Mitglied des Deutschen Bundestages

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Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB, Bundestagsabgeordneter) ist die amtliche Bezeichnung für einen Abgeordneten im Deutschen Bundestag. Die Abkürzung MdB wird als sogenannter Namenszusatz mit oder ohne Komma hinter den Nachnamen gestellt, zum Beispiel Erika Mustermann, MdB.[1] Nach der Bundestagswahl 2013 gab es zunächst 631 Abgeordnete, die Zahl reduzierte sich nach dem Ausscheiden von Katherina Reiche, da die einzige noch verbliebene Bewerberin auf der entsprechenden Landesliste das Mandat nicht annahm (Listenerschöpfung). Die Differenz zur nominellen Größe von 598 Abgeordneten ergibt sich durch Überhangmandate und Ausgleichsmandate.

Allgemeine Beschreibung

Bundestagsabgeordnete werden durch Bundestagswahlen direkt (Direktmandat) oder nach den Landeslisten ihrer jeweiligen Partei gewählt. Mit der Erststimme wird der Abgeordnete des jeweiligen Wahlkreises und mit der Zweitstimme die Landesliste gewählt.

Von dieser Regel, dass Bundestagsabgeordnete durch Bundestagswahlen bestimmt werden, gab es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Ausnahmen:

  • die West-Berliner Bundestagsabgeordneten in der 1. bis 11. Wahlperiode wurden vom Abgeordnetenhaus von Berlin bestimmt. Die Berliner Abgeordneten bekamen allerdings ihr (volles) Stimmrecht erst durch den Wiedervereinigungsprozess am 8. Juni 1990.
  • zehn weitere Mitglieder des Bundestages ab dem 4. Januar 1957 nach Beitritt des Saarlandes waren zuvor vom Landtag des Saarlandes bestimmt worden.
  • aufgrund der Wiedervereinigung mit der ehemaligen DDR zogen am 3. Oktober 1990 144 neue Abgeordnete in den Bundestag ein, die zuvor von der DDR-Volkskammer bestimmt wurden.

Die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag erwirbt ein gewählter Bewerber zur Bundestagswahl gemäß § 45 Bundeswahlgesetz "[…] nach der abschließenden Feststellung des Ergebnisses für das Wahlgebiet durch den Bundeswahlausschuss […] mit der Eröffnung der ersten Sitzung des Deutschen Bundestages nach der Wahl."

Bundestagsabgeordnete vertreten nach Art. 38 GG das ganze deutsche Volk im Deutschen Bundestag und sind bei Entscheidungen nicht an Weisungen und Aufträge gebunden, sondern nur ihrem eigenen Gewissen unterworfen. Allerdings wird das freie Mandat in der parlamentarischen Praxis durch die sogenannte Fraktionsdisziplin eingeschränkt.

Die Abgeordneten wiederum wählen den Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland und können ihn auch vor Ablauf der Wahlperiode des Bundestages durch ein konstruktives Misstrauensvotum wieder ablösen. Zudem sind sie an der Wahl des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland durch die Bundesversammlung beteiligt. Außerdem haben sie entscheidenden Anteil an der Bundesgesetzgebung.

Das durch die Bundestagswahl erlangte Mandat gilt für eine Wahlperiode von vier Jahren. Dieser Zeitraum gilt unabhängig von der Partei- oder Fraktionszugehörigkeit, ein Abgeordneter behält sein Mandat auch dann, wenn er nicht mehr einer Fraktion angehört. Auch der Einfluss der Wähler endet nach der Wahl, sie können den Abgeordneten nicht durch ein Misstrauensvotum wieder abwählen. Der Wille des Abgeordneten selbst, sein Amt niederzulegen, ist dagegen einer der Gründe, die zu einem Amtsverlust führen.[2] Jeder wahlberechtigte Bürger der Bundesrepublik Deutschland kann sich auch als Kandidat zur Wahl in den Bundestag aufstellen. Die Ausübung des Abgeordnetenamtes unterliegt arbeitsrechtlich einem besonderen Schutz, der Kündigungen von Arbeitgebern gegenüber Arbeitnehmern aus Anlass der Übernahme oder Ausübung des Abgeordnetenamtes untersagt, auch allgemein darf niemand an der Ausübung dieses Amtes gehindert werden (§§ 2, 3 und 4 Abgeordnetengesetz).

Die Mitglieder des Deutschen Bundestages können sich zu Fraktionen oder Gruppen zusammenschließen und genießen damit einen besonderen Verfahrens- und Organisationsstatus. Dem Bundestag steht der Bundestagspräsident vor.

Scheidet ein Abgeordneter durch Tod oder Verzicht aus dem Bundestag aus, wird sein Mandat durch den nächsten Kandidaten der Landesliste seiner Partei ersetzt, wenn es sich nicht um ein nicht ausgeglichenes Überhangmandat handelt (vergleiche Nachrücker-Urteil). In diesem Fall entfällt das Mandat, und der Bundestag hat insgesamt ein Mandat weniger. Sollte die Landesliste erschöpft sein, entfällt das Mandat ebenso.

Sozialer Hintergrund

Mit der Bundestagswahl 2013 wurden 631 Abgeordnete in den 18. Deutschen Bundestag gewählt, davon 230 Frauen (36,5 %) und 401 Männer (63,5 %).[3]

Berufe
Berufsstand Anzahl %
Öffentlicher Dienst 192 30,4 %
Politische und gesellschaftliche Organisationen 106 16,8 %
Kirchen 7 1,1 %
Wirtschaft (unselbständige Tätigkeit) 104 16,5 %
Sonstige (unselbständige Tätigkeit) 5 0,8 %
Wirtschaft (selbständige Tätigkeit) 47 7,4 %
Freie Berufe 121 19,2 %
Hausfrauen 3 0,5 %
Arbeitslose 1 0,2 %
Ausbildung (Schüler, Studenten, u. ä.) 9 1,4 %
Keine verwertbaren Angaben 36 5,7 %

Anm.: Vollständige Liste auf der Seite des Bundestages.[4]

Rechte und Pflichten

Rechte

  • Immunität gegen Strafverfolgung. Diese kann vom Bundestag aufgehoben werden (Art. 46 Grundgesetz).
  • Indemnität für Äußerungen, die ein Abgeordneter im Bundestag tätigt (Art. 46 Grundgesetz).
  • Zeugnisverweigerungsrecht Die Abgeordneten haben das Recht, gegenüber Ermittlungsbehörden oder Gerichten, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. Soweit dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme von Schriftstücken unzulässig.

Pflichten

  • Abgeordnete sollten während einer Sitzung des Parlaments im Gebäude des Bundestags anwesend sein. Sie sind jedoch dazu nicht verpflichtet, da sie an keine Weisungen gebunden sind. Sie müsste auch nicht im Plenarsaal sitzen, sondern können sich zum Beispiel auch im Büro aufhalten und arbeiten, da sie die Sitzung über das bundestagsinterne Fernsehen verfolgen können. Bei unentschuldigtem Fehlen an Sitzungstagen wird die Kostenpauschale gekürzt (§ 14 Abgeordnetengesetz).
  • Zur Verpflichtung, sich nicht bestechen zu lassen, siehe Artikel Abgeordnetenbestechung.

Diäten und Aufwandsentschädigungen

  • Abgeordnetenentschädigung (Diät): 9.327,21 €/Monat (gemäß § 11 Abs. 1 Abgeordnetengesetz, gültig seit 1. Juli 2016)
  • Steuerfreie Kostenpauschale: 4.305,46 €/Monat
    (Kosten für die Ausübung des Mandates sind durch die Kostenpauschale pauschal abgedeckt. Höhere Ausgaben sind weder erstattbar, noch können sie steuerlich abgesetzt werden; bei niedrigere Ausgaben ist der nicht verbrauchte Teil der Kostenpauschale ein steuerfreies Zusatzeinkommen.[5])[6]
  • Zuschuss zur Krankenversicherung: ca. 250 €/Monat (50 Prozent des an der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung ausgerichteten Höchstsatzes, des „Arbeitgeberanteils“).[7]
  • Übernahme der Dienstreisekosten und Bereitstellung einer Netzkarte für die Deutsche Bahn AG.[8] Innerhalb Berlins ist die Nutzung des Fahrdienstes des Deutschen Bundestages kostenfrei.
  • Übernahme von bis zu 19.913 €/Monat für die Gehälter der Angestellten des Abgeordneten. Die Gehälter werden von der Bundestagsverwaltung direkt an die Mitarbeiter gezahlt. Sind die Angestellten des Abgeordneten mit ihm verwandt oder verschwägert, muss er die Kosten selbst tragen.[9]
  • Pro Jahr Mitgliedschaft im Bundestag erwirbt ein Abgeordneter einen Pensions-Anspruch auf 2,5 Prozent der Abgeordnetenentschädigung. Der Höchstsatz von 67,5 Prozent wird nach 27 Jahren Abgeordnetentätigkeit erreicht. Wenn ein Abgeordneter zwei vierjährige Legislaturperioden Mitglied des Bundestags war, so erhält er 0,025 × 8 × 9.082 € = 1.816,40 € Pension. Der Beginn der Pensionszahlung erfolgt grundsätzlich mit Erreichen des 67. Lebensjahres. Nach acht Jahren Mitgliedschaft im Bundestag reduziert sich die Altersgrenze um je ein Jahr pro weiterem Jahr Mitgliedschaft (bis max. dem 18. Jahr, § 19 Abs. 3 AbgG).

Lobbyismus und Nebentätigkeiten

Der Bundestagsabgeordnete hat gewisse Verhaltensregeln zu beachten. Eine dieser Verhaltensregeln besagt, in welchen Fällen Bundestagsabgeordnete ihre Einkünfte aus Nebentätigkeiten dem Bundestagspräsidenten mitzuteilen haben (§ 44b Nr. 2 AbGG).[10] Diese Anzeigepflicht erfasst ab dem 18. Bundestag, der am 22. Oktober 2013 erstmals zusammentrat, Nebeneinkünfte in 10 Stufen von über 1000 € bis über 250.000 € im Jahr oder im auf die Legislaturperiode entfallenden Jahresanteil.

Um im Jahr 2006 die Einführung der Offenlegung von Einkünften aus Nebentätigkeiten der Bundestagsabgeordneten zu verhindern, lagen dem Bundesverfassungsgericht Organstreitklagen von neun Abgeordneten des Bundestages vor.[11] Davon gehörten je drei der FDP (Heinrich Leonhard Kolb, Sibylle Laurischk und Hans-Joachim Otto) und der CDU (Friedrich Merz, Siegfried Kauder und Marco Wanderwitz), zwei der CSU (Max Straubinger und Wolfgang Götzer) und einer der SPD (Peter Danckert) an.[12]

Eine mündliche Verhandlung fand am 11. Oktober 2006 statt. Nach langer Beratungszeit hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung vom 4. Juli 2007 bei Stimmengleichheit die Anträge abgewiesen. Nach Auffassung der Hälfte der Richter des Zweiten Senats gehen von Nebentätigkeiten wie etwa in Aufsichtsräten „besondere Gefahren für die Unabhängigkeit“ der Abgeordneten aus, da die Annahme „nicht fern“ liege, dass Einnahmen aus Nebentätigkeiten „Rückwirkungen auf die Mandatsausübung haben können“. Das Volk habe „Anspruch darauf“ zu wissen, von wem und in welcher Größenordnung seine Vertreter Geld entgegennehmen. Das Interesse der Abgeordneten an einer Vertraulichkeit der Daten sei demgegenüber „nachrangig“.[13] Kritiker fordern eine noch genauere Aufschlüsselung der Abgeordneteneinkünfte.[14]

Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten

Die folgende Liste umfasst die zehn Bundestagsabgeordneten mit den höchsten bekannten Nebeneinkünften (von Ende 2009 bis 2011).[15] Aufgrund der nur unvollständigen Transparenz liegen die Nebeneinkünfte mit großer Wahrscheinlichkeit über den angegebenen Werten, weil Bundestagsabgeordnete nicht zur vollständigen Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte verpflichtet sind. Einkünfte unter 1.000,- € sind gar nicht veröffentlichungspflichtig. Darüber hinausgehende Einkünfte wurden im 17. Bundestag (2009–2013) lediglich den drei Stufen „1.000 bis 3.500,- €“, „3.500 bis 7.000,- €“ und „über 7.000,- €“ zugeordnet.[16] Demnach können auch (zahlreiche) weitere Abgeordnete im oben genannten Zeitraum mehr als 50.000,- € aus Nebentätigkeiten erzielt haben.

  1. Peer Steinbrück (SPD) – 1,25 Mio €, Einkünfte v.a. durch Vorträge, Aufsichtsratmandat bei ThyssenKrupp
  2. Michael Glos (CSU) – mindestens 546.000 €, davon ein Großteil über Beratertätigkeiten
  3. Heinz Riesenhuber (CDU) – mindestens 380.000 €, mehrere Aufsichtsratposten, 201.000 € durch den Aufsichtsratposten bei der HBM Healthcare Investments AG
  4. Rudolf Henke (CDU) – mindestens 315.000 €, Posten in mehreren Versicherungsbeiräten, Vorsitzender des Marburger Bunds
  5. Frank Steffel (CDU) – mindestens 288.000 €, hauptsächlich durch den Gewinn der eigenen Unternehmensgruppe
  6. Peter Wichtel (CDU) – mindestens 218.750 €, u. a. kaufmännischer Angestellter bei der Fraport AG
  7. Franz-Josef Holzenkamp (CDU) – mindestens 213.000 €, u. a. erwirtschaftet als selbständiger Landwirt
  8. Norbert Schindler (CDU) – mindestens 211.000 €, u. a. Aufsichtsrat des Unternehmens CropEnergies
  9. Patrick Döring (FDP) – mindestens 185.400 €, u. a. Aufsichtsratsmandat bei der Deutschen Bahn

Unvereinbarkeiten

Eine Reihe von Ämtern ist mit der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag nicht vereinbar:[17]

Die Wählbarkeit von Beamten, Angestellten des öffentlichen Dienstes, Berufs-/Zeitsoldaten und Richtern kann beschränkt werden (Art. 137 GG).

Längste und kürzeste Zugehörigkeit zum Bundestag

Wolfgang Schäuble ist der Bundestagsabgeordnete mit der längsten Parlamentszugehörigkeit: Dem Deutschen Bundestag gehört er ununterbrochen seit der konstituierenden Sitzung der 7. Legislaturperiode am 13. Dezember 1972 an. Joachim Gauck hingegen war nur vom 3.- 4. Oktober 1990 Bundestagsabgeordneter und legte das Amt nieder, da er am 4. Oktober zum Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes („Gauck-Behörde“) ernannt wurde.

Siehe auch

Literatur

  • Peter Badura: Die Stellung des Abgeordneten nach dem Grundgesetz und den Abgeordnetengesetzen in Bund und Ländern. In: Hans-Peter Schneider und Wolfgang Zeh (Hrsg.): Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland. Walter de Gruyter, Berlin 1989. ISBN 3-11-011077-6. S. 489–521. PDF; 7,5 MB.

Weblinks

Commons: Mitglied des Deutschen Bundestages – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ratgeber für Anschriften und Anreden, S. 20
  2. Für weitere Gründe siehe § 46 Bundeswahlgesetz: Verlust der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag
  3. Abgeordnete in Zahlen. Frauen und Männer. Deutscher Bundestag, 31. Dezember 2011, abgerufen am 7. April 2014.
  4. Berufe. Deutscher Bundestag, , abgerufen am 7. April 2015.
  5. Die Finanzierung der Bundestagsabgeordneten (Bund der Steuerzahler)
  6. Kostenpauschale. Abgerufen am 7. April 2015.
  7. Leistungen für Krankenversicherungskosten
  8. Reisekosten
  9. Kostenregelung für Abgeordnetenmitarbeiter
  10. Tätigkeiten und Einkünfte neben dem Mandat
  11. Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten (Bundesverfassungsgericht)
  12. Liste der Kläger als Bildstrecke bei Spiegel Online (Memento vom 24. Oktober 2006 im Internet Archive).
  13. Abgeordnete müssen Nebeneinkünfte offenlegen Pressemitteilung Nr. 73/2006 vom 4. Juli 2007 des BVerfG
  14. Auskunft über Einkünfte verärgert Politiker (Der Spiegel, 5. Juli 2007)
  15. Spitzenverdiener im Parlament (2012)
  16. Hinweise zur Veröffentlichung der Angaben gemäß Verhaltensregeln im Amtlichen Handbuch und auf den Internetseiten des Deutschen Bundestages
  17. Inkompatibilitäten mit dem Bundestagsmandat (2005) (Memento vom 11. Oktober 2010 im Internet Archive)