Galtür

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Galtür
Wappen Österreichkarte
Wappen von Galtür
Galtür (Österreich)
Galtür (Österreich)
Basisdaten
Staat: Österreich
Bundesland: Tirol
Politischer Bezirk: Landeck
Kfz-Kennzeichen: LA
Fläche: 121,23 km²
Koordinaten: 46° 58′ N, 10° 11′ OKoordinaten: 46° 58′ 6″ N, 10° 11′ 14″ O
Höhe: 1584 m ü. A.
Einwohner: 791 (1. Jän. 2023)
Bevölkerungsdichte: 6,5 Einw. pro km²
Postleitzahl: 6563
Vorwahl: 05443
Gemeindekennziffer: 7 06 06
Adresse der
Gemeinde­verwaltung:
Galtür 39
6563 Galtür
Website: www.galtuer.gv.at
Politik
Bürgermeister: Anton Mattle
Lage von Galtür im Bezirk LandeckVorlage:Infobox Gemeinde in Österreich/Wartung/Lageplan vorhandenVorlage:Infobox Gemeinde in Österreich/Wartung/Lageplan Imagemap explizit
Lage der Gemeinde Galtür im Bezirk Landeck (anklickbare Karte)FaggenFendelsFissFließFlirschGaltürGrinsIschglKapplKaunerbergKaunertalKaunsLadisLandeckNaudersPettneu am ArlbergPfundsPiansPrutzRied im OberinntalSt. Anton am ArlbergSchönwiesSeeSerfausSpissStanz bei LandeckStrengenTobadillTösensZamsTirol
Lage der Gemeinde Galtür im Bezirk Landeck (anklickbare Karte)
Vorlage:Infobox Gemeinde in Österreich/Wartung/Lageplan Imagemap
Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria
BW

Galtür (Betonung auf der zweiten Silbe) ist eine Gemeinde im Bezirk Landeck, Tirol (Österreich). Haupterwerbszweig ist aufgrund der Lage in den Alpen der Tourismus.

Galtür liegt im hinteren Paznaun in einer Talweitung zwischen der Silvretta im Süden und der Verwallgruppe im Norden, an der Grenze zu Vorarlberg. Um 1300 erfolgte die Besiedlung durch eingewanderte Walser, die bei den rätoromanischen Grundherren gern gesehen waren. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Gemeinde von einer landwirtschaftlich geprägten zu einer Tourismusgemeinde mit Schwerpunkt im Wintertourismus.

Die (mautpflichtige) Silvretta-Hochalpenstraße wurde 1953 eröffnet und verbindet das Paznauntal mit dem Montafon in Vorarlberg.

Seit dem 22. April 1997 gilt Galtür als der erste offizielle Luftkurort in ganz Tirol.

Geschichte von Galtür

In Galtür überschneiden sich der romanische, der alemannische und der bajuwarische Kulturkreis. So wurde es von den Engadinern aus dem Süden, den Walsern und Vorarlbergern aus dem Westen und von Tirolern aus dem Osten besiedelt.

Die ersten romanischen Siedler, die die Almen rings um den damals noch versumpften Talboden am Zusammenfluss von Vermunt- und Jambach besetzten, hatten seit 1095 Zinsverpflichtungen (Käse-Zinse) gegenüber Grundherren im Unterengadin und im Vinschgau, die über 700 Jahre anhielten. An die Kultivierungsarbeit der Engadiner wird noch heute mit dem Namen Galtür (= Cultura) erinnert.

Es bestand eine enge Verbindung mit dem Engadin. So wurden teilweise in 2500 m bis 2800 m Höhe Saumpfade und Karrenwege über die Silvretta-Pässe angelegt, die von einem lebhaften Handelsverkehr zeugen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Galtür geplündert. Die Kirche und viele Häuser gingen in Flammen auf. Das Dorf hat sich lange nicht von diesen Schäden erholt, und die aufgelaufenen Steuerschulden wurden erst im Jahre 1645 erlassen.

Im 18. Jahrhundert wurde Galtür von „weitblickenden“ Pfarrern zu einem bekannten Wallfahrtsort gemacht. In den Jahren 1776 bis 1778 konnte die Kirche mit Hilfe privater Spenden zum noch heute bestehenden Barockbau umgestaltet werden. Wesentlich dazu beigetragen hat ein 1722 gegründeter „Seelenbund“, der bis heute existiert.

Die ersten durch das Paznaun führenden Straßen wurden im 19. Jahrhundert gebaut. Dadurch wurde Galtür von vielen Reisenden entdeckt. Galtür bestand zu der Zeit noch aus einer Kirche, einem Gasthaus und 7 bis 8 Hütten und konnte als sehr ärmlich bezeichnet werden. Mit der neuen Anbindung wurden billige Lebensmittel herangekarrt, die Preise verfielen und die Bergbauern verarmten weiter. Zeitweise wurden die uralten Wege und hohen Pässe als Schmugglerpfade verwendet, um das nackte Überleben zu sichern.

Mit den von der Silvretta begeisterten Bergsteigern ging es wieder aufwärts. Dem Bau der Jamtalhütte folgte bald das erste Hotel. Mit den Touristen kam erneut Leben und Wohlstand in das Tal.

Datei:Galtuer Alpinarium2.JPG
Das Alpinarium von Galtür

Alpinarium Galtür

Das Alpinarium Galtür ist nach dem Lawinenereignis im Winter 1999 entstanden und ist ein zentraler Bestandteil einer 345 Meter langen und 19 Meter hohen Schutzmauer. Die Kombination aus Schutzmauer und Ausstellungsraum macht das Alpinarium Galtür und seine Architektur unverwechselbar.

Ausstellung: „Die Mauer – Leben am Berg“

Galtür ist ein Dorf an der Grenze, wobei hier weniger die Staatsgrenze, sondern vielmehr die naturräumliche Grenzen eine Rolle spielen. Die Exponiertheit der Gemeinde auf 1.600 m ü. d. M. verlangt den Menschen ein hohes Maß an Kreativität ab. Über Jahrhunderte entwickelten die Bewohner Strategien zum Überleben. Die Ausstellung lenkt die Aufmerksamkeit auf die Phänomene des Klimawandels und das Bemühen der Menschen, sich an geänderte Verhältnisse anzupassen und von der Natur zu lernen. Fragen zur Wahrnehmung der Berge, zum Sich-Anpassen, zum Kommen und Gehen, zum Verbinden und Vernetzen, zum Sich-Vermarkten-und-trotzdem-das-Eigene-Bewahren finden spannende Antworten.

Mit dem Raum der Erinnerung soll dem Vergessen entgegenwirkt und an die Lawine von Februar 1999 erinnert werden. Das Alpinarium wurde als einziger österreichischer Kandidat für den Europäischen Museumspreis 2007 nominiert.

Das Alpinarium Galtür bietet dem Besucher weiters: eine Indoor- und Outdoor-Kletterwand, das „Café zum Gefrorenen Wasser“ mit einer Panorama-Sonnenterasse, Internetlounges, Seminar- und Veranstaltungsräume sowie eine begehbare Dachplattform mit einem frei auskragenden Dachsteg, welcher einen direktem Blick auf die Lawinenmauer und einen Rundblick auf Galtür und seine Bergwelt bietet.

Touristische Infrastruktur im Winter

Das Skigebiet Galtür verfügt über 10 Liftanlagen und 40 km präparierte Pisten. Das Skigebiet geht von 1635 m bis zu 2297 m über dem Meeresspiegel.

Touristische Infrastruktur im Überblick:

1 Seilbahn, 3 Sesselbahnen, 5 Schlepplifte, Förderbänder, 40 km präparierte Pisten (davon 4 km blaue, 24 km rote und 12 km schwarze Piste), 20 km Tiefschneevarianten, Ski- und Snowboardschule, 74 km Langlaufloipen (Loipen und Skiwanderwege), Nachtskilauf (2,2 km bestens beleuchtete Piste), beleuchteter Eislaufplatz;

Sport- und Kulturzentrum (Erlebnishallenbad, Veranstaltungssaal „Silvretta“, Tennishalle, Squashbox, 3 Kegelbahnen, Billard, Dart-Treff), Alpinarium Galtür (Museum, aktuelle Ausstellung, Sonderausstellungen, 220-m²-Indoor-Kletterwand, Café, Internetlounge, Seminarräume), zahlreiche Skihütten, Restaurants, Cafés und Bars;

eine Besonderheit ist die Möglichkeit, im Rahmen einer fachlich begleiteten Skisafari das Paznauntal zu verlassen und ins Montafon abzufahren. Als Aufstiegshilfe dient eine Pistenraupe mit angehängtem Schleppseil. Die Rückkehr ist mit einer Standseilbahn in Partenen und anschließendem Bustransfer zum Silvretta-Stausee möglich. Dies ist im Winter die einzige kurze Verbindung zur Bielerhöhe ohne Tourenski.

Touristische Infrastruktur im Sommer

Über 250 km Wander-, Spazier- und Nordic-Walking-Wege; 5 Schutzhütten, 4 Almen und 2 Gasthöfe. 36 markierte Mountainbike-Wege in der Silvretta-Mountainbike-Arena. Natursteinkletterwand, Indoor-Kletterwand im Alpinarium Galtür; 2 Tennisfreiplätze, Beach-Volleyball-Platz, Street-Soccer, Kinderspielplatz;

Sport- und Kulturzentrum (Erlebnishallenbad, Veranstaltungssaal „Silvretta“, Tennishalle, Squashbox, 3 Kegelbahnen, Billard, Dart-Treff); Alpinarium Galtür (Museum, aktuelle Ausstellung, Sonderausstellungen, 220-m²-Indoor-Kletterwand, Café, Internetlounge, Seminarräume)

Lawinen im Jahr 1999

Am 23. Februar 1999 wurde Galtür von einer Lawine heimgesucht, die 31 Menschenleben forderte (Lawinenkatastrophe von Galtür). Aufgrund starker Schneefälle war der Ort im Februar 1999 von der Außenwelt abgeschnitten, Hilfsmannschaften der Bergrettung, des Roten Kreuzes und des österreichischen Bundesheers und Einheiten der deutschen Bundeswehr konnten nur mittels Hubschrauber eingeflogen werden.

Am 28. Dezember 1999 wurde unweit der Jamtalhütte (2165 m) eine von Bergführern des DAV Summit Club geführte Gruppe auf dem Rückweg vom Rußkopf von einer Lawine erfasst. 14 Personen wurden verschüttet, 9 konnten nur noch tot geborgen werden.

Um sicherzustellen, dass ein solches Unglück nie wieder vorkommt, wurden nachstehende Maßnahmen gesetzt:

Projekte zum Schutz vor Lawinen

  • Die gesamte Verbauung im Anbruchsgebiet (11 km Stahlschneebrücken 3–5 Meter hoch) wird voraussichtlich in 10 Jahren fertiggestellt sein. Derzeit sind ca. 4,4 km Stahlschneebrücken auf der gefährlichsten und technisch schwierigsten Stelle errichtet worden. Diese Verbauung weist daher jetzt schon hohe Schutzwirkung auf.
  • Zwei Dämme (6–12 m hoch) am Talboden wurden als Sofortmaßnahme bereits 1999 fertiggestellt.
  • Alle zerstörten Häuser wurden bereits 1999 in lawinensicherer Bauweise (Stahlbeton) wiedererrichtet.

Begleitmaßnahmen

  • Zum Schutz der Zufahrtsstraße nach Galtür werden mehrere Anbruchsverbauungen und Lawinenschutzgalerien errichtet. Mittlerweile wurden zwei Großprojekte (Galerien) östlich und westlich von Ischgl und mehrere Anbruchsverbauungen realisiert
  • Im Schutz der Verbauungen wird auch dort Wald entstehen, wo früher keiner war.
  • Bereits im Jahr 1999 wurde ein neues Zivilschutzzentrum beim Alpinarium eingerichtet (Feuerwehr, Rettung, Bergrettung). Die Rückwand des Gebäudes ist so gestaltet, dass sie auch als Lawinenschutz dient.
  • Rund um Galtür wurden mehrere Wettermessstationen eingerichtet. Galtür hat damit vermutlich das dichteste Messstellennetz der Welt.
  • Die Katastrophe Galtür führte schließlich zur Anschaffung von 9 Großhubschraubern für das österreichische Bundesheer.

Literatur

  • Gemeinde Galtür (Hrsg.): Galtür. Zwischen Romanen, Walsern und Tirolern. Gemeinde Galtür, Galtür 1999, ISBN 3-85123-121-X.
  • Günther Gross: Die geschichtliche Bedeutung der Gebirgspässe zwischen Montafon, Paznaun und Graubünden (Silvretta- und Rätikongruppe). 1975.
  • Walter Köck: 80 Jahre im Paznaun. Zeit zu lachen, Zeit zu weinen, Zeit zu sammeln. 1. Auflage. Eigenverlag, Galtür 2003.
  • Walter Köck: Ins Paznaun geschaut. Geschichten, Begegnungen, Erinnerungen ; ein Lesebuch. 1. Auflage. Eigenverlag, Galtür 1992.
  • Walter Köck: Sturm über Galtür. Im lawinen-, kapellen- und sagenreichen Paznaun. 1. Auflage. Eigenverlag, Galtür 2000.
  • Johannes Schueller: Faksimiledruck mit Übertragung vom Galtür Büchlein aus dem Jahre 1774. Hrsg.: Erwin Cimarolli. Erwin Cimarolli, Ischgl 1992 (Originaltitel: Denckwürdige Begebenheiten alda zu Galthüren).
  • Marialuise Haslinger: Die Flurnamen von Galtür. In: Gemeinde Galtür (Hrsg.): Galtür. Zwischen Romanen, Walsern und Tirolern. Gemeinde Galtür, Galtür 1999, S. 52–62.
  • Nikolaus Huhn: Galtür und Ardez. Geschichte einer spannungsreichen Partnerschaft. Wagner, Innsbruck 1999, ISBN 3-7030-0329-4.
  • Oswald Jäger, Shi-Guang Wu: Krisenmanagement und der Einfluss von Naturkatastrophen auf den Tourismus. Dargestellt am Beispiel des Lawinenunglücks in Galtür. Innsbruck 2004 (Diplomarbeit).
  • Sven Fuchs, Khakzadeh, Weber (Hrsg.): Recht im Naturgefahrenmanagement. Studien-Verlag, Innsbruck 2006, ISBN 978-3-7065-4326-2 (Die Fortsetzung der rechtlichen Auseinandersetzung aus wissenschaftlicher Sicht).