Teufelsberg

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Teufelsberg

Ehemalige US-amerikanische Abhörgebäude

Höhe 120,1 m ü. NHN
Lage Berlin (Deutschland)
Koordinaten 52° 29′ 52″ N, 13° 14′ 34″ OKoordinaten: 52° 29′ 52″ N, 13° 14′ 34″ O
Teufelsberg (Berlin)
Teufelsberg (Berlin)
Typ Trümmerberg
Besonderheiten Überschüttung des Rohbaus der Wehrtechnischen Fakultät

Der Teufelsberg ist ein Trümmerberg im Westen Berlins und nach Messungen aus dem Jahr 2013 mit 120,1 m ü. NHN[1] nach den Arkenbergen die zweithöchste Erhebung des Stadtgebiets.[2] Der Hügel – mit Aussicht über das Naturschutzgebiet Grunewald und die Havel – liegt im Ortsteil Grunewald (Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf) an der Teufelsseechaussee zwischen den S-Bahn-Bahnhöfen Grunewald und Heerstraße. Er hat seinen Namen vom nahe gelegenen Teufelssee. Auf dem Berg befinden sich die markanten Bauten einer Flugüberwachungs- und Abhörstation der US-amerikanischen Streitkräfte. Nach dem Abzug der Militärs wurde die Anlage von 1991 bis 1999 als Flugsicherungsradar-Station genutzt. Seitdem stehen die Gebäude leer.

Geschichte

Aufschüttung des Berges

Blick auf die Abhöranlage, 1974
Search Tower, vom Dach der US Radome Unit, 2009

An der Stelle des heutigen Teufelsbergs stand in den 1940er Jahren der Rohbau der Wehrtechnischen Fakultät, die im Rahmen des nationalsozialistischen Projektes der „Welthauptstadt Germania“ gebaut werden sollte. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage gesprengt, teilweise abgerissen und als Baumaterial genutzt. Die verbleibenden Gebäudereste wurden ab 1950 mit Trümmerschutt aufgefüllt. Weitere Deponien wie der Insulaner, das Wilmersdorfer Stadion an der Fritz-Wildung-Straße (früher: Lochowdamm), auf dem Gelände der ehemaligen Gasanstalt hatten die vorgesehene Kapazität erreicht und konnten nicht weitergenutzt werden. 22 Jahre lang luden bis zu 800 Lastzüge täglich bis zu 7000 Kubikmeter Schutt ab; am 14. November 1957 wurde der zehnmillionste Kubikmeter angefahren. Bis 1972 wurden insgesamt 26 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt hier abgeladen. Das entspricht grob einem Drittel der Trümmer zerbombter Berliner Häuser und etwa 15.000 Gebäuden; dazu kam ein kleiner Anteil an Industrieabfällen und Bauschutt, der am Messedamm anfiel. Der künstlich aufgeschüttete Teufelsberg wurde zur höchsten Geländeerhebung im damaligen West-Berlin.

Nach Beendigung der Ablagerung im Jahr 1972 wurde die Landschaft mit Sand und Mutterboden gestaltet und mit rund einer Million Bäumen bepflanzt. Auch Wintersportmöglichkeiten wie einen Skihang, eine Rodelbahn, eine Sprungschanze und einen Schlepplift ließ der Senat errichten.[3] Anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins im Jahr 1987 wurde am 28. Dezember 1986 auf dem Skihang ein Promotionswettbewerb im Parallelslalom mit bekannten Skifahrern ausgetragen. Sieger wurde der ehemalige Weltmeister und Olympiasieger von 1980 Leonhard Stock aus Österreich.[4][5]

Zeit des Kalten Kriegs

Rodeln am Teufelsberg, 1978

In den 1950er Jahren entdeckte die US-Armee den Berg als hervorragenden Standort für eine Abhöranlage. Die anfangs mobile Installation zur Überwachung des Luftraums – insbesondere der drei Flugkorridore zwischen Berlin und der Bundesrepublik – wurde bald durch feste Gebäude abgelöst, es entstand die Field Station Berlin Teufelsberg. Dazu wurden mit der Zeit fünf Antennenkuppeln errichtet, die Überwachungsaufgaben zur Zeit des Kalten Kriegs bis weit in das Gebiet des Warschauer Paktes übernahmen. Die Anlage auf dem Teufelsberg wurde nun hauptsächlich von der National Security Agency (NSA) betrieben und diente als Teil des weltweiten Spionagenetzes Echelon. Ab 1957 wurde die Anlage zusätzlich von folgenden US-amerikanischen und britischen Aufklärungs- und Sicherheitsdiensten genutzt:

Verfall der Anlage, 2009
  • 1957: 280th ASA Company of the U.S. Army Security Agency
  • 1961: 78th ASA Special Operations Unit, 1966 umbenannt in 54th Special Operations Command
  • 1967: USASA Field Station Berlin
  • 1977: U.S. Army Intelligence and Security Command (INSCOM)
  • 6912 Electronic Security Group of the U.S. Air Force
  • RAF No 26 Signal Unit
  • RAF No 13 Signal Regiment

Ein kleiner Teil der Teufelsberg-Grünanlage blieb von der militärischen Nutzung verschont. In den 1970er und 1980er Jahren wurde am Südhang des Teufelsberges Wein angebaut, aus dem das Wilmersdorfer Teufelströpfchen gekeltert wurde.

Nach der Wiedervereinigung

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden die elektronischen Einrichtungen der Anlage entfernt, da sie nach dem Ende des Kalten Krieges nutzlos geworden waren. 1991 zogen Amerikaner und Briten ab. Die Gebäude blieben stehen bzw. wurden sogar erneuert und neue Radaranlagen installiert, denn sie konnten bis 1999 zur zivilen Luftüberwachung des Flugverkehrs genutzt werden.

Als Besitzer des 4,7 Hektar großen Areals der Abhörstation verkaufte es der Berliner Senat für 5,2 Millionen Mark (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: rund 4 Millionen Euro) an die Kölner Investorengemeinschaft Teufelsberg KG (IGTB). Das Architektenbüro Von Gruhl & Partner führte in deren Auftrag 1998 Planungsarbeiten für die Errichtung eines Hotels mit Tagungszentrum, eines Spionagemuseums, exklusiver Wohnungen und einer Gaststätte durch. Das Bauprojekt scheiterte wegen des massiven Widerstandes von Umweltschützern und an den explodierenden Baukosten, der Investor meldete Insolvenz an. Bis zum Abbruch der Arbeiten waren bereits einige Fundamente, ein Keller-Rohbau und das Muster einer Loftwohnung errichtet worden. Die Bauruinen sind mit einem Zaun gesichert und wurden bis Anfang 2003 bewacht. Aus finanziellen Gründen gab der Senat die Bewachung auf, was zu massivem Vandalismus führte. So war von 2005 bis 2012 eine Wachgesellschaft mit den Sicherungsaufgaben betraut.

Blick auf Berlin vom Turm der Abhöranlage

Aktuelle Nutzung des Teufelsbergs und Ausblick

Downhill-Trail am Nordosthang

Der Hügel wird von Mountainbikern und Spaziergängen genutzt. Seit den 1980er Jahren dient die Straße auf dem Teufelsberg Longboardern zum Downhill-Skaten. Nordöstlich vom Teufelsberg befindet sich der 99 Meter hohe Drachenberg, welcher bei entsprechenden Windverhältnissen als Übungsgelände für Drachen- und Gleitschirmflieger dient.

Die früher existierende Rodelbahn ist geschlossen und teilweise gesperrt, dennoch wird der Berg im Winter von Rodlern und Snowboardern genutzt. Jährlich findet ein Silvesterlauf über das Gelände statt. Der Deutsche Alpenverein betreibt am Teufelsberg einen Kletterfelsen.

Spaziergänger nutzen den Teufelsberg als Naherholungsgebiet. Seit Februar 2011 werden – ursprünglich auf Initiative des Stadthistorikers Andreas Jüttemann – täglich Führungen über das ansonsten nicht zugängliche Gelände der ehemaligen Abhörstation auf dem Teufelsberg angeboten.[6] 2011 war dies die erste Möglichkeit, seit dem Bau der Field Station legal das „Gipfelplateau“ des Berges zu betreten.[7]

Weil bis Ende 2004 keine weiteren Baumaßnahmen durchgeführt wurden, verfiel die Baugenehmigung. Seit April 2006 ist das Gelände entsprechend dem Berliner Flächennutzungsplan als „Wald“ ausgewiesen, also als nichtbebaubares Gelände.[8]

Einige Mitglieder des Naturschutzzentrums Ökowerk fordern eine Renaturierung des Geländes. Das setzt den Rückkauf des Geländes durch das Land Berlin voraus, eine Entscheidung, die nach Ansicht beteiligter Behörden nur von der Finanzverwaltung und dem Liegenschaftsfonds getroffen werden kann. Die Senatsverwaltung schließt einen Rückkauf aus, da auf dem Gelände Hypotheken von rund 33 Millionen Euro lasten.[9][10] Darüber hinaus gibt es politische Bestrebungen, das Gelände unter Denkmalschutz zu stellen, da es stadtbildprägend sei.

Die Maharishi-Stiftung plante Ende Februar 2008 den Kauf des Geländes und erwartete, dass der Bezirk das Baurecht für eine „vedische Friedensuniversität“ mit insgesamt 24.000 Quadratmetern Nutzfläche und einem zwölfgeschossigen und 50 Meter hohen „Turm der Unbesiegbarkeit“ für insgesamt 1000 Studenten erteilen würde.[11] Der Filmregisseur David Lynch wollte sich mit seiner Stiftung „David Lynch Foundation for Consciousness-Based Education and World Peace“ an der Finanzierung des Projekts beteiligen und legte einen symbolischen Grundstein.[12][13][14] Im Dezember 2008 gab die Maharishi-Stiftung die Verantwortung für den Bau der Friedensuniversität an das Bundeskanzleramt ab mit der Begründung, sie stelle lediglich das Wissen zur Verfügung. Das Bundeskanzleramt konnte den Eingang entsprechender Schreiben nicht bestätigen.[15] Der Justiziar der Stiftung, Reinhard Buchzik, erklärte, man wolle den Amtsweg nicht weiterbeschreiten: Er sei „zu schwierig“. Der Teufelsberg bleibe aber weiterhin „Pilotprojekt“ für entsprechende Einrichtungen in jedem Bundesland, mit geschätzten bundesweiten Kosten von fünf Milliarden Euro. Inzwischen läuft ein Rechtsstreit zwischen Eigentümer und der Stiftung, in dem die Stiftung den Kaufvertrag anficht.

Zwei Veteranenvereine („The U.S. Field Station Berlin Veterans Group“ [USA] und der Verein „West-Alliierte in Berlin“) fordern die Umwidmung des Militärgeländes: Sie wünschen sich ein Denkmal, das an die Unterstützung der West-Alliierten erinnert[16] und haben im Berliner Abgeordnetenhaus eine Petition zum Erhalt der Anlage eingereicht.[17]

Im September 2013 markierten US-Army-Teufelsberg-Veteranen den 50. Jahrestag (1963–2013) des Baues der festen Gebäude für Field Station Berlin am Teufelsberg mit einer speziellen Ausgabe von Cinderella-Briefmarken und mit der Einweihung einer Gedenktafel. Der Designer ist T.H.E. Hill, der preisgekrönte Autor von zwei Romanen über Field Station Berlin.[18]

Eine Neuvermessung des Instituts für Geodäsie und Geoinformationstechnik der TU Berlin im Jahr 2013 ergab als Höhe 120,1 Meter über NHN, nachdem der Teufelsberg zuvor als 114,7 Meter hoch galt. Das Vermessungsamt Charlottenburg-Wilmersdorf bestätigte dieses Ergebnis.[1] Grund für dieses „Höhenwachstum“ ist, dass 1998 im Rahmen des gescheiterten Bauprojekts zur Errichtung von Loftwohnungen ein Hügel aufgeschüttet worden war.[19] Das ursprüngliche Gipfelkreuz an der Westseite der US-Radarstation wurde im Zuge der Neuvermessung 150 Meter weiter nach Osten versetzt. Er war bis zum Januar 2015 die höchste Erhebung im Berliner Stadtgebiet und wurde von den Arkenbergen im Ortsteil Berlin-Blankenfelde des Bezirkes Pankow abgelöst.[2]

Am 24. November 2013 hat sich der Verein Initiative Kultur-DENK-MAL Berliner Teufelsberg g. e. V. als Plattform für ehrenamtlich Engagierte in Kunst, Kultur, Natur und Geschichte auf dem Teufelsberg gegründet. Der Verein war beim Runden Tisch zum Teufelsberg vertreten und arbeitet mit den verschiedenen Stakeholdern zusammen. Die Vereinsmitglieder setzen sich dafür ein, dass der Teufelsberg in seiner Gesamtheit unter Denkmalschutz gestellt wird und wollen den Teufelsberg zu einer modernen, überregionalen Austauschplattform und Denkfabrik für Kultur, Kunst, Geschichte, Technik, Natur und neue Wirtschaftsmodelle weiterentwickeln.

Zum Thema „Nach dem Runden Tisch: Wie geht es auf dem Teufelsberg weiter?“ referierten die Vereinsmitglieder am 26. November 2014 im Berliner Abgeordnetenhaus im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt.

Der Teufelsberg im Film

  • Auf dem Teufelsberg wurden 1979 die Hängegleiterszenen zu Rudolf Steiners Film Aufwind gedreht, in dem ein Drachenflieger abstürzt und sich dann querschnittgelähmt ein neues Leben aufbaut. Seitdem wurde der Teufelsberg regelmäßig als spektakuläre Kulisse für Filme aller Art verwendet.
  • Der Regisseur Thomas Nennstiel drehte hier die 2006 erschienene Kriminalkomödie Entführ’ mich Liebling.
  • Der Film Die Spieler von Sebastian Bieniek wurde 2007 gedreht. Er spielt ausschließlich auf dem Gelände und in den Gebäuden auf dem Teufelsberg und war im gleichen Jahr für den höchsten Preis „Goldener Pokal“ des Shanghai International Film Festival nominiert.
  • In dem 2008 erschienenen Psychothriller Der Seelenbrecher von Sebastian Fitzek spielt der Teufelsberg eine Rolle, da dort eine fiktive Privatklinik angesiedelt ist, in der der größte Teil der Handlung spielt.
  • In seinem 2010er Dokumentarfilm David wants to fly begleitete Regisseur David Sieveking auch die Aktivitäten der Maharishi Foundation auf dem Teufelsberg: so die Grundsteinlegung in der Dunkelheit, bei der vom gekrönten Statthalter der Organisation „Unbesiegbares Deutschland“ skandiert wird. Der Bogen der filmischen Recherche schließt ernüchternd – und beinahe gleichnishaft – mit Bildern aus der Militärruine.
  • Das Finale des deutschen Vampir-Thrillers Wir sind die Nacht wurde 2010 auf dem Teufelsberg gedreht.
  • Die Einstellung der 2015er Filminstallation Manifesto von Julian Rosefeldt, in der Cate Blanchett einen Obdachlosen spielt, der in einer der Antennenkuppeln haust und vom Dach der Abhöranlage Manifeste des Situationismus deklamiert, wurde hier gedreht.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Commons: Teufelsberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Teufelsberg auf den Seiten des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf, abgerufen am 23. Mai 2013
  2. a b Berlins höchster Berg liegt jetzt in Pankow. In: RBB-online. 25. Januar 2015, abgerufen am 26. Januar 2015.
  3. Angela M. Arnold, Gabriele von Griesheim: Trümmer, Bahnen und Bezirke. Berlin 1945–1955. Selbstverlag, ISBN 3-00-009839-9, S. 265 ff
  4. Wilmersdorf statt Watzmann. In: Spiegel Online, 12. Januar 2010
  5. Ski-Weltcup in München – Toronto, Québec, New York In: Süddeutsche Zeitung, 2. Januar 2011
  6. Auf den Spuren der Spione. In: Berliner Zeitung, 11. Februar 2011
  7. Führungen und Preise auf der Website Teufelsberg
  8. Flächennutzungsplan Berlin, Änderung Nr. 06/04, Teufelsberg (Charlottenburg-Wilmersdorf)
  9. Teurer Teufelsberg. In: Berliner Zeitung vom 4. November 2005
  10. Wem gehört der Berliner Teufelsberg? In: NZZ-online, 22. Dezember 2007
  11. Bezirk mauert gegen David Lynchs Friedens-Uni. In: Der Tagesspiegel vom 9. Januar 2008
  12. Kult-Regisseur Lynch baut umstrittene Yoga-Uni. In: Die Welt, 15. November 2007
  13. David Lynch baut Uni auf dem Teufelsberg. In: Der Tagesspiegel vom 15. November 2007
  14. Yogi-Flieger stellen Bauantrag für Teufelsberg. In: Berliner Morgenpost vom 10. Januar 2008
  15. Merkel soll Yogi-Projekt retten. In: Der Tagesspiegel, 17. Dezember 2008
  16. Unterschriften für Denkmal auf dem Teufelsberg. In: Die Welt, 29. Januar 2009
  17. Petition
  18. Field Station Berlin Reunion 2013, abgerufen am 30. September 2013
  19. Neuvermessung: Jetzt ist der Teufelsberg der Größte. In: Der Tagesspiegel, 27. April 2013