Beryll

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 31. August 2016 um 08:51 Uhr durch 195.200.70.49 (Diskussion) (→‎Als Rohstoff: Adjektiv ergänzt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Beryll
Beryll (zonar aquamarin- bzw. morganitfarbig) auf Muskovit aus der „Oceanview Mine“, Chief Mountain, San Diego County, Kalifornien (Größe: 10 cm × 8 cm × 7 cm)
Allgemeines und Klassifikation
Chemische Formel Al2Be3[Si6O18][1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate - Ringsilikate (Cyclosilikate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/E.12
9.CJ.05
61.01.01.01
Ähnliche Minerale Chrysoberyll, Apatit, Spinell, Brasilianit, Turmalingruppe
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol dihexagonal-dipyramidal; 6/m2/m2/m[2]
Raumgruppe P6/mcc (Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192[1]
Gitterparameter a = 9,22 Å; c = 9,20 Å[1]
Formeleinheiten Z = 2[1]
Häufige Kristallflächen {1010}, {0001}, {1120}[3]
Zwillingsbildung selten nach {hkil}[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7,5 bis 8 (VHN - 1190 bis 1450; durchschnittlich 1300)[3]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,63 bis 2,97; berechnet: 2,640[3]
Spaltbarkeit unvollkommen nach {0001}[3]
Bruch; Tenazität muschelig bis uneben; spröde[4]
Farbe variabel, oft blau, grün, gelb, rosa, rot, weiß, farblos
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz bis Fettglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,568 bis 1,602
nε = 1,564 bis 1,595[5]
Doppelbrechung δ = 0,004 bis 0,007[5]
Optischer Charakter einachsig negativ
Pleochroismus Schwach bis deutlich:
ω = farblos, gelblichgrün bis gelblichrot, hellblau
ε = seegrün, blau, rotviolett[3]

Beryll ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Al2Be3[Si6O18][1], ist also ein Aluminium-Beryllium-Silikat. Strukturell gehört es zu den Ringsilikaten.

Beryll entwickelt vorwiegend große Kristalle mit tafeligem oder prismatischem bis säuligem Habitus und glas- bis fettähnlichem Glanz auf den Oberflächen. Die größten bekannten Kristalle waren bis zu 18 Meter lang und 180 Tonnen schwer.[3] Beryll tritt aber auch in Form körniger oder massiger Aggregate auf, die leicht mit Quarz verwechselt werden. In reiner Form ist Beryll farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen verschiedene Farben annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnehmen kann.

Aufgrund seiner hohen Mohshärte von 7,5 bis 8 und seiner oft gut ausgebildeten Kristalle wird Beryll vorwiegend zu Schmucksteinen verarbeitet, wobei vor allem der blaue Aquamarin, der grüne Smaragd und der hellgelbe bis grünlichgelbe Goldberyll bekannt sind.

Etymologie und Geschichte

Das Fremdwort Beryll wurde aus dem lateinischen beryllus oder berillus entlehnt und geht über das griechische βήρυλλος [béryllos] auf das mittelindische (Prakrit) veruliya und altindische (Sanskrit) vaidurya zurück.[6][7]

Das lateinische beryllus wurde im Mittelalter als Oberbegriff für alle klaren Kristalle gebraucht. Über mittelhochdeutsch berillus und berille entstand das Wort Brille („Augengläser“), da die ersten Linsen aus Kristall geschliffen wurden. Der feminine Singular die Brille beruht auf einer späteren Umdeutung der Pluralform die b[e]rille (Singular der b[e]rille = einzelnes Augenglas), nachdem zwei Augengläser üblich geworden waren.[8]

Aus dem lateinischen berillus leitet sich auch italienisch brillare („glänzen, strahlen“) ab – und daraus französisch briller, dessen Partizip brillant („glänzend, strahlend“) den deutschen Fremdwörtern Brillant (ein speziell geschliffener Diamant) und Brillanz zugrunde liegt. Das englische brilliant hat dieselbe Herkunft.[9] Nach der Aussprache wäre eigentlich auch im Deutschen die englische Schreibweise zu erwarten (brilliant). Die Norm (z. B. brillant, Brillanz) richtet sich im Deutschen jedoch nach der französischen Herkunft, was in diesem Fall zu häufigen Rechtschreibfehlern führt.

Der Abbau der Beryll-Varietät Smaragd lässt sich bis ins 13. Jahrhundert v. Chr. nach Ägypten zurückverfolgen. Aber auch im präkolumbischen Südamerika wurde der Schmuckstein weiträumig gehandelt.

Klassifikation

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte Beryll zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Ringsilikate (Cyclosilikate)“, wo er als Namensgeber die „Beryllgruppe“ mit der System-Nr. VIII/E.12 und den weiteren Mitgliedern Bazzit, Cordierit, Indialith, Pezzottait, Sekaninait und Stoppaniit bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Beryll ebenfalls in die Abteilung der „Ringsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Silikatringe, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „[Si6O18]12− Sechser-Einfachringe ohne inselartige, komplexe Anionen“ zu finden ist, wo es ebenfalls namensgebend die „Beryllgruppe“ mit der System-Nr. 9.CJ.05 und den weiteren Mitgliedern Bazzit, Indialith, Pezzottait und Stoppaniit bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Beryll in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Ringsilikate: Sechserringe“ ein. Hier ist er ebenfalls als Namensgeber der „Beryllgruppe“ mit der System-Nr. 61.01.01 und den weiteren Mitgliedern Bazzit, Indialith, Stoppaniit und Pezzottait innerhalb der Unterabteilung „Ringsilikate: Sechserringe mit Si6O18-Ringen; mögliche (OH) und Al-Substitution“ zu finden.

Chemismus

In reiner Form, die allerdings nur synthetisch herzustellen ist, besteht Beryll aus rund 19 % Aluminiumoxid (Al2O3), 14 % Berylliumoxid (BeO) und 67 % Siliciumdioxid (SiO2). Natürlicher Beryll kann allerdings verschiedene Fremdbeimengungen enthalten wie unter anderem Rubidiumoxid (Rb2O) und Caesiumoxid (Cs2O). Auch Kristallwasser (H2O, bis 3 %) sowie Argon und Helium können in den Kanälen der Ringsilikat-Struktur eingelagert sein.[4]

Kristallstruktur

Strukturbild einer Beryll-Elementarzelle

Beryll kristallisiert hexagonal in der Raumgruppe P6/mcc (Raumgruppen-Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192 mit den Gitterparametern a = 9,22 Å und c = 9,20 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]

Die Kristallstruktur von Beryll besteht aus Sechser-Einfachringen mit der Strukturformel [Si6O18]12−, die in Richtung der c-Achse konzentrisch übereinander geschichtet und jeweils um 30° verdreht sind. Aufgrund der konzentrischen Anordnung der Ringe bilden sich offene Kanäle mit einem Durchmesser von einigen Ångström[10] Zwischen den Ringen befinden sich die Aluminium- und Berylliumionen, wobei Aluminium von jeweils sechs und Beryllium von jeweils vier Sauerstoffionen umgeben ist. Man spricht daher auch von einer [6]- bzw. [4]-Koordination beim Aluminium bzw. Beryllium.[4]

Eigenschaften

Der Schmelzpunkt von Beryll beträgt 1650 °C[11].

Varietäten und Modifikationen

Die bekanntesten Varietäten sind der grüne Smaragd, der blaue Aquamarin, der gelbe Goldberyll (auch Heliodor) und der rosafarbene Morganit (benannt nach dem New Yorker Bankier John Pierpont Morgan) sowie der farblose Goshenit.

Eine ebenfalls rosafarbene, cäsiumhaltige Beryllvarietät wird als Vorobieffit[12], Worobieffit oder einfach Caesium-Beryll[4] bezeichnet.

Die sehr seltene rote Varietät Roter Beryll ist veraltet auch als Bixbit bekannt. Diese Bezeichnung gehört allerdings aufgrund der deutlichen Verwechslungsgefahr mit dem Mineral Bixbyit nach den Bestimmungen der CIBJO zu den unerwünschten Handelsnamen.

Bildung und Fundorte

Hauptabbaugebiete für Beryll

Beryll bildet sich entweder magmatisch in Pegmatit und Granit oder hydrothermal in Greisen oder Quarz-Gängen. Auch metamorph gebildete Berylle sind gefunden worden, unter anderem in Gneis. Zudem kann es sekundär in Form von Seifenlagerstätten in Flusssedimenten angereichert sein.

Einige der vielen Fundorte sind unter anderem Minas Gerais und Pici in Brasilien, Coscuez und Muzo in Kolumbien, Antsirabé in Madagaskar, Spitzkoppe in Namibia, Iveland in Norwegen, Habachtal in Österreich, Gilgit in Pakistan, Malyshevo und Murzinka im Ural in der Russischen Föderation, Adun-Chilon in Sibirien, sowie Keystone/South Dakota und Pala/Kalifornien in den USA

Beryll-Kristalle können außergewöhnlich groß werden. So sind im US-amerikanischen Bundesstaat Maine schon sechs Meter lange und eineinhalb Tonnen schwere Exemplare gefunden worden. Kristalle bis zu 177 Tonnen wurden in Namivo/Alto Ligonha in Mosambik gefunden.

Verwendung

Als Rohstoff

Beryll ist die Hauptquelle für das giftige Leichtmetall Beryllium, das unter anderem in der Raumfahrttechnik als Bestandteil von Speziallegierungen eingesetzt wird. Mehr als 80 Prozent der Weltjahresproduktion stammen aus den USA. Zudem wurden im Mittelalter Berylle zu Linsen geschliffen, die als Brille verwendet wurden und dieser ihren Namen gaben.

Als Schmuckstein

Hooker-Smaragd, 75 ct
Skulptur aus Quarz mit eingeschlossenem Smaragd

Berylle aller Farbvarietäten werden bei guter Qualität zu Schmucksteinen verarbeitet. Der Smaragd wurde allerdings als eine der ersten Varietäten für diese Zwecke genutzt und in größeren Mengen abgebaut. Die ältesten Minen lassen sich auf etwa 1.300 v. Chr. datieren.

Klare Schmucksteine erhalten üblicherweise einen facettierten Schliff. Beim Schleifen ist jedoch der bei einigen Beryll-Varietäten deutliche Pleochroismus zu berücksichtigen.

Durchscheinende bzw. undurchsichtige Steine erhalten einen Cabochon-Schliff. Größere Mineralaggregate werden manchmal auch zu kunstgewerblichen Gegenständen verarbeitet.

Siehe auch

Literatur

  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0.
  • Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. 13. Auflage. BLV, München 2002, ISBN 3-405-16332-3.
  • Jaroslav Bauer, Vladimír Bouska, František Tvrz: Der Kosmos-Edelsteinführer. Kosmos Gesellschaft für Naturfreunde, Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart 1982, ISBN 3-440-04925-6.

Weblinks

Commons: Beryll – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 605.
  2. Webmineral - Beryl (englisch)
  3. a b c d e f g Beryl, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 68 kB)
  4. a b c d Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 541–543.
  5. a b MinDat - Beryl (englisch)
  6. Stichwort Brille in Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24. Auflage
  7. Vgl. Beryll bei Duden online
  8. Vgl. Brille bei Duden online sowie Brill, m. und Brille, f. in Grimm: Deutsches Wörterbuch
  9. Eintrag 1bril·liant in Merriam-Webster online
  10. Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 734–735.
  11. Per Enghag: "Encyclopedia of the elements: technical data, history, processing, applications", Wiley-VCH Verlag, 2004, S. 350. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.