Ellesmere Island

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Ellesmere Island
Satellitenaufnahme
Satellitenaufnahme
Gewässer Arktischer Ozean
Inselgruppe Königin-Elisabeth-Inseln
Geographische Lage 79° N, 80° WKoordinaten: 79° N, 80° W
Lage von Ellesmere Island
Länge 820 km
Breite 440 km
Fläche 196.236 km²
Höchste Erhebung Barbeau Peak
2616 m
Einwohner 146 (2006)
<1 Einw./km²
Hauptort Grise Fiord
Die Arktische Kordillere auf Ellesmere
Die Arktische Kordillere auf Ellesmere

Ellesmere Island (deutsch Ellesmere-Insel; Inuktitut Umingmak Nuna, „Land der Moschusochsen“) ist die nördlichste und größte Insel der Königin-Elisabeth-Inseln Kanadas im Kanadisch-Arktischen Archipel und ist Teil des kanadischen Territoriums Nunavut. Mit einer Größe von 196.236 km2 [1] ist sie die drittgrößte Insel Kanadas und die zehntgrößte Insel der Erde.

Wesentlich zum Wissen über Ellesmere Island beigetragen haben Adolphus Greely (1844–1935), Otto Sverdrup (1854–1939) und Walter Elmer Ekblaw (1882–1949). In moderner Zeit war Geoffrey Hattersley-Smith (1923–2012) als Geologe und Glaziologe ein Pionier der modernen Arktisforschung.[2]

Geographie

Die 820 km lange und 440 km breite Insel wird im Osten durch die Nares-Straße von Nordgrönland getrennt, und im Nordosten zur Nordspitze dieser Insel die Lincolnsee. Nansen Sound und Eureka Sound trennen Ellesmere von der Axel-Heiberg-Insel im Westen. Im Norden grenzt der offene Arktische Ozean an, sodass sich Ellesmere als letzte Insel des Arktischen Archipels zum Nordpol hin darstellt.

Die Oberfläche der Insel ist knapp zur Hälfte vergletschert und von mehreren Eisstromnetzen bedeckt: im Süden das Manson Icefield (6.200 km²) und das Sydkap (3.700 km²), in der Mitte die Prince of Wales Mountains (20.700 km²) und die Agassiz-Eiskappe (21.000 km²) und im Norden das Northern Ellesmere Icefield (24.400 km²).

Der Küstenverlauf der Insel ist durch zahlreiche Fjorde gekennzeichnet. Über weite Teile der Insel ziehen sich Gebirge der Arktischen Kordillere. Der nördlichste Punkt der Insel, Kap Columbia auf 83° 6′ N, ist zugleich der nördlichste Punkt Kanadas und 769 km vom Nordpol entfernt.

Große Schelfeisgebiete entstehen dort, wo mächtige Gletscherzungen oder Inlandeismassen vom Festland weit in das Meer hinaus reichen, z. B. in der Antarktis und Grönland. Im Unterschied dazu haben sich entlang der Nordküste von Ellesmere Island an mehreren Stellen bis zu 80 m dicke Schelfeisplatten aus Meereis (Festeis) gebildet. Untersuchungen haben gezeigt, dass das Schelfeis des Ward Hunt Eisschelfs ein Alter bis zu 3000 Jahren aufweist. Durch den Klimawandel und die polare Drift der nur wenige Meter dicken Arktischen Eiskappe entlang des Ward Hunt Eisschelfs wurden 1961/62 Teile des Eisschelfs in das polare Packeis integriert und wanderten als Eisinseln über viele Jahre hinweg im Packeis mit.[2] Andere Teile des Ward Hunt Schelfeises zerbrachen im Sommer 2002. Das Schelfeis um Ellesmere Island hat in den letzten 50 Jahren um mehrere hundert Quadratkilometer abgenommen. Seit der ersten Erkundung der Insel 1906 hat sich das Schelfeis um etwa 90 % reduziert. Wissenschaftler gehen davon aus, dass dieser Prozess im Rahmen der globalen Erwärmung weiter fortschreiten wird.[1] Der Ward Hunt Eisschelf ist Teil des Quttinirpaaq-Nationalparks.

Im Norden der Insel, dem Grant Land, ragen die Gipfel mehrerer aus Sedimentgestein bestehenden Gebirgsketten wie die Challenger Mountains oder das British Empire Range, aus der bis zu 900 m dicken Eisschicht. Dort befindet sich die Barbeau-Spitze, der mit 2.616 m höchste Berg der Insel und zugleich des Territoriums Nunavut.[1] In Richtung Süden flacht die Landschaft mit dem Hazen Plateau zunächst etwas ab. Der dort befindliche Lake Hazen ist der größte See in der Arktis. Anschließend steigt das Gelände wieder bis auf 2.000 m an.

Bevölkerung

Auf der Insel befindet sich die Siedlung Grise Fiord, deren Bevölkerungszahl 2011 129 Personen betrug.[3] Daneben gibt es die permanent besetzte Wetterstation Eureka mit dem Arctic Stratospheric Ozone Observatory (AStrO) und dem Polar Environment Atmospheric Research Laboratory (PEARL)[4] sowie den Militärstützpunkt Alert der kanadischen Luftwaffe, dessen Besatzung mit etwa 55 Soldaten und 5 Zivilisten angegeben wird.[5]

Klima, Flora und Fauna

Klima und Vegetation zeigen auf Ellesmere Island sehr starke Unterschiede. Die Küstengebiete sind zumeist klassische Kältewüsten. Verursacht durch häufigen Nebel und dadurch fehlende Strahlung im kurzen arktischen Sommer fehlt höhere Vegetation weitgehend, und die Gebiete hinterlassen oft einen wüstenhaften Eindruck. In der Nordhälfte von Ellesmere Island liegt jedoch ein von hohen Gebirgen umgebener klimatischer Gunstraum, wozu auch die schützenden Gebirge auf der westlich anschließenden Insel Axel Heiberg beitragen. Dieses mehrere 10.000 km² große Gebiet erstreckt sich von Eureka über Tanquary bis zum Lake Hazen. Da hier die Sonne mehr als drei Monate hinweg über dem Horizont bleibt, treten entsprechend hohe Luft- und Bodentemperaturen auf. Die an den amtlichen Wetterstationen seit 1947 gemessenen, langjährigen Julimittel der Lufttemperatur liegen hier zwischen 5 und 8,5 °C, und die Tagesmaxima der Lufttemperatur können Werte bis zu 18 °C erreichen. Bei genügendem Wasserangebot (Stauwasser über Permafrost, Schmelzwasser) und entsprechend nährstoffreichen Böden kann sich in diesem nur rund 1000 km vom Nordpol entfernten Gunstraum eine anspruchsvolle Vegetation mit über 100 Arten von Gefäßpflanzen entwickeln. Von Mitte Juli bis Mitte August blüht an entsprechend günstigen Standorten die Tundra, mit u. a. Arktischer Weide, Arktischem Mohn, Vierkantiger Schuppenheide (Maiglöckchenheide), zahlreichen Steinbrech-Arten, Läusekräutern, Schmalblättrigem Wollgras, Stängellosem Leimkraut und Weißem Silberwurz. Dies erlaubt auch eine reiche Tierwelt. Zur Fauna gehören Moschusochsen, Karibus, Polarfüchse, Polarwölfe, Polarhasen, Lemminge und verschiedene Vogelarten wie Schneeeulen, Gerfalken und Kanadagänse. Dieser Teil der Insel steht seit 1988 als Quttinirpaaq-Nationalpark unter Naturschutz.[6]

Geschichte

Die Insel war schon vor mindestens 4000 Jahren von Vorfahren der Inuit besiedelt. Um das Jahr 1000 n. Chr. wurde sie möglicherweise von einer Wikingerexpedition unter Leif Eriksson besucht.

In der Neuzeit wurde die Insel 1616 von William Baffin und Robert Bylot entdeckt. Es ist nicht bekannt, ob Baffin dabei auf Ellesmere Island landete, oder auf den benachbarten Inseln Coburg Island oder Devon Island. 1818 wurde sie von John Ross gesichtet. Die erste gesicherte Landung wurde 1849 vom Walfänger John Gravill an der Südküste durchgeführt. 1852 wurde sie von Inglefields Expedition nach Francis Egerton, 1. Earl of Ellesmere, dem damaligen Präsidenten der Royal Geographical Society, benannt.[7]

1922 eröffnete die Royal Canadian Mounted Police einen Außenposten am Craig Harbour an der Südküste. 1956 zog diese Niederlassung an den Grise Fiord um, wo mehrere Inuit-Familien angesiedelt wurden. Von 1926 bis 1933 unterhielt die Royal Canadian Mounted Police auch einen Posten auf der Bache-Halbinsel, seinerzeit die weltweit nördlichste dauerhafte Ansiedlung. Mit Beginn des Kalten Kriegs wurden im Rahmen der Operation Nanook zwei Wetterstationen auf der Insel eingerichtet: zunächst Eureka (1947) und anschließend Alert (1950), die später zu einem Militärstützpunkt erweitert wurde. Alert, an der Nordküste auf 82° 30′ N gelegen, ist die nördlichste dauerhaft bewohnte menschliche Ansiedlung.

Paläontologie

Im Sedimentgestein der Ellesmere-Insel wurden 2006 die bis heute einzigen Fossilien des Tiktaalik gefunden, eines Fleischflossers, der ein Bindeglied zwischen Fischen und Landbewohnern darstellt. Bedeutend sind auch die Fossilreste der Margaret-Formation, die es ermöglichen, ein Biotop zu rekonstruieren, welches im Eozän vor rund 50 Millionen Jahren unter subtropischen Klimaverhältnissen bestanden hat.[8]

Literatur

  • Nunavut Handbook, Iqaluit 2004, ISBN 0-9736754-0-3 (englisch).
  • Lyle Dick: Muskox Land: Ellesmere Island in the age of contact. University of Calgary Press, Calgary 2001 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche, englisch).
  • Noel Humphreys, Edward Shackleton, A. W. Moore, R. Bentham, D. Haig-Thomas, A. J. Wilmott, Percy Cox, H. E., Colonel Vanier, H. R. Mill: Oxford University Ellesmere Land Expedition. In: Geographical Journal. Band 87, Nr. 5, 1936. S. 385–443 (eingeschränkte Vorschau, englisch).
  • Edward Shackleton: Arctic Journeys – The Story of the Oxford University Ellesmere Land Expedition 1934–1935. Hodder and Stoughton Ltd., London 1937, und Farrar & Rinehart, New York 1938 (englisch).

Weblinks

Commons: Ellesmere Island – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Ellesmere Island. In: The Canadian Encyclopedia. (englisch, französisch).
  2. a b Geoffrey Hattersley-Smith: North of Latitude Eighty. The Defence Research Board in Ellesmere Island. Ottawa, 121 S., 1974 (englisch).
  3. Grise Fiord Census Profile. Statistics Canada, abgerufen am 7. April 2020 (englisch).
  4. Observatory Eureka, Canada. International Arctic Systems for Observing the Atmosphere, abgerufen am 7. April 2020 (englisch).
  5. Canadian Forces Station Alert. Royal Canadian Airforce, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. September 2015; abgerufen am 18. September 2015 (englisch).
  6. Dietrich Barsch, Lorenz King (Hrsg.): Ergebnisse der Heidelberg-Ellesmere Island-Expedition. (= Heidelberger Geographische Arbeiten. Band 69, 1981) mit Beiträgen, Abbildungen und weiterführenden Literaturhinweisen zu folgenden Themen:
    • Entdeckung von Ellesmere Island und geographische Namen, S. 15–33,
    • Klima von Ellesmere Island, S. 77–107,
    • Glaziologie von Ellesmere Island, S. 233–267,
    • Flora S. 541–553,
    • Moose, S. 555–558,
    • Fauna, S. 565–567.
  7. William James Mills: Exploring Polar Frontiers: A Historical Encyclopedia. Band 1. ABC-CLIO, 2003, ISBN 1-57607-422-6, S. 209 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Jaelyn J. Eberle und David R. Greenwood: Life at the top of the greenhouse Eocene world — A review of the Eocene flora and vertebrate fauna from Canada’s High Arctic. Geological Society of America Bulletin; January/February 124 (1/2), 2012, S. 3–23