Klassizismus

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Die Glyptothek in München

Klassizismus bezeichnet als kunstgeschichtliche Epoche den Zeitraum etwa zwischen 1770 und 1840.[1] Der Klassizismus löste den Barock bzw. das Rokoko ab. Zum Klassizismus gehören die Stile Louis-seize, Biedermeier und Empire. Die Epoche wurde in der Malerei, Literatur und (teilweise) Musik außerdem von der Romantik begleitet und in der Architektur vom Historismus abgelöst. Für die Musik der Epoche (bis in die 1820er Jahre) ist etwas abweichend der Begriff Klassik bzw. Wiener Klassik üblich.

Im Verhältnis zum Barock kann der Klassizismus als künstlerisches Gegenprogramm aufgefasst werden. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gelangte er nach einer ersten Phase der Koexistenz durch die anhaltenden Diskussionen über die ästhetischen Leitbilder des Barock zur Vorherrschaft. Der Klassizismus in der Architektur basiert auf dem Formenkanon des griechischen Tempelbaus, lehnt sich teilweise aber auch an die italienische Frührenaissance an.

Der Klassizismus hat sich von Europa aus global verbreitet und wird bis heute in Anlehnung an die klassizistische Epoche als sich universell einpassende und harmonische klassische Architektursprache verwendet.

Die Prinzessinnengruppe von Johann Gottfried Schadow

Begriff

Der Begriff findet auch im Sinn eines künstlerischen Rückgriffs auf antike griechische oder römische Vorbilder seine Verwendung. So trat er bereits seit dem 17. Jahrhundert in den europäischen Künsten in verschiedenen Strömungen, Themenstellungen und unterschiedlichen regionalen Ausprägungen in Architektur, Malerei und Plastik in Erscheinung (siehe Classicisme).

Im romanischen Sprachraum (Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch …) und im Englischen wird der Klassizismus als „Neoklassizismus“ bezeichnet, während im deutschsprachigen Raum unter Neoklassizismus eine Strömung des Historismus im frühen 20. Jahrhundert verstanden wird.

Der Begriff ist im europäischen Sprachraum mehrdeutig und bezieht sich meist nicht auf ein und dieselbe Kunstepoche. Seit der Renaissance entstanden klassizistische Unterströmungen, die auch in der Zeit des Barock immer wirksam waren. So bezeichnet man beispielsweise die Baukunst Palladios (1508–1580) und seiner Nachfolger als Klassizismus (siehe Palladianismus), sowie eine bestimmte Strömung in der Malerei des 17. Jahrhunderts, die vor allem auf die Antike und Raffael als Ideal zurückgriff, und zu denen als bedeutendste Vertreter Guido Reni, Domenichino, Albani, Claude Lorrain und Nicolas Poussin gehörten. Als Klassizismus benennt man ferner die Kunst Frankreichs und Englands im 17. Jahrhundert (siehe klassizistischer Barock). So wird für die im deutschsprachigen Raum als Klassizismus bezeichnete Epoche in England, Frankreich, Spanien und Italien, aber auch in Polen, in der Türkei und in Griechenland der Begriff Neo-Klassizismus verwendet, der teilweise auch im Deutschen übernommen wurde.

Geschichtliche Entwicklung

Ballhaus am Schloss Wilhelmshöhe in Kassel

Frühklassizismus

Im 18. Jahrhundert galt der neue Stil als Gegenmodell zur Kunst des Barock mit einer läuternden Vereinfachung der Formen. Gegenüber dem vorangegangenen Rokoko zeichnet sich der Klassizismus durch eine Rückkehr zu geradlinigen, schlichteren, klaren Formen und einer stärkeren Anlehnung an klassisch-antike Vorbilder, aber nicht selten auch durch eine gewisse rationale Kühle, aus.

Ausgelöst wurde der Klassizismus insbesondere durch die archäologischen Ausgrabungen in Pompeji und Herculaneum und die darüber zirkulierenden Veröffentlichungen und Kupferstiche. Als geistiger Begründer im deutschsprachigen Raum gilt Johann Joachim Winckelmann, der in Rom für Kardinal Alessandro Albani wirkte.

„Der einzige Weg für uns, groß, ja, wenn es möglich ist, unnachahmlich zu werden, ist die Nachahmung der Alten.“[2]

„Das allgemeine vorzügliche Kennzeichen der griechischen Meisterstücke ist endlich eine edle Einfalt, und eine stille Größe, sowohl in der Stellung als im Ausdrucke. So wie die Tiefe des Meers allezeit ruhig bleibt, die Oberfläche mag noch so wüten, ebenso zeiget der Ausdruck in den Figuren der Griechen bei allen Leidenschaften eine große und gesetzte Seele.“[3]

Deckendekor „Tanz der Bacchen“ in der Galleria Borghese, Rom. Die tanzenden Figuren und andere Elemente sind von antiken Wandmalereien beeinflusst und wurden ein beliebtes Motiv der klassizistischen Dekoration
Ägyptischer Dekor in der Galleria Borghese, Rom

In Italien wurde allein durch die räumliche Nähe zu den antiken Stätten insbesondere in der Innendekoration Bedeutendes geschaffen. So ließ Kardinal Albani ab ca. 1750 seine gleichnamige Villa in Rom im klassizistischen Sinne gestalten, unter Beteiligung von Carlo Marchionni, Winckelmann, Anton Raphael Mengs, Paolo Anesi und dem Bildhauer Bertel Thorvaldsen.[4] Typisch war dabei die ausgiebige Verwendung von Marmor und u. a. die Einbeziehung von ganzen Antikensammlungen mit Büsten, Statuen, Reliefs und sogar Mosaiken, die als Dekoration in den Baukörper integriert wurden (was allerdings seit der Renaissance eine römische Tradition war).[5] Ein ähnliches und noch berühmteres Beispiel dafür ist die Umgestaltung der Villa Borghese unter Marcantonio IV. Borghese (1730–1800) im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, an der zahlreiche Künstler beteiligt waren, u. a. der Architekt Antonio Asprucci, Domenico Corvi, Mariano Rossi, Giuseppe Cades, Felice Giani, Anton von Maron, Gavin Hamilton, Vincenzo Camuccini und Luigi Valadier.[6] In der Dekoration wurden dabei auch Elemente der antiken Wandmalereien in Pompeji und andernorts verwendet, sowie Grotesken im pompejanischen Stil und alt-ägyptische Elemente (Sphingen, Ibisse, Hieroglyphen u. ä.; siehe Abbildung).[7]
In einer weniger direkten Weise mit dem antiken Vorbild verbunden sind die Bauten von Luigi Vanvitelli, u. a. der Neubau der Kirche Santissima Annunziata Maggiore in Neapel (ab 1757), und der monumentale Königspalast von Caserta, dessen Innendekoration sich noch bis in den Empire und Spätklassizismus hinzog, und von seinem Sohn Carlo weitergeführt wurde. Ein bedeutendes Hauptwerk von Carlo Vanvitelli ist die klassizistische Umgestaltung der Kirche Santissima Trinità dei Pellegrini in Neapel.

Das Panthéon in Paris

In Frankreich beginnt die Epoche, die dort als néo-classicisme bezeichnet wird, bereits in der Regierungszeit Ludwigs XV. Während einer Übergangszeit von etwa 1750 bis 1760, die als style transition bezeichnet wird, finden sowohl Elemente des Rokoko, des goût pittoresque als auch klassische Formen Verwendung. Der Frühklassizismus wird in Frankreich auch als goût grec bezeichnet und geht nach 1770 in den goût étrusque des Louis-seize aus der Regierungszeit Ludwigs XVI. über. Einen wichtigen Einfluss übte die von Jacques-François Blondel 1743 gegründete Architekturakademie aus, die die griechische Antike zum Ideal erhob.[8] Einer der ersten Bauten im neuen Stil war die Kirche Sainte-Geneviève (das heutige Panthéon) in Paris, die nach Plänen Germain Soufflots zwischen 1764 und 1790 entstand und später u. a. zum Vorbild für das Kapitol in Washington wurde.[9] Der vielleicht bekannteste französische Architekt des frühen französischen néoclassicisme ist Jacques Louis Gabriel, der in Paris die Place de la Concorde entwarf, ab 1761 das Petit Trianon[10] erbaute und auch mit der Erneuerung der Stadtfassade von Schloss Versailles betraut wurde, von der jedoch nur der rechte Gabriel-Flügel errichtet wurde (im 19. Jahrhundert aus symmetrischen Gründen links der identische „Flügel Defour“).[11]

In Großbritannien gab es bereits eine durchgehend klassizistische Tradition mit dem Palladianismus, zu der im „Neo“-Klassizismus eine neue Inspiration durch antike griechische Baudenkmäler hinzutrat. Die erste frühklassizistische Phase fällt unter den Begriff des Late Georgian. Die bedeutendsten Vertreter des englischen Frühklassizismus waren Robert und James Adam, die einen eigenen Adamstyle kreierten,[12] der aufgrund von Publikationen auch international einen gewissen Einfluss ausübte, besonders in der Innendekoration. Andere Vertreter waren William Chambers und John Soane.[13]

In der älteren deutschen Kunstgeschichte wird der Übergang von spätbarocken Formen zum Klassizismus bisweilen als Zopfstil bezeichnet. Benannt ist er nach dem Zopf, in dem die barocke Blumengirlande zu einem dünnen Band reduziert wird.
Als eines der ersten klassizistisch beeinflussten Bauwerke in Deutschland entstand bereits 1741–1743 in Berlin die Hofoper Unter den Linden[14] (im Inneren jedoch damals noch Rokoko), ebenfalls für Friedrich den Großen wurde außerdem 1763–1769 das Neue Palais in Potsdam erbaut (zum Teil nach Palladio und englischen Vorbildern),[15] das im Inneren eine Mischung von Rokoko- und klassizistischen Dekorationen hat; zu den Architekten gehörte u. a. Carl von Gontard. Eines der berühmtesten Bauten des Klassizismus ist das Brandenburger Tor (1789–1793) von Carl Gotthard Langhans.[16]

Das Palais Vischer in Calw ist ein Beispiel für den Schwäbischen Klassizismus. Durch den warm getönten und weichen rosa Sandstein wirkt es beinahe barock und völlig untypisch für Klassizismus

Bedeutende frühklassizistische Schlossanlagen sind auch Schloss Ludwigslust bei Schwerin (Mecklenburg) und das durch Simon Louis du Rhy erbaute Schloss Wilhelmshöhe (1786–1798) in Kassel (Hessen), dessen Inneneinrichtung im Großen und Ganzen bereits dem nachfolgenden Empirestil angehört. Zu du Rhys Hauptwerken gehört auch das Kasseler Fridericianum (1769–1779), das erste öffentliche Museumsgebäude in Europa.[17] In Stuttgart und Umgebung gab es ab etwa 1770 ebenfalls eine Blüte des klassizistischen Stils in der Ausprägung des sogenannten schwäbischen Klassizismus, zu dem u. a. die Maler Friedrich Heinrich Füger, Eberhard Wächter und Alexander Bruckmann gezählt werden.

In Österreich fällt der Frühklassizismus mit der Regierungszeit Josephs II. zusammen, der auch neue Bauaufgaben initiiert hat: Kirchen für neue Pfarrsprengel, Krankenhäuser, öffentliche Schulen und Parks (siehe Josephinismus).

Einen ungewöhnlich hohen klassizistischen Baubestand aus der zweiten Hälfte des 18. und dem frühen 19. Jahrhundert gibt es in Portugal, besonders in Lissabon (und Umgebung), das in dem verheerenden Erdbeben von 1755 fast völlig zerstört, und danach in den neuen Stilformen und mit einem schachbrettartigen Grundriss in der Innenstadt (der sogenannten Baixa) unter dem Marquês de Pombal wiederaufgebaut wurde. Zu den bedeutendsten Bauten gehören das Teatro São Carlos, das Ensemble um die Praça do Comércio und das erst in den 1840ern errichtete Teatro Dona Maria II.

Auch in Russland entstanden zahlreiche Bauten im Stil des Klassizismus, besonders in und um Sankt Petersburg. Einer der bedeutendsten Architekten war der Schotte Charles Cameron, der u. a. die Residenz Pawlowsk erbaute.[18]

Der Klassizismus der Revolution und des Empires

Der Arc de Triomphe de l’Étoile in Paris

Ab den 1790er Jahren entstand in Frankreich der Stil der „Revolutionsarchitektur“, wo immer wuchtigere Formen bevorzugt werden. Mit der Vereinnahmung der Revolution durch Napoleon Bonaparte kommt es dann zum besonders monumentalen Empirestil, der sich mit der Herrschaft des Kaisers über ganz Westeuropa und bis nach Russland ausbreitet (Sankt Petersburg). Bekannteste Bauwerke sind die Kirche Sainte Madeleine in Paris, die ab 1807 von Pierre-Alexandre Vignon im Stile eines griechischen Ruhmestempels ausgebaut wurde, und die von Chalgrin errichtete Arc de Triomphe (ab 1806). In der Malerei war Jacques-Louis David der Hauptexponent und Begründer des Klassizismus und wurde auch zum Anhänger der Revolution und später Hofmaler Napoleons.

In Großbritannien fasst man diese Zeit als Regency zusammen (nach der Herrschaft des Prinzregenten und künftigen Königs Georg IV.). Die bedeutendsten Vertreter der Architektur des sogenannten Greek Revival waren John Nash und Robert Smirke, der ab 1823 das British Museum erbaute.[19]

Die führenden klassizistischen Architekten des 19. Jahrhunderts in Deutschland waren Karl Friedrich Schinkel, der in Berlin und Umgebung zahlreiche Bauten schuf (u. a. Schauspielhaus (1819–1821) und Altes Museum (1824–1828)),[20] und Leo von Klenze, der zusammen mit Carl von Fischer und Friedrich von Gärtner vor allem für die klassizistische Umgestaltung Münchens unter Maximilian I. und Ludwig I. verantwortlich zeichnete (u. a. Glyptothek (1816–1830), Ludwigstraße, Ruhmeshalle (1843–1853)).[21] Klenze lieferte auch die Entwürfe für die Walhalla (1830–1842) bei Regensburg.[22]

Zeit der Restauration

Die ab 1810 entstandene klassizistische Planstadt Putbus auf der Insel Rügen, Circus

Die Architektur und Malerei des Biedermeier stellt eine Wendung ins Schlichtere und ‚Gemütliche‘ (Innendekoration) dar, die gleichwohl keine grundsätzliche ästhetische Abwendung vom Klassizismus bedeutet. In der Malerei hält sich diese Ästhetik bis in die 1870er Jahre, in der Architektur wird sie schon in der ersten Jahrhunderthälfte durch alternative Bauformen in Frage gestellt, am frühesten von der Neugotik. Gesellschaftlich werden die neuen Bauformen mit dem aufstrebenden Bürgertum und seinem Wunsch nach Repräsentation assoziiert. Paul Sprenger, ein wichtiger Repräsentant der späten klassizistischen Architektur in Österreich, wurde geradezu als „Metternich der Architektur“ bezeichnet.

Übergang zum Historismus

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts setzte eine Entwicklung vom Klassizismus hin zum Historismus ein. Eine prägende Stilform dieses Übergangs ist der Rundbogenstil, der ab etwa 1828, gedanklich untermauert durch die Schrift „In welchem Style sollen wir bauen?“ von Heinrich Hübsch, eine erste stilistische Transformation des Klassizismus einleitete.

Abgrenzung zum Historismus

Die Abgrenzung des Klassizismus zum Historismus ist weder chronologisch noch stilistisch ganz einfach. Einerseits ist der Klassizismus selbst ein „historisierender“ Stil, der sich an die Antike und deren Interpretation in der Renaissance anlehnt. Andererseits teilt der Historismus zum Teil dasselbe Formenrepertoire, besonders deutlich in der Neorenaissance. Dazu kommt noch, dass der Spätklassizismus durchaus eine Vorliebe für bestimmte Dekorationsformen, etwa aus der byzantinischen oder arabischen Kunst, zeigt. Der Grundzug des Historismus ist dann auch nicht so sehr die „Ablösung“ vom Klassizismus, sondern sein Einfügen in einen pluralistischen Kanon von Stilen – daher auch der Alternativbegriff Eklektizismus. Der schlagendste Unterschied ist die weitaus größere Dekorfreudigkeit der historistischen Bauten und Ausstattungen, die dem in der Gründerzeit reichgewordenen Bürgertum eher zusagte als der spartanische Stil der ersten Jahrhunderthälfte.

Als Übergangsbauwerk zwischen Klassizismus und Historismus in Österreich gilt die Altlerchenfelder Pfarrkirche, bei deren Bau eine Debatte über den „richtigen Stil“ geführt wurde, was schon die Geisteshaltung des Historismus ankündigt.

Unterschiede zum Historismus

Historismus, klassizierend: Parlament in Wien

Der programmatische Schwerpunkt auf der klassischen Antike unterscheidet den Klassizismus vom Historismus.

Im Gegensatz zum Klassizismus greift der Historismus auf zahlreiche andere Strömungen zurück: Neuromanik, Neugotik, Neorenaissance, Neobarock, Neorokoko. Ebenso existiert eine Neudeutung seiner selbst im Neohistorismus. Ferner findet der Klassizismus zur Wende des 19. zum 20. Jahrhundert als Neoklassizismus eine Neugeburt.

Im Historismus fehlt der Bezug auf die theoretischen Konzeptionen, wie sie etwa Vitruv und andere römische Bauforscher entwickelt haben, und die im Klassizismus als Kanon zugrunde gelegt werden. Der Zugang des Historismus zur klassisch-antikisierenden Formensprache ist eklektisch und auf formale Aspekte beschränkt.

Bildhauerkunst des Klassizismus

Christus und Engel von Bertel Thorvaldsen, Hauptaltar der Vor Frue Kirke, Kopenhagen

Der wohl größte und meist bewunderte Bildhauer der Epoche war der Italiener Antonio Canova,[23] der ab den 1770er Jahren bis um 1820 ein Meisterwerk nach dem anderen schuf. Sein Stil orientiert sich einerseits stark an der Antike, tendiert dabei jedoch zu großer Anmut und Eleganz; typisch ist auch eine sehr glatte, perfekte Oberflächenbearbeitung des Marmors. Er gilt als ein „Bahnbrecher“ des klassizistischen Stils,[24] seine Werke hatten einen großen Einfluss nicht nur auf andere Bildhauer, sondern auch auf die Malerei (z. B. auf Ingres).
In einem durchaus ähnlichen Stil arbeitete Bertel Thorvaldsen, ein Däne, der viele Jahre in Rom verbrachte, und der sich in der künstlerischen Qualität als einziger mit Canovas Kunst messen konnte;[25] er hatte auch viele Schüler, besonders von nördlich der Alpen.
In Frankreich wirkte in der frühen Periode Jean-Antoine Houdon, dessen Werk auch einen gewissen internationalen Einfluss hatte (u. a. Porträtbüsten von Voltaire (1779–1781, Comédie-Française, Paris) und von George Washington (1785, Capitol, Richmond)).[26] Die bedeutendsten deutschen Bildhauer der Zeit waren Johann Heinrich von Dannecker und Johann Gottfried Schadow, die beide in Rom mit Canova in Berührung gekommen waren.[27] Das berühmteste Werk von Schadow ist sein 1795 bis 1797 entstandenes und sehr lebensnahes Doppelporträt Die Prinzessinnen Luise und Friederike von Preußen (siehe Abbildung ganz oben), in dem er jedoch einem wesentlich weniger glatten Ideal als Canova und Thorvaldsen huldigt, und sich in einer noch beinahe rokokohaften Anmut und plastischem Faltenwurf profiliert.

Malerei des Klassizismus

In der Malerei lösten sich die Künstler von dem allegorischen Programm der Barockzeit und malten Szenen aus der griechischen und römischen Antike, die oft einen „patriotischen“ Hintersinn haben. Die Konturen werden klarer und die pastose Farbgebung verschwindet zugunsten eines flächigen Farbauftrages. Die koloristischen Aspekte der Malerei traten in den Hintergrund. Auf Farbigkeit konnte ein strenger Klassizist im Prinzip auch verzichten. Daher wirkt die Farbgebung eher kühl. Körpergrenzen werden zeichnerisch scharf abgegrenzt. Eine klar überschaubare und harmonische Komposition der Figuren, ein ruhiges Zeitmaß waltet in allen Gebärden.[28]

In Illustrationen sind Umrissradierungen für den Klassizismus charakteristisch.

Architektur des Klassizismus

Umbau des Altarraumes der Kirche am Hof in klassizistischen Stil (1789)

Die Architektur des Klassizismus orientiert sich stärker als vorherige Stile an dem antiken Bauten, vornehmlich griechischen Vorbildern. Portikus und Säulenordnung sind nun häufiger anzutreffen. Anwendung findet der Stil in fürstlichen und bürgerlichen Repräsentationsbauten, aber auch bei Bauwerken in traditionellen Bautechniken wie im Fachwerkbau. Seltener sind klassizistische Kirchen, hierbei dient der achteckige Turm der Winde oder das Pantheon als Vorbild.

Künstler des Klassizismus

Künstler, die dem Klassizismus zugeordnet werden, siehe:

Literatur

  • Fritz Baumgart: Vom Klassizismus zur Romantik. 1750–1832. Die Malerei im Jahrhundert der Aufklärung, Revolution und Restauration. DuMont Schauberg, Köln 1974, ISBN 3-7701-0490-0.
  • Andreas Beyer: Die Kunst des Klassizismus und der Romantik (= C.H.Beck Wissen. Band 2558). C.H. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-60762-2.
  • Martin Dönike: Pathos, Ausdruck und Bewegung. Zur Ästhetik des Weimarer Klassizismus 1796–1806. = Die Nachahmung des Gewaltsamen (= Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte 34 = 268). de Gruyter, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-11-018237-8, Rezension von Reinhard Wegner online (Memento vom 11. März 2007 im Internet Archive).
  • Guillaume Faroult, Christophe Leribault, Guilhem Scherf u. a. (Hrsg.): L'Antiquité rêvée. Innovations et résistances au XVIIIe siècle. Gallimard u. a. Paris 2010, ISBN 978-2-07-013088-7, (Ausstellungskatalog zur gleichnamigen Ausstellung im Louvre vom 2. Dezember 2010 bis 14. Februar 2011).
  • Hartmut Krones: Klassizismus. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2003, ISBN 3-7001-3044-9.
  • Marc-Antoine Laugier: Manifest des Klassizismus. Nach dem Originaltitel „Essai sur L'architectur.“ (1753). Verlag für Architektur, Zürich u. a. 1989, ISBN 3-7608-8124-6.
  • Rolf Toman (Hrsg.): Klassizismus und Romantik. Architektur – Skulptur – Malerei – Zeichnung. Ullmann & Könemann, Köln 2006, ISBN 3-8331-1430-4.
  • Alexander Tzonis, Liane Lefaivre: Das Klassische in der Architektur. Die Poetik einer Ordnung (= Bauwelt-Fundamente. Bd. 72). Vieweg, Braunschweig u. a. 1987, ISBN 3-528-08772-2.

Weblinks

Commons: Klassizismus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Klassizismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Grundwissen Kunst. Sekundarstufe II. Cornelsen, S. 10.
  2. Johann Joachim Winckelmann: Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerey und Bildhauerkunst. 2. vermehrte Auflage. Waltherische Handlung, Dresden und Leipzig 1756, S. 2
  3. Johann Joachim Winckelmann: Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst. Zitiert nach gutenberg.spiegel.de
  4. „Villa Albani“, in: Caroline Vincenti & Roberto Schezen: Römische Paläste, Bechtermünz (Weltbild) Verlag, Augsburg, 1997/98, S. 306–315, hier: S. 308, 310 und 312
  5. „Villa Albani“, in: Caroline Vincenti & Roberto Schezen: Römische Paläste, Bechtermünz (Weltbild) Verlag, Augsburg, 1997/98, S. 306–315 (siehe insbesondere die Abbildungen)
  6. Paolo Moreno & Chiara Stefani: Galleria Borghese, Touring Club Italiano, S. 7–9
  7. Paolo Moreno & Chiara Stefani: Galleria Borghese, Touring Club Italiano, S. 8–9
  8. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 7
  9. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 7–8
  10. Gérald van der Kamp: Versailles, Electa/Klett-Cotta, Stuttgart/Mailand, 1977/1979, S. 224
  11. Paul Barz: „Versailles“, in: Paläste, Schlösser, Residenzen, Georg Westermann Verlag, 1971, S. 93
  12. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 7
  13. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 7
  14. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 8–9
  15. Potsdamer Baukunst: Der palladianische Klassizismus Friedrichs II. Autor: Kania, Hans Dr. (1878–1947), Erscheinungsjahr: 1915 (online auf Lexikus.de, abgerufen am 6. Januar 2014).
  16. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 9
  17. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 9
  18. Ewald Behrens: „Peterhof, Zarskoje Selo, Pawlowsk“, in: Paläste, Schlösser, Residenzen, Georg Westermann Verlag, 1971, S. 262–267
  19. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 7
  20. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 10
  21. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 10
  22. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 10
  23. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 11
  24. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 11
  25. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 12
  26. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 11, 12, 13
  27. „Klassizismus“, in: Lexikon der Kunst, Bd. 7, Karl Müller Verlag, Erlangen 1994, S. 13
  28. Peter H. Feist: Französischer Impressionismus. 1860–1920. Taschen, Köln 1995, ISBN 3-8228-8702-1, S. 15–17.