Dreißigjähriger Krieg

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Der Prager Fenstersturz war ein Auslöser, aber nicht die Ursache des Krieges

Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 war ein Konflikt um Hegemonie oder Gleichgewicht zwischen den Mächten Europas und zugleich ein Religionskrieg. In ihm entluden sich sowohl die Gegensätze zwischen der Katholischen Liga und der Protestantischen Union innerhalb des Heiligen Römischen Reiches als auch der habsburgisch-französische Gegensatz auf europäischer Ebene. Gemeinsam mit ihren jeweiligen Verbündeten in Deutschland trugen die habsburgischen Mächte Österreich und Spanien ihre dynastischen Interessenkonflikte mit Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und Schweden aus.

Die Feldzüge und Schlachten fanden überwiegend auf dem Boden des Reiches statt. Die Kriegshandlungen selbst, aber auch die durch sie verursachten Hungersnöte und Seuchen verheerten und entvölkerten ganze Landstriche des Reiches. In Süddeutschland etwa überlebte nur ein Drittel der Bevölkerung. Alle wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse wurden völlig umgestürzt. Die durch den Krieg betroffenen Territorien und das Reich als Ganzes brauchten mehr als ein Jahrhundert, um sich von den Kriegsfolgen zu erholen. Der Dreißigjährige Krieg endete mit dem Westfälischen Frieden am 24. Oktober 1648.

Vorgeschichte und Ursachen

Konfessionelle Gegensätze

Nach der ersten Phase der Reformation, die Deutschland konfessionell gespalten hatte, versuchten die katholischen und protestantischen Landesherren zunächst, eine für beide Seiten akzeptable Verfassungsordnung und ein Mächtegleichgewicht zwischen den Konfessionen im Reich zu finden. Im Augsburger Religionsfrieden vom 25. September 1555 einigten sie sich schließlich auf den Grundsatz wessen Herrschaft, dessen Religion. Seither waren das katholische und das lutherische Glaubensbekenntnis als gleichberechtigt anerkannt, nicht jedoch das reformierte.

Mit der weiteren Ausbreitung der Reformation gegen Ende des 16. Jahrhunderts und dem gleichzeitigen Wiedererstarken des Katholizismus in der Gegenreformation schwand jedoch zunehmend die Bereitschaft zum Kompromiss. Eine neue Generation von Fürsten – sowohl auf katholischer als auch auf evangelischer Seite – strebte danach, mit Gewalt die eigene Position auf Kosten der Gegenseite auszubauen oder verloren gegangenes Terrain zurückzugewinnen. Dazu kam das Bestreben der Calvinisten nach reichsrechtlicher Gleichstellung ihrer Konfession. Verschärft wurde die Lage in Deutschland zu Beginn des 17. Jahrhunderts durch eine Wirtschaftskrise sowie durch dynastische Konflikte, die weit über den konfessionellen Gegensatz hinausgingen.

Dynastische Gegensätze

Seit Beginn des 16. Jahrhunderts versuchte Frankreich, sich aus der Umklammerung durch die Habsburgischen Territorien – Spanien, die Niederlande und die Freigrafschaft Burgund – zu lösen. Der habsburgisch-französische Konflikt um die Vorherrschaft überlagerte bis zum 18. Jahrhundert alle anderen Auseinandersetzungen in Europa, so auch den Dreißigjährigen Krieg. Beide Seiten suchten sich dabei ihre Verbündeten auch jenseits konfessioneller Grenzen. So unterstützte das katholische Frankreich die protestantischen Niederlande, die seit 1568 einen Unabhängigkeitskrieg – den so genannten Achtzigjährigen Krieg - gegen die spanische Linie der Habsburger führten, deren Oberhaupt die römisch-deutsche Kaiserkrone trug. Nach fast 40 Jahren Krieg schlossen Spanien und die Niederlande 1609 einen Waffenstillstand, der aber auf zwölf Jahre befristet war.

Verschärfung der Konfliktlage

Heinrich IV. von Frankreich, Gemälde von Pourbous dem Jüngeren

Während der erneute Ausbruch des Kampfes um die Niederlande absehbar war, verschärften sich die konfessionellen Gegensätze im Reich: Im Jahr 1608 untersagte der protestantische Rat der Stadt Donauwörth den Katholiken die Ausübung ihres Glaubens. Daraufhin wurde über die Stadt die Reichsacht verhängt. Herzog Maximilian I. von Bayern führte Donauwörth gewaltsam zum katholischen Glauben zurück. Als direkte Reaktion darauf schlossen sich die meisten protestantischen Reichsstände zur Protestantischen Union zusammen, um den Bestrebungen zur Rekatholisierung evangelischer Gebiete entgegenzutreten. Führer der Union war der calvinistische Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz. Die protestantischen Fürsten betrachteten die Union vor allem als Schutzbündnis, das notwendig geworden war, da alle Reichsinstitutionen wie das Reichskammergericht infolge der konfessionellen Gegensätze blockiert waren, und sie den Friedensschutz im Reich nicht mehr als gegeben ansahen.

Im Gegenzug schlossen sich 1609 die katholischen Reichsstände unter der Führung Maximilians I. von Bayern – einem Wittelsbacher wie Friedrich V. – zur Katholischen Liga zusammen. Die Liga wollte das bisherige Reichssystem aufrechterhalten und das Übergewicht des Katholizismus im Reich bewahren.

Konfessionelle und dynastische Spannungen hatten mittlerweile in ganz Europa ein enormes Konfliktpotenzial angehäuft. Diese Spannungen hätten sich beinahe bereits 1610 im Jülich-Klevischen Erbfolgestreit entladen und zum Ausbruch eines großen, gesamteuropäischen Krieges geführt. Vorerst aufgehalten wurde diese Entwicklung durch die Ermordung des französischen Königs Heinrich IV., der die treibende Kraft hinter dem anti-habsburgischen Bündnis gewesen war.

Der Ausbruch des Krieges

Der Auslöser, der zum Ausbruch des großen Krieges führte, war schließlich der Aufstand der mehrheitlich protestantischen böhmischen Stände im Jahr 1618. Im Streit um die Nutzung einer Kirche in dem böhmischen Dorf Braunau hatte der streng katholische, gegenreformatorisch gesinnte österreichische Erzherzog und König von Böhmen Ferdinand II., der 1619 zum Kaiser gewählt werden sollte, den Majestätsbrief widerrufen, der den Protestanten in Böhmen Religionsfreiheit zugesichert hatte.

Die Aufständischen schritten im Mai 1618 zu einer in Böhmen traditionellen Form des Protests und warfen die kaiserlichen Räte Martinitz und Wilhelm Slavata sowie einen Sekretär aus einem Fenster der Prager Burg. Die kaiserlichen Räte überlebten den Fenstersturz; dies wurde von katholischer Seite als göttliche Fügung gewertet. Dass sie ihr Überleben einem Misthaufen im Burggraben zu verdanken hätten, ist aber eine Erfindung späterer Zeiten. Dieser Zweite Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618 gilt bis heute als Auslöser des Krieges.

Die böhmischen Stände beriefen sich auf ihr angestammtes Recht, ihren König selbst zu wählen, und erklärten 1619 Ferdinand für abgesetzt. Statt seiner wählten sie den Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, das Oberhaupt der Protestantischen Union im Reich. Beeinflusst von seinem Minister, Christian I. von Anhalt-Bernburg, akzeptierte der 23jährige Friedrich die Wahl, erhielt von den protestantischen Reichsständen nach der Unterzeichnung des Ulmer Vertrags jedoch nicht die erhoffte militärische Unterstützung. Dennoch zog Friedrich in Prag ein, da er auch auf die Unterstützung von calvinistischer Seite, etwa der Niederlande, und von Seiten seines Schwiegervaters, König Jakobs I. von England hoffte. Auch diese Erwartungen erfüllten sich nicht, so dass Friedrich weniger als ein Jahr in Prag regieren und als „Winterkönig“ in die Geschichte eingehen sollte.

Der Aufstand der böhmischen Stände stellte die kaiserliche Vorherrschaft grundsätzlich in Frage. Ferdinand II. konnte dies nicht akzeptieren, ohne seine Macht im Reich zu gefährden. Da ihm aber selbst die Mittel für einen Krieg mit Friedrich V. und den böhmischen Ständen fehlten, schloss er mit Maximilian I. von Bayern den Vertrag von München. Demnach sollte der Herzog den böhmischen Aufstand mit einer Armee der Katholischen Liga niederschlagen. Im Gegenzug sollte der bayerische Wittelsbacher die Kurwürde seines pfälzischen Vetters Friedrich erhalten und die Oberpfalz für Bayern annektieren dürfen.

Johann Tserclaes Tilly – Führer des Heeres der katholischen Liga

Mit der Entsendung der Liga-Truppen unter der Führung des bayerischen Feldherrn Johann Tserclaes Tilly nach Böhmen trat der Konflikt endgültig in die kriegerische Phase ein.

Alle Beteiligten waren entscheidende Schritte zu weit gegangen: Ferdinand II., der seine katholische Überzeugung über Frieden und Kompromiss in seinem Herrschaftsbereich stellte; Friedrich V., der eine Krone akzeptierte, die traditionell den Habsburgern zustand, wohl wissend, dass Ferdinand II. schon aus Gründen der Reputation nicht kampflos auf sie verzichten konnte; und schließlich Maximilian I., der die Unterstützung des Kaisers von Forderungen abhängig machte, die das Mächtegleichgewicht im Reich so stark zugunsten des Katholizismus verschieben mussten, dass die protestantischen Fürsten dies nicht würden hinnehmen können.

Der Verlauf

Obwohl zunächst religiös begründet, wurde im Verlauf des Krieges schon bald offenbar, dass er aus rein machtpolitischen Gesichtspunkten geführt wurde. Auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reichs bekriegten sich zwei Machtblöcke, die beide von katholischen Mächten geführt wurden: die spanischen und österreichischen Habsburger einerseits und Frankreich andererseits. Insgesamt lassen sich in den 30 Jahren von 1618 bis 1648 vier aufeinanderfolgende Konflikte unterscheiden.

Böhmisch-pfälzischer Krieg (1618–1623)

Schlacht am Weißen Berg

Anfänglich erschien es so, als würden die böhmischen Stände mit ihrem Aufstand erfolgreich sein. Das böhmische Heer unter Heinrich Matthias von Thurn drang in die österreichischen Stammlande der Habsburger ein und stand am 6. Juni 1619 vor Wien. Besonders der mit den Böhmen verbündete Fürst von Siebenbürgen, Bethlen Gábor, machte Kaiser Ferdinand II. schwer zu schaffen. Erst als der Kaiser im Münchner Vertrag vom 8. Oktober 1619 die Unterstützung von Maximilian I. von Bayern versprochen bekam, der protestantische Kurfürst von Sachsen, Johann Georg I., an die Seite des Kaisers trat und die in der Union zusammengeschlossenen protestantischen Reichsstände Friedrich V. von der Pfalz nicht adäquat zu Hilfe kamen (Ulmer Vertrag), wendete sich das Kriegsblatt. In der Schlacht am Weißen Berg wurde das Heer der böhmischen Stände unter Christian I., Fürst von Anhalt-Bernburg, von den kaiserlich-ligistischen Truppen unter Tilly und Karl Bonaventura Graf von Buquoy schwer geschlagen. Nach der Schlacht floh Friedrich aus Böhmen, über ihn wurde die Reichsacht verhängt. Ein Großteil der aufständischen böhmischen Adeligen wurde am 21. Juni 1621 hingerichtet. Schon vorher hatte sich die Protestantische Union aufgelöst.

Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel, Gemälde von Paulus Moreelse, 1619

Die noch verbliebenen protestantischen Heerführer Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel, der „tolle Halberstädter“ genannt, und Ernst von Mansfeld setzten den Krieg außerhalb Böhmens fort. In den pfälzischen Erblanden des „Winterkönigs“ konnten sie zunächst bei Mingolsheim und bei Wimpfen größere Erfolge feiern, mussten jedoch bei Höchst gegen die Kaiserlichen und bei Fleurus gegen die Spanier schwere Niederlagen erleiden. Die Pfalz konnte nicht gehalten werden und Friedrich V. verlor am 23. Februar 1623 die Kurwürde, die auf Maximilian von Bayern übertragen wurde. Christian von Halberstadt erlitt bei Stadtlohn erneut eine verheerende Niederlage und seine dezimierten Truppen waren fortan für die Kaiserlichen kein ernstzunehmender Gegner mehr.

Dänisch-niedersächsischer Krieg (1623–1629)

Nachdem die protestantischen Heere im Reich eine Niederlage nach der anderen erlitten hatten, griff nun Christian IV. von Dänemark zu den Waffen. Der dänische König plante mit seinem Verbündeten Ernst von Mansfeld einen Feldzug, der sich zunächst gegen Thüringen und dann gegen Süddeutschland richten sollte. Christian konnte diesen Plan jedoch nicht umsetzen, da er am 27. August 1626 bei Lutter am Barenberge eine vernichtende Niederlage gegen Tilly einstecken musste. Nach der Schlacht verloren die Dänen die Unterstützung sämtlicher protestantischer Fürsten in Norddeutschland. Bereits am 25. April 1626 hatte Christians Verbündeter Ernst von Mansfeld in der Schlacht an der Dessauer Elbbrücke eine entscheidende Niederlage gegen den kaiserlichen Feldherren Wallenstein erlitten. Mansfelds militärische Karriere war nach der Schlacht beendet. Die protestantische Sache im Reich schien verloren und Ferdinand II. erließ das Restitutionsedikt (1629), das den Höhepunkt der kaiserlichen Macht im Reich markierte. Für Dänemark endete der Krieg mit dem Frieden von Lübeck.

Schwedischer Krieg (1630–1635)

Gustav II. Adolf wurde in der Schlacht bei Lützen tödlich verwundet

Nachdem mit Dänemark eine Ostseemacht aus dem Dreißigjährigen Krieg ausgeschieden war, sah Gustav Adolf von Schweden die Chance gekommen, seine hegemonialen Ansprüche in Nordosteuropa durchzusetzen. Er landete mit seiner Armee am 4. Juli 1630 auf Usedom und zwang Pommern, Mecklenburg, Brandenburg und Sachsen zu einem Bündnisvertrag. Am 17. September 1631 trafen die Schweden bei Breitenfeld auf die kaiserlichen Truppen unter Tilly, der noch kurz zuvor die Stadt Magdeburg dem Erdboden gleich gemacht hatte. Tilly wurde vernichtend geschlagen und konnte auch im folgenden Jahr den Vormarsch der Schweden in Süddeutschland nicht aufhalten. In der Schlacht bei Rain am Lech wurde er verwundet und zog sich nach Ingolstadt zurück, wo er am 30. April an den Folgen der Verwundung starb. Die Schweden versuchten die Stadt einzunehmen, was ihnen jedoch nicht gelang. Diesen Zeitvorsprung nutzte Kurfürst Maximilian, um von Ingolstadt nach Regensburg zu ziehen und es zu besetzen. Die Schweden drangen daraufhin bis München vor und bedrohten Österreich.

Albrecht von Wallenstein wurde auf Befehl des Kaisers 1634 in Eger ermordet

In dieser für den Kaiser gefährlichen Situation ernannte er den 1630 auf dem Reichstag von Regensburg entlassenen Wallenstein erneut zum Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen (April 1632). Wallenstein gelang es tatsächlich, Gustav Adolf Paroli zu bieten. Der charismatische schwedische König verlor in der Schlacht bei Lützen am 16. November 1632 das Leben. Die Herrschaft für die noch unmündige Christine von Schweden, Tochter Gustav Adolfs, übernahm Axel Oxenstierna. Dieser schloss mit den Protestanten des fränkischen, schwäbischen und rheinischen Reichskreises den Heilbronner Bund (1633–1634) und führte den Kampf weiter. Sein fähigster Gegner Albrecht von Wallenstein wurde am 26. Februar 1634 in Eger ermordet. Im selben Jahr konnten die kaiserlichen Armeen in der Schlacht bei Nördlingen den ersten wirklich großen Sieg über die Schweden unter dem bedeutenden Feldherrn Bernhard von Sachsen-Weimar erringen.

Bernhard von Sachsen-Weimar

Die protestantischen Reichsstände, zuallererst Kursachsen, brachen im Jahre 1635 aus dem Bündnis mit Schweden aus und schlossen mit Kaiser Ferdinand II. den Prager Frieden, der die Aussetzung des Restitutionsedikt von 1629 für vierzig Jahre beinhaltete. Man beschloss auch, nun gemeinsam gegen die Feinde des Reiches vorzugehen. Der Dreißigjährige Krieg hörte damit endgültig auf, ein Krieg der Konfessionen zu sein, da sich ab 1635 die protestantischen und katholischen Stände des Reiches sowie das protestantische Schweden und das katholische Frankreich gegenüberstanden.

Schwedisch-Französischer Krieg (1635–1648)

Obwohl Frankreich fast zur Gänze von habsburgischen Territorien umgeben war und ein Hauptinteresse an der Schwächung der spanischen und kaiserlichen Macht hatte, wurde es bis 1635 nicht selbst militärisch aktiv. Erst als der Kaiser militärische Siege gegen Schweden errang und dadurch die Gefahr bestand, dass er seine Macht auf das ganze Reich, insbesondere auf die meist reichsfernen norddeutschen Gebiete, ausdehnen könnte, trat Frankreich offen in den Krieg ein. Schon vorher hatte die französische Krone Schweden und die protestantischen Fürsten, im Vertrag von Bärwalde 1631, finanziell unterstützt.

Richelieu hatte kein Interesse an einer Beendigung des Krieges

Zudem suchte Kardinal Richelieu, der als Erster Minister König Ludwigs XIII. die Politik des Landes maßgeblich bestimmte, durch diplomatische Aktivitäten einzelne Fürsten im Westen des Reichs an sich zu binden. Dies gelang beispielsweise in dem Schutzvertrag mit dem Kurfürsten von Trier Philipp Christoph von Sötern, der den Franzosen kampflos die Festungen Philippsburg und Ehrenbreitstein einbrachte. In den folgenden Jahren drangen französische Armeen unter den Generälen Turenne und Condé bis nach Bayern und Böhmen vor. Mit dem Eingreifen Frankreichs stand fest, dass der habsburgische Kaiser seinen absoluten Machtanspruch gegenüber den Reichsständen nicht würde durchsetzen können.

Der Westfälische Friede und die Kriegsfolgen

Hauptartikel: Westfälischer Friede

Im Rahmen der Hamburger Präliminarien einigte man sich Ende 1641 schließlich, einen allgemeinen Friedenskongress in den Städten Münster (für die Katholiken) und Osnabrück (für die protestantische Seite) abzuhalten. Zuvor war an Köln und später an Lübeck und Hamburg als Kongressorte gedacht worden. Der kaiserliche Gesandte, Graf (später Fürst) Johann Ludwig von Nassau Hadamar führte die Friedensverhandlungen zum erfolgreichen Abschluss.

Im Westfälischen Frieden wurden neben der katholischen und der lutherischen nun auch die reformierte Konfession im Reich als gleichberechtigt anerkannt. In vier konfessionell gemischten Reichsstädten wurde Parität verordnet, so in Augsburg und Biberach. Umfangreiche Regelungen betrafen die religiösen Streitfragen. Dabei fand man zu teilweise pragmatischen, teilweise auch zu kuriosen Lösungen. So wurde für das Hochstift Osnabrück eine alternierende Regierung von evangelischen Bischöfen (aus dem Hause Braunschweig-Lüneburg) und katholischen Bischöfen geschaffen. Das Fürstbistum Lübeck wurde als einziges evangelisches Fürstbistum mit Sitz und Stimme im Reichstag erhalten, um das Haus Gottorf mit einer Sekundogenitur zu versorgen. Für die katholischen Klöster in den erloschenen Bistümern Halberstadt und Magdeburg, die ab 1680 an Brandenburg fielen, wurden Sonderregelungen getroffen.

Die neue Großmacht Schweden erhielt 1648 auf Kosten des erbberechtigten Brandenburgs Vorpommern, einschließlich Stettin mit der gesamten Odermündung, die Stadt Wismar samt Neukloster sowie das Erzbistum Bremen mitsamt dem Bistum Verden als Reichslehen. Dänemark, das die so genannten Elbherzogtümer für sich beanspruchte, wurde übergangen.

Spanien einigte sich mit den Generalstaaten auf eine staatliche Unabhängigkeit. Das Erzherzogtum Österreich trat an Frankreich den Sundgau ab. Eine katholische Hegemonie über das Reich wurde nicht erreicht.

Ansonsten änderte sich im Reich im Vergleich nicht viel, das Machtsystem zwischen Kaiser und Reichsständen wurde neu austariert, ohne die Gewichte im Vergleich zur Situation vor dem Krieg stark zu verschieben. Die Reichspolitik wurde nicht entkonfessionalisiert, sondern nur der Umgang der Konfessionen neu geregelt. Frankreich hingegen wurde zum mächtigsten Land Westeuropas. Die Generalsstaaten und die Eidgenossenschaft schieden aus dem Reichsverbund aus, was im Fall der Eidgenossenschaft jedoch nur die de jure Feststellung eines de facto seit Ende des Schwabenkrieges von 1499 feststehenden Umstandes war.

Teile des deutschen Reichs wurden stark verwüstet. Nach heutigen Erkenntnissen kostete der Krieg etwa drei bis vier Millionen Menschenleben bei einer Gesamtbevölkerung im Reichsgebiet von rund 17 Millionen. Die meisten Opfer forderten die Seuchen ab 1634.

Zu den Gewinnern des Konfliktes zählte unter anderem die Stadt Hamburg, deren Ziel der Anerkennung ihrer Reichsstandschaft zwar nicht erfüllt wurde, die jedoch große Teile des Handels mit Mitteldeutschland auf sich konzentrieren konnte. Für die großen oberdeutschen Handelsmetropolen beschleunigte der Krieg noch einmal die Abschwungphase des ausgehenden 16. Jahrhunderts.

Wenig beachtet, aber von großem Schaden war, dass mit der Unabhängigkeit der Niederlande und dem Verlust wichtiger Küstenregionen und Ostseehäfen an Schweden praktisch alle großen Flussmündungen unter fremdem Einfluss standen. Die deutschen Staaten hatten kaum Zugang zur Hohen See und waren damit weitgehend vom überseeischen Handel ausgeschlossen. Deutschland hatte damit nicht nur den Einfluss über seine eigenen Geschicke an die umgebenden Mächte verloren, es war auch wirtschaftlich von den Chancen abgeschnitten, die der Seehandel und der Erwerb von Kolonien anderen Nationen wie England, Schweden und den Niederlanden eröffnete.

Frankreich, England, Schweden und die Niederlande konnten sich nach dem Dreißigjährigen Krieg zu Nationalstaaten entwickeln. Mit dem aufblühenden Handel ging in diesen Ländern ein Aufschwung des liberalen Bürgertums einher, dessen Ausbleiben für Deutschland kaum ermessliche geschichtliche und gesellschaftliche Folgen hatte. Das Reich bildete weiterhin einen lockeren Verbund von Fürstentümern. Wenn dieser Verbund zum wesentlichen Friedensfaktor im Europa der nächsten 150 Jahre wurde, so geschah das auch auf Kosten der wirtschaftlichen Chancen Deutschlands.

Der Krieg in der kollektiven Erinnerung

Der Dreißigjährige Krieg entvölkerte ganze Landstriche und hat vielfältige Spuren in Kunst und Alltagsleben hinterlassen – von einfachen Kinderreimen wie Bet’, Kindchen, bet’, morgen kommt der Schwed’ bis zu großen Werken der Dichtkunst.

In seinem Schelmenroman Der abenteuerliche Simplicissimus, erschienen 1669, schilderte Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (16251676) die Wirren und Gräuel des Krieges und schuf damit den ersten bedeutenden Roman der deutschen Literatur. Einen Augenzeugenbericht hat uns der Söldner Peter Hagendorf in seiner Chronik hinterlassen.

Das Erlebnis von nicht enden wollendem Krieg, Hunger, Krankheiten und allgemeiner Zerstörung ließ eine Lyrik von bis dahin nicht gekannter Eindringlichkeit entstehen, in der sich die Gewissheit von Tod und Vergänglichkeit mit barocker Lebensgier verband. So schrieb Andreas Gryphius das Sonett „Tränen des Vaterlandes Anno 1636“, das bis heute zu den meist zitierten Antikriegsgedichten zählt. Es beginnt mit den Versen:

Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret!
Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun
Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Kartaun,
Hat aller Schweiß und Fleiß und Vorrat aufgezehret.

Der als Volksheld und Retter in der Not gefeierte Martin Rinckart verfasste "Nun danket alle Gott", und dem Leipziger Zeitzeugen Gregor Ritzsch verdanken wir "Ich hab den Schweden mit Augen gesehen; er tat mir wohl gefallen."

Im 18. Jahrhundert beschäftigte sich Friedrich Schiller als Historiker und Dramatiker mit dem Krieg. 1792 veröffentlichte er eine in weiten Teilen noch heute gültige „Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“. Sieben Jahre später vollendete er sein dreiteiliges Drama „Wallenstein“.

Mit wachsendem zeitlichen Abstand sahen Schriftsteller in dem großen Konflikt des 17. Jahrhunderts zunehmend eine Metapher für die Schrecken des Krieges überhaupt. Das bekannteste Beispiel dafür aus dem 20. Jahrhundert ist Bertolt Brechts Stück „Mutter Courage und ihre Kinder“, das im Dreißigjährigen Krieg angesiedelt ist, aber deutlich macht, dass die Verrohung und Zerstörung des Menschen durch die Gewalt überall und zu jeder Zeit möglich ist.

Der Sozialwissenschaftler Norbert Elias sieht im Dreißigjährigen Krieg den Tiefpunkt der Dezentralisierung Deutschlands, eine traumatisierende Erfahrung, die den Wunsch nach Stärke und territorialer Einheit stärker werden ließ. In dieser verheerenden Erfahrung der Schwäche gegenüber den Nachbarn sieht Elias die Wurzel des langfristigen Prozesses, der über diverse Phasen des Fortschritts und Rückschritts in den Konkurrenz- und Integrationskämpfen schließlich im 20. Jahrhundert zum Nationalsozialismus führte.[1]

Einzelnachweise

  1. Elias, Norbert: Studien über die Deutschen. Frankfurt/ Main: Suhrkamp. Diverse Auflagen.

Sekundärliteratur

Gesamtdarstellung

  • Günter Barudio: Der Teutsche Krieg 1618-1648, Frankfurt/Main 1985
  • Johannes Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg, Frankfurt/Main 1992
  • Georg Schmidt: Der Dreißigjährige Krieg, 6. Aufl., München: Beck 2003, ISBN 3-406-49034-4
  • Gerhard Schormann: Dreißigjähriger Krieg. 1618-1648, Stuttgart 2001
  • Cicely Veronica Wedgwood: Der 30jährige Krieg, München 1967
  • Friedemann Bedürftig: Taschenlexikon Dreißigjähriger Krieg, Taschenbuch, 261 Seiten, Piper 1998
  • Peter Milger: Gegen Land und Leute - Der Dreissigjährige Krieg, Ursachen, Verlauf und Folgen, erzählt anhand von teilweise unveröffentlichten Bildern, Augenzeugenberichten und Dokumenten, München 1998

Ursache

  • N. M. Sutherland: The Origins of the Thirty Years War and the Structure of European Politics, In: Englisch Historical Review 107 (1992), S. 587-625 [Sutherland kritisiert die teilweise eindimensionale Betrachtung des Dreißigjährigen Krieges als primär deutscher Krieg.]

Friedensschluss

  • Klaus Bußmann und Heinz Schilling (Hg.): 1648 – Krieg und Frieden in Europa, Katalogband und zwei Textbände, Münster 1998 [Dokumentation der Europaratsausstellung zum 350-jährigen Jubiläum des Westfälischen Friedens in Münster und Osnabrück.]
  • Fritz Dickmann: Der Westfälische Friede, Münster 1965
  • Heinz Duchhardt (Hg.): Der Westfälische Friede. Diplomatie, politische Zäsur, kulturelles Umfeld, Rezeptionsgeschichte, München 1998
  • Ernst Höfer: Das Ende des Dreißigjährigen Krieges. Strategie und Kriegsbild, Köln/Weimar/Wien 1997

Militär

  • Gustav Freytag: Der Dreißigjährige Krieg 1618-1648 - Das Heer. Soldatenleben und Sitten, Band 1, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 2003, ISBN 3-937135-03-0
  • Bernhard Kroener und Ralf Proeve (Hg.): Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, Paderborn 1996
  • Julia Zunckel: Rüstungsgeschäfte im Dreißigjährigen Krieg. Unternehmer­kräfte, Militärgüter und Marktstrategien im Handel zwischen Genua, Amsterdam und Hamburg (Schriften zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte 49), Berlin 1997

Wirtschafts- und Sozialgeschichte

  • Jörg-Peter Findeisen: Der Dreißigjährige Krieg. Eine Epoche in Lebensbildern, Graz/Wien/Köln 1998
  • Gustav Freytag: Der Dreißigjährige Krieg 1618-1648 - Die Städte. Die Kipper und Wipper und die öffentliche Meinung, Band 2, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 2003, ISBN 3-937135-04-9
  • Gustav Freytag: Der Dreißigjährige Krieg 1618-1648 - Die Dörfer und ihre Geistlichen. Der Frieden, Band 3, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 2003, ISBN 3-929000-56-3
  • Benigna von Krusenstjern, Hans Medick (Hg.): Zwischen Alltag und Katastrophe. Der Dreißigjährige Krieg aus der Nähe, Göttingen 1999
  • Markus Meumann, Dirk Niefanger (Hg.): Ein Schauplatz herber Angst. Wahrnehmung und Darstellung von Gewalt im 17. Jahrhundert, Göttingen 1997

Lokalgeschichte

  • Asche, Matthias: Neusiedler im verheerten Land - Kriegsfolgenbewältigung, Migrationssteuerung und Konfessionspolitik in Zeichen des Landeswiederaufbaus - Die Mark Brandenburg nach den Kriegen des 17. Jahrhunderts, Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG, Münster 2006, ISBN 3-402-00417-8
  • Martin Bötzinger: Leben und Leiden während des Dreißigjährigen Krieges in Thüringen und Franken (1618-1648) - Ein Augenzeugenbericht, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 2001, ISBN 3-929000-39-3
  • Peter Engerisser: Von Kronach nach Nördlingen – Der Dreißigjährige Krieg in Franken, Schwaben und der Oberpfalz 1631–1635, Verlag Heinz Späthling 2004, ISBN 3-926621-32-X, [mit mehr als 120 Kurzbiographien]
  • Jan N. Lorenzen: 1631 - Die Zerstörung Magdeburgs, in: ders: Die großen Schlachten. Mythen, Menschen, Schicksale, Campus Verlag, Frankfurt 2006, Seiten 55-100, ISBN 3593381222

Einzelpersonen

  • Golo Mann: Wallenstein, Frankfurt am Main 1971 [Erzählende Biografie des kaiserlichen Feldherrn]
  • Ilja Mieck: Wallenstein 1634. Mord oder Hinrichtung? in Demandt, Alexander (Hrsg.) Das Attentat in der Geschichte, Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M., 1999
  • Leopold von Ranke: Geschichte Wallensteins, Nachdr., Kronberg/Ts. 1978, ISBN 3-7610-7211-2
  • Günter Barudio: Gustav Adolf der Große. Eine politische Biographie, Frankfurt/Main 1985

Historische Betrachtung

Fernseh-Dokumentation

Fiktive Literatur

  • Alfred Döblin: Wallenstein, bei DTV, Juni 2003, Erstausgabe 1920, expressionistischer Roman
  • Ricarda Huch: Der Dreißigjährige Krieg (Erstausgabe hieß: Der große Krieg in Deutschland), Erstausgabe 1912–1914 in 3 Bänden, historischer Roman
  • Tilman Röhrig: "In 300 Jahren vielleicht", Arena-Verlag, Würzburg, ISBN 3-401-01850-7
  • Bertolt Brecht: Mutter Courage und ihre Kinder 1939 - Der Zerfall einer Familie im 30-jährigen Krieg

Siehe auch

Weblinks

Commons: Dreißigjähriger Krieg – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Dreißigjähriger Krieg – Quellen und Volltexte

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