Eberhard I. (Württemberg, Herzog)

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Eberhard im Bart, 1492
Grabplatte Eberhards in der Tübinger Stiftskirche

Eberhard im Bart (* 11. Dezember 1445 in Urach; † 25. Februar 1496 in Tübingen) war seit 1459 als Eberhard V. Graf von Württemberg-Urach und ab 1482 auch von Württemberg-Stuttgart sowie seit 1495 als Eberhard I. der erste Herzog von Württemberg und Teck.

Leben

Er war der Sohn von Graf Ludwig I. von Württemberg-Urach und dessen Gemahlin Mechthild, geborene Pfalzgräfin bei Rhein.

Graf Eberhard V. trat als Minderjähriger offiziell 1459 die Regierung über die Grafschaft Württemberg-Urach an, nachdem das Land durch den Nürtinger Vertrag seit 1442 geteilt war. Zunächst war für ihn eine Vormundschaftsregierung eingesetzt, die im Grüninger Schloss residierte. Von Mai bis November 1468 unternahm er eine Pilgerfahrt nach Jerusalem, wo er und seine 24 adligen Begleiter (Christoph von Baden et al.) am 12. Juli 1468 in der Grabeskirche zum Ritter vom Heiligen Grab geschlagen wurden.[1] Seinen Beinamen „im Bart“ soll er einem auf der Pilgerreise geleisteten Gelübde verdanken, dem zufolge er sich den Bart in Zukunft nicht mehr schneiden werde.

Der Graf schloss 1474 eine prestigeträchtige Ehe mit der oberitalienischen Markgräfin Barbara Gonzaga von Mantua aus einem sehr angesehenen und vermögenden Geschlecht. Nach der kirchlichen Trauung am 12. April im Dom zu Mantua fand in Urach am 4. Juli ein „Beilager“ statt. Eine Beschreibung der Hochzeitsfeier[2] zeigt die Teilnahme von vielen hochrangigen Herren und Damen. Die 14.000 Gäste verzehrten 165.000 Laib Brot und über 150.000 Liter Wein.

Barbara hatte zeitlebens Heimweh nach Italien. Die einzige Tochter aus dieser Ehe verstarb im Säuglingsalter. Eberhard hatte noch Kinder „von ledigen Frauen außerhalb der Ehe geboren“. Dr. Ludwig Wirtemberger (1465–1495) und Hans Wirtemberger wurden aufgrund der guten Beziehungen Eberhards zu Kaiser Friedrich III. 1484 von diesem in den Stand versetzt, als seien sie ehelich geboren. Darüber hinaus soll er weitere Kinder aus der Beziehung mit Ottilie von Gosheim gehabt haben. Nach Ludwig folgten Dr. Gregor Lamparter von Greifenstein und Margarete Wirtemberger († 1493). Die Mutter der Franziskanernonne Katharine Wirtemberger blieb wie die von Hans ungenannt.

Eberhard starb 1496 im Schloss Tübingen an Fieber, roter Ruhr und Blasengeschwüren. Sein Todestag war der 25. Februar nach dem Julianischen Kalender: VI kalendas marciij bzw. dies St. Matthiae. Da er in einem Schaltjahr in der letzten Februarwoche starb, wird irrtümlich in vielen modernen Quellen der 24. Februar als Todestag angegeben. Auch nach dem Heiligenkalender wurde der Mathiastag in Schaltjahren am 25. Februar begangen.[3]

Begraben wurde er zunächst im Stift St. Peter auf dem Einsiedel. Später wurde sein Leichnam in die Stiftskirche Tübingen überführt.

Eberhards neues Wappen nach der Erhebung zum Herzog mit den Herrschaften Württemberg, Teck, Grüningen und Mömpelgard
Herzog Eberhard mit der Reichssturmfahne im Rathaus Markgröningen

Politik

Universitätsgründung und Reformen

Der jung ins Amt gekommene Graf Eberhard stellte sich den Herausforderungen seiner Zeit mit der Lebensdevise „Attempto“ („Ich wag’s“). Anfangs musste er sich vor allem gegen seinen Onkel, den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz, erwehren, der Ansprüche auf seinen Landesteil erhoben hatte und eine ständige Bedrohung darstellte. Nach Friedrichs Tod († 12. Dezember 1476) konnte sich Eberhard mehr der Innenpolitik zuwenden. Obwohl lateinunkundig, schätzte Eberhard die literarische Bildung hoch und ließ für sich eine große Zahl lateinischer Texte ins Deutsche übersetzen.[4] Motiviert von seiner Mutter Mechthild von der Pfalz ließ Eberhard das Sindelfinger Stift nach Tübingen verlegen und begründete hier 1477 die Universität Tübingen. Zudem holte er die „Brüder vom gemeinsamen Leben“, eine Gemeinschaft der „Devotio moderna“, ins Land und ließ in Urach, Dettingen an der Erms, Herrenberg, Einsiedel bei Tübingen und Tachenhausen Stifte errichten.

Im Jahr der Universitätsgründung veranlasste Eberhard die Vertreibung oder Gefangennahme der in Württemberg lebenden Juden. Zur Rechtfertigung soll er eigens für ihn übersetzte Prozessakten zum angeblichen Ritualmord an Simon von Trient genutzt haben. Die antijüdische Politik Eberhards war wohl auch wirtschaftlich begründet: Die Bevölkerung klagte über zu hohe Zinsnahmen, und er selbst profitierte ebenfalls von einem Schuldenschnitt im Zuge der Vertreibung.[5]

Ein besonderes Anliegen war ihm die Kirchen- und Klosterreform bzw. die Durchsetzung einer staatlichen Finanzaufsicht.

Wiedervereinigung und Erhebung zum Herzogtum

Mit dem Münsinger Vertrag gelang es Eberhard am 14. Dezember 1482, eine Wiedervereinigung der beiden Landesteile Württemberg-Urach und Württemberg-Stuttgart zu erreichen. Im selben Jahr verlieh ihm Papst Sixtus IV. die Goldene Rose. Er verlegte die Residenz nach Stuttgart und regierte das wiedervereinigte Land. 1492 wurde ihm vom zukünftigen Kaiser Maximilian der Orden vom Goldenen Vlies verliehen.

Auf dem Reichstag zu Worms erhob König Maximilian I. die Grafschaft Württemberg am 21. Juli 1495 nach langen Verhandlungen zum Herzogtum und dabei Graf Eberhard V. zum Herzog von Württemberg und Teck. Der angestrebte Titel eines Herzogs von Schwaben und mit diesem die Wiederbelebung des alten Stammesherzogtums blieb ihm versagt. Zwei Tage später erneuerte der König die erbliche Belehnung mit Reichssturmfahne, Burg und Stadt Grüningen und genehmigte die Aufnahme des Grüninger Fahnlehens in das neue viergeteilte Herzogswappen.[6] Im Gegenzug musste Eberhard im Wormser Vertrag akzeptieren, dass Herzogtum und Reichslehen im Falle unterbrochener männlicher Nachfolge ans Reich zurückfallen würden, und sich verpflichten, den Bau des Württembergischen Landgrabens einzustellen.

Rezeption

Denkmal Eberhards im Alten Schloss in Stuttgart
„Der reichste Fürst“ – Skulptur im Stuttgarter Schlossgarten

Schon die Zeitgenossen bewunderten Eberhards geistige Fähigkeiten. Vor allem im 19. und 20. Jahrhundert hat dann die patriotisch gesinnte württembergische Geschichtsschreibung den ersten Herzog verklärt. So wurde ihm zu Ehren seine Büste in der Walhalla aufgestellt. Ferner wird er in der Hymne „Preisend mit viel schönen Reden“ als „Eberhard, der mit dem Barte, Württembergs geliebter Herr“ genannt, welche auf dem Gedicht Der reichste Fürst von Justinus Kerner beruht. In diesem sogenannten „Württembergerlied“ wird er als der reichste Fürst unter den deutschen Fürsten besungen, weil er unbesorgt bei jedem seiner Untertanen Unterschlupf angeboten bekomme, ohne Angst um Leben oder Eigentum haben zu müssen. Im Lied heißt es bildlich: „ ich mein Haupt kann kühnlich legen jedem Untertan in Schoß.“ Zu diesem Satz steht ein Denkmal des Bildhauers Paul Müller, die Eberhardsgruppe, im Schlossgarten zu Stuttgart.

Eine unvoreingenommene Beurteilung seiner Person hat laut Deigendesch aber auch zu berücksichtigen, dass er unter den Fürsten seiner Zeit eine deutliche „Judenfeindschaft“ zeigte.[7]

Literatur

  • Fritz Ernst: Eberhard im Bart. Die Politik eines deutschen Landesherrn am Ende des Mittelalters. Kohlhammer, Stuttgart 1933.
  • Gerhard Faix: Eberhard im Bart, der erste Herzog von Württemberg. Hrsg. vom Württembergischen Landesmuseum Stuttgart. Württembergisches Landesmuseum, Stuttgart 1990.
  • Eberhard GönnerEberhard im Bart. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 234 f. (Digitalisat).
  • Hans-Martin Maurer (Hrsg.): Eberhard und Mechthild. Untersuchungen zu Politik und Kultur im ausgehenden Mittelalter (= Lebendige Vergangenheit. Zeugnisse und Erinnerungen. Schriftenreihe des Württembergischen Geschichts- und Altertumsvereins. Band 17). Kohlhammer, Stuttgart 1994, ISBN 3-17-013124-9.
  • Hans-Martin Maurer: „Wahre Herzöge und Fürsten des Reichs“. Die Erhöhung des Landes und des Hauses Württemberg im Jahre 1495. In: Beiträge zur Landeskunde. Nr. 5/1995, S. 1–9.
  • Dieter Mertens: Eberhard V./I. im Bart. In: Sönke Lorenz, Dieter Mertens, Volker Press (Hrsg.): Das Haus Württemberg. Ein biographisches Lexikon. Kohlhammer, Stuttgart 1997, ISBN 3-17-013605-4, S. 92–95.
  • Dieter Mertens: Eberhard im Bart als Stifter der Universität Tübingen. In: Sönke Lorenz u.a. (Hrsg.): Attempto – oder wie stiftet man eine Universität. Die Universitätsgründungen der sogenannten zweiten Gründungswelle im Vergleich (= Contubernium. Band 50). Steiner, Stuttgart 1999, ISBN 3-515-07525-9, S. 157–173.
  • Dieter Mertens: Eberhard im Bart als politische Leitfigur im frühneuzeitlichen Herzogtum Württemberg. In: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte. Band 59, 2000, S. 43–56. (Volltext)
  • Gerhard Raff: Hie gut Wirtemberg allewege. Band 1: Das Haus Württemberg von Graf Ulrich dem Stifter bis Herzog Ludwig. 6. Auflage. Landhege, Schwaigern 2014, ISBN 978-3-943066-34-0, S. 339–375.
  • Paul Friedrich von Stälin: Eberhard im Bart. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 557 f.

Einzelnachweise

  1. Fritz Pietzner: „Schwertleite und Ritterschlag“, Postberg 1934, Seite 122
  2. Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 602 Nr. 373d
  3. Gerhard Raff: Hie gut Wirtemberg allewege. Band 1: Das Haus Württemberg von Graf Ulrich dem Stifter bis Herzog Ludwig. 6. Auflage. Landhege, Schwaigern 2014, ISBN 978-3-943066-34-0, S. 361f. und Hermann Grotefend: Taschenbuch der Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit. 13. Auflage. Hahn, Hannover 1991, ISBN 3-7752-5177-4, S. 78 und S. 222
  4. Reste seiner umfangreichen Bibliothek sind erhalten geblieben.
  5. Roland Deigendesch: Judenfeindschaft am Uracher Hof? Zu einer verschollenen und wieder entdeckten Handschrift aus dem Umkreis Graf Eberhards V. von Württemberg. In: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte. Band 64, 2005, S. 85–102.
  6. König Maximilian I. beurkundete, „daß Wir Unseren und des Reichs Sturmvanen empfohlen haben dem hochgeporenen Eberharten, Hertzogen zu Wirtemberg und zu Teck, [...] und allen seinen Lehenserben zu rechtem Lehen verliehen und leihen ihm auch mit diesem Unserem Briefe Gruningen Statt und Burg mit Leuten und Guten [...], wann weil das zu Unserem des Reichs Sturmvanen Lehen ist und auch darzu gehöret; mit der Bescheidenheit, daß der vorgenannt Hertzog und seine Lehenserben Uns und Unseren Nachkomen am Reiche, Kunegen und Keysern, ewiglich die Dienst thun sullen getrewlich, die man davon zu recht und billig thun soll. Sy sullent auch und haben Geheiß, daß sy den Sturmvanen besorgen und bewahren [...], als auch der genannt Hertzog Eberhart und seine Voreltern von Unsern Vorfaren am Reiche solchen Empfehle und Lehen gehabt und hergebracht haben.“ Vgl. Urkunde vom 23. Juli 1495; Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Regesten 713, und RI XIV,1 n. 2164 – Regesta Imperii online; Original-Abschrift bei Hermann Römer: Markgröningen im Rahmen der Landesgeschichte I., Urgeschichte und Mittelalter, Markgröningen 1933, S. 187f.
  7. Roland Deigendesch: Judenfeindschaft am Uracher Hof? Zu einer verschollenen und wieder entdeckten Handschrift aus dem Umkreis Graf Eberhards V. von Württemberg. In: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte. Band 64, 2005, S. 85–102.

Weblinks

Commons: Eberhard I. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
VorgängerAmtNachfolger
Ludwig II.Graf von Württemberg-Urach
1457–1482
Wiedervereinigung von Württemberg durch Münsinger Vertrag
Ludwig II.Graf von Württemberg-Mömpelgard
1457–1473
Heinrich
HeinrichGraf von Württemberg-Mömpelgard
1482
Wiedervereinigung von Württemberg durch Münsinger Vertrag
Wiedervereinigung von Württemberg durch Münsinger VertragGraf von Württemberg
ab 1495 Herzog
1482–1496
Eberhard II.
Titel neu geschaffenHerzog von Teck
1495–1496
Eberhard II.