Aussetzung der Wehrpflicht mit Ende 2002 beschlossen. Ab Mitte 2001 wurden vorzeitig keine Wehrpflichtigen mehr eingezogen und seit Anfang 2002 sind die französischen Streitkräfte eine Freiwilligenarmee.[9][10][11] Es besteht weiterhin die Pflicht zur Wehrerfassung, die auch auf Mädchen ausgeweitet wurde.[12][13]

Grund für die Aussetzung war die hohe Anzahl an Freiwilligen, die sich im Laufe der Jahre gemeldet hatten. In der Verteidigungsreform 1997 war nicht nur die Aussetzung der Wehrpflicht, sondern eine umfassende Modernisierung des Militärs beschlossen worden, deren Beginn mit den eingesparten Mitteln vorgezogen werden konnte.

Weitere Entwicklung

Das am 17. Juni 2008 vorgestellte Weißbuch legte die Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Streitkräfte in den kommenden Jahren fest. Demnach solle der Verteidigungsetat auf dem Stand von 2008 festgeschrieben und ab 2012 jährlich um ein Prozent erhöht werden. Die Streitkräfte sollten von 271.000 Mann im Jahr 2008 auf 225.000 Mann bis 2012 schrumpfen. Am Ende dieses Prozesses sollte das Heer 131.000, die Luftwaffe 50.000 und die Marine 44.000 Soldaten umfassen. 10.000 Mann sollen ständig im Heimatland bereitgehalten werden, um im Fall eines größeren Terroranschlags sofort eingreifen zu können. Statt der bislang 50.000 Mann, die innerhalb von sechs Monaten in ein bis zu 8000 Kilometer entferntes Krisengebiet verlegt werden können, sollten dafür nur noch 30.000 bereitstehen. Ebenfalls bis 2012 sollten 83 Militärstützpunkte geschlossen und mehrere Einheiten aufgelöst werden. Die verbleibenden sollten an 80 Militärstandorten gebündelt werden.

Die 10.000 Mann umfassende und auf mehrere Standorte verteilte französische Dauer-Militärpräsenz in Afrika sollte wegen ihrer hohen Kosten drastisch verringert werden. Lediglich ein großer Stützpunkt in West- und einer in Ostafrika sollten bestehen bleiben. Dagegen sollte Asien stärker in den Brennpunkt des Militärengagements im Ausland rücken. Zudem schlug das Weißbuch vor, die Europäische Union in die Lage zu versetzen, bis zu drei friedenserhaltende militärische Auslandsmissionen gleichzeitig zu betreiben, und allgemein die militärische Zusammenarbeit innerhalb der EU zu verstärken. Dieses Ziel wollte Nicolas Sarkozy, Staatspräsident bis 2012, mit der von ihm verfolgten vollständigen Wiedereingliederung Frankreichs in die NATO sowie die Europäisierung der französischen Rüstungsindustrie erreichen.

Das Geld, das durch die Verringerung der Mannschaftsstärke und der Zahl der Stützpunkte frei würde, sollte in moderne Ausrüstung fließen. Für 2009 war geplant, den Posten für neue Rüstungsgüter gegenüber dem Vorjahr um 2,8 Milliarden auf dann 18 Milliarden Euro zu erhöhen. Wichtigste Anschaffungsprojekte bis 2012 waren 250 Leclerc-Panzer, 650 Schützenpanzer vom Typ Véhicule Blindé de Combat d’Infanterie, 80 Kampf- und 130 Transporthubschrauber sowie 25.000 moderne Kampfanzüge vom Typ FÉLIN. Die Marine sollte 18 Zerstörer und Fregatten, sechs Atom-U-Boote und eine Fliegerstaffel erhalten. Allerdings sollten nur 200 statt der ursprünglich geplanten 300 Kampfflugzeuge des Typs Dassault Rafale gekauft werden.

2013 gaben die Streitkräfte etwa 6 Milliarden Euro für Reparaturen und Wartung aus (nominell etwa 20 Prozent mehr als im Jahr 2000); trotzdem gilt der Zustand vieler Wehrmaterialien als schlecht. Die Wirtschaftskrise 2009/10, die Eurokrise, Frankreichs Staatsschulden, die Neuverschuldungsquote, die Außenhandelsbilanz und andere Faktoren nötigen Frankreichs Politik zum Sparen.[14]

Inzwischen ist 2013 ein neues Weißbuch erschienen, in dem teilweise andere Vorgaben gemacht wurden.

Siehe auch

  • Deutsch-Französische Brigade (seit 1989)
  • Dienstgrade der französischen Streitkräfte
  • Geschichte des französischen Heeres
  • Der Ausdruck Armee erscheint historisch in den Namen der fünf Armeen, als Regionen Frankreichs zugeordnete Großverbände, von denen ...
    • Die 1ere armée (Frankreich), auch „Première armée française“ (deutsch 1. Armee Frankreichs) wieder in der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs u. a. aus der regulären französischen B-Armee (in den Kolonien) aufgestellt und nach Kämpfen in Deutschland 1946 in Frankreich demobilisiert wurde (8 Brigaden/Divisionen).
    • Die 2e armée (deutsch 2. Armee) kämpfte als Teil des Heeres im Ersten und Zweiten Weltkrieg, in letzterem sie aufgelöst wurde.
  • Die Forces françaises en Allemagne (FFA) (übersetzt Französische Streitkräfte in Deutschland) gingen aus Teilen der 1ere Armée hervor und besetzten als Siegermacht im Rahmen des Viermächte-Status Südwestdeutschland in der Französischen Zone. Sie wurden 1949 in Troupes Françaises d’Occupation en Allemagne, 1950 in Forces Françaises en Allemagne, 1993 in Forces françaises stationnées en Allemagne (FFSA) und 1999 in Forces françaises et éléments civils stationnés en Allemagne (FFECSA) umbenannt.
  • Fremdenlegion (seit 1831)

Literatur

  • The World Defence Almanac 2006. Mönch Publishing Group, Bonn 2006

Weblinks

Commons: Französische Streitkräfte – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Financial and Economic Data Relating to NATO Defence. (PDF, 99kB) Press Release PR/CP(2012)047. In: NATO Public Diplomacy Division. 13. April 2012, abgerufen am 14. März 2013.
  2. a b CIA World Factbook: Militärsektion aus dem Artikel über Frankreich. (englisch), Militärsektion aus dem Artikel über Frankreich. Funddatum: 27. Januar 2007.
  3. Y-Magazin der Bundeswehr: Frankreich wieder drin 14. Juli 2009
  4. Archivlink (Memento des Originals vom 19. August 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/codes.droit.org
  5. Ordonnance 59-147 vom 7. Januar 1959, geändert mit Gesetz vom 29. Juli 2009; Näheres und Belege bei fr:Sécurité nationale sowie z. B. Jacques Aben & Julien Malizard (2013), Sécurité nationale et décentralisation, in: Liber amicorum: Hommage en l'honneur du professeur Jacques Fontanel, Verlag L' Harmattan 2013, S. 21–36
  6. Siehe die Abteilung Missions générales beim frz. Verteidigungsministerium. Eingesehen am 20. Januar 2007.
  7. a b c „Financial and Economic Data Relating to NATO Defence“, Press Release Communique PR/CP(2009)009, NATO Public Diplomacy Division, 19. Februar 2009 (PDF, 128kB)
  8. Organigramm des Verteidigungsministeriums bei der französischen Botschaft in den USA. Funddatum: 21. Januar 2007 (Memento des Originals vom 27. September 2006 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.info-france-usa.org
  9. The death of conscription – Bericht der BBC vom 29. Juni 2001. Funddatum: 3. Februar 2007
  10. Die englische Version der Militärseite Checkpoint mit einer Meldung. Funddatum: 3. Februar 2007
  11. BBC News: France salutes end of military service
  12. Verteidigung: Der französische Weg zur Berufsarmee. Französische Botschaft in Berlin, 11. Dezember 2015, abgerufen am 23. September 2017.
  13. Verteidigung: Wehrpflicht und Professionalisierung der Streitkräfte. Französische Botschaft in Berlin, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 27. Januar 2012.@1@2Vorlage:Toter Link/www.botschaft-frankreich.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  14. FAZ.net 14. Oktober 2014: Sakrosankt, aber nicht einsatzbereit (wie die Bundeswehr sind auch die französischen Streitkräfte in einem schlechten Zustand)