Deutscher Alpenverein

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Deutscher Alpenverein (DAV)
Logo des Deutschen Alpenvereins
Gegründet 1869
Gründungsort München
Vereine 355 Sektionen
Mitglieder 1.000.000
Website www.alpenverein.de

Der Deutsche Alpenverein e. V. (DAV) ist die größte Bergsteigervereinigung der Welt und der achtgrößte Sportverband Deutschlands. In ihm sind 355 rechtlich selbstständige Sektionen mit insgesamt rund 988.000[1] Mitgliedern organisiert. Er ist im Deutschen Olympischen Sportbund der zuständige Fachverband für das Sport- und Wettkampfklettern, das Bergwandern und Bergsteigen, Hochtourengehen, Eisklettern und Expeditionsbergsteigen sowie das Skibergsteigen. Präsident des DAV war von 1992 bis 2005 und ist wieder seit Oktober 2010 Josef Klenner.

Geschichte

Der DAV ging aus dem am 9. Mai 1869 gegründeten Bildungsbürgerlichen Bergsteigerverein hervor. Die Gründer waren überwiegend unzufriedene Mitglieder des sieben Jahre zuvor gegründeten Österreichischen Alpenvereins, welche die touristische Erschließung der Alpen nicht nur moralisch und akademisch, sondern aktiv, etwa durch den Bau von Hütten und Wegen, unterstützen wollten.

Treibende Kräfte waren der österreichische Kurat Franz Senn, der Prager Kaufmann Johann Stüdl, der Münchner Student Karl Hofmann und der Mandatar des Österreichischen Alpenvereins in Bayern, Theodor Trautwein. Zur Gründungsversammlung im Gasthaus „Blaue Traube“ in München kamen 36 Männer, und Ministerialrat Gustav von Bezold wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt. Bereits nach 10 Monaten gab es 22 Sektionen mit 1070 Mitgliedern, 1876 waren es bereits 500 Sektionen. Von 1873 bis 1938 waren der deutsche und der österreichische Zweig zum Deutschen und Österreichischen Alpenverein (DuÖAV) zusammengeschlossen.

Bereits im Kaiserreich entwickelten sich im DuÖAV antisemitische Tendenzen. 1899 wurde die Sektion „Mark Brandenburg“ ausschließlich für „christlich getaufte, deutsche Staatsbürger“ gegründet. 1905 gründete sich die Sektion Wien bereits exklusiv für arische Mitbürger. Die Akademische Sektion Wien nahm 1907 den Arierparagraphen in ihre Satzung auf. Weitere Sektionsgründungen mit diesen Einschränkungen folgten in den darauffolgenden Jahren bis 1921. Einige der ausgeschlossenen Bergsteiger gründeten daraufhin die Sektion Donauland des DuÖAV. Diese wurde 1924 aus dem Gesamtverein ausgeschlossen. Zuvor war bereits 1921, nach der Übernahme des Vorsitzes der Sektion Austria durch Eduard Pichl, der Arierparagraph in 98 von 110 Sektionen eingeführt worden. 1922 schloss die Akademische Sektion Dresden des DuÖAV Juden von der Mitgliedschaft aus. Diese Sachverhalte sind durch den Kulturbeauftragten des DAV, Helmuth Zebhauser, ausführlich aufgearbeitet worden.[2]

1938 wurde der Alpenverein, jetzt nur noch Deutscher Alpenverein (DAV), als „Fachverband Bergsteigen“ in den Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen (NSRL) eingegliedert und Arthur Seyß-Inquart zum „Führer des Deutschen Alpenvereins (DAV)“ bestellt. Mit dem am 10. Oktober 1945 erlassenen Gesetzes Nr. 2 des Alliierten Kontrollrates wurde der DAV als Teil des NSRL für aufgelöst erklärt und sein Eigentum beschlagnahmt. Die Neubildung unter dem gleichen oder unter einem anderen Namen wurde verboten. Schon 1945 gründete sich der Österreichische Alpenverein OeAV neu. Der OeAV verwaltete bis zur 1952 erfolgten Wiedergründung des DAV dessen Vermögen und Grundbesitz (Hütten) treuhänderisch.

In der DDR erhielt der DAV keine Neuzulassung. Bergsteiger und Kletterer fanden sich im 1958 gegründeten Deutschen Verband für Wandern, Bergsteigen und Orientierungslauf (DWBO) zusammen. Nach der Wende gründeten sich viele der vor 1945 bestehenden Sektionen neu.

1992 trat der Alpenverein dem Deutschen Sportbund bei, zu diesem Zweck wurden erstmals Landesverbände gegründet, die wiederum Mitglied in den Landessportbünden wurden.

2008 trat der DAV zum Jahresende zusammen mit dem OeAV und dem VAVÖ aus der UIAA aus.[3] Grund dafür waren Verstimmungen über die Bemühungen der UIAA, Sportklettern als olympische Disziplin zu etablieren.[4][5] Nach einer Neuausrichtung der Verbandsziele der UIAA traten der DAV und der VAVÖ der UIAA im Jahr 2013 wieder bei.[6]

Gliederung

Josef Klenner, Präsident des DAV, 2012

Sektionen

Der DAV mit der Bundesgeschäftsstelle in München ist ein Dachverband für derzeit 355 Sektionen genannte eigenständige Mitgliedsvereine, die alle wiederum eingetragene Vereine sind. Eine Mitgliedschaft im DAV ist für natürliche Personen nur mittelbar über die Sektionen möglich. Die Sektionen sind weitgehend selbstständig, viele davon haben eigene Büros, Schulungs- und Veranstaltungsprogramme. In größeren Städten gibt es häufig mehrere Sektionen mit zum Teil stark unterschiedlichen Schwerpunkten und Mitgliederzahlen.

Die Organe des Dachverbandes sind die Hauptversammlung, das Präsidium und der Verbandsrat.

Jugendorganisation

Die Jugendorganisation des Deutschen Alpenvereins ist die „Jugend des Deutschen Alpenvereins” (JDAV).

Die JDAV ist in einzelne Landesverbände aufgeteilt, die wiederum in einzelne Bezirksverbände aufgeteilt sind. Dementsprechend gibt es neben der Bundesjugendleitung einzelne Landes- und Bezirksjugendleitungen als Vertreter der Jugendlichen. Die Vertreter in den Bundes-, Landes-, und Bezirksjugendleitungen werden von den Jugendleitern des DAV gewählt und vertreten die Interessen der JDAV gegenüber dem Alpenverein und der Öffentlichkeit.

Hüttenwesen

Die Freiburger Hütte als Beispiel einer Alpenvereinshütte

Vom Deutschen Alpenverein werden (2013) in 208 hüttenbesitzenden Sektionen 327 Alpenvereinshütten betreut, davon sind 195 mit rund 20.500 Gastraumplätzen bewirtschaftet und 65 bewartet. In 67 Fällen handelt es sich um Selbstversorgerhütten oder Biwaklager. 78 Hütten liegen in den deutschen Mittelgebirgen.

Das Brandenburger Haus in den Ötztaler Alpen der Sektion Berlin ist auf 3277 m die höchstgelegene Hütte des DAV. Bei der Rappenseehütte, 2091 m im Allgäu der Sektion Allgäu-Kempten handelt es sich um die größte bewirtschaftete Hütte, die kleinste Selbstversorgerhütte mit vier Matratzenlagern ist die Breitenkopfhütte, 2017 m, im Mieminger Gebirge der DAV-Sektion Coburg. Bereits 1832 wurde die Bochumer Hütte, 1430 m, in den Kitzbüheler Alpen, Tirol, Österreich erbaut und ist damit die älteste Kategorie-1- Hütte des DAV. Die neuste DVA-Hütte ist die Olpererhütte auf einer Höhe von 2389 m im österreichischen Bundesland Tirol der Sektion Neumarkt/Oberpfalz, der Ersatzbau wurde 2007 fertiggestellt.

Auf den etwa 20.000 Schlafplätzen gibt es jährlich rund 750.000 Übernachtungen, je nach Hütte liegen die Zahlen zwischen 300 und 21.600, der Maximalbetrag pro Übernachtung wurde bei der Hauptversammlung mit 18 Euro festgelegt. Sorgen bereiten dem DAV gut 100 Alpenvereinshütten mit weniger als 1000 Übernachtungen pro Jahr, hier reichen die Einnahmen kaum zur Finanzierung aus (Neuanschaffungen, Wasseraufbereitung, Kläranlage, Energieanlagen). Beispielhaft sind die Bereitstellungskosten von fünf Euro für einen Liter Wasser auf einer Hütte ohne eigene Quelle, die nicht in Relation mit den Einnahmen durch die Gäste stehen (1 l Eistee für 3 € oder kostenlose Toilettenbenutzung).

Jährlich werden von den Sektionen 20 Millionen Euro für Baumaßnahmen beantragt, davon können jedoch nur 10 Millionen Euro bereitgestellt werden. [7]

Ziele

Mitgliederabzeichen

In der Anfangszeit des DAV waren die Ziele hauptsächlich Erfahrungsaustausch und Erschließung der Alpen durch Wege und Unterkunftshäuser (Berghütten). Derzeit betreibt der Alpenverein 327 solcher Alpenvereinshütten genannten Unterkunftshäuser mit etwa 20.000 Übernachtungsmöglichkeiten. Die Hütten sind im Besitz einzelner Sektionen, stehen aber allen Alpinisten offen. Viele Sektionen unterhalten außerdem nichtöffentliche, nur den Sektionsmitgliedern zugängliche Unterkunftshäuser in allen Teilen der Alpen und den deutschen Mittelgebirgen. Des Weiteren betreibt der Alpenverein 180 Kletteranlagen bzw. Kletterhallen.

Daneben tritt der DAV auch als Interessensvertreter und Dienstleister für Bergsportler auf, etwa für Versicherungen, Leihausrüstung oder Kartenmaterial.

In den 1980er und 1990er Jahren erfolgte eine verstärkte Hinwendung zum Naturschutz, der im Grundsatzprogramm von 1994 auch als zentrales Ziel aufgenommen wurde. Die Erschließung der Alpen wurde für beendet erklärt, seitdem werden keine weiteren Hütten und Wege mehr gebaut, sondern nur noch die bestehende Infrastruktur instand gehalten.

Sonstiges

Der Deutsche Alpenverein ist ein nach § 59 Bundesnaturschutzgesetz anerkannter Naturschutzverband.

Der DAV gibt gemeinsam mit dem Österreichischen Alpenverein und dem Alpenverein Südtirols die Taschenbuchreihe Alpenvereinsführer heraus, die beim Bergverlag Rother in München verlegt wird. Mit beiden Vereinen gemeinsam wird zudem das jährlich erscheinende Alpenvereinsjahrbuch herausgegeben.

Seit einigen Jahren tritt der DAV über sein Tochterunternehmen „DAV Summit Club” auch als kommerzieller Veranstalter von zum Teil sehr anspruchsvollen Bergtouren und Expeditionen auf.

Auf der Praterinsel in München unterhält der Verein das Alpine Museum, welches sich hauptsächlich mit der Geschichte des Vereins und des Alpinismus im Allgemeinen auseinandersetzt.

Literatur

  • Rainer Amstädter: Der Alpinismus. Kultur, Organisation, Politik. WUV-Universitäts-Verlag, Wien 1996, ISBN 3-85114-273-X.
  • Anneliese Gidl: Alpenverein. Die Städter entdecken die Alpen. Der Deutsche und Österreichische Alpenverein von der Gründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Böhlau, Wien u. a. 2007, ISBN 978-3-205-77668-0 (Rezension)
  • Nicholas Mailänder: Im Zeichen des Edelweiß. Die Geschichte Münchens als Bergsteigerstadt. AS-Verlag, Zürich 2006, ISBN 3-909111-28-9.
  • Provisorischer Ausschuss der Sektion München: Aufruf an alle deutschen Alpenfreunde! Gründungsaufrufe DAV 1869. Juni 1869 (Historisches AlpenArchiv der Alpenvereine in Deutschland, Österreich und Südtirol (PDF), 3 Seiten, 284 kB [abgerufen am 27. August 2010]).
  • Helmuth Zebhauser: Alpinismus – quo vadis? (= Alpines Museum des Deutschen Alpenvereins. Schriftenreihe. Bd. 3, ZDB-ID 1466848-8). Deutscher Alpenverein, München 1999.

Weblinks

Commons: Deutscher Alpenverein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jahresbericht 2012. (PDF; 5,6 MB) In: alpenverein.de. Deutscher Alpenverein e. V. (DAV), , abgerufen am 29. Juli 2013 (S. 3).
  2. Helmuth Zebhauser: Alpinismus im Hitlerstaat (= Dokumente des Alpinismus. Bd. 1). Bergverlag Rother, München 1998, ISBN 3-7633-8102-3. Neueres zum Antisemitismus des Vereins: Nicholas Mailänder: Das dunkelste Kapitel unserer Vereinsgeschichte. Die Donaulandaffäre des DÖAV. In: Panorama. Magazin des Deutschen Alpenvereins. 59. Jg., Heft 1, 2007, S. 60–62, siehe Weblinks: Donaulandaffäre.
  3. UIAA: Circular letter to all UIAA Member Federations. (PDF; 90 KB) abgerufen 10. Januar 2012.
  4. Jörg Eberlein: Abschied des DAV aus der internationalen Bergsteigerorganisation UIAA. (PDF; 3,4 MB) abgerufen 10. Januar 2012.
  5. http://www.czechclimbing.com/fotos/fil_3585.pdf Kündigungsschreiben im Wortlaut – ohne Bezugnahme auf die Olympischen Spiele
  6. Press Release: German and Austian alpine clubs to rejoin the UIAA. UIAA, 5. Oktober 2013, abgerufen am 15. November 2013 (englisch).
  7. DAV Panorama, Magazin des Deutschen Alpenvereins, ISSN 1437-5923, München, Januar 2013, Seite 38 ff.