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Schloss Gottorf

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Schloss Gottorf, der barocke Südflügel
Die Gartenfassade des Nordflügels

Schloss Gottorf (niederdeutsch, dänisch Gottorp) in Schleswig ist eines der bedeutendsten Schlösser Schleswig-Holsteins.[1] Die Anlage wurde in ihrer Geschichte mehrfach umgebaut und erweitert. Sie war im Besitz der dänischen Könige und der schleswigschen Herzöge. Nach der Annexion des Gottorfer Teils des Herzogtums Schleswig 1713 diente das Schloss als Sitz des dänischen Statthalters in Schleswig.

Heute beherbergt es zwei schleswig-holsteinische Landesmuseen sowie die Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf.

Schloss Gottorf

Geschichte

Der Ursprung: eine Wasserburg

Das heutige Schloss auf der Burginsel am Ende der Schlei besaß mehrere Vorläuferbauten, die ursprünglich der Bewachung eines schmalen Landweges dienten. Begrenzt von der Schlei im Osten und der damals sumpfigen Treeneniederung im Westen gab es hier auf der Höhe des alten Danewerks lediglich eine schmale Landbrücke durch die jütische Halbinsel. Diese war von der hier errichteten Burg leicht zu kontrollieren. Gottorf wurde im Mittelalter als „Schlüssel und Wacht des ganzen Dänemark“[2] bezeichnet. Dies verweist sowohl auf die schützende Funktion der Burg als Wehr- und Wachposten im Grenzgebiet als auch auf ihre Bedeutung als Ort des Handels und der Diplomatie – die Schlüssel zu einem friedvollen Austausch mit dem nördlichen Königreich.

Erstmals erwähnt wurde die Burg Gottorf unter dem Bischof Occo um 1161. [3] Sie diente als Residenz und Festung der Bischöfe aus dem nahen Schleswig, nachdem eine ältere, nordwestlich gelegene Fluchtburg zerstört wurde. 1268 fiel die Anlage in einem Tauschgeschäft an die Schauenburger Grafen. Nachdem Adolf VIII. kinderlos blieb und auch die Kinder seines Bruders früh verstarben, wurde im Vertrag von Ripen 1459 geregelt, dass Adolfs Neffe, der dänische König Christian I. aus dem Haus Oldenburg, das Schloss erben sollte. 1492 vernichtete ein Brand weite Teile der mittelalterlichen Anlage.

Die Residenz der Gottorfer Herzöge

Christians Nachfolger Friedrich I. ließ als ersten modernen Bau des Schlosses um 1530 den Westflügel im Stil der Frührenaissance errichten und regierte von hier das dänische Königreich. Nachdem sein Sohn Christian III. die Thronfolge angetreten hatte, erhielt dessen Halbbruder Adolf I. das Schloss und das Herzogtum als Erbe und begründete so die Linie Schleswig-Holstein-Gottorf. Als sichtbares Bauwerk seiner Herrschaftszeit ist der Nordflügel des Schlosses erhalten geblieben.

Schloss Gottorf (links) und Schleswig in der Renaissancezeit, Zustand um 1600

In der Neujahrsnacht 1564/65 traf eine erneute Brandkatastrophe das Schloss, und in der Folge baute man es in unterschiedlichen Bauschritten zur vierflügeligen Festungsanlage aus. Gottorf wuchs zur größten Residenz in Schleswig und Holstein. Die Verwaltung der Herzogtümer war zu dieser Zeit fast vollständig aufgesplittert in die von den Schleswiger Herzögen beherrschten Gottorfschen Teile, in die vom dänischen Königshaus beherrschten und zumeist durch Statthalter verwalteten Königlichen Teile, sowie in die von beiden regierten Güterbezirke.

Unter Herzog Friedrich III. entwickelte sich Gottorf zu einem der bedeutendsten Fürstenhöfe und zu einem kulturellen Zentrum in Nordeuropa. Der berühmte Gottorfer Riesenglobus stammt aus dieser Epoche. Es gab regen kulturellen Austausch, so wurden Handlungsreisen und Expeditionen bis in den Orient gesandt, und durch eine gesteuerte Heiratspolitik war das Haus Gottorf mit vielen anderen Fürstenhäusern familiär verbunden. Zu seinen Glanzzeiten bestand der Hofstaat aus mehr als 400 Personen.[4]

Am Ende des 17. Jahrhunderts war die alte Renaissanceburg für einen anspruchsvollen Herzog nicht mehr repräsentativ genug. Friedrich IV. war eng mit dem mächtigen Königreich Schweden verbunden und wollte seine eigene Stellung und seinen Rang mit einem zeitgemäßen Palast unterstreichen, aus diesem Grunde gab er eine barocke Erweiterung der Anlage in Auftrag. Von 1697 bis 1703 wurde das Schloss nach Entwürfen des schwedischen Baumeisters Nicodemus Tessin d. J. umgestaltet und vergrößert. Der Herzog starb jedoch während des Großen Nordischen Krieges auf dem Schlachtfeld bei Klissow und erlebte den Umbau in eine große Barockresidenz nicht mehr. Bis zu seinem Tod wurde nur der gewaltige Südflügel fertig gestellt und weitere Planungen kamen aufgrund der folgenden Ereignisse zum Erliegen.

Gottorf als Sitz der dänischen Statthalter

Aufgrund der familiären Verbindungen nach Schweden und weil man sich eine Loslösung von Dänemark erhoffte, unterstützte das Gottorfer Herzogtum das schwedische Königreich während des Großen Nordischen Krieges. Nach der Niederlage Schwedens 1713 wurden die Gottorfer Herzöge durch das dänische Königshaus entmachtet und die Anteile in Schleswig besetzt. Der dänische König erhielt die vormals gottorfschen Anteile des Herzogtums Schleswig. Die im südlichen Herzogtum Holstein liegenden gottorfschen Anteile blieben in der Hand der Gottorfer und wurden von da an von Kiel aus regiert. Herzog Karl Friedrich residierte im Kieler Schloss.

Zwar blieb die Stadt Schleswig einer der wichtigsten Orte der Herzogtümer, doch war der Herr des nördlichen Landes nun der König in Kopenhagen und das Schloss Gottorf nur noch eines von vielen Schlössern in seinem Reich. Das dänische Königshaus zeigte kein Interesse an der weit von der Hauptstadt entfernt gelegenen Schlossanlage. Die bewegliche Einrichtung, die Kunstkammer und die Bibliothek wurden jedoch zu einem großen Teil nach Kopenhagen verbracht und dort anderen Residenzen zugeführt. Gottorf wurde anschließend noch bis 1848 durch die dänischen Statthalter bewohnt. Wenngleich es für diesen neuen Zweck reichlich überdimensioniert war, erlebte es doch eine letzte Glanzzeit. 1731 wurde es zur Residenz für den Statthalter Friedrich Ernst von Brandenburg-Kulmbach, der jedoch bald das für ihn neu errichtete Schloss Friedrichsruh bevorzugte. Unter dem Statthalter Karl von Hessen-Kassel bestand der Hofstaat noch immer aus mehr als 100 Personen[5].

Das Schloss während seiner Zeit als Kaserne, Stich von 1864

Die Kasernenzeit

Nach dem Krieg von 1848 richteten die Dänen im Schloss erst ein Lazarett und anschließend eine Kaserne ein, um von hier aus effektiver gegen die Aufständischen in Schleswig-Holstein vorgehen zu können. Das Gebäude wurde den neuen Bedürfnissen angepasst, und die Innenräume verloren viel von ihrer einstmals bedeutenden Ausstattung. Die einstigen Paradezimmer und herzoglichen Räume wurden zu Schlaf- und Esssälen umgestaltet. Die Nebengebäude wurden abgerissen und stattdessen umfangreiche Stallungen errichtet, die Verteidigungsanlage geschleift. Gottorf blieb Kaserne, nachdem es in Folge des Zweiten Schleswigschen Krieges 1867 an Preußen ging, und behielt diese Funktion bis 1945.

Die Weltkriege

Die Zeit der Weltkriege überstand das Gebäude ohne kriegsbedingte Zerstörungen. 1917 wurden der Süd- und der Westflügel bei einem Brandunglück beschädigt. Im Zuge des Kapp-Putsches wurde das Schloss 1920 von Putschisten besetzt, bei darauffolgenden Kämpfen kamen zehn Menschen ums Leben.[6]

Zu Beginn des Jahres 1945 trafen immer mehr Flüchtlinge aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches in Schleswig ein, deren Zahl sich bis zum Sommer auf fast 18.000 erhöhte. Gottorf wurde, wie viele Residenzen des Landes, als vorübergehendes Auffanglager genutzt und mehrere hundert Flüchtlinge im Schloss untergebracht. [7]

In der Nachkriegszeit wurde die gesamte Anlage dann ab 1948 den Landesmuseen Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellt.

Architektur des Schlosses

Das Schloss wuchs aus einer Vielzahl einzelner Bauphasen zu seiner heutigen Form. Dabei wurden einzelne Gebäudeteile immer wieder erweitert und ausgebaut oder abgebrochen und erneuert. Aus einer ersten Burg mit zum Teil noch solitär stehenden Häusern entwickelte sich langsam eine prächtige Renaissancefestung, die Ende des 17. Jahrhunderts teilweise zu einer großen barocken Residenz umgestaltet wurde.

Das Schloss bildet eine unregelmäßige vierflügelige Anlage um einen Hof; der Grundriss ähnelt einem großen P. Die gegenwärtige Gestalt des Baus mit zum Teil sehr nüchternen Wandflächen an den nördlichen Gebäuden und in den Raumfluchten ist auf die Umbaumaßnahmen des 19. Jahrhunderts zurückzuführen, nach denen das Schloss nur noch als Kaserne genutzt wurde.

Blick auf die Wachhäuser des Hofs und das Hauptportal im Südflügel

Der Südflügel

Der Südflügel bietet die bekannteste Ansicht des größten Schlosses in Schleswig-Holstein. Die heutige Zufahrt über den Schlosshof war bis in das 17. Jahrhundert mit einem Torhaus und einem Galeriebau versehen, welche stilistisch dem damaligen Renaissanceschloss angepasst waren. Der heutige Mittelturm der Hauptfassade war während der Zeit der Burg der südöstliche und größte Eckturm der Schlossanlage.

Bereits Herzog Christian Albrecht plante eine Umgestaltung des Schlosses und ließ sich von Nicodemus Tessin d. J. beraten. Dieser hatte sich von 1687 bis 1692 wiederholt auf dem Schloss aufgehalten. Begonnen wurden die Umbauten erst 1697 unter Herzog Friedrich IV., die Bauleitung übernahm Domenico Pelli. Der schwedische Einfluss ist unverkennbar, die Bauproportionen ähneln zum Beispiel Schloss Vadstena und die strengen Fassaden finden sich am Stockholmer Schloss, ebenfalls ein Werk Tessins, wieder.[8]

Die alte Bausubstanz des Südflügels wurde zum Großteil niedergelegt und der Neubau auf annähernd die doppelte Größe erweitert. Das Werk ging in zwei Abschnitten voran, die linke Hälfte über dem Altbau wurde zuerst fertig gestellt, der rechte, neue Flügel danach. Im Erdgeschoss des Gebäudes blieb ein bedeutender, aus einer früheren Bauphase stammender gotischer Saal erhalten, in dem sich die Bibliothek des Schloss befand. Die Hoffläche wurde verkleinert und der Hoffassade des Südflügels große Korridore vorangestellt, welche die neuen en filade gereihten Räume zusätzlich verbanden. Beides war eine Neuerung im Schloss, das bis zu diesem Zeitpunkt immer nur nach Bedarf erweitert wurde und deswegen einen sehr unregelmäßigen Grundriss und kaum strukturelle Ordnung besaß.

Der einstige Eckturm wurde zum turmartigen Mittelrisalit mit dem Hauptportal umgebildet. Im Turm war ein zeitgemäßes, großzügiges Treppenhaus installiert worden, das bei den Umbauarbeiten zur Kaserne im 19. Jahrhundert bis zur Unkenntlichkeit verändert wurde. Die Fassade erhielt nach barocker Art symmetrische Fensterreihen. Das mit runden Fenstern versehene erste Mezzaningeschoss war für Verwaltungs- und Bedienstetenzimmer vorgesehen, darüber liegt im zweiten Stockwerk die eigentliche Beletage mit den Räumen des Herzogs, deren Fenster auf der gesamten Breite der Fassade mit Segmentgiebeln geschmückt sind. Das oberste Stockwerk war für die Zimmerfluchten der Herzogin vorgesehen. Nach der Fertigstellung war der Bau ursprünglich in einem hellen Rot und die architektonischen Details grau gestrichen. Den heutigen weißen Anstrich erhielt das Gebäude Ende des 18. Jahrhunderts.[9]

Der Südflügel überragt durch seine Größe die annähernd rechteckige Grundfläche der einstigen Festung. Auf seiner überstehenden Rückseite befindet sich eine fensterlose Wandfläche, welche wahrscheinlich als Übergang zu einem neuen Ostflügel vorerst ungestaltet blieb. Die Ereignisse von 1713 setzten weiteren Bauvorhaben jedoch ein Ende.

Der Westflügel mit den stützenden Pfeilern und dem ehemaligen Wehrturm

Der Westflügel

Der Westflügel wurde in den 1530er-Jahren errichtet. Ursprünglich war er ein freistehender Bau, der erst im Laufe der Schlosserweiterungen mit den übrigen Gebäuden verbunden wurde. Der Westflügel bestand einst aus vier verbundenen Einzelhäusern, die, ähnlich wie im Schloss Glücksburg, typisch für höfische Architektur der Renaissancezeit in Schleswig und Holstein waren.[10]

Die Hoffassaden des Westflügels waren ursprünglich übergiebelt, die heute sandsteinfarbenen Flächen der Wände waren weiß getüncht und die Dekorationselemente mit kontrastreichen Farben versehen. Der damals prächtigste Teil der Festung enthielt die Wohnräume des Königs, der als Laterne bezeichnete turmartige Erker zum Innenhof kleine Schreibstuben. Der heutige Erkerbau ist eine Rekonstruktion, das Original wurde 1871 durch eine Explosion des dort gelagerten Pulvers zerstört.

Nachdem das Gebäude wegen eines unruhigen Baugrundes abzusinken begonnen hatte, wurde die Außenwand mit den bis heute erhaltenen Stützpfeilern abgesichert. Die einzelnen Satteldächer wurden im 19. Jahrhundert entfernt und gegen eine große, zusammenhängende Dachfläche ersetzt. An der Außenfassade des Westflügels lässt sich gut der Übergang vom mittelalterlichen Bau zum moderneren Südflügel erkennen.

Der Wehrturm, welcher den äußeren Winkel zwischen West- und Nordflügel markiert, stammt aus dem Jahr 1540. Der auch als Schlachterturm bezeichnete Bau war ehemals ein freistehender Verteidigungsturm der früheren Burg. Ursprünglich nicht als Wohnturm konzipiert, wurde er erst im Laufe der ständigen Erweiterungen mit dem Schlossbau verbunden.

Blick auf die Hoffassade des Nordflügels mit den Renaissanceportalen

Der Nordflügel

Die ältesten Bauteile befinden sich heute unter dem Nordflügel, der zum Teil noch auf Mauern und Fundamenten der ersten Burg ruht. Der Nordflügel stammt vom Ende des 16. Jahrhunderts und wurde von Herzog Adolf I. in Auftrag gegeben. Der Bau ist jünger als der Westflügel und war damals auch moderner ausgestattet.

Die Giebelreihen, die sich zum Hof und auch zur Gartenseite zeigen, waren einst mit prächtigen Renaissancedekorationen versehen. Eine Vorstellung ihrer früheren Gestalt bieten heute beispielsweise die ähnlich gestalteten Giebel des Schlosses Ahrensburg. In der Hoffassade des Nordflügels haben sich schmuckvolle Renaissanceportale und ein Springbrunnen aus der Zeit Christians III. erhalten. Die ausgedehnte Gartenfassade des Baus in Richtung des Neuwerks ist heute nahezu schmucklos. Zwischen den Fensterreihen befinden sich breite, geschossübergreifende Pfeiler, welche einstmals die Abtritte der verschiedenen Stockwerke enthielten.

Im Nordflügel befinden sich die besterhaltenen Räume des Schlosses. Bemerkenswert sind der Weiße Saal und der Blaue Saal, welche mit feinen Stuckaturen dekoriert sind, sowie der mit Jagdmotiven geschmückte, festliche Hirschsaal. Im Nordflügel ist außerdem seit 1590 die Schlosskapelle eingerichtet. Der prächtig ausgestattete Raum wurde nach dem Vorbild der Kapelle im Sonderburger Schloss gestaltet und ist seit der Renaissance nahezu unverändert erhalten. Bedeutendes Schaustück ist der Fürstenstuhl, eine mit Täfelungen kostbar ausgestattete, heizbare Loge für den Schlossherren, die 1612 über dem Altar eingerichtet wurde. Die Betstube und der Hirschsaal wurden von 2006 bis 2007 umfassend restauriert.[11]

Der Ostflügel

Der Ostflügel ist der kleinste Gebäuderiegel des Schlosses. Er bildet die Verbindung zwischen dem Süd- und den Nordflügel und besteht aus zwei Gebäudeteilen aus den Jahren 1564 bis 1565. Wie im Nordflügel verbergen sich hier noch Fundamente der früheren Burg. Zum Hof hin, der hier einst mit offenen Arkaden versehen war, hat sich ein Treppenturm von 1664 erhalten. Im Inneren des Gebäudes wurden Überreste einer Hyperkaustenanlage gefunden.

Der einstige Bauschmuck des Ostflügels ist während der Kasernenzeit nahezu vollständig entfernt worden, so dass besonders die nördliche Außenwand des Baus zusammen mit der Wandfläche des Nordflügels auf heutige Betrachter einen etwas ungeordneten Eindruck macht.

Übersichtsplan des Neuwerkgartens und der Schlossinsel mit ihren Befestigungsanlagen, Stich von 1743

Die Schlossinsel

Die Schlossinsel ist natürlichen Ursprungs, der sie umgebende Burgsee war bis 1582 mit der Schlei verbunden, wurde dann aber durch einen Damm von dieser abgetrennt. Die Insel verfügte seit dem Mittelalter über wehrhafte Mauerringe und erhielt in der Renaissance einen Schild aus mächtigen Wällen, die von vier Bastionen an den Ecken geschützt wurden. Das Baumaterial stammte zum Teil von Schleswiger Kirchen, die während der Reformation abgebrochenen wurden. Ein Damm verband die Insel mit den außerhalb des Festungsgeländes liegenden Gärten. Die Wehranlagen wurden ab 1842 abgebrochen, dabei wurden die Erdmassen der Wälle dazu genutzt, die Fläche der Insel zu vergrößern.

Östlich des Schlosses befanden sich die umfangreichen, in Form eines Doppelhauses gestalteten Marställe für die Pferde und Wagen der herzoglichen Familie und anderer Würdenträger. Mehrere hundert Tiere wurden hier einst versorgt. Weitere Stallgebäude für rangniedrigere Mitglieder des Hofstaats waren außerhalb der Schlossinsel beim Alten Garten vorhanden, woran dort bis heute der Straßenname Herrenstall erinnert. Außerdem gab es auf der Insel ein Ballhaus und ein Gehege, in dem Bären zur Schau gestellt wurden.

Auf der Schlossinsel befindet sich noch immer eine große Anzahl von Nebengebäuden. Die ehemaligen Remisen und Reithallen, die heute zu sehen sind, stammen sämtlich aus der Kasernenzeit des Schlosses. Sie werden von den musealen Einrichtungen der Insel genutzt. Dem Hauptportal gegenüber stehen ein Wach- und ein Arresthaus, welche die Museumskasse und den Souvenirshop aufgenommen haben. Südlich der Hauptfassade steht das Haus der Kommandantur, ein Bau vom Beginn des 20. Jahrhunderts, der als Wohnhaus der Kommandanten der Kaserne diente.

Gärten

Der Neuwerkgarten und das Globushaus

Die Kaskade und der Tempel im Neuwerk-Garten

Der zum Schloss gehörende Neuwerkgarten gilt als erster barocker Terrassengarten nördlich der Alpen.[12] Das "neue Werk", die jüngste der das Schloss einst umgebenden Grünanlagen, war lange Zeit nur in Fragmenten zu bewundern und wurde in den letzten Jahren nach alten Vorbildern aufwendig rekonstruiert. Die offizielle Wiedereröffnung des Schlossparks wurde im August 2007 gefeiert. Das Neuwerk ist damit der einzige frei zugängliche Garten in barocker Originalgestalt in Schleswig-Holstein. 2008 steht er im Mittelpunkt der Landesgartenschau.[13]

Der Park wurde ab 1637 im Auftrag des Herzogs Friedrich III. im Stil römischer Terrassengärten außerhalb der ehemaligen Befestigungsanlagen angelegt. Der Garten bestand in seinen Grundzügen bis ins 19. Jahrhundert. Nachdem die Pflege der Terrassen bereits im 18. Jahrhundert vernachlässigt worden war, verwilderte das Gelände schließlich. In der preußischen Zeit, als das Schloss als Kaserne diente, wurde der Garten dann eingeebnet und die Fläche als Exerzier- und Reitplatz genutzt.

Vom Schloss führt eine 300 Meter lange, auf einem Damm gelegene Allee durch den Burgsee in den Garten auf eine tempel- und delfingeschmückte Kaskade zu. Der eigentliche Terrassengarten steigt hinter dem Globushaus an und besteht aus mehreren, mit Broderien und Buchsbaumornamenten bepflanzten Ebenen. Die großen Terrassenstufen sind leicht angewinkelt und nach hinten etwas verjüngt. Durch diese Besonderheit erscheint der Terrassengarten noch größer und länger, eine Illusion, die typisch für barocke Gartenarchitektur ist. Die Freitreppen der Terrassenflächen sind ebenfalls mit Kaskaden geschmückt.

Der Spiegelteich mit dem Herkules und dem neuen Globushaus

Den Mittelpunkt des Neuwerkgartens schmückt seit 2005 wieder ein neues Globushaus, in dem ein Nachbau des berühmten Gottorfer Riesenglobus zu sehen ist. Das alte Globushaus, einst als Friedrichsburg bezeichnet, war ein mehrstöckiger Pavillon in der damaligen Vorstellung des „persischen Stils“. Dies war ein Verweis auf die erhofften Handelsbeziehungen mit dem Orient, die unter Adam Olearius geplant, aber nicht verwirklicht werden konnten.[14] Der Globus galt zur damaligen Zeit als eine Art achtes Weltwunder; eine große, begehbare Kugel mit den bekannten Erdteilen auf der Außenhülle und dem Himmelszelt im Inneren. Das virtuelle „Welt- und Himmelstheater“ war 1713 in den Besitz Peters des Großen gelangt, 1941 von Kunstschutzoffizieren der Wehrmacht im Schlösserbezirk vor Leningrad sichergestellt und nach Deutschland verbracht worden. 1946 wurde es als Kriegsbeute wieder an die Sowjets zurückgegeben.

In Blickrichtung zum Schloss liegt vor den Terrassenstufen ein großes Wasserbecken, der sogenannte Spiegelteich. In seiner Mitte befindet sich eine Figur, die den Kampf des Herkules mit der Hydra darstellt. Nachdem der Garten im 18. und 19. Jahrhundert immer mehr vernachlässigt worden war, stürzte die Skulptur schließlich von ihrem Sockel und versank im versumpften Teich. Die Reste boten viele Jahre einen pittoresken Eindruck. Ab 1994 wurden die erhaltenen Teile der Figur geborgen und der Herkules rekonstruiert.

Oberhalb des Gartens, auf der letzten Ebene, stand einst ein Amalienburg genanntes Lustschloss als Point de vue. Das Schlösschen wurde 1670 von Herzog Christian Albrecht für seine Frau Friederike Amalie von Dänemark errichtet. Die Amalienburg wurde wegen Baufälligkeit bereits 1826 abgerissen. Westlich von ihr befand sich der Bau der ebenfalls abgetragenen Orangerie.

Gottorf im 18. Jahrhundert. Vor dem Schloss liegen der Alte Garten und der Westergarten, hinter der Schlossinsel ist der Neuwerkgarten mit den Lusthäusern dargestellt

Die verlorenen Gärten

Das Schloss war ehemals von weiteren Gärten umgeben. Südlich vor der Schlossinsel befand sich der so genannte Westergarten, der im 16. Jahrhundert unter Herzog Adolf angelegt wurde. An der Stelle dieses einstigen Lustgartens erhebt sich seit 1869 das Gebäude der preußischen Regierung, heute Sitz des Landesgerichts; von der Bevölkerung Roter Elefant genannt. Östlich der Anlage befand sich der in die Schlei hineinragende Alte Garten; dieser wurde als Küchengarten genutzt und beinhaltete auch mehrere Fischteiche. An diese Grünanlage erinnert heute nur noch der Straßenname Alter Garten.[15]

Zum Schloss gehörten ausgedehnte Jagdbereiche. Auf das ehemals Tiergarten genannte Jagdgebiet, welches heute in einem Wald aufgegangen ist, blickt man bezeichnenderweise von den Nordfenstern des Hirschsaals.

Heutige Nutzung

Das Schloss beherbergt die bedeutendsten Museen Schleswig-Holsteins und ist in eine Vielzahl kultureller Veranstaltungen eingebunden. Neben wechselnden Ausstellungen (auch zeitgenössischer Künstler) finden in unregelmäßigen Abständen Theateraufführungen im Hof sowie die Gottorfer Barockmusiktage statt.

Für Besucher sind das gesamte Areal und eine große Anzahl der Innenräume zugänglich. Ein Teil der ursprünglichen Einrichtung des Schlosses ist erhalten und kann im Rahmen der Museumsrundgänge besichtigt werden. Besonders hervorzuheben sind der festliche Hirschsaal von 1591 und die zweigeschossige Renaissance-Kapelle.

Das Schloss wird allgemein als Kunstwerk ersten Ranges und bedeutendster Profanbau im Land Schleswig-Holstein betrachtet.[16] [17]

Die Museen

Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte

Das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte ist seit 1945 im Schloss Gottorf untergebracht. Seine bedeutenden Sammlungen reichen vom hohen Mittelalter über die Moderne bis zur Kunst der Gegenwart.

Die Kunst des Mittelalters wird in der imposanten Gotischen Halle von 1490 ausgestellt, einem der ältesten noch erhaltenen Räume der Schlossanlage. Einen Schwerpunkt der Gemäldesammlung zur Renaissance bildet die Gruppe von Werken Lucas Cranachs des Älteren. Eine besondere Kostbarkeit ist die Gutenberg-Bibel von 1452/54.

Der Hirschsaal im Nordflügel des Schlosses

Zur originalen Ausstattung des Schlosses gehören der Hirschsaal sowie die Schlosskapelle aus der Renaissance. Bilder, Skulpturen und Kunsthandwerk geben einen Eindruck der früheren herzoglichen Sammlungen in der barocken Glanzzeit Gottorfs. Einen Schwerpunkt der Sammlungen bilden Möbel und kostbares Tischgerät vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Dazu zählt eine einzigartige Sammlung nordeuropäischer Fayencen.

Die wichtigsten Vertreter des „Goldenen Zeitalters“ der dänischen Malerei werden in der Galerie des 19. Jahrhunderts präsentiert. In der Jugendstil-Abteilung verbinden sich Malerei, Plastik und Kunsthandwerk zu einem Gesamtkunstwerk. In der Galerie der Klassischen Moderne mit der Stiftung Rolf Horn sind unter anderem Hauptwerke der drei großen norddeutschen Meister des Expressionismus zu sehen: Emil Nolde, Ernst Barlach und Christian Rohlfs. Die Ausstellung umfasst darüber hinaus eine für Norddeutschland repräsentative Sammlung zeitgenössischer Kunst. Zahlreiche weitere Plastiken werden im Skulpturenpark im Schlossgarten vor dem Hintergrund der großartigen Landschaft von Schlossinsel und Schlei gezeigt.

Die frühere volkskundliche Gerätesammlung des Landesmuseums ist 1995 in ein eigenes Museumsgebäude umgezogen. Das Volkskunde Museum Schleswig befindet sich etwa einen Kilometer vom Schloss Gottorf entfernt auf dem Schleswiger Hesterberg, unweit von Globushaus und Barockgarten.

Archäologisches Landesmuseum

Die Sammlungen des Archäologischen Landesmuseums mit über drei Millionen Fundstücken führen durch die Geschichte Nordeuropas von der Steinzeit bis ins hohe Mittelalter. Die ältesten Gegenstände wurden vor etwa 120.000 Jahren vom Neandertaler aus Stein gefertigt. Feuersteinwerkzeuge, Waffen und Keramik geben Zeugnis vom langen Weg des Menschen von den Jägern und Sammlern der Altsteinzeit bis zu den Bauern der Jungsteinzeit.

Seit etwa 1700 v. Chr. führten neue Werkstoffe aus Metall zu einer tief greifenden Veränderung der Gesellschaft. Besonders eindrucksvoll sind die kostbaren Gefäße aus Gold und die Dolche und Schwerter aus Bronze, Schmuck- und Gebrauchsgegenstände wie die Fibel von Meldorf. Aus der Eisenzeit sind in Schleswig-Holstein annähernd 30.000 Grabfunde bekannt. Untersuchungen an den Gräbern ermöglichen erstmals ein genaueres Bild vom Aufbau der Gesellschaft in unserem Land in den Jahrhunderten um die Zeitenwende. Zu den berühmtesten Funden zählen die Moorleichen, wie beispielsweise die Moorleichen von Windeby.

Das Nydam-Schiff

Im ehemaligen Exerzierhaus neben dem Westflügel des Schlosses liegt seit Ende des Zweiten Weltkriegs ein Exponat von internationaler Bedeutung: das 23 Meter lange im Nydammoor bei Sonderburg gefundene Nydam-Schiff, das um 320 gebaut wurde. Es war während des Krieges aus Kiel ausgelagert worden. Das Schiff wurde nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg vergeblich von dänischer Seite zurückgefordert.[18] Die im Exerzierhaus gezeigten Moorfunde von Thorsberg und Nydam aus dem 3. und 4. Jahrhundert gehören zu den eindrucksvollsten archäologischen Zeugnissen des Landes und Nordeuropas. Militärausrüstung, Pferdegeschirr, Alltagsausstattung und Kleidung zeichnen ein anschauliches Bild von den Germanen des Nordens. Jütland war in der Antike und im Mittelalter eine wichtige Brücke zwischen Nord- und Mitteleuropa, was sich auch in den Bodenfunden widerspiegelt.

Die Ausstellung Dorf − Burg − Kirche − Stadt zeigt archäologische Funde zur Geschichte Schleswig-Holsteins im Mittelalter. Seit 1995 umfasst das Archäologische Landesmuseum auch die Völkerkundlichen Sammlungen der Universität Kiel. Gezeigt werden unter anderem Ausstellungen zu den japanischen Samurai und zum nordeuropäischen Volk der Samen.

Außenstellen

Weitere Museen in Schleswig, Cismar, Büdelsdorf und Rendsburg sowie das Wikinger-Museum Haithabu werden von der im Schloss angesiedelten Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen betreut.

Literatur und Quellen

  • Herwig Guratzsch (Hrsg.): Der neue Gottorfer Globus. Koehler und Amelang, Leipzig 2005, ISBN 3-7338-0328-0.
  • Henning von Rumohr: Schlösser und Herrenhäuser im Herzogtum Schleswig. Droemer Knaur, 1983.
  • Ernst Schlee: Das Schloss Gottorf in Schleswig. Wolff, Flensburg 1965.
  • Antje Wendt: Schloss Gottorf. Schnell + Steiner, Regensburg 2000.

Weblinks

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Nachweise

  1. Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler - Schleswig-Holstein Deutscher Kunstverlag, 1994, S. 800
  2. Hans u. Doris Maresch Schleswig-Holsteins Schlösser, Herrenhäuser und Palais. Husum Verlag, Husum 2006, S. 163
  3. Geschichte der Stadt Schleswig, 1161
  4. Antje Wendt: Das Schloss Gottorf, S. 37
  5. Henning von Rumohr: Schlösser in Schleswig, Knaur 1968, S. 164
  6. Henning von Rumohr: Schlösser in Schleswig, Knaur 1968, S. 166, 167
  7. Geschichte der Stadt Schleswig, 1945
  8. Henning von Rumohr: Schlösser in Schleswig, Knaur 1968, S. 162
  9. Antje Wendt: Das Schloss Gottorf, S. 21, 22
  10. Antje Wendt: Das Schloss Gottorf, S. 36
  11. Meldung von NDR Online vom 14.11.07 anlässlich der Wiedereröffnung im Dez. 2007
  12. Der Neuwerkgarten auf gartenrouten-sh.de
  13. SH-Nachrichtenagentur vom 25.09.07
  14. Henning von Ruhmohr: Herrenhäuser in Schleswig, S. 160
  15. Antje Wendt: Das Schloss Gottorf, S. 54, 55
  16. Henning von Ruhmohr: Herrenhäuser in Schleswig,S. 149
  17. Reinhardt Hootz (Hrsg.) Bildhandbuch der deutschen Kunstdenkmäler - Hamburg-Schleswig-Holstein Deutscher Kunstverlag, 1981, S. 420
  18. Karsten Kjer Michaelsen: Politikkens bog om Danmarks oldtid, Kopenhagen 2002, S. 138

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