Wienerberger

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Wienerberger AG

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Rechtsform Aktiengesellschaft
ISIN AT0000831706
Gründung 1819
Sitz Wien, Osterreich Österreich
Leitung Heimo Scheuch (CEO), Willy Van Riet (CFO)
Mitarbeiterzahl 16.297[1]
Umsatz 2973,8 Mio. EUR[2]
Branche Baustoffe
Website www.wienerberger.com
Stand: 2016
Konzernzentrale der Wienerberger AG im Vienna Twin Tower am Wienerberg in Wien-Favoriten

Die Wienerberger AG ist mit 197 Werken in 30 Ländern der größte Ziegelproduzent weltweit, die Nr. 1 bei Tondachziegeln in Europa und hält führende Positionen bei Betonsteinen in Zentral-Osteuropa und bei Rohrsystemen in Europa. Die Konzernzentrale des Unternehmens befindet sich in Wien, im Jahr 2017 (2016) waren 16.297 (15.990) Mitarbeiter beschäftigt.[1][2]

Durch den Trend in den USA, Bauten aus festen Baustoffen zu errichten, der nicht zuletzt durch den Hurrikan Katrina im Jahr 2005 gesteigert wurde, gelang es Wienerberger auch in den USA durch General Shale Brick Inc. zur Nummer eins aufzusteigen.

Geschichte

Das Unternehmen wurde 1819 von Alois Miesbach (1791–1857) in Wien gegründet. Basis waren die reichen Vorkommen an tonhaltigen Lehmen am Südrand von Wien (Raum Wienerberg). Auf dem geschichtsträchtigen Boden wurden von Miesbach im Jahr 1841 zahlreiche Meilensteine aus dem Römischen Reich aus der Zeit des zweiten und dritten Jahrhunderts gefunden. Die Funde befinden sich im Kunsthistorischen Museum.[3]

Nach dessen Tod im Jahre 1857 wurde das Unternehmen von seinem Neffen Heinrich von Drasche-Wartinberg übernommen und auf einen Mitarbeiterstand von knapp 10.000 gebracht. Die Arbeitsbedingungen in den Ziegelgruben waren branchenüblich schlecht und hatten sich 1869 nach dem Börsengang des Unternehmens weiter verschlechtert. Die meist aus Böhmen und Mähren stammenden Lohnarbeiter („Ziegelböhm“) mussten im Schnitt 15 Stunden täglich arbeiten, Wochenende oder arbeitsfreie Tage gab es nicht. Der Lohn wurde überdies meist nicht in Geld, sondern in Blechmarken ausbezahlt (Trucksystem; „truck“ bedeutet Tausch bzw. Tauschhandel), die nur in den betriebseigenen Kantinen eingelöst werden konnten. Diese Zustände griff der junge Arzt und Journalist Victor Adler in seinen sozialkritischen Reportagen auf, die eine Entwicklung einleiteten, die Victor Adler 1888 zum Parteivorsitzenden der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) und erfolgreichen Sozialreformer werden ließen. Bei den Ziegelwerken brachte sie zunächst die Abschaffung des seit 1885 ungesetzlichen Trucksystems[4] und nach dem Ziegelarbeiterstreik des Jahres 1895 weitere soziale Reformen.[5][6]

Die Gesellschaft konnte vom großen Bauboom der Gründerzeit profitieren und schüttete im Jahr 1887 insgesamt 490.000 Gulden an Dividende aus, was einem Gewinnanteil von 12 Prozent entsprach. Auch in Kroatien, Ungarn und Böhmen hatte die Firma Werke, die sie aber infolge des Ersten Weltkrieges im Jahr 1918 verlor. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden 1945 große Teile der Erzeugungsstätten bei Wien durch Bombenangriffe zerstört.

Schwierige Zeiten nach Kriegsende und der erfolgreiche Vormarsch des Baustoffes Beton erforderte eine Expansion auch in diesem Bereich. Der Bedarf an Baumaterialien zur Sanierung der Kriegsschäden brachte nach dem Krieg einen erneuten Aufschwung.

Blick von der A9 auf das Werk in Eisenberg

Im Jahr 1969 erhielt das Unternehmen die Staatliche Auszeichnung und damit das Recht zur Führung des Bundeswappens im Geschäftsverkehr.

Im Jahre 1986 begann die Wienerberger AG unter der Leitung von Erhard Schaschl, Wolfgang Reithofer und Paul Tanos internationale Standorte aufzubauen und übernahm zuerst deutsche Hersteller, so die Firma Oltmanns aus Jeddeloh I, den bis dahin europaweit führenden Hersteller von Porotonziegeln. 1990 baute sie auch sofort nach der Ostöffnung ihre Standbeine in den ehemals Ostblock-Ländern aus (1990 Ungarn).

Die Konzernzentrale ist in Wien im Vienna Twin Tower, die Österreichzentrale nach wie vor im Gebiet der Gründung in Hennersdorf südlich der Wiener Stadtgrenze in Niederösterreich.

Nach weiteren Übernahmen (1996: Terca/Benelux, 1999: General Shale/USA, ZZ Wancor/Schweiz, Mabo/Skandinavien, 2000: Cherokee Sanford/USA, 2001: Optiroc/Nordeuropa, 2002: Hanson plc/Europa, 2003: Koramic Roofing) entwickelt sich der Konzern Anfang der 2000er Jahre zum Weltmarktführer auf dem Ziegelsektor und der Nummer zwei bei Dachziegeln.

In Folge der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 begann Wienerberger ein umfassendes Restrukturierungsprogramm. Dabei wurden Produktionskapazitäten reduziert, Kosten in Verwaltung und Vertrieb gesenkt sowie Investitionen auf ein Minimum zurückgefahren, um die Liquidität zu sichern und die Nettoverschuldung zu reduzieren.[7] Ziel war es effiziente Strukturen zu schaffen, den Fokus auf hochwertige, innovative Produkte zu legen und die Vertriebstätigkeit zu intensivieren um wettbewerbsfähig zu bleiben sowie Marktpositionen zu stärken bzw. auszubauen. Damit sollte die Basis für zukünftiges Wachstum gelegt werden.[8]

Steinzeug-Keramo in Frechen

Ab 2010 änderte Wienerberger seine Pure-Player-Strategie und wandelte sich vom reinen Ziegelanbieter zum Anbieter von Bau- und Infrastrukturlösungen. Erster Schritt war 2010 die 100 % Übernahme von Steinzeug-Keramo, Hersteller von keramischen Abwasserrohrsystemen, als strategische Erweiterung des Rohrgeschäftes und Ergänzung zum 50-50 Joint-Venture Pipelife (Kunststoffrohre). 2010 wurden zudem 100 % von Semmelrock, österreichischer Produzent von Betonpflastersteinen mit Fokus Osteuropa, zur Stärkung des Geschäftsbereiches Flächenbefestigungen übernommen.

2011 baute Wienerberger seine Beteiligung an Tondach Gleinstätten auf 50 % aus, indem Wienerberger 25 % der Tondach-Anteile von Monier übernahm und im Gegenzug alle Anteile am Betondachsteingeschäft (Bramac) an Monier übergab. Damit stärkte Wienerberger seine Position im Tondachziegelbereich (Koramic in Westeuropa und Tondach in Osteuropa).

2012 folgte die Akquisition der restlichen Anteile des Kunststoffrohrherstellers Pipelife, ein weiteres Maßnahmenpaket zur Kostensenkung (Dauer 2012–2014) und 2014 schließlich die mehrheitliche Übernahme von Tondach Gleinstätten.

Wienerberger stärkte dadurch die Geschäftsbereiche Renovierung und Infrastruktur und reduzierte die Abhängigkeit vom konjunktursensiblen Neubau.

Wesentliche strategische Eckpfeiler des Management sind heute: organisches Wachstum, Verbreiterung des Kerngeschäfts bei Renovierung und Infrastruktur, Steigerung des Cashflow zur Finanzierung des laufenden Geschäfts, Dividenden und wertschaffende Wachstumsinvestitionen.[9]

Am 26. September 2017 wurde bekanntgegeben, dass Wienerberger das in St. Andrä (Kärnten) ansässige Ziegelwerk Brenner inklusive den Mitarbeitern übernehmen wird.[10]

Umsatzentwicklung

Die tabellarische Entwicklung des Umsatzes jeweils in Millionen Euro.

Jahr Umsatz EBITDA EBIT
2003 1.826,9 349,9 190,2
2004 1.758,8 405,4 257,5
2005 1.954,6 428,4 270,3
2006 2.225,0 471,9 299,6
2007 2.447,3 551,2 353,1
2008 2.431,4 440,1 239,8
2009 1.816,9 208,6 19,0
2010 1.744,8 210,8 10,7
2011 1.915,4 240,4 40,0[9]
2012 2.355,5 245,5 31,0[9]
2013 2.662,9 266,5 55,3[9]
2014 2.834,5 317,2 100,2[9]
2015 2.972,4 369,7 167,6[11] />
2016 2.973,8 404,3 190,6[1]
2017 3.119,7 145,0 178,7[1]

Architekturpreis

Im Jahr 2004 hat Wienerberger den Architekturpreis Brick Award ins Leben gerufen, der seither alle zwei Jahre vergeben wird. Ausgezeichnet werden innovative und kreative Ziegelgebäude. Eingereicht werden die weltweit herausragenden Bauten aus Ziegelprodukten von internationalen Architekturkritikern und Architekturjournalisten. Diese „Architektur-Scouts“ recherchieren für Wienerberger weltweit Bauten aus Ziegel, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Die Bandbreite der Anwendungen reicht von Gebäudelösungen mit klassischem Wand- und Fassadenziegel über den kreativen Einsatz von Dach- bis zu Pflasterziegel. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die natürliche Einbettung in die Umgebung, die Geometrie, den Charakter sowie die Qualität des Gebäudes und dessen Lichtverhältnisse gelegt. Der Wienerberger Brick Award 2018 ist mit insgesamt 34.000 Euro dotiert.[12]

Film

  • 2019: Erbe Österreich: Er baute die Wiener Ringstraße – Der Ziegelbaron Heinrich Drasche und die Wienerberger, Regie: Gustav Trampisch, 45 Minuten, Erstausstrahlung auf ORF III

Literatur

Weblinks

Commons: Wienerberger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wienerberger Group:

Einzelnachweise

  1. a b c d Geschäftsbericht 2017 abgerufen auf https://www.annualreportwb.com
  2. a b Geschäftsbericht 2016 abgerufen auf http://www.wienerberger.com/de/investor-relations/berichte-präsentationen
  3. Commons: Ausgrabungen antiker Gegenstände a. o. Wienerberge – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
  4. Gewerbeordnung 1859 - Gewerbliches Hilfspersonal: §78 Lohnzahlungen, Inkrafttretensdatum 1. Juni 1885, Österreichische Nationalbibliothek
  5. Karl R. Stadler: Victor Adler. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik, Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend und Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 50–60, hier S. 57; und SPÖ Favoriten: Victor Adler und die Ziegelarbeiter
  6. Johannes Luxner: Viel Elend für den Glanz, orf.at, 1. Mai 2015
  7. Presseaussendung Krise 2009 http://www.wienerberger.com/de/wienerberger-kann-2009-trotz-krise-den-free-cash-flow-um-28-steigern.html
  8. Presseaussendung zweites Quartal 2010 http://www.wienerberger.com/de/wienerberger-schafft-turnaround-im-zweiten-quartal-2010.html
  9. a b c d e Geschäftsbericht 2014 abgerufen auf http://www.wienerberger.com/de/investor-relations/berichte-präsentationen
  10. Presseaussendung vom 26. September 2017: Wienerberger übernimmt Ziegelwerk Brenner in Österreich
  11. Geschäftsbericht 2015 abgerufen auf http://www.wienerberger.com/de/investor-relations/berichte-präsentationen
  12. Offizielle Webseite des Wienerberger Brick Award: http://www.brickaward.com/

Koordinaten: 48° 10′ 6″ N, 16° 20′ 43,7″ O