Oberweid

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Wappen Deutschlandkarte
Oberweid
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Oberweid hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 50° 35′ N, 10° 4′ OKoordinaten: 50° 35′ N, 10° 4′ O
Bundesland: Thüringen
Landkreis: Schmalkalden-Meiningen
Verwaltungs­gemeinschaft: Hohe Rhön
Höhe: 500 m ü. NHN
Fläche: 10,25 km2
Einwohner: 483 (31. Dez. 2022)[1]
Bevölkerungsdichte: 47 Einwohner je km2
Postleitzahl: 98634
Vorwahl: 036946
Kfz-Kennzeichen: SM, MGN
Gemeindeschlüssel: 16 0 66 052
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Anzenhofer Str. 7
98634 Oberweid
Website: oberweid.jimdo.de
Bürgermeister: Tino Hencl (Gemeinsam für Oberweid)
Lage der Gemeinde Oberweid im Landkreis Schmalkalden-Meiningen
KarteBelriethBirxBreitungenBrotterode-TrusetalChristesDillstädtEinhausen (Thüringen)EllingshausenErbenhausenFambachFloh-SeligenthalFrankenheim/RhönFriedelshausenGrabfeldKaltennordheimKaltennordheimKühndorfLeutersdorfMehmelsMeiningenNeubrunnOberhofObermaßfeld-GrimmenthalOberweidRhönblickRippershausenRitschenhausenRohrRosaRoßdorf (Thüringen)SchmalkaldenSchwallungenSchwarzaSteinbach-HallenbergUntermaßfeldUtendorfVachdorfWasungenWasungenZella-MehlisThüringen
Karte

Oberweid ist eine Gemeinde im Landkreis Schmalkalden-Meiningen in Thüringen. Sie gehört der Verwaltungsgemeinschaft Hohe Rhön an, die ihren Verwaltungssitz in der Gemeinde Kaltensundheim hat.

Geografie

Oberweid liegt im oberen Talschluss des Weidbaches in der thüringischen Rhön. Umgeben wird das Dorf vom Ellenbogen (Rhön) (814 m), dem Weidberg (725 m) und dem Staufelsberg (649 m). Der Ort liegt in der Kernzone des Biosphärenreservates Rhön, einem der letzten deutschen Landstriche mit nahezu unversehrten Naturschönheiten wie das Naturschutzgebiet Rhönwald, das Basaltmeer am Ellenbogen, der ehemalige Steinbruch mit Säulenbasalt.[2]

Geschichte

Weberei Sauermilch in Oberweid um 1920

Erstmals wurde Oberweid im Jahr 795 in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Fulda erwähnt. Im Mittelalter kam Oberweid als Lehen an die Henneberger. Von 1500 bis 1806 lag der Ort im Fränkischen Reichskreis. Mit dem Übertritt des Grafen Georg Ernst von Henneberg zum evangelisch-lutherischen Bekenntnis 1544 wurde Oberweid protestantisch.[3] Der Ort gehörte zum Amt Kaltennordheim der Grafschaft Henneberg, später zu Sachsen-Weimar-Eisenach (Eisenacher Oberland). Seit 1609 hat das Dorf eine eigene Pfarrstelle.

Oberweid war von 1629 bis 1687 von Hexenverfolgungen betroffen: 23 Frauen und zwei Männer gerieten in Hexenprozesse, 16 Personen wurden hingerichtet, eine Frau starb unter der Folter, eine wurde mit Landesverweisung bestraft. Die ersten Opfer waren 1629 Hans Hauck und dessen Frau Apollonia Hauck.[4]

Für eine kurze Zeit wurde im 15. Jahrhundert im Ort eine Glashütte betrieben. Zudem gab es früher dort bedeutende Kunstwebereien und eine Gobelin-Manufaktur.

Am Ersten Weltkrieg nahmen 141 Oberweider Männer teil. Davon kehrten 35 nicht mehr heim. In den 1920er Jahren engagierte sich der Bund schaffender Landwirte in Oberweid und hatte unter der Bevölkerung zahlreiche Anhänger.

Grenzbeobachtungsturm in der Nähe von Oberweid bis 1989 in Nutzung durch die Grenztruppen der DDR

Zwischen 1941 und 1945 waren bei zahlreichen Bauern in Oberweid ausländische Zwangsarbeiter als Hilfskräfte in der Landwirtschaft eingesetzt. Am Zweiten Weltkrieg mussten über 150 Oberweider teilnehmen. Über 60 von ihnen kamen im Krieg zu Tode. Im Zusammenhang mit einem Luftangriff auf Schweinfurt und Nürnberg am 31. März 1944 stürzte eine Lancaster der Royal Air Force unterhalb des Gipfels des Ellenbogen bei Oberweid ab (Absturzstelle). Dabei kamen fünf Besatzungsmitglieder (Sergeant R. J. A. Boon, Sergeant J. A. Hildreth, Flying Officer E. C. Espley, Sergeant H. R. Lawrence, Sergeant L. G. Washer) ums Leben und wurden ohne Ehre auf dem Friedhof in Oberweid beerdigt. Nach Kriegsende erfolgte die Umbettung auf einen britischen Kriegsgefallenenfriedhof in Berlin. Der Pilot Flight Lieutenant P. E. Underwood sowie der Funker Sergeant A. E. Evans überlebten den Absturz und kamen in Kriegsgefangenschaft. Nach Ende des Krieges konnten sie in ihre Heimat zurückkehren.

Am Nachmittag des 1. April 1945, es war der Ostersonntag, rückten von Unterweid her US-amerikanische Truppen kampflos in Oberweid ein. Mehrere Bürger hatten bereits am Vormittag am Kirchturm eine weiße Fahne gehisst. Damit war in diesem Ort der Zweite Weltkrieg beendet. Im Sommer 1945 rückten die westlichen Alliierten ab und Oberweid wurden durch sowjetische Truppen besetzt. Von 1961 bis 1990 wurde die nur wenige hundert Meter von der Gemeinde entfernte jahrhundertealte Grenzlinie zur innerdeutschen Grenze. Mit der Einrichtung eines Grenzübergangs am 3. Dezember 1989 wurde die Straße nach Simmershausen in Hessen wieder nutzbar.

Politik

Gemeinderat

Der Gemeinderat aus Oberweid setzt sich aus 8 Ratsherren zusammen.

  • Schützenverein Oberweid 1990 e.V.: 2 Sitze
  • Freie Wählergemeinschaft (FWG) Oberweid: 3 Sitze
  • Fußballverein SV Germania Oberweid 1929 e.V.: 3 Sitze

(Stand: Kommunalwahl am 25. Mai 2014)

Bürgermeister

Der ehrenamtliche Bürgermeister Tino Hencl (Gemeinsam für Oberweid) wurde am 5. Juni 2016 gewählt.[5]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

In Oberweid befinden sich mehrere, unter Schutz gestellte, gut erhaltene Fachwerkhäuser.

Das Langhaus der evangelischen Kirche St. Michael stammt aus dem Jahre 1609. Der Chorturm (1576) ist älter und wurde mit verschiefertem Fachwerk erhöht. 1632 wurde die Kirche erweitert. Bis auf die zweigeschossigen Emporen ist die Ausstattung einfach. In der Kirche wurde 1652 der Pfarrer Johann Krieg begraben, der von einer „Hexe“ zu Tode gemartert worden sein soll. 1676/77 und 1687 wurde Regina, die Witwe von Pfarrer Peter Kriegs in einem Hexenprozess angeklagt, aber freigesprochen. Bemerkenswert ist der Taufstein von 1551, der ein Beispiel der frühen Neuzeit gibt, das noch ganz im Geiste der Gotik steht. Mit rundem Becken über achteckigem Fuß, ist er mit Rosetten und dem Henneberger Wappen verziert. Die Wehrkirche wurde restauriert (Innenrestaurierung 1980–1981; Außenrestaurierung 1995–1998) und ist sehenswert.

Denkmale

  • An der Friedhofsmauer befinden sich zwei Sühnekreuze aus Sandstein. Eines der Kreuze ist bündig in die Friedhofsmauer eingebettet, wobei der rechte abgebrochene Arm etwas unterhalb der Bruchstelle in die Mauer eingefügt wurde.[6]
  • Am östlichen Ortsrand in Richtung Kaltenwestheim befindet sich ein Gedenkstein für den im Dezember 1798 dort erfrorenen Boten Johannes Herpich, der im März 1799 in Frankenheim beigesetzt wurde.[7]
  • Für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs ist in der Kirche St. Michael eine Gedenktafel angebracht.
  • Im Ortszentrum erinnert ein Gedenkstein an die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs.
  • Am Wanderweg Oberweid–Simmershausen wurde eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Siedlungen Anzenhof und Ziegelhütte geschaffen. Der spätestens im 16. Jahrhundert gegründete Ort Anzenhof wurde 1975 zwangsgeräumt und dem Erdboden gleichgemacht. Die kleine Siedlung Ziegelhütte, bestehend aus drei Wohnhäusern und Nebengebäuden, wurde bereits 1970 geräumt und abgerissen. Beide Ansiedlungen lagen nur wenige hundert Meter von der Deutsch-Deutschen Grenze entfernt, innerhalb des zur DDR-Grenzanlagen gehörenden 500-m-Sperrgebietes, das nicht bewohnt sein sollte. Der Rhönklub stiftete 1999 eine Gedenktafel.[8]
  • An der Straße nach Simmershausen erinnert an der Gemeindegrenze ein von Waldo Dörsch gestaltetes Denkmal an die Grenzöffnung am 3. Dezember 1989.

Vereine

  • Freiwillige Feuerwehr Oberweid
Seit Ende des 18. Jahrhunderts besteht zum Schutz der Einwohner die Freiwillige Feuerwehr.
  • Schützenverein Oberweid 1990 e. V.
Der Verein wurde 1990 gegründet und hat ca. 40 Mitglieder. Trainiert werden die Disziplinen Luftgewehr, Luftpistole, Sportgewehr und Sportpistole. Regelmäßig nehmen Mitglieder an Wettkämpfen auf Kreis-, Landes- und Bundesebene teil. Es konnten bereits mehrfach Erfolge als Kreismeister und Landesmeister errungen werden. Der Verein ist seit der Bildung der Liga 1996 mit mindestens einer Mannschaft in der Kreisliga präsent.
  • Fußballverein SV Germania Oberweid 1929 e. V.
Der örtliche Fußballverein wurde 1929 gegründet und spielt in der 1. Kreisklasse. In der DDR-Zeit umbenannt, hieß er bis 1990 BSG Traktor Oberweid. Austragungsort seiner Spiele ist die Rhönsportanlage Staufelsberg. Der Verein ist Ausrichter der jährlich stattfindenden Trachtenkirmes.
  • Kirchenchor Harmonie
Gegründet 1900, führt der Kirchenchor jährlich ein Frühlingssingen gemeinsam mit Gastchören durch. In der Vorweihnachtszeit wird ein Adventssingen in der Dorfkirche St. Michael veranstaltet.
  • Oberweider Carnevals Club (OCC)
Der Carnevalsverein, gegründet 1955, ist in der Gemeindestruktur fest verwurzelt. Jährlich werden Festsitzungen und ein Festumzug organisiert. Überregional nehmen die Mitglieder an Gastsitzungen und Wettbewerben teil.

Regelmäßige Veranstaltungen

Zu den traditionellen Höhepunkten des Ortes gehören die Karnevalsveranstaltungen, das Backhausfest im Juni, das Sport- und Schützenfest im Sommer sowie die Kirmes mit dem traditionellen Hahnen- oder Gückelschlagen[9] im Oktober.

Kulinarische Spezialitäten

Eine typische Spezialität ist der Zwiebelkuchen, in Oberweid Zwübelsploatz genannt. Dieser wurde früher im Backhaus gebacken.

Wirtschaft

Typischen Handwerksbetriebe wie Tischlerei, Klempnerei und Heizungsbau, Fliesenlegerhandwerk, Schlosserei und Elektrohandwerk bestimmen die wirtschaftliche Struktur von Oberweid. Die landwirtschaftlichen Nutzenflächen werden größtenteils von der Landschaftspflege-Agrarhöfe GmbH & Co. KG mit Sitz in Kaltensundheim bewirtschaftet.

Verkehr

Von Oberweid aus kann man wochentags mit der Linie 411 der Meininger Busbetriebs GmbH die 32 km östlich gelegene Kreisstadt Meiningen erreichen, die auch ein Eisenbahnknotenpunkt ist.

Noch etwas näher sind folgende Bahnhöfe gelegen:

Persönlichkeiten

Waldo Dörsch (1928–2012), Bildhauer

Einzelnachweise

  1. Bevölkerung der Gemeinden vom Thüringer Landesamt für Statistik (Hilfe dazu).
  2. Oberweid. Rhönlexikon, abgerufen am 18. Juli 2012.
  3. Evangelische Kirche St. Michael in Oberweid. Rhönlexikon, abgerufen am 18. Juli 2012.
  4. Kai Lehmann: Unschuldig. Hexenverfolgung südlich des Thüringer Waldes. Über 500 recherchierte Fälle aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Wehry-Verlag, Untermaßfeld 2012, ISBN 978-3-9813902-8-5, S. 280 f.; Kai Lehmann: Ausstellung „Luther und die Hexen“. Bereich Oberweid, Bibliothek Museum Schloss Wilhelmsburg Schmalkalden, 2012; Ronald Füssel: Die Hexenverfolgungen im Thüringer Raum (= Veröffentlichungen des Arbeitskreises für historische Hexen- und Kriminalitätsforschung in Norddeutschland. Bd. 2). DOBU-Verlag, Hamburg 2003, ISBN 3-934632-03-3, S. 239 f., (Zugleich: Marburg, Universität, Dissertation, 2000).
  5. Bürgermeisterwahlen 2016 in Thüringen. Der Landeswahlleiter, abgerufen am 21. Juni 2016.
  6. Sühnekreuze und Mordsteine. Sven Gerth, abgerufen am 14. Juli 2010.
  7. Sühnekreuze und Mordsteine. Sven Gerth, abgerufen am 14. Juli 2010.
  8. Hier stand der Anzenhof. In: Rhönwacht. Nr. 4, 1999, ISSN 0936-1723, S. 160.
  9. Gückelschlagen (Volkskundliche Überlieferung). Rhönlexikon, abgerufen am 1. Oktober 2012.

Weblinks

Commons: Oberweid – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien