Bauhausgebäude Dessau

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Das rekonstruierte Bauhaus-Gebäude
Datei:Dessau,Bauhausgebäude.jpg
Luftbild (2013)
Ateliergebäude 'Prellerhaus'
Bauhaus Dessau
Bauhaus Dessau – Eingangsbereich und Verbindungstrakt

Das Bauhaus Dessau, auch Bauhausgebäude Dessau, ist ein Gebäudekomplex in Dessau-Roßlau. Das Gebäude entstand von 1925 bis 1926 nach Plänen von Walter Gropius als Schulgebäude für die Kunst-, Design- und Architekturschule Bauhaus. Der Bau selbst und die in unmittelbarer Nähe errichteten Meisterhäuser begründeten den Ruf des Bauhauses als „Ikone der Moderne“. Kriegszerstörte und baulich veränderte Partien wurden ab 1965 weitgehend im Sinne des Originals rekonstruiert. Das Gebäude wurde 1976 restauriert und teilweise modernisiert. Zwischen 1996 und 2006 fand eine erneute Restaurierung und Instandsetzung nach denkmalpflegerischen Prinzipien statt.

Seit 1996 ist der Gebäudekomplex Teil der UNESCO-Welterbestätte Bauhaus, zu der auch das Haus am Horn, das Kunstschulgebäude und der Hauptbau der Bauhaus-Universität in Weimar, die Meisterhäuser in Dessau und seit 2017 noch die Laubenganghäuser ebendort sowie die ADGB-Bundesschule in Bernau zählen.

Zwischen 1925 und 1932 entstanden außerdem in Dessau verschiedene andere Bauten der Bauhaus-Architekten, so unter anderem die Siedlung Törten, das Arbeitsamt und die Ausflugsgaststätte Kornhaus.

Bauhausgebäude

Beschreibung

Das im internationalen Stil errichtete Gebäude besteht aus fünf additiv in Flügelform angeordneten, funktional gegliederten Teilen: Einem Flügelbau der „Kunstgewerbe- und Handwerkerschule“ (spätere Technische Lehranstalten), dem Werkstättentrakt mit der markanten Glasvorhangfassade (Curtain Wall) und dem Atelierhaus. Im Atelierhaus sind die Wohnateliers für die Studenten untergebracht. Der Nordflügel der Handwerkerschule und der Werkstättentrakt sind durch eine zweigeschossige Brücke verbunden. Diese war für Verwaltungsräume und das Baubüro von Gropius (später die Architekturabteilung des Bauhauses) gedacht. In einem flachen Bau zwischen Werkstättentrakt und Atelierhaus befinden sich Aula und Bühne sowie die Mensa des Bauhauses.

Das Besondere am ganzen Komplex ist neben der damals neuartigen funktionalen Trennung durch einzelne, zu einem Organismus gefügte Einzelbaukörper die völlig in Glas aufgelöste Wand des Werkstättentraktes, die in der damaligen Zeit für große Aufregung sorgte. Die Stützen des Gebäudes sind komplett von der Glasfassade zurückgesetzt, sodass die Glasschürze über alle drei Geschosse und die gesamte Gebäudelänge reicht und nicht unterbrochen wird. Es herrscht der Eindruck von Transparenz, Leichtigkeit und Flächigkeit. Diese neuartige, transparente Monumentalität hatte alle herrschenden Vorstellungen von Ästhetik überwunden.

Ornamentlosigkeit bestimmt dabei konsequent den gesamten Komplex. Durch die „offene“ Fassade entsteht eine neue, auch pädagogisch wirksame Beziehung zwischen außen und innen, vermittelt den Eindruck von Freiheit und Übersichtlichkeit. Die feingliedrige Glasfassade (Curtain Wall) in Stahl verursachte jedoch große Probleme bezüglich Sonnenschutz und Gebäudeklimatisierung. Im Sommer heizte sich das Gebäude infolge der direkten Sonneneinstrahlung enorm auf. Ein notwendiges Sonnenschutzsystem aus Vorhängen wiederum zerstörte die beabsichtigte Transparenz. Im Winter kühlte das Gebäude aufgrund der Einfachverglasung sehr schnell aus und musste stark beheizt werden. Die Be- und Entlüftung erfolgt über mechanisch gesteuerte, im Detail sehr ausgearbeitete Lamellenflügel.

Markant ist besonders der hervortretende fünfgeschossige Gebäudeteil, der als Prellerhaus bezeichnet wird. Nach seiner Fertigstellung 1926 wurden die 28 Ateliers von Jungmeistern und Studierenden als Wohn- und Arbeitsraum genutzt. Ludwig Mies van der Rohe ließ 1930 Ateliers in große Klassenräume umbauen. Seit 2006 steht er für Übernachtungen zur Verfügung.

Der Name dieses Gebäudeteils wurde beim Umzug des Bauhauses von Weimar nach Dessau von dem gleichnamigen Ateliergebäude in Weimar übernommen, das nach seinem Erbauer Louis Preller benannt ist.

Merkmale

Gebäudeecke der Werkstätten

Bereits 1911 entwarfen Walter Gropius und Adolf Meyer gemeinsam die Fagus-Werke in Alfeld (Leine). Dabei verwendeten sie Elemente, die später charakteristisch und stilbestimmend werden sollten: Der gesamte Baukörper war funktional gegliedert. Sein Verwendungszweck bestimmte die Form; seine Ästhetik ergab sich aus seiner Funktionalität. Auch die Fassadengestaltung ließ die zukünftige Nutzung erahnen. Die revolutionäre Stahlskelettbauweise – tragende Stahlelemente mit Ziegelausfachung bedeckt von einem Flachdach – ermöglichte den Verzicht auf statische Verstärkung der Gebäudeecken. Diese „offenen Ecken“ wurden ersetzt durch kantenumgreifende Verglasung sowie Balkone und vermittelten so einen Eindruck von Leichtigkeit. Dabei trug die vorgehängte Glasfassade (Curtain Wall) selbst keine Last, zeigte aber die tragenden Elemente, die so selbst gestaltende Teile wurden. Auch in der Farbgebung ging man neue Wege. Die äußeren Wände wurden in neutralem, schlichten Weiß gehalten, innen differenzierten Farben zwischen tragenden und verkleidenden Elementen. Jede der dreizehn Werkstätten leistete ihren speziellen Beitrag, als Kunst und Handwerk zugleich wirkten u. a. Metallwerkstatt, Tischlerei, Glasmalerei, Weberei, Wandmalerei, Harmonisierungslehre, vereint von der von Walter Gropius, Hannes Meyer und später Mies van der Rohe geleiteten Architekturwerkstatt.

Geschichte

Vorgeschichte

Das Bauhaus wurde bereits 1919 unter der neuen Leitung von Walter Gropius, der Henry van de Velde ablöste, als Nachfolge-Institution der 1906 vom Großherzog von Sachsen-Weimar gegründeten Kunstschule bzw. Kunstgewerbeschule Weimar umbenannt und reorganisiert. Ihr Leiter war von 1919 bis 1928 der Architekt Walter Gropius. Nachdem das Verhältnis zum zunehmend von rechten politischen Kräften dominierten thüringischen Staat immer kritischer geworden war, musste das Bauhaus 1925 auf politischen Druck hin aufgelöst werden. Die Auflösungserklärung wurde bereits am 29. Dezember 1924 in zahlreichen Tageszeitungen veröffentlicht. Sie wurde aber erst mit Ablauf der Verträge, die bis 31. März 1925 Gültigkeit hatten, rechtskräftig. Der Bürgermeister von Dessau, Fritz Hesse, und sein Kulturreferent Ludwig Grote ermöglichten Gropius die Verlagerung der Schule nach Dessau, wo das Bauhaus in den Jahren 1925 bis 1926 nach Entwürfen von Gropius neu errichtet und 1926 als Staatliche Hochschule von Anhalt anerkannt wurde.

Entstehung

Im März 1925 erhielt das Büro Gropius von der Stadt Dessau den Auftrag, das Gemeinschaftsgebäude der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Dessau (ab 1926 Technische Lehranstalten) und des Bauhauses zu entwerfen. Im September 1925 war der Baubeginn für das gemeinsame Schulgebäude. Am 21. März 1926 war das Richtfest und am 4. Dezember 1926 die Einweihung. Meister und Bauhaus-Werkstätten hatten große Teile der Einrichtung selbst geplant und durchgeführt: Möbel und Einbauten stammten aus der Tischlerei (Bestuhlung der Aula von Marcel Breuer). Lediglich für die Lehrräume im Brückentrakt sowie die Werkstätten wählte Walter Gropius Hocker der Firma Rowac, Chemnitz.[1] Die Lampen wurden in der Metallwerkstatt hauptsächlich von Marianne Brandt entworfen (Leuchtkörper in der Aula von Max Krajewsky,[2]) Möbelstoffe und Vorhangstoffe entstanden in der eigenen Weberei unter Gunta Stölzl. Die Beschriftungen kamen aus der Reklamewerkstatt und die Farbgestaltung aus der Werkstatt für Wandmalerei.

Mit der Gründung 1926 wurde erstmals auch eine Architekturabteilung aufgebaut, deren Leitung 1927 der Schweizer Hannes Meyer übernahm. 1928 trat Gropius von der Leitung zurück. Der politisch stark engagierte Meyer übernahm am 1. April 1928 seine Nachfolge und baute die Architekturabteilung weiter aus, wurde aber ebenfalls aus politischen Gründen am 1. August 1930 entlassen und ging mit einer Gruppe seiner Studenten nach Moskau. Ihm folgte Ludwig Mies van der Rohe, dem es trotz fachlich-wissenschaftlicher Stärkung der Schule nicht gelang, das Bauhaus aus den politischen Wirren herauszuhalten.

Zeit des Nationalsozialismus

1931, also gut ein Jahr vor Hitlers Machtergreifung, gewann die NSDAP bei den Gemeinderatswahlen in Dessau 15 der 36 Sitze und war damit stärkste Fraktion. In ihrem Flugblatt zu den Wahlen am 25. Oktober 1931 forderten die Nationalsozialisten als ersten von acht Punkten:

„Sofortige Streichung sämtlicher Ausgaben für das Bauhaus. Ausländische Lehrkräfte sind fristlos zu kündigen, da es unvereinbar ist mit der Verantwortung, die eine gute Gemeindeführung gegenüber ihren Bürgern zu tragen hat, daß deutsche Volksgenossen hungern, während Ausländer in überreichlichem Maße aus den Steuergroschen des darbenden Volkes besoldet werden. Deutsche Lehrkräfte sind durch Vermittlung der Gemeinde in Dessau oder anderwärts unterzubringen. Für die im Bauhaus befindlichen Handwerkerschulen ist Unterkunft andernorts zu schaffen. Der Abbruch des Bauhauses ist sofort in die Wege zu leiten.“[3]

Die NSDAP verlangte in der Gemeinderatssitzung am 21. Januar 1932 den Abbruch des Gebäudes. Dies und der Beschluss auf Streichung der Gelder konnten noch knapp verhindert werden. Am 8. Juli 1932 besichtigten der zum Ministerpräsidenten des Freistaats Anhalt gewählte Nationalsozialist Alfred Freyberg und der nationalsozialistische Kunsttheoretiker und Architekt Paul Schultze-Naumburg das Bauhaus Dessau. Da sich inzwischen die Stimmverhältnisse im Gemeinderat geändert hatten, erfolgte am 22. August 1932 auf Antrag der NSDAP-Fraktion der Beschluss zur Schließung. Mies van der Rohe versuchte noch die Fortführung als Bauhaus Berlin als Privatinstitut in Berlin-Lankwitz; aber schon kurze Zeit später (1933) wurde die Institution von den Nationalsozialisten endgültig zur Selbstauflösung gezwungen. Das Dessauer Bauhausgebäude diente als Gauführerschule im Gau Magdeburg-Anhalt.[4]

Kriegs- und Nachkriegszeit

Rekonstruiertes Erscheinungsbild im Jahre 1983

1945 brannte das Gebäude nach dem schweren Luftangriff auf Dessau teilweise aus, auch die Glasfassade des Werkstattflügels war zerstört. Es wurde vereinfacht wieder aufgebaut (die Glasvorhangfassade wurde nicht rekonstruiert) und u. a. als Berufsschule genutzt.

1976 gab es einen ersten Versuch der Rückführung auf das originale Erscheinungsbild, bei dem auch die zerstörte Glasvorhangfassade anhand eines erhaltenen Reststückes rekonstruiert wurde. Dabei wurde aus Gründen der Wartungsfreundlichkeit Aluminium statt Stahl eingesetzt. Das Bauhaus wurde als Bildungszentrum vom Amt für Industrielle Formgestaltung genutzt, dessen Direktor Martin Kelm sich stark für den Erhalt und Wiederaufbau eingesetzt hatte.

Das Haus des Bauhausdirektors (Burgkühnauer Allee 1–6, jetzige Ebertallee) war ebenfalls durch Luftangriff zerstört, die Meisterhäuser beschädigt.

1994–1996

Seit 1994 ist das Gebäude in Dessau Sitz der Stiftung Bauhaus Dessau, die „das Erbe des historischen Bauhauses zu bewahren und der Öffentlichkeit zu vermitteln“ und „angesichts dieses Erbes Beiträge zur Gestaltung der heutigen Lebensumwelt zu leisten“ verpflichtet ist[5]. Seit 1996 ist der Gebäudekomplex in der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO eingetragen.

Instandsetzung 1996–2006

Zwischen 1996 und 2006 wurde das Bauhaus Dessau für 17 Millionen Euro nach den Plänen der 1920er Jahre und Befunden instand gesetzt und restauriert.[6]

Das Bauhaus Dessau wurde 2001 in das Blaubuch aufgenommen. Dieses ist eine Liste national bedeutsamer Kultureinrichtungen in Ostdeutschland und umfasst zurzeit 20 sogenannte kulturelle Leuchttürme.

Nachdem die letzten Instandsetzungsarbeiten 2009 abgeschlossen wurden, kann das Gebäude wieder annähernd so besichtigt werden, wie es ursprünglich geplant und gebaut wurde. Dennoch gibt es Unterschiede zur originalen Bausubstanz, die aufgrund der wechselvollen Geschichte des Gebäudes, modernen Notwendigkeiten und denkmalpflegerischen Überlegungen nicht aufzulösen sind. Diese umfassen unter anderem:

  • Die Glasfassade des Werkstattgebäudes war ursprünglich kristallverglast und spiegelte somit sehr viel stärker als die heutige Verglasung aus normalem Glas. Auf alten Fotos von Lucia Moholy ist der ursprüngliche Eindruck noch erhalten.
  • Möbel und Türgriffe wurden teilweise durch möglichst originalgetreue Repliken ersetzt. Dies wurde unter anderem dadurch begünstigt, dass einige der alten Entwürfe heute wieder industriell produziert werden. Andere Stücke wie die Bestuhlung der Aula sind neue Einzelanfertigungen.
  • Die seinerzeit verwendeten Baumaterialien waren teilweise experimentell, so dass sie ein ständiges Ausbessern erforderten, so z. B. die Fußböden aus Steinholzestrich oder Triolin.
  • Das Gebäude wurde neu elektrifiziert.
  • Im Zuge einer grundlegenden Neugestaltung des Umfeldes wurde auch die Außenanlage[7] umgestaltet. Planer war der Landschaftsarchitekt Tobias Mann aus Fulda.[8]

Aktuelle Nutzung

Heutiges Signet

Heute wird der Großteil des Gebäudes von der 1994 gegründeten Stiftung Bauhaus Dessau genutzt, die den Auftrag hat, das Erbe des Bauhauses zu bewahren, zu vermitteln und seine Ideen lebendig zu halten. Zu diesem Zweck ist sie unter anderem denkmalpflegerisch und in der kuratorischen Vermittlung sowie in der Lehre und der Forschung tätig. Die Stiftung verfügt zudem über eine eigene Sammlung und eine Forschungsbibliothek. Die ehemaligen Studentenwohnungen auf der Balkonseite des Ostflügels werden als Appartements vermietet. Des Weiteren besteht ein Pachtvertrag mit der Hochschule Anhalt. Derzeit werden sechs Räume im Parterrebereich des Nordflügels für Lehrtätigkeiten genutzt.

Zum 100-jährigen Bauhausjubiläum 2019 wurde am 8. September 2019 in der Dessauer Innenstadt ein neu gebautes Museum eröffnet.[9]

Meisterhäuser

Deutsche Sonderbriefmarke (2004)

In der Nähe des Bauhauses (Ebertallee 65–71, 51° 50′ 35,5″ N, 12° 13′ 13,8″ O) baute Walter Gropius die Meisterhäuser als Unterkunft für die Meister des Bauhauses. Es waren gleichzeitig Musterhäuser für modernes Wohnen. Bauherr war die Stadt Dessau, die Bauhausmeister wohnten zur Miete.

Von Ost nach West waren es das Einzelhaus Gropius sowie jeweils die Doppelhäuser Moholy-Nagy/Feininger, Muche/Schlemmer[10] und Kandinsky/Klee. Die drei Doppelhäuser wiesen identische Grundrisse auf, wobei die eine Hälfte jeweils fast das um 90 Grad gedrehte Spiegelbild der anderen war.

Kennzeichnend für die Architektur der Häuser sind die kubische Form mit Flachdach, große, einfarbige Flächen und große Fenster, die eine Verbindung von Innen und Außen herstellen. Diese Verbindung wird auch durch die großen Terrassen und Balkone sowie die zahlreichen Türen thematisiert: Von nahezu jedem Raum aus ist es möglich, durch eine Tür nach draußen zu treten. Stark von außen sichtbare Elemente sind auch die Heizkörper der Zentralheizung, mit denen das „Moderne“ nach außen für jedermann sichtbar transportiert werden sollte. Dies führte sogar dazu, dass z. B. in den Badezimmern die Heizkörper an thermisch ungeeigneten Stellen angebracht, dafür aber von außen gut durch die Fenster sichtbar waren.

Die großen Atelier-Fenster der Häuser spiegeln den Baumbestand vor den Häusern wider und lassen ihn mit den gleichen hinter den Häusern stehenden Bäumen verschmelzen. Das führt dazu, dass diese Teile der Häuser in gewissen Sinne unsichtbar werden oder durchsichtig wirken. Es lässt sich nicht sagen, ob dieser Effekt der Leichtigkeit bzw. Offenheit bereits von den Bauherren beabsichtigt war, da der damalige Baumbestand im Detail nicht überliefert ist.

Die Meisterhäuser von Gropius und Moholy-Nagy wurden durch ein Bombardement im Jahr 1945 vernichtet. In den 1950er Jahren wurde auf den Fundamenten des zerstörten Hauses Gropius ein Wohnhaus in traditioneller Satteldach-Bauweise errichtet (Haus Emmer). Die zerbombte Haushälfte von Moholy-Nagy wurde abgetragen und eine Freifläche geschaffen, sodass das Haus Feininger allein stand (gegenwärtig wird es vom Kurt-Weill-Zentrum genutzt).

Die noch bestehenden Häuser wurden nach 1990 z. T. mit privaten Mitteln aufwändig restauriert. Dabei wurde auch versucht, die ursprüngliche farbliche Gestaltung der Innenräume, die auf die Farbenlehre des Bauhauses zurückging, wiederherzustellen. Da die farbliche Gestaltung des Innenraums auch vom jeweiligen Bewohner abhing, findet man in den Räumen heute beispielhafte Farbgebungen, die jeweils nur den Zustand eines Raumes zu einer bestimmten Zeit wiederzugeben versuchen.

Auf den wenigen vorhandenen historischen Aufnahmen der Inneneinrichtungen ist zu sehen, dass die Bewohner der Meisterhäuser die Innenraumgestaltung sehr dem damaligen Zeitgeist anpassten, ganz entgegengesetzt dem äußeren Erscheinungsbild. Nur Moholy-Nagy richtete sein Haus nach den Ergebnissen, Vorgaben und Produkten des Bauhauses ein. Im Haus Kandinsky ist heute eine Wand originalgetreu mit Blattgold belegt rekonstruiert.

Inzwischen sind die im Krieg zerstörten Meisterhäuser Gropius und Moholy-Nagy auf Anregung des britischen Architekten David Chipperfield hin unter Leitung des Berliner Büros Bruno-Fioretti-Marquez als abstrakte Neuinterpretationen der ursprünglichen Architektur wieder aufgebaut worden. Die Innenwände wurden von dem Konzeptkünstler Olaf Nicolai mit unterschiedlichen Verputzarten und Weißtönen gestaltet, was je nach Lichteinfall einen wechselnden Eindruck ergibt.[11] Die offizielle Wiedereröffnung der Meisterhäuser erfolgte am 16. Mai 2014 durch Bundespräsident Gauck.[12] Die frühere Diskussion, ob die Häuser originalgetreu rekonstruiert werden sollen,[13] ist damit überholt.

Eine in der Nachbarschaft zur Meisterhaussiedlung nach Plänen von Ludwig Mies van der Rohe erbaute Trinkhalle wurde in den 1970er Jahren abgebrochen. 2013 wurde die Trinkhalle im Rahmen der städtebaulichen Reparatur der Meisterhaussiedlung wiedererrichtet.

Siedlung Törten

Weiterhin entstanden in Törten im heutigen Dessau-Süd 1926/1928 eine Siedlung mit insgesamt 314 Reihenhäusern (Großring, Mittelring, Kleinring). Die Siedlung sollte dabei auch ein Beispiel dafür sein, wie die grassierende Wohnungsnot in der Zeit der Weimarer Republik bekämpft werden könnte. Die Wohnflächen der Häuser waren dementsprechend mit 57 bis 75 m² recht gering. Gleichzeitig verfügte jedes Haus über einen großzügigen Garten von 350 bis 400 m², der der Selbstversorgung dienen sollte. Eine industrielle Bauweise mit der Massenfertigung von Bauteilen sorgten für niedrige Kosten.[14] Die Einheiten wurden dabei verkauft und nicht vermietet, um die Eigentümer von steigenden Mieten unabhängig zu machen. Auch architektonisch bot die Siedlung einige Neuigkeiten. Gemäß Gropius’ Maxime, dass Bauen auch das Gestalten von Lebensvorgängen sei, berücksichtigten die Bauten Überlegungen zu der Sonneneinstrahlung zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten und zu den Abläufen in einem Wohnhaus. Wegen der Flachdachbauweise wurden die Häuser von Konservativen stark kritisiert.

Die Siedlung hat zahlreiche nachträgliche Änderungen erfahren. Insbesondere die Fensterfronten sind fast durchweg verändert. Zahlreiche individuelle Fassadengestaltungen haben den ursprünglichen einheitlichen Eindruck der Siedlung, die trotz dieser Umbauten noch gut erhalten ist, aufgeweicht. Das Haus Anton in der Doppelreihe 35 ist weitestgehend im Originalzustand erhalten und ist im Rahmen einer Führung zu besichtigen.[15][16] Das Haus Mittelring 38 wurde ab 1992 originalgetreu wiederhergestellt und wird heute von der Moses-Mendelssohn-Gesellschaft genutzt.[17]

Das 1928 nach einem Entwurf von Walter Gropius entstandene Konsumgebäude (eine Art umbauter Kaufhalle) wurde zu einem Zentrum der Törtener Siedlung. Es besteht aus zwei ineinandergeschobenen Kuben, einem horizontalen Ladenteil und einem vertikalen dreigeschossigen Wohnteil. So wird es heute noch genutzt. In dem ehemaligen Ladenteil befindet sich heute ein Informationszentrum zur Siedlung Törten, das täglich Führungen anbietet.

Laubenganghäuser

Als Teil der geplanten Erweiterung der Siedlung Törten waren die südlich von ihr gelegenen und von 1929 bis 1930 errichteten Laubenganghäuser (Mittelbreite, Peterholzstr.) konzipiert. Sie entstanden unter der Federführung Hannes Mayer, der der Nachfolger von Gropius als Direktor des Bauhauses war. Im Gegensatz zu den Bauten der ursprünglichen Siedlung Törten handelt es sich bei den Laubenganghäusern um mehrgeschossige Wohnhäuser mit dem namensgebenden, außen liegenden, Laubengang, der die Wohnungseingänge mit dem Treppenhaus verbindet. Gemäß Meyers Parole „Volksbedarf statt Luxusbedarf“ waren auch hier die Wohnflächen äußerst knapp bemessen. 48 m² sollten für eine bis zu vierköpfige Familie ausreichen. Die Wohnungen wurden dabei für einen geringen Betrag vermietet.[18] Heutzutage kann eine originalgetreu wiederhergestellte Musterwohnung besichtigt werden.

Seit 2017 gehören die Laubenganghäuser zur UNESCO-Welterbestätte Bauhaus.

Baurekonstruktion

Im August 2019 haben Wissenschaftler und Studierende der Universität Kassel unter der Leitung von Prof. Philipp Oswalt, in der Laubengang-Siedlung ein Wohnhaus nach den Plänen des Architekten und Bauhaus-Lehrers Ludwig Hilberseimer errichtet.[19]

Weitere Gebäude

Nahe der Siedlung, in der Südstraße, steht das Haus Fieger. Das im Sommer 1927 gebaute Haus ist der einzige umgesetzte Entwurf von Carl Fieger aus einer Reihe von Plänen für Kleinhäuser, die in rationeller Bauweise mit wandlungsfähigen Räumen entstehen sollten. Als privat genutztes Wohnhaus ist es nicht zu besichtigen.

Stahlhaus von Georg Muche und Richard Paulick

Das so genannte Stahlhaus wurde in den Jahren 1926/1927 errichtet und war ein Gemeinschaftswerk von Richard Paulick und dem Bauhaus-Meister Georg Muche. Sie wollten die Rationalisierungsbestrebungen von Walter Gropius (Vorfertigung von Betonteilen) fortsetzen, indem sie vorgefertigte Stahlplatten im Trockenmontageverfahren benutzten. Das Stahlhaus blieb jedoch ein Experiment, weil es wegen der Eigenschaften des Werkstoffs sehr mit dem „Warm-Kalt-Problem“ zu kämpfen hatte. Nach Restaurierung befand sich darin bis Juni 2011 ein Informationszentrum zur o. g. Siedlung Törten. Heute kann es im Rahmen von täglich stattfindenden Führungen besichtigt werden.

Das ehemalige Arbeitsamt

Das erste städtische Arbeitsamt (heute Amt für Ordnung und Verkehr der Stadt Dessau-Roßlau) entstand 1928/1929 nach Entwürfen von Walter Gropius. Das private Baubüro von Gropius führte auch den Bau aus. Richard Paulick war maßgeblich am Bau des Arbeitsamtes beteiligt, dessen äußerer Eindruck allerdings durch nachträglich eingesetzte Holzfenster massiv verändert wurde.

Die Ausflugsgaststätte Kornhaus wurde 1929/1930 im Auftrag der Stadt Dessau und der Schultheiss-Patzenhofer-Brauerei direkt auf dem Elbdeich nach Plänen von Carl Fieger errichtet. Der Name erinnert an einen alten Getreidespeicher, der hier unmittelbar an der Elbe von Mitte des 18. Jahrhunderts bis in die 1870er Jahre stand. Das Gebäude wird auch heute noch als Gaststätte genutzt.

Bauhaustour

Wegweiser Bauhaustour

Die Bauhaustour ist ein 17 km langer Radwanderweg. Der ausgeschilderte Rundweg verbindet alle Baudenkmale der Bauhausarchitektur in Dessau.[20]

Literatur

  • Kirsten Baumann: Bauhaus Dessau. Architektur, Gestaltung, Idee. Jovis, Berlin 2007, ISBN 978-3-939633-11-2.
  • Wolfgang Thöner: Das Bauhaus. Führer durch seine Bauten in Dessau. Edition RK, Dessau 2006, ISBN 978-3-934388-19-2.
  • Neue Meisterhäuser für Dessau – Die reparierte Siedlung. Sonderpublikation der Stiftung Bauhaus Dessau, 2013, 52 S., ohne ISBN.
  • Stiftung Bauhaus Dessau (Hrsg.): Neue Meisterhäuser in Dessau, 1925–2014. Debatten. Positionen. Kontexte (= Edition Bauhaus. 46). Spector Books, Leipzig 2017, ISBN 978-3-944669-61-8 (mit Fotografen von Heidi Specker und Armin Linke).
  • Stiftung Bauhaus Dessau (Hrsg.): Welterbestätte Bauhaus (= Bauhaus Taschenbuch. 21). Spector Books, Leipzig 2017, ISBN 978-3-95905-153-8.
  • Stiftung Bauhaus Dessau (Hrsg.): Das Bauhausgebäude in Dessau (= Bauhaus Taschenbuch. 5). 2., durchgesehen Auflage, Spector Books, Leipzig 2016, ISBN 978-3-95905-126-2.
  • Philipp Oswalt (Hrsg.): Bauhaus Streit. 1919–2009. Kontroversen und Kontrahenten. Hatje Cantz, Ostfildern 2009, ISBN 978-3-7757-2454-8.
  • P. Meyer: Vom Bauhaus Dessau, Schweizerische Bauzeitung, Bd. 89, 18. Juni 1927

Film

  • Design-Legende und Zuhause. Die Meisterhäuser von Dessau. Dokumentarfilm, Deutschland, 2016, 29:34 Min., Buch und Regie: Anna Schmidt, Produktion: MDR, Reihe: Der Osten – Entdecke wo du lebst, Erstsendung: 22. November 2016 bei MDR, Inhaltsangabe von MDR mit online-Video verfügbar bis 22. November 2017.

Weblinks

Commons: Bauhausgebäude Dessau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Artikel

Einzelnachweise

  1. Robin Rehm: Das Bauhausgebäude in Dessau. Die ästhetischen Kategorien Zweck – Form – Inhalt. Gebr.-Mann-Verlag, Berlin 2005, S. 77 f.
  2. Manfred Sack: Das restaurierte Bauhaus in Dessau und das neue Bauhaus-Archiv in Berlin. In: ERCO Lichtbericht, 12, 1981, (PDF; 7 S., 3,2 MB).
  3. Flugblatt, abgebildet in: Philipp Oswalt (Hrsg.): Dessau 1945. Moderne zerstört. 2014, ISBN 978-3-944669-57-1.
  4. Postkarte der „Gau(führer)schule“ in Dessau. (Memento vom 12. Oktober 2016 im Webarchiv archive.today). In: ak-ansichtskarten.de und Postkarte mit der „Gauführerschule der N.S.D.A.P.“. In: picclick.de, abgerufen am 27. Dezember 2016.
  5. Die Stiftung Bauhaus Dessau heute
  6. Bauhaus Dessau: Die Ikone der Moderne ist 80. (Memento vom 5. Dezember 2006 im Internet Archive) In: MDR Figaro, 4. Dezember 2006.
  7. Realisiertes Projekt – Umfeld Bauhaus Dessau mit Fotos. In: mann-la.de, 17. Dezember 2018.
  8. D-06846 Dessau. Bauhaus. Technische Daten der Pflasterung, Sitzbänke und -blöcke, Bordsteine. In: kronismus.de, abgerufen am 27. Dezember 2016.
  9. Eröffnung Bauhaus Museum Dessau. Abgerufen am 9. September 2019.
  10. Harald Martenstein: Ein ungemütliches Angeberhaus. In: Die Zeit, Nr. 30, 16. Juli 2009.
  11. Ikonen der Moderne, revisited. Die Bauhaus Meisterhäuser in Dessau wurden rekonstruiert. (Memento vom 25. März 2013 im Internet Archive). In: Deutschlandradio Kultur, 16. Mai 2014, Olaf Nicolai im Gespräch mit Britta Bürger.
  12. Meisterhäuser am Bauhaus Dessau werden wiedereröffnet. (Memento vom 17. Mai 2014 im Internet Archive). In: Goethe-Institut, 16. Mai 2014.
  13. Marcus Mrass: Hintergründe zur Dessauer Rekonstruktions-Debatte. (Memento vom 28. Dezember 2016 im Internet Archive) In: DenkmalDebatten, November 2009.
  14. Bauhaussiedlung Dessau-Törten. Stiftung Bauhaus Dessau, abgerufen am 26. Juni 2018.
  15. Haus Anton – Leben in der Siedlung Dessau-Törten. In: bauhaus-dessau.de
  16. Haus Anton in der Siedlung Törten – Neueröffnung des nahezu komplett erhaltenen Musterhauses 2012. In: bauhaus-dessau.de.
  17. Bericht zur Rekonstruktion und Sanierung des Reihenhauses Mittelring 38, Amt für Denkmalpflege der Stadt Dessau. In: bauhausverein.de, abgerufen am 14. April 2019.
  18. Laubenganghäuser. Stiftung Bauhaus Dessau, abgerufen am 26. Juni 2018.
  19. Neues Bauhaus-Gebäude in Dessau errichtet. In: Uni Kassel. 8. August 2019, abgerufen am 21. Oktober 2019.
  20. Route der Bauhaustour verzeichnet in der Onlinekarte openstreetmap.org

Koordinaten: 51° 50′ 21″ N, 12° 13′ 36″ O