Möriken-Wildegg

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Möriken-Wildegg
Wappen von Möriken-Wildegg
Wappen von Möriken-Wildegg
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Aargau Aargau (AG)
Bezirk: Lenzburgw
BFS-Nr.: 4203i1f3f4
Postleitzahl: 5103
Koordinaten: 656199 / 252028Koordinaten: 47° 25′ 0″ N, 8° 11′ 0″ O; CH1903: 656199 / 252028
Höhe: 387 m ü. M.
Fläche: 6,61 km²
Einwohner: 4676 (31. Dezember 2022)[1]
Einwohnerdichte: 707 Einw. pro km²
Website: www.moeriken-wildegg.ch
Karte
Karte von Möriken-Wildegg
Karte von Möriken-Wildegg
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Möriken-Wildegg (bis 1951 offiziell Möriken genannt, (schweizerdeutsch: ˈmœ.rɪ.kχə ˌvɪlˈdɛk) ist eine Einwohnergemeinde im Bezirk Lenzburg des Schweizer Kantons Aargau. Sie liegt im Zentrum des Kantons an der Mündung der Bünz in die Aare.

Geographie

Die Gemeinde besteht aus den beiden Ortsteilen Wildegg (359 m ü. M.) und Möriken (387 m ü. M.), die etwas mehr als einen Kilometer voneinander entfernt sind. Während Wildegg an der Aare liegt, befindet sich Möriken etwas zurückversetzt im Bünztal. Nördlich von Möriken erhebt sich der bis zu 647 Meter hohe Chestenberg, ein Ausläufer des Kettenjuras. Das Gelände steigt steil bis zu einem in Ost-West-Richtung verlaufenden schmalen Grat an. Ein Ausläufer des Grats erstreckt sich in Richtung Süden zum Schloss Wildegg. Südwestlich an Möriken vorbei fliesst in einer kleinen Senke die Bünz. Der Abschnitt auf dem Gemeindegebiet ist einer der wenigen, die nicht begradigt wurden. Im Zentrum Wildeggs nimmt die Bünz den Aabach auf und mündet knapp zweihundert Meter weiter westlich in die Aare. Der Fluss ändert hier seine Fliessrichtung von Ost nach Nord.[2]

Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt 661 Hektaren, davon sind 232 Hektaren bewaldet und 166 Hektaren überbaut. Der höchste Punkt befindet sich auf 647 Metern auf dem Grat des Chestenbergs, der tiefste auf 350 Metern an der Aare.

Nachbargemeinden sind Veltheim und Holderbank im Nordwesten, Lupfig und Birr im Norden, Brunegg im Nordosten, Othmarsingen im Südosten, Lenzburg und Niederlenz im Süden, Rupperswil im Südwesten sowie Auenstein im Westen.

Geschichte

Hinweistafel zur bronzezeitlichen Siedlung auf dem Chestenberg

Auf dem Grat des Chestenbergs bestand in der späten Bronzezeit eine kleine Dorfsiedlung. Nachgewiesen sind Blockbauten und Spuren einer Bronzegiesserwerkstatt. Mauerreste deuten auf einen römischen Gutshof hin.

Das Dorf Möriken geht auf eine alamannischen Gründung zurück. Im Jahr 1292 wurde es als Mörinkon erstmals urkundlich erwähnt. Einen indirekten Hinweis auf die Ortschaft enthält eine Urkunde von 1283, die Ulricus de Moerinchon als Zeugen aufführt. Der Ortsname geht auf das althochdeutsche Moringhofun zurück, was «bei den Höfen der Sippe des Mor» bedeutet.[3] Die Burg Wildegg wurde Ende des 12. Jahrhunderts durch die Grafen von Habsburg auf der Felsrippe über dem Engpass auf der rechten Seite der Aare errichtetm, das genaue Baudatum ist nicht bekannt. Der Name Wildecken ist erstmals 1242 überliefert, geht auf das althochdeutsche «(ze demo) wildun ekko» zurück und bedeutet «beim abschüssigen Berghang».[4]

1415 eroberten die Eidgenossen den Aargau; Möriken gehörte nun zum Untertanengebiet der Stadt Bern, dem so genannten Berner Aargau. 1528 führten die Berner die Reformation ein. Das Dorf bildete zwar bereits im 15. Jahrhundert einen eigenen Gerichtsbezirk im Amt Lenzburg, blieb aber stets von den Wildegger Schlossherren wirtschaftlich abhängig. Diese besassen nämlich den grössten Teil des Waldes, eine Domäne mit über 100 Hektaren Wirtschaftsland, Rebberge am Berghang und eine Mühle am Talausgang. Um diese Mühle entwickelte sich später das Dorf Wildegg. Ab 1483 herrschte elf Generationen lang die aus Brugg stammende Familie Effinger auf der Wildegg.

Schloss Wildegg

Im März 1798 marschierten die Franzosen in die Schweiz ein, entmachteten die «Gnädigen Herren» von Bern und riefen die Helvetische Republik aus. Möriken-Wildegg gehört seither zum Kanton Aargau. Wildegg entwickelte sich im 18. und 19. Jahrhundert zu einem bedeutenden Schauplatz der industriellen Revolution in der Schweiz. Vor allem die Firma Laué & Cie. trieb die Entwicklung voran, als sie begann, Baumwolltücher farbig zu bedrucken (Indienne). 1848 begann in Wildegg die Zeit der Hutflechterei.

Am 15. Mai 1858 erhielt die Gemeinde einen Anschluss an das Eisenbahnnetz der Schweiz, als die Strecke BruggAarau mit einem Bahnhof in Wildegg eröffnet wurde. 1889 entstand eine Zementfabrik; Steinbrüche in den nahen Jurahügeln und die Aare lieferten die nötigen Rohstoffe (Kalkstein, Tonmergel, Wasser). Am 1. Oktober 1895 erreichte die Seetalbahn von Lenzburg her den Bahnhof Wildegg (am 2. Juni 1984 stillgelegt und durch eine Busverbindung ersetzt). Historisch wertvolle Teile der alten Fabrikanlagen stehen unter Denkmalschutz.

Im 20. Jahrhundert siedelten sich weitere Industrien an, unter anderem ein Kupferdraht-Isolierwerk und eine Hartweizenmühle. Im Gegensatz zu Wildegg blieb in Möriken der bäuerliche Charakter lange Zeit erhalten. Der Ortsteil entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten zu einer bevorzugten Wohnsiedlung; seit 1900 hat sich die Einwohnerzahl verdreifacht.

Sehenswürdigkeiten

Pfarrkirche St. Antonius

Das Schloss Wildegg, auf einem felsigen Ausläufer des Chestenbergs gelegen, besteht im Kern aus einer gut erhaltenen Burg aus dem 12. Jahrhundert mit Bergfried und Palas. Im 17. Jahrhundert wurde die Burg vergrössert und in ein barockes Wohnschloss umgebaut. Schlossbesitzerin Julie Effinger starb 1912 ohne Nachkommen. Sie vermachte das Schloss mit der gesamten Ausstattung und die dazu gehörende Domäne der Eidgenossenschaft, die das ganze Gut dem Schweizerischen Landesmuseum zur Verwaltung übergab.

Die dem Heiligen Antonius geweihte Pfarrkirche, die auf einer erhöhten, auf drei Seiten von der Bünz umflossenen Landzunge lag, wurde 1428 erstmals erwähnt, 1949 abgebrochen und 1966/69 durch einen modernen Neubau des Architekten Justus Dahinden ersetzt.

Der Villenbezirk in Wildegg entstand zu Beginn des Zeitalters der Industrialisierung, als die Fabrikbesitzer repräsentative Wohngebäude im klassizistischen und neugotischen Stil errichten liessen. Dazu zählen das Haus Dolder (1785 für Johann Rudolf Dolder erbaut), das Lauégut (1790), das Amslergut (1800) und das Haus Isler (1825).

Gegenüber dem Gasthof Bären befindet sich ein kleiner Kurgarten, welcher 1977 eingeweiht wurde. Zentrum der Anlage ist der 1832 gebohrte, 117 Meter tiefe, begehbare Jodbrunnen. Bis zu Beginn der 1960er Jahre wurden hier täglich 40 bis 60 Liter Jodwasser abgefüllt und als gesundheitsförderndes Naturwasser verkauft.[5]

Der Kamin des Zementwerks Wildegg ist mit 125 Meter Höhe einer der höchsten in der Schweiz.

Wappen

Die Blasonierung des Gemeindewappens lautet: «In Gelb Mohrenkopf mit roten Lippen und Ohrringen über schwebendem rotem Sechsberg.» Der Mohr, eine volkstümliche Deutung des Namens Möriken, erschien erstmals 1592 auf einem Grenzstein. Als Wildegg immer mehr an Bedeutung gewann, kam der Wunsch auf, diese Ortschaft im Wappen mitzuberücksichtigen. Dies geschah im Juni 2002, als der rote Sechsberg der Familie Effinger als Symbol Wildeggs eingefügt wurde.[6]

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung:[7]

Jahr 1764 1850 1900 1930 1950 1960 1970 1980 1990 2000
Einwohner 426 821 1161 1750 2134 2399 2867 2858 3406 3413

Am 31. Dezember 2008 lebten 3971 Menschen in Möriken-Wildegg, der Ausländeranteil betrug 19,0 %. Bei der Volkszählung 2000 waren 59,9 % reformiert, 25,1 % römisch-katholisch, 4,5 % moslemisch und 1,1 % christlich-orthodox; 1,4 % gehörten anderen Glaubensrichtungen an. 90,6 % bezeichneten Deutsch als ihre Hauptsprache, 2,8 % Italienisch, 1,7 % Serbokroatisch, 0,8 % Türkisch, 0,7 % Albanisch, 0,6 % Französisch.[8]

Politik und Recht

Die Versammlung der Stimmberechtigten, die Gemeindeversammlung, übt die Legislativgewalt aus. Ausführende Behörde ist der fünfköpfige Gemeinderat. Seine Amtsdauer beträgt vier Jahre und er wird im Majorzverfahren (Mehrheitswahlverfahren) vom Volk gewählt. Er führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse der Gemeindeversammlung und die Aufgaben, die ihm von Kanton und Bund zugeteilt wurden.

Für Rechtsstreitigkeiten ist das Bezirksgericht Lenzburg zuständig. Möriken-Wildegg gehört zum Friedensrichterkreis Othmarsingen.

Wirtschaft

In Möriken-Wildegg gibt es gemäss Betriebszählung 2005 rund 1300 Arbeitsplätze, davon 6 % in der Landwirtschaft, 26 % in der Industrie und 68 % im Dienstleistungsbereich.[9] Die wirtschaftlichen Tätigkeiten und die Industrie konzentrieren sich auf den Ortsteil Wildegg. Die wichtigsten Unternehmen sind die 1920 gegründeten Kupferdraht-Isolierwerke, die Hartweizen-Mühle der Migros und die Jura-Cement-Werke. Der Ortsteil Möriken ist vor allem ein Wohngebiet, hat aber auch mehrere Dienstleistungsbetriebe. Die meisten Erwerbstätigen sind Wegpendler und arbeiten in der näheren Umgebung, beispielsweise in Lenzburg, Brugg und Aarau.

Verkehr

Hofgut des Schlosses Wildegg, im Hintergrund Möriken

Wildegg liegt am Kreuzungspunkt der Hauptstrassen nach Aarau, Brugg und Lenzburg. Eine autobahnähnliche Schnellstrasse führt zum Anschluss Aarau-West der Autobahn A1 bei Hunzenschwil und weiter nach Aarau. Weitere Autobahnanschlüsse befinden sich bei Mägenwil und Lenzburg. Der Bahnhof Wildegg liegt an der Haupteisenbahnlinie Olten–Aarau–Brugg–Zürich. Zwischen den Bahnhöfen Wildegg und Lenzburg verkehren zwei Buslinien der Gesellschaft Regionalbus Lenzburg. Eine weitere Buslinie verkehrt von Lenzburg über Möriken nach Brunegg.

Bildung

Die Gemeinde verfügt über vier Kindergärten und zwei Schulzentren, in denen sämtliche Schulstufen der obligatorischen Volksschule unterrichtet werden (Primarschule, Realschule, Sekundarschule, Bezirksschule). Die nächstgelegene Kantonsschule (Gymnasium) befindet sich in Aarau.

Kultur

Weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt ist die Operettentradition. Seit 1891 gibt es Theatervorführungen und seit 1925 Musiktheater. Der Bau eines neuen Gemeindesaals 1959 bot professionelle Rahmenbedingungen und legte den Grundstein für den nachhaltigen, bis heute andauernden Erfolg. Pro Saison gibt es jeweils 30 Aufführungen mit zusammen 20'000 Besuchern. Als Besonderheit der Operette Möriken-Wildegg hat sich die Pflege eines wenig bekannten Repertoires erwiesen. So fand 2001 mit Jacques Offenbachs Werk Die Tochter des Tambour-Majors sogar eine schweizerische Erstaufführung statt[10]. Einer der vielen Vereine ist auch die Musikgesellschaft Möriken-Wildegg, die mit einer angegliederten Majorettengruppe (eine der wenigen in der Schweiz) auftritt.

Persönlichkeiten

In Möriken-Wildegg wurden geboren:

Weitere Personen mit Bezug zur Gemeinde:

  • Yul Brynner (1920–1985), amerikanischer Schauspieler; war weltberühmter Bürger von Möriken-Wildegg. Seine Mutter war Russin, sein Vater Schweizer Konsul in Russland und stammte ursprünglich aus Möriken. Brynner besuchte 1967 erstmals seine Heimatgemeinde und tätigte eine grosszügige Spende für das gemeindeeigene Ferienhaus auf der Bettmeralp.
  • Ernst Brugger (1914–1998), Schweizer Politiker (FDP), Bundesrat, Bundespräsident im Jahr 1974; besass das Bürgerrecht von Möriken-Wildegg.
  • Paul Karrer (1889–1971) Schweizer Chemiker, Nobelpreisträger der Chemie, verbrachte seine Jugendjahre in Wildegg und besuchte die Bezirksschule in Lenzburg.
  • Jack Säuberli (* 1947), Schweizer Komponist; ist Bürger von Möriken-Wildegg und verbrachte seine Kindheit und Jugendjahre in Möriken.
  • Milena Moser (* 1963), Schweizer Schriftstellerin.

Weblinks

Commons: Möriken-Wildegg – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
  2. Landeskarte der Schweiz, Blatt 1089 und 1090, Swisstopo
  3. Beat Zehnder: Die Gemeindenamen des Kantons Aargau. In: Historische Gesellschaft des Kantons Aargau (Hrsg.): Argovia. Band 100. Verlag Sauerländer, Aarau 1991, ISBN 3-7941-3122-3, S. 280–281.
  4. Zehnder, Gemeindenamen des Kantons Aargau, S. 464–465
  5. Michael Stettler, Emil Maurer: Die Kunstdenkmaeler des Kantons Aargau. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Band II: Die Bezirke Lenzburg und Brugg. Birkhäuser Verlag, Basel 1953.
  6. Joseph Galliker, Marcel Giger: Gemeindewappen des Kantons Aargau. Lehrmittelverlag des Kantons Aargau, Buchs 2004, ISBN 3-906738-07-8, S. 218.
  7. Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden im Bezirk Lenzburg, Statistisches Amt des Kantons Aargau
  8. Gemeindeporträt, Statistisches Amt des Kantons Aargau
  9. Betriebszählung 2005, Statistisches Amt des Kantons Aargau
  10. Operette Möriken-Wildegg