Gohlis (Leipzig)

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Wappen von Leipzig
Wappen von Leipzig
Gohlis
Stadtteil von Leipzig
Koordinaten 51° 21′ 40″ N, 12° 22′ 0″ OKoordinaten: 51° 21′ 40″ N, 12° 22′ 0″ O.
Fläche 5,34 km²
Einwohner 42.213 (31. Dez. 2014)
Bevölkerungsdichte 7905 Einwohner/km²
Eingemeindung  1890
Postleitzahlen 04157, 04155
Vorwahl 0341
Stadtbezirk Nord
Verkehrsanbindung
Bundesstraße B2 B6
Eisenbahn Leipzig–Großkorbetha
Leipzig–Leipzig-Wahren
S-Bahn S 1 S 3
Straßenbahn 4, 10, 11, 12
Bus 80, 85, 90
Quelle: Leipzig-Lexikon; statistik.leipzig.de

Gohlis ist ein Stadtteil im Norden von Leipzig. 1890 kam die bis dahin selbständige Gemeinde zum südlich gelegenen Leipzig. Gohlis ist heute in drei Ortsteile (Gohlis-Süd, -Mitte und -Nord) eingeteilt, die alle zum Stadtbezirk Nord gehören.

Lage

Mündung in die Weiße Elster am Westrand von Gohlis
Das Gohliser Schlösschen von Süden aus gesehen

Der alte Ortskern befand sich am nordöstlichen Rand der Elster-Luppe-Aue, nördlich der Mündung der von Nordosten kommenden Nördlichen Rietzschke in die hier von Südost nach Nordwest fließende Parthe, er lag südlich der alten Schkeuditzer Landstraße (heute: Georg-Schumann-Straße) zwischen der Stadt Leipzig im Südosten und dem Dorf Möckern im Nordwesten.

Geschichte

Das Dorf Gohlis wurde wahrscheinlich von westslawischen (sorbischen) Siedlern im 7. Jahrhundert angelegt. Frühere Namensformen waren Golitz, Goliz oder Golis. Der altsorbische Wortstamm gol bedeutet kahl, öde und ist vielleicht ein Bezug auf die waldfreie unmittelbare Umgebung des Dorfes, die Endung -its/-itz ist typisch für slawische Dörfer.

Im Zuge der deutschen Ost-Expansion ließen sich vermutlich um das Jahr 1000 flämische Siedler hier nieder. Aus dem Jahr 1317 stammt die älteste bekannte Urkunde, in der das Dorf anlässlich einer Landschenkung an das Zisterzienserinnenkloster St. Georg erwähnt wird.

Landesherren von Gohlis waren die Markgrafen von Meißen bzw. von Landsberg und später die ernestinischen Kurfürsten von Sachsen (1423–1485), die albertinischen Herzöge, Kurfürsten und Könige von Sachsen. Innerhalb des sächsischen Staates gehörte das Dorf Gohlis in das Kreisamt Leipzig.[1] Das Dorf Gohlis gehörte zur Grundherrschaft des Ritterguts Gohlis, damit unterstand es juristisch dessen Patrimonialgerichtsbarkeit. 1659 erwarb der Leipziger Professor für Medizin Michael Heinrich Horn († 1681) das Rittergut und die Grundherrschaft in Gohlis. Seit 1793, als die Stadt Leipzig Besitzer des Rittergutes Gohlis wurde, lag die niedere Gerichtsbarkeit bei der Stadt Leipzig, die sie auch nach dem Verkauf des Ritterguts im Jahr 1832 behielt.

Das Schillerhaus gesehen vom Schillerweg
Haupteingang des Gohliser Schlösschens in der Menckestraße

1755/56 ließ sich der Leipziger Ratsherr Johann Caspar Richter (1708–1770) auf zwei benachbarten Bauerngütern in Gohlis ein Sommerpalais im Rokoko-Stil erbauen. Das Gohliser Schlösschen genannte Gebäude wird heute für kulturelle und gastronomische Zwecke genutzt. Von 1780 bis 1788 wurde das Schlösschen zum Musenhof am Rosental, zu dessen Gästen 1785 Friedrich Schiller und der Körnersche Freundeskreis zählten.

Das Schillerhaus gesehen von der Menckestraße

Schiller arbeitete in Gohlis am zweiten Akt des „Don Carlos“, bearbeitete den „Fiesco“ und schrieb die erste Fassung des Gedichts „An die Freude“. Das Bauernhaus, in dem Schiller wohnte, ist das älteste erhaltene Haus von Gohlis. Es wurde um 1700 erbaut und ist seit dem 18. Jahrhundert wohl kaum verändert worden. 1841 richtete der Leipziger Schillerverein hier eine Gedenkstätte ein, die heute noch als Museum (Schillerhaus) besteht.

Im Jahr 1835 umfasste das Dorf 30 Magazinhufen Land, 54 Häuser und 578 Einwohner. Durch die Sächsische Landgemeindeordnung von 1838 wurde das Dorf Gohlis eine eigenständige Gemeinde und erhielt das Recht zur Selbstverwaltung. Der Raubmörder Johann David Saupe wurde am 18. November 1840 in Gohlis hingerichtet. Am 23. August 1842 wurde dort der Buchbindergeselle Johann Heinrich Ernst Seifarth aus Altenburg enthauptet.[2] Von 1873 bis 1890 gehörte die Landgemeinde Gohlis zur Amtshauptmannschaft Leipzig. Am 20. Januar 1873 wurde die Gemeinde Gohlis durch die Gohliser Straßenbahntrasse an das Nahverkehrsnetz der Stadt Leipzig angeschlossen.

Krochsiedlung

Am 1. Januar 1890 wurde die Gemeinde Gohlis in die Stadt Leipzig eingemeindet. In den 1920er Jahren und zu Beginn der 1930er Jahre wurden in Gohlis neue Flächen für die Errichtung von mehrgeschossigen Wohnhäusern erschlossen, um den Wohnbedürfnissen der stark angestiegenen Leipziger Bevölkerung Rechnung zu tragen. Bauträger waren unter anderem der Leipziger Bau- und Sparverein Nord und der jüdische Bankier Hans Kroch. Dabei kamen bei der Krochsiedlung auch fortschrittliche städtebauliche und architektonische Lösungen (Bauhaus-Stil) zur Anwendung. Diese Entwicklung kam nach der nationalsozialistischen Machtübernahme vollständig zum Erliegen, da Kroch Deutschland verlassen musste.

Seit 1992 gehört der nördliche Teil des ehemaligen Gemeindegebietes zum Ortsteil Gohlis-Nord, der mittlere Teil zum Ortsteil Gohlis-Mitte und der südliche Teil mit dem alten Ortskern zum Ortsteil Gohlis-Süd.

Kirchen

Evang. Friedenskirche
Friedenskirche, vom Turm auf dem Rosentalhügel aus gesehen
Kath. Kirche St. Georg
Evang. Versöhnungskirche in Gohlis-Nord
Evang.-methodistische Bethesdakirche

Im Jahr 1870 wurde Gohlis, das kirchlich bis dahin zur Kirchgemeinde Eutritzsch gehörte, eine eigene evangelisch-lutherische Kirchgemeinde. 1871 begann der Bau der neugotischen Friedenskirche. Im Zweiten Weltkrieg erhielt die Kirche Bombentreffer und büßte dadurch eine Seitenkapelle ein. Die Gohliser evangelische Kirchgemeinde wurde 1999 mit der Gemeinde der Michaeliskirche der Nordvorstadt fusioniert. 2012 spendete die Gemeinde eine nicht mehr benötigte Glocke für den Gundorfer Friedhof.

Durch die Industrialisierung des Stadtteils siedelten sich auch viele Katholiken in Gohlis an. Sie erbauten 1909–1910 eine eigene Schule, an deren Turnsaal ein Kapellenraum angebaut wurde (geweiht 1910). Nach dem Ersten Weltkrieg folgte der Kirchenbau. Die im Jahr 1923 fertiggestellte Akademiker-Gedächtniskirche St. Georg fiel aufgrund des durch die Inflation eingetretenen Geldmangels viel kleiner aus, als sie 1909 ursprünglich von dem Leipziger Architekten Clemens Lohmer geplant war. Ebenfalls 1923 wurde St. Georg in Gohlis von dem Meißner Bischof Christian Schreiber zur eigenständigen Pfarrei erhoben. Die katholische Schule wurde 1934 von den Nazis enteignet. Bei den Bombenangriffen im Dezember 1943 und im Juli 1944 wurde die Kirche beschädigt, aber in kurzer Zeit wiederhergestellt. Wegen der Liturgiereform erfolgte von 1967 bis 1983 der Umbau der Kirche. Erhalten sind die von Akademikerverbänden gestifteten Ausstattungsstücke, so der Georgsaltar (vom CV), der Marienaltar (vom KV) und das den auferstandenen Jesus zeigende Gefallendenkmal (vom UV)[3][4]. In den Fenstern sind die Buchstaben dieser Verbände zu erkennen.

1922 erhielt Gohlis auch eine kleine Synagoge, die nur 16 Jahre bis zur Reichspogromnacht existierte.

1930 weihte die evangelisch-methodistische Bethesda-Gemeinde ihr Gebäude ein, das Kirche, Gemeinderäume und Wohnräume vereinigt.

Der jüngste Sakralbau des Stadtteils ist die 1932 eingeweihte Versöhnungskirche. Sie ist einer der wenigen bedeutenden Kirchenbauten der Klassischen Moderne in Deutschland und wurde im Stil der Bauhausarchitektur in Stahlbetonskelettbauweise ausgeführt. Die Versöhnungskirche war gedacht als Mittelpunkt einer Wohnstadt, deren erste Bauetappe, die Krochsiedlung, 1929/1930 in Gohlis-Nord realisiert wurde.

Die Gohliser Mühle

Die Gohliser Mühle, Mai 2006

Die Gohliser Mühle (Bannmühle) wurde 1390 erstmals urkundlich erwähnt. Als erster bekannter Betreiber ist die Müllerin Katharina belegt († 1392). An der Mühle floss ein Pleißebogen vorbei, welcher bei der Flussregulierung zwischen 1905 und 1913 verschwand. Auf dem Bild ist das Wohnhaus mit Krüppelwalmdach zu sehen, welches später als Gastwirtschaft benutzt wurde. Im Jahre 1877 wurde das Gebäude rechts im Bild auf den Grundmauern der Mühle errichtet. Seit 1857 war August Bleichert, Vater von Adolf Bleichert (Drahtseilbahnfabrikant), der Müller von Gohlis. Der Mühlenbetrieb wurde am 30. Juni 1908 eingestellt. Im Oktober 2006 fiel die Mühle nach Brandstiftung zusammen und war seither eine Ruine. Im November 2009 gab das Leipziger Stadtplanungsamt bekannt, dass die Mühle von der ATRIUM Baubetreuungsgesellschaft mbH in eine Kindertagesstätte des Deutschen Kinderschutzbunds umgebaut werden soll.[5] Weiterhin wurde bis zur Fertigstellung des Baus Ende 2011 Platz für Büros, Praxen und eine Gaststätte geschaffen.

Die Gohliser Actien-Brauerei

Im Jahre 1871 wurde an der Hallischen Straße (heute Georg-Schumann-Straße) die Gohliser Actien-Brauerei erbaut. Die Brauerei besaß mit dem „Bräustüb'l“ auch einen Ausschank. Die Brauerei wurde 1950 in die Aktienbrauerei Gohlis und im Jahre 1952 in die VEB Brauerei Gohlis umgewandelt. Hier wurde auch die Lipsona Club Cola hergestellt. Der Gebäudekomplex der Brauerei wurde 2006 abgerissen; Anfang 2010 wurde dort das Stadtteil-/Einkaufszentrum GohlisCenter eröffnet.

Wie auch die Gohliser Mühle wurde im Jahr 2006 das „Braustüb’l“ durch Brandstiftung zerstört und stürzte ein.

Die Friedrich-Schiller-Schule

Schulen

In Gohlis befinden sich insgesamt 5 Grundschulen, ein Gymnasium und 3 Oberschulen:[6]

  • Karl-Liebknecht-Schule (Grundschule)
  • 36. Grundschule
  • Geschwister-Scholl-Schule (Grundschule)
  • 75. Schule (Grundschule)
  • Friedrich-Schiller-Schule (Gymnasium)
  • 68. Schule (Oberschule; ehem. Gebäude der Hans-und-Hilde-Coppi-Schule)
  • Oberschule Gohlis
  • 35. Schule (Oberschule)
  • Erich Kästner-Schule (Grundschule)

Kasernen

Ehemalige Kaserne am Viertelsweg (ehemaliges Bekleidungsamt an der Planitz-Straße, Stand 1913).

In der Zeit des Deutschen Kaiserreichs wurden in Gohlis mehrere Kasernen für die sächsische Armee gebaut. Sie dienten nach 1918 der Reichswehr, Wehrmacht, den sowjetischen/russischen Truppen, der NVA und der Bundeswehr, die heute nur noch die General-Olbricht-Kaserne nutzt.

Söhne und Töchter des Ortes

Siehe auch

Bilder

Weblinks

Commons: Gohlis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • 680 Jahre Gohlis. 1317–1997. Festschrift, hrsg. vom Bürgerverein Gohlis. Gohliser historische Hefte 2. Leipzig 1997.
  • Von der „Villa Hilda“ zum Klubhaus „Heinrich Budde“. Beiträge zur Geschichte des Heinrich-Budde-Hauses Leipzig-Gohlis. Gohliser historische Hefte 4. Leipzig 1999.
  • Axel Frey: Die Friedenskirche zu Leipzig-Gohlis. Leipzigs älteste neogotische Kirche. Gohliser historische Hefte 5. Leipzig 2000.
  • Manfred Hötzel u. Dieter Kürschner: Straßennamen in Gohlis. Geschichte und Erläuterung. Gohliser historische Hefte 6. Leipzig 2001.
  • Bernd Rüdiger u. Harald Kirschner: Alt-Gohlis. Eine historische und städtebauliche Studie. Hrsg. v. Pro Leipzig e. V. Leipzig 1996.
  • Uta-Andrea Weitzmann u. Harald Kirschner: Neu-Gohlis. Eine historische und städtebauliche Studie. Hrsg. v. Pro Leipzig e. V. Leipzig 2003.

Einzelnachweise

  1. Karlheinz Blaschke, Uwe Ulrich Jäschke: Kursächsischer Ämteratlas. Leipzig 2009, ISBN 978-3-937386-14-0; S. 60 f.
  2. Matthias Blazek: Der Raubmörder Johann David Saupe wurde 1840 hingerichtet – Fehlschläge bei der Enthauptung hinterließen tiefe Eindrücke, in: Gohlis Forum, 13. Jahrg., 03/2011 (Juni), S. 5 ff. (Gohlis Forum als pdf)
  3. Raimund Lang: Zwischen patriotischem Pathos und burlesker Spielerei – Couleurstudentische Kunst im öffentlichen Raum, in: Academia 03/2009, S. 157. (Login erforderlich)
  4. Geschichte der kath. Pfarrkirche St. Georg Leipzig.
  5. Die Gohliser Mühle auf leipzig-gohlis.de, abgerufen am 12. März 2012.
  6. Verzeichnis aller Schulen in Leipzig, abgerufen am 7. September 2014