Hochstift Münster

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Territorium im Heiligen Römischen Reich
Hochstift Münster
Wappen
Karte
Hochstift Münster um 1560
Alternativnamen Fürstbistum Münster, Mönster
Entstanden aus im 14. Jahrhundert herausgebildet aus Herzogtum Sachsen
Herrschaftsform Wahlfürstentum/Ständestaat
Herrscher/
Regierung
Fürstbischof, Administrator oder in Vakanz: Domkapitel
Heutige Region/en DE-NW, DE-NI
Reichstag 1 Virilstimme auf der geistlichen Bank im Reichsfürstenrat
Reichsmatrikel 34 Reiter, 169 Fußsoldaten, 325 Gulden (1522)
Reichskreis Niederrheinisch-Westfälisch
Hauptstädte/
Residenzen
Münster, Ahaus, Nordkirchen, Coesfeld
Konfession/
Religionen
römisch-katholisch, Anfang 16. Jahrhundert große Reformationsbewegungen, große jüdische Minderheit
Sprache/n Deutsch, Niederdeutsch, Lateinisch
Fläche 5.900 km² (Ende 18. Jh.)[1]
Einwohner 310.000 Einwohner (Ende 18. Jh.)[1]
Aufgegangen in 1802: aufgeteilt auf Preußen, Salm, Aremberg, Oldenburg

Das Hochstift Münster, synonym mit Fürstbistum oder zeitgenössisch Stift, war ein Ständestaat und Geistliches Territorium des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im nordwestlichen Westfalen, das sich im Hochmittelalter herausgebildet hat und bis zur Neuzeit 1802/03 bestand. Es war der weltliche Herrschaftsbereich der Fürstbischöfe von Münster. Im Gegensatz dazu steht der größere Bereich der kirchlichen Diözese, der geistliche Seelsorgebereich des Bistums Münster. Seit dem 16. Jahrhundert war das Stift Teil des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises.

Der Ursprung

Schon im 12. Jahrhundert wurde der Bischof von Münster mit Teilen des ehemaligen Herzogtums Sachsen belehnt. Bischof Hermann II. von Katzenelnbogen erhielt die Rechte über ein Gebiet, das damals größer war als seine kirchliche Diözese. Den Kern des sich im Hochmittelalter herausbildenden fürstbischöflichen Territoriums bildete das Oberstift Münster. Es erstreckte sich in seiner Blütezeit von Warendorf, der Lippe und der heutigen niederländischen Grenze rund um die Stadt Münster. Ein schmaler Korridor über Rheine führte zwischen die Grafschaften Lingen und Bentheim nach Norden, daran schloss sich das Niederstift Münster an, ein fast gleich großes Territorium zwischen der heutigen niederländischen Grenze, Papenburg, Cloppenburg und Damme. Enklaven im Fürstbistum waren die Grafschaft Steinfurt und das Territorium der Herrschaft Gemen. Die Herrschaft Anholt war das Nachbarland im äußersten Westen. Seit dem 16. Jahrhundert gehörte das Fürstbistum Münster zum Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis.

Territoriale Entwicklung

  • 1252: Erwerb der Ravensberger Herrschaft (Emsland/Vechta)
  • 1269: Ankauf der Grafschaft Horstmar
  • 1316: Fünf Kirchspiele aus der Nähe von Groningen begeben sich unter den Schutz des Bischofs
  • 1310–1369: Arrondierung des Herrschaftsgebietes. Ankauf der Lehnsherrschaft Lohn.
  • Um 1400: Eroberung der Festen Cloppenburg und Friesoythe im Krieg gegen Tecklenburg.
  • 1400: Gewinnung des Amtes Bevergern und des Pfandbesitzes von Ahaus
  • 1708: Erwerb der Herrschaft Werth
  • 1803: Auflösung des Hochstifts im Reichsdeputationshauptschluss

Politische Entwicklung

„Westfalen zersplitterte seine Kräfte in lokalen Rivalitäten. Für Jahrhunderte lag es im Windschatten des Reiches.“

Joseph Prinz, Westfalen-Historiker

Da Münster das größte geistliche Territorium des Heiligen Römischen Reiches war, übernahm es eine Führungsrolle bei den westfälischen Bistümern. Immer wieder kam es zu Rivalitäten mit dem Erzbischof von Köln. Ein weiterer Erzrivale war der Graf von Tecklenburg, mit dem der Bischof von Münster häufig in Fehde lag. Aber auch mit dem Adel des Fürstbistums, dessen Macht erst Bischof Ludwig II. von Hessen im 14. Jahrhundert brach, gab es ständig Reibereien. In Münster selbst verlor der Bischof im Laufe der Geschichte zunehmend Macht an die Bürger, ehe er aus den Wirren der Reformation gestärkt hervorging. Im 18. Jahrhundert stand das Fürstbistum Münster in Personalunion mit dem Erzstift Köln, zeitweise außerdem mit weiteren norddeutschen geistlichen Territorien. Die Bischöfe waren in dieser Zeit nur selten in Münster, und um die kirchlichen Angelegenheiten kümmerte sich ein Generalvikar.

Eckdaten

  • 14. Jahrhundert: Einführung einer Amtsverfassung im Fürstbistum
  • 1451 kam es zur Münsterischen Stiftsfehde, einem Schisma. Ein Bischof war vom Domkapitel Münster, der andere auf Wunsch der Bürger von Münster gewählt worden. Erst als der Kandidat des Domkapitels starb, konnte Papst Kalixt II. eingreifen und Johann von Pfalz-Simmern einsetzen.
  • 1532: Bischof Franz von Waldeck versuchte vergeblich, im Fürstbistum die Reformation einzuführen und es in ein Erbfürstentum umzuwandeln.
  • 1534 bis 1535: Täuferreich in Münster. Der Bischof und alle Katholiken und Lutheraner mussten die Stadt verlassen. 1535 wurde die Reichsexekution gegen die Stadt Münster beschlossen. Bis 1553 verlor sie ihre Selbständigkeit.
  • 1629: Die letzten Städte des Münsterlandes wurden wieder katholisch.
  • 1648: Westfälischer Friede: Friedensschluss von Münster und Osnabrück
  • 1657 bis 1669: Münster versuchte vergeblich, sich vom Bischof zu lösen.
  • 1665 bis 1679: Eintritt in den Holländischen Krieg.
  • 1764: Schleifung der Münsterschen Befestigungsanlagen, Bau des Schlosses (ab 1767).
  • 1802: Besetzung des Fürstbistums durch preußische Truppen.

Kulturelle Entwicklung

Religiöse Entwicklung

Im 8. Jahrhundert wurde Westfalen unter Karl dem Großen missioniert (Sachsenmission). Erster Bischof von Münster war Liudger I. (805). Keimzellen der Diözese sind die Klöster Nottuln, Liesborn, Freckenhorst, Vreden sowie das Kloster Werden.

Das Ende

Nach dem Tode des letzten Fürstbischofs im Jahre 1801 wurde die Stadt ein Jahr später durch den preußischen General Gebhard Leberecht von Blücher besetzt. Diese Maßnahme wurde erst 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluss legitimiert, bevor im Jahre 1806 Truppen Napoleons die Stadt einnahmen und besetzten. Die im Westen gelegenen Ämter Bocholt und Ahaus wurden den Fürstenhäusern Salm-Salm und Salm-Kyrburg zugewiesen, die mit gemeinsamem Regierungssitz in Bocholt das gemeinsame Fürstentum Salm errichteten. Unter Napoleon geriet das Gebiet des Hochstifts zunächst teilweise, schließlich ganz an Frankreich. Durch den Wiener Kongress kam das Gebiet des Oberstifts 1815 endgültig an Preußen, das Niederstift an Hannover und Oldenburg.

Siehe auch

Literatur

  • Wilhelm Damberg/Gisela Muschiol: Das Bistum Münster. Eine illustrierte Geschichte, Münster 2004.
  • Detlef Fischer: Chronik des Münsterlandes, Münster 2003.
  • Wilhelm Kohl: Westfälische Geschichte, Düsseldorf 1983.
  • Helmut Lahrkamp: Unter dem Krummstab, Münster 1999.
  • Jutta Nowosadtko: Stehendes Heer im Ständestaat. Das Zusammenleben von Militär- und Zivilbevölkerung im Fürstbistum Münster 1650–1803 (= Forschungen zur Regionalgeschichte. Band 59). Schöningh, Paderborn u.a. 2011, ISBN 978-3-506-76459-1.
  • Alois Schröer: Kirchengeschichte für das Bistum Münster, Münster 1955.
  • Marcus Weidner: Landadel in Münster 1600–1760. Stadtverfassung, Standesbehauptung und Fürstenhof, (= Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Münster, Neue Folge, Band 18), Münster 2000 (mit Prosopografie des Landadels).

Weblinks

Wikisource: Münster (Westfalen) – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. a b Gerhard Köbler: „Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart“, München 2007, S. 442/43.