Kommunalwahlen in Bayern 2014

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Wahllokal während der Stimmabgabe

Die allgemeinen Gemeinde- und Landkreiswahlen (Kommunalwahlen) in Bayern 2014 fanden am 16. März 2014 statt, notwendige Stichwahlen für Bürgermeister- und Landratswahlen wurden am 30. März 2014 durchgeführt, so in Erlangen, München, Regensburg und Würzburg.[1][2] Der Termin wurde durch die Bayerische Staatsregierung festgesetzt.[3][4] Insgesamt wurden in 25 kreisfreien Städten und 71 Landkreisen mit mehr als 2000 Gemeinden knapp 40.000 Mandatsträger neu bestimmt.[5]

Wahlentscheidungen

Gemäß der Verwaltungsgliederung Bayerns wird bei der Wahl die Zusammensetzung der Kommunalparlamente sowohl der unteren als auch der oberen kommunalen Ebene (also der Gemeinde-/Stadträte wie auch der Kreistage) bestimmt. In den 2031 kreisangehörigen Städten und Gemeinden mit rund 70 Prozent der bayerischen Stimmberechtigten geschieht dies durch getrennte Wahlvorgänge. In den 25 kreisfreien bayerischen Städten fallen beide Ebenen zusammen, hier werden deshalb nur die Stadträte gewählt. Insgesamt werden am Wahltag mehr als 32.000 Mandate in Stadt- oder Gemeinderäten[6] und rund 4400 Kreistagsmandate vergeben.

Am 16. März bestimmten die Wähler in kreisangehörigen Gemeinden zudem den Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister und den Landrat, in kreisfreien Städten nur den Oberbürgermeister. Hier fanden die Wahlen nicht in allen Kommunen und Kreisen statt, weil die Amtszeit von Bürgermeistern und Landräten nicht immer zeitgleich mit den allgemeinen Kommunalwahlen endet. So standen in sechs der 25 kreisfreien Städte (Aschaffenburg, Bamberg, Bayreuth, Hof (Saale), Landshut, Memmingen) die Oberbürgermeister an diesem Tag nicht zur Wahl, ebenso entfielen in 13 der 71 Landkreise die Landratswahlen und in 168 kreisangehörigen Gemeinden die Bürgermeisterwahlen.[7]

Unregelmäßigkeiten

Für den Kreistag Straubing-Bogen sowie die Gemeinderats- und die Bürgermeisterwahl in Geiselhöring wurde das Wahlergebnis durch die Regierung von Niederbayern aufgehoben. Hintergrund war, dass in Geiselhöring bei der Auszählung Unregelmäßigkeiten zu Tage traten: In einem Briefwahlbezirk wurden sechs Listenkandidaten der CSU nach vorne gewählt: Eine Spargelgroßbäuerin, vier Personen aus deren Umfeld und der Bürgermeisterkandidat Herbert Lichtinger. 465 von 482 der aus dem EU-Ausland stammenden Erntehelfern der Landwirtin hatten per Briefwahl an der Wahl teilgenommen. Nach monatelangen Ermittlungen von Bayerischem Landeskriminalamt, Polizei und Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Wahl- und Urkundenfälschung sowie der Anstiftung zur falschen eidesstattlichen Versicherung gehen diese davon aus, dass über 350 der abgegebenen Stimmen ungültig sind. Lichtinger, der nach eigenem Bekunden an den Manipulationen selbst nicht beteiligt war, hatte die Bürgermeisterwahl mit nur 303 Stimmen Vorsprung gewonnen.[8]

Ebenfalls aufgehoben wurde das Ergebnis der Kreistagswahl im Landkreis Fürth: Dort hatten im Vorfeld der Wahl die Bürgermeister von Langenzenn und Großhabersdorf in ihren Gemeindeblättern für die Wahl von Kandidaten aus der jeweiligen Gemeinde aufgerufen. Nach Ansicht der Regierung von Mittelfranken verstieß dies gegen das für Bürgermeister in ihrer Funktion geltende Neutralitätsgebot.[9]

In Grafenwöhr wurde das Ergebnis der Gemeinderatswahl wegen Wahlbetrugs aufgehoben[10], ebenso die Stadtratswahl in Starnberg, dort, weil die Zahl der ausgezählten Stimmzettel und der Wähler voneinander abwichen.[11] In beiden Gemeinden ist die Entscheidung der Aufsichtsbehörden noch nicht rechtskräftig.

Ergebnis

Kommunalwahlen in Bayern 2014
Wahl der Stadträte in den kreisfreien Städten und der Kreistage[12]
Wahlbeteiligung: 55,0 % (2008: 59,6 %)
 %
40
30
20
10
0
39,7 %
20,7 %
15,3 %
10,2 %
3,9 %
3,7 %
2,4 %
2,1 %
2,1 %
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2008
 %p
   4
   2
   0
  -2
  -4
−0,3 %p
−1,9 %p
−3,7 %p
+2,0 %p
+3,9 %p
+1,2 %p
−1,4 %p
+0,3 %p
+1,4 %p
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Anmerkungen
Anmerkungen:
c Wählergruppen, ohne die Landesvereinigung Freie Wähler Bayern
f Gemeinsame Wahlvorschläge von mehreren Parteien/Wählergruppen

Kreisfreie Städte und Kreistage

Die CSU verlor in den meisten Kreisen und kreisfreien Städten teilweise beträchtlich, konnte aber in München deutliche Gewinne von fast 5 Prozentpunkten erzielen. Landesweit büßte sie in der Summe nur 0,3 Prozentpunkte ein, landete aber erstmals seit Jahrzehnten unter 40 %. Die SPD erlitt eine weitere Wahlniederlage und sank auf einen Anteil von nur noch 20,7 %, was ihren negativen Rekord von 2008 nochmals unterbot. Die Freien Wähler waren 2008 statistisch noch zusammen mit den anderen Wählergruppen verzeichnet worden; zusammengerechnet erzielten diese und die Freien Wähler nahezu dasselbe Resultat wie 2008. Klare Gewinner der Wahl waren die Grünen, die landesweit um zwei Prozentpunkte zulegten.

Gewählte Oberbürgermeister und Landräte

Nach dem ersten Wahlgang haben bei 58 Landratswahlen 44 Kandidaten eine absolute Mehrheit errungen, während bei 19 Oberbürgermeisterwahlen 14 Kandidaten eine absolute Mehrheit erringen konnten. Nach den Stichwahlen in 14 Landkreisen und fünf kreisfreien Städten am 30. März sah das Endergebnis folgendermaßen aus:

Übersicht[13]
Wahlvorschlag Oberbürgermeister Landräte Zusammen
CSU 8 44 52
CSU und andere 2 1 3
SPD 8 2 10
SPD und andere 1 1
Freie Wähler (Landesvereinigung) 3 3
GRÜNE 1 1
Sonst. gemeinsame Wahlvorschläge 1 1 2
Wählergruppen 5 5
Zusammen 19 58 77
Oberbürgermeisterwahl[14]
Kreisfreie Stadt Oberbürgermeister(in) Wahlvorschlag Bem.
Amberg Michael Cerny CSU
Ansbach Carda Seidel BAP/ÖDP
Augsburg Kurt Gribl CSU
Coburg Norbert Tessmer SPD
Erding Max Gotz CSU
Erlangen Florian Janik SPD
Fürth Thomas Jung SPD
Ingolstadt Christian Lösel CSU
Kaufbeuren Stefan Bosse CSU
Kempten (Allgäu) Thomas Kiechle CSU/Freie Wähler-ÜP
München Dieter Reiter SPD
Nürnberg Ulrich Maly SPD
Passau Jürgen Dupper SPD
Regensburg Joachim Wolbergs SPD
Rosenheim Gabriele Bauer CSU
Schwabach Matthias Thürauf CSU
Schweinfurt Sebastian Remelé CSU
Straubing Markus Pannermayr CSU
Weiden i.d.OPf. Kurt Seggewiß SPD
Würzburg Christian Schuchardt CSU, FDP und FW/WL


Landratswahl[15]
Landkreis Landrat/Landrätin Wahlvorschlag Bem
Aichach-Friedberg Klaus Metzger CSU 1)
Altötting Erwin Schneider CSU
Amberg-Sulzbach Richard Reisinger CSU 1)
Aschaffenburg Ulrich Reuter CSU
Augsburg Martin Sailer CSU
Bad Kissingen Thomas Bold CSU
Bad Tölz-Wolfratshausen Josef Niedermaier FW
Bamberg Johann Kalb CSU
Bayreuth Hermann Hübner CSU
Berchtesgadener Land Georg Grabner CSU
Cham Franz Löffler CSU
Coburg Michael C. Busch SPD
Dachau Stefan Löwl CSU 1)
Deggendorf Christian Bernreiter CSU/Junge Liste
Dingolfing-Landau Heinrich Trapp SPD
Donau-Ries Stefan Rößle CSU
Eichstätt Anton Knapp CSU
Erding Martin Bayerstorfer CSU
Erlangen-Höchstadt Alexander Tritthart CSU 1)
Forchheim Hermann Ulm CSU
Freising Josef Hauner CSU 1)
Freyung-Grafenau Sebastian Gruber CSU
Fürstenfeldbruck Thomas Karmasin CSU
Fürth Matthias Dießl CSU
Garmisch-Partenkirchen Anton Speer FW 1)
Günzburg Hubert Hafner CSU
Haßberge Wilhelm Schneider CSU 1)
Hof Oliver Bär CSU
Kulmbach Klaus Peter Söllner FW/CSU
Landsberg am Lech Thomas Eichinger CSU
Landshut Peter Dreier FW
Lindau (Bodensee) Elmar Stegmann CSU
Main-Spessart Thomas Schiebel FW
Miesbach Wolfgang Rzehak GRÜNE 1)
Miltenberg Jens Marco Scherf GRÜNE/SPD/ödp 1)
Mühldorf am Inn Georg Huber CSU
München Christoph Göbel CSU 1)
Neu-Ulm Thorsten Freudenberger CSU
Neuburg-Schrobenhausen Roland Weigert FW
Neumarkt in der Oberpfalz Willibald Gailler CSU
Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim Helmut Weiß CSU 1)
Neustadt an der Waldnaab Andreas Meier CSU
Nürnberger Land Armin Kroder FW 1)
Oberallgäu Toni Klotz CSU
Ostallgäu Maria Rita Zinnecker CSU 1)
Passau Franz Meyer CSU/BU
Regensburg Tanja Schweiger FW 1)
Rhön-Grabfeld Thomas Habermann CSU
Rosenheim Wolfgang Berthaler CSU
Rottal-Inn Michael Fahmüller CSU
Schwandorf Thomas Ebeling CSU 1)
Starnberg Karl Roth CSU
Straubing-Bogen Josef Laumer CSU
Tirschenreuth Wolfgang Lippert FW
Traunstein Siegfried Walch CSU 1)
Weilheim-Schongau Andrea Jochner-Weiß CSU 1)
Wunsiedel im Fichtelgebirge Karl Döhler CSU
Würzburg Eberhard Nuß CSU

1) Stichwahl

Neuerungen für die Kommunalwahl 2014

Im Februar 2012 wurden vom Bayerischen Landtag einige Änderungen am Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz beschlossen, die zur Kommunalwahl 2014 erstmals galten:[16][17]

  • Wahlberechtigt war jeder EU-Bürger, der das 18. Lebensjahr vollendet hatte und seit mindestens zwei (bisher: drei) Monaten im Wahlkreis wohnte.
  • Die Briefwahl wurde wesentlich erleichtert, indem auf die Angabe von Gründen verzichtet wurde. Zuvor musste, um per Briefwahl zu wählen, glaubhaft gemacht werden, dass man am Wahltag verhindert ist.
  • Eine wichtige Änderung war der Wegfall des sogenannten „Schwerpunkts der Lebensbeziehungen“. Bisher war nur wählbar, wer im Wahlkreis seit mindestens sechs Monaten den Schwerpunkt der Lebenshaltung hatte. Diese Klausel wurde gelockert. Wählbar war nun, wer mindestens drei Monate im Wahlkreis eine Wohnung hat, die nicht die Hauptwohnung sein muss, oder wer sich – ohne eine Wohnung zu haben – im Wahlkreis gewöhnlich aufhält. Wählbar als Gemeinde-, Stadt- und Kreisrat waren neben deutschen Staatsbürgern auch EU-Bürger, allerdings nicht als Bürgermeister und Landrat.
  • Bewerber konnten bereits mit 18 Jahren als Landrat oder Bürgermeister kandidieren. Bisher lag die Altersgrenze bei 21.
  • Die Sitzverteilung für die kommunalen Beschlussgremien (Stadt- bzw. Gemeinderat, Kreistag) erfolgte 2014 erstmals nach dem Proporzverfahren Hare-Niemeyer.[18] Zuvor galt das Höchstzahlenverfahren nach D’Hondt, das kleinere Parteien und Wählergruppen gegenüber größeren benachteiligte.
  • Neu eingeführt wurde auch, dass eine gewählte Person das Amt ohne Angabe von Gründen ablehnen bzw. niederlegen kann. Die allgemeine Pflicht zur Übernahme von Ehrenämtern (Art. 19 der Bayer. Gemeindeordnung, Art. 13 der Bayer. Landkreisordnung) gilt für kommunale Wahl-Ehrenämter gemäß Art. 47 Abs. 1 Satz 3 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes nicht mehr.[19]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Welt zum Kabinettsbeschluss vom 7. Januar 2013
  2. Wahltermine und Fristen
  3. Az.: IB1-1367.15-24
  4. Art. 9 Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz
  5. deutschlandfunk.de
  6. Schaubild Sitzverteilung 1966–2008 (PDF) des Landeswahlleiters
  7. Auflistung des Landeswahlleiters zu Kommunen/Kreisen mit bzw. ohne Wahl
  8. Wahlskandal in Niederbayern – Stimmvieh auf dem Spargelhof. In: Süddeutsche Zeitung, 18. September 2014
  9. Kreistagswahl in Fürth ungültig. Bayerische Staatszeitung, 24. Juli 2014, abgerufen am 17. November 2014.
  10. Wahlwiederholung in Grafenwöhr rückt näher. Nordbayerischer Kurier, 8. Oktober 2014, abgerufen am 17. November 2014.
  11. Stadtratswahl ist ungültig. Süddeutsche.de, 14. November 2014, abgerufen am 17. November 2014.
  12. Kommunalwahlen in Bayern am 16. März 2014 – Ergebnisse. Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, abgerufen am 19. März 2014.
  13. Kommunalwahlen in Bayern 2014- Ergebnisse. Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, abgerufen am 19. März 2014.
  14. kommunalwahl2014.bayern.de
  15. kommunalwahl2014.bayern.de
  16. Wertinger Zeitung vom 3. August 2012
  17. Donauwörther Zeitung vom 24. April 2013
  18. Art. 35 Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz
  19. Text des Art. 47 Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz