Van (Türkei)

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Van
Wappen von Van
Van (Türkei) (Türkei)
Van (Türkei) (Türkei)
Basisdaten
Provinz (il): Van
Koordinaten: 38° 30′ N, 43° 23′ OKoordinaten: 38° 30′ 30″ N, 43° 22′ 30″ O
Höhe: 1750 m
Einwohner: 353.419[1] (2011)
Telefonvorwahl: (+90) 432
Postleitzahl: 65 000
Kfz-Kennzeichen: 65
Struktur und Verwaltung (Stand: 2012)
Bürgermeister: Bekir Kaya (BDP)
Website:
Landkreis Van
Einwohner: 445.915[1] (2011)
Fläche: 1.938 km²
Bevölkerungsdichte: 230 Einwohner je km²
Vorlage:Infobox Ort in der Türkei/Wartung/Landkreis
Der Felsen mit Zitadelle von Van. Die flachen Dächer der Häuser schmiegen sich bis an den Felsen

Van (kurdisch Wan, armenisch Վան, urartäisch Tuschpa syrisch vielleicht Arzaškun) ist die Hauptstadt der gleichnamigen türkischen Provinz Van.

Van liegt in der Region Ostanatolien am Ostufer des Vansees nahe der iranisch-türkischen Grenze. Van gegenüber am Westufer des Sees liegt die Stadt Tatvan, die über eine Fähre mit Van verbunden ist.

Demografie

Jahr Anzahl[2][3]
1889 35.000
1927 6.980
1935 9.562
1940 11.785
1944 12.000
1945 14.266
1950 15.664
1955 17.254
1960 22.045
1965 51.451
1970 46.751
1975 65.665
1980 92.801
1985 110.655
1990 155.623
2000 284.464
2010 367.419
2011 353.419

Geschichte

Burgberg von Van
Zeichnung von Van aus dem Jahre 1867
Armenische Weberinnen in Van 1907

Der Siedlungshügel Tilkitepe (Fuchshügel) nahe der Stadt Van zeigt, dass die Gegend um 5000 v. Chr. schon besiedelt war.

Die Geschichte Vans als Stadt reicht knapp 3000 Jahre zurück. Unter dem Namen Tuschpa war Van seit dem 9. Jahrhundert v. Chr. die Hauptstadt des Königreiches von Urartu. Die Stadt bildete sich um die urartäische Festung bei dem heutigen Van kalesi. Nach Kriegen gegen Assyrer, Kimmerer und Skythen ging das Königreich im 6. Jahrhundert v. Chr. unter.

Nach der armenischen Überlieferung war die Festung von Van durch die Königin Semiramis (Schamiram) erbaut worden [4]. Sie galt als uneinnehmbar.[4]

Van wurde Teil des Perserreiches, wurde dann 331 v. Chr. von Alexander dem Großen erobert. Nach dessen Tod war Van Teil des Seleukidenreiches. Im 2. Jahrhundert v. Chr. wurde Van zum Teil armenischer Königreiche. Die urartäischen Gräber galten nun als das Werk riesenhafter Helden. Der mythische armenische König Artaxias soll laut Thomas Artsruni in einer Felsenhöhle gewohnt haben, von der aus er den Vansee überblicken konnte, vermutlich eine solche uratäische Grabanlage. Auch der Heilige Gregorius von Narek (ca. 951-1003), ein bekannter Mystiker aus dem Königreich Vaspurakan nutzte solche Höhlen zum Gebet.[5] Vielleicht verfasste er hier sogar das berühmte „Buch der Klagen“.

Armenien wurde später zum Zankapfel zwischen Rom und den Parthern und deren Nachfolgern Byzanz und den Sassaniden. Byzanz hatte die Kontrolle über Van, als dieses dann im 7. Jahrhundert n. Chr. von den muslimischen Arabern erobert wurde. Mit deren Rückzug etablierten sich wieder armenische Fürstentümer wie die Artsruni-Dynastie oder das Reich Vaspurakan. Vaspurakan hatte keine feste Hauptstadt, der König zog von Stadt zu Stadt. Van zählte auch zu diesen Städten. Im Jahr 1021 wurde Vaspurakan von Byzanz annektiert.

Im 11. Jahrhundert fielen die Seldschuken in Anatolien ein und übernahmen die Herrschaft über Van. Vom frühen 12. bis zum frühen 13. Jh. gehörte die Stadt zum Fürstentum der Ahlat-Schahs, danach fiel sie an die Ayyubiden. 1240 eroberten die Mongolen das Gebiet um Van. Im 14. Jahrhundert war Van Teil der Karakoyunlu und später des Timuridenreiches. Im 15. Jahrhundert geriet Van erneut in einen Konflikt zwischen den Reichen der Osmanen und der Safawiden. 1502 wurde Van von den Safawiden erobert.

Nur 13 Jahre später eroberten die Osmanen die Stadt und verloren sie 1520 wieder an die Safawiden. Am 25. August 1548 konnten die Osmanen die Stadt endgültig erobern. Van wurde erst zu einem Sandschak in der Provinz Erzurum und um 1570 ein eigenständiges osmanisches Eyâlet. 1875 wurde es schließlich zur Hauptstadt des Vilâyets Van, welche damals noch großteils armenisch und assyrisch bevölkert war und zu den sechs armenischen Vilâyets zählte. Im Jahre 1894 kam es zu Massakern an der christlichen Zivilbevölkerung unter dem osmanischen Sultan Abdülhamid II.. Die Massaker von Diyarbakir 1895 griffen auch auf Van über. Dadurch wurde die nichtmuslimische Bevölkerung erstmals stark dezimiert.

Die Stadt Van im Jahr 1915

Im zweiten Jahr des Ersten Weltkrieges 1915 unterstützten daher armenische Fedajin im Aufstand von Van die Streitkräfte des Russischen Reiches, die vom Kaukasus kommend und mit deren Hilfe Van am 20. Mai 1915 einnahmen. Am 7. April 1915 war die Stadt vollständig von 10.000 armenischen Rebellen umstellt. Die muslimische Bevölkerung versuchte aus Van zu flüchten. Die Bewohner der Dörfer in der Umgebung Vans, Derebey, Hakis, Zorova, Hıdır, Göllü, Şeyhane und Şeyhkara flüchteten in das Zentraldorf Zeve. Zeve wurde wenig später durch armenische Rebellen gestürmt, dabei starben 2.000 Muslime.[2] Der Osmanischen Armee gelang es, die Stadt im August 1915 wieder einzunehmen, verloren sie jedoch im September desselben Jahres abermals an die Russen.

Im Zuge der Oktoberrevolution zog sich Russland aus Kleinasien zurück und so kamen Van und andere Städte wieder unter osmanische Herrschaft. Das Osmanische Reich verlor aber den Ersten Weltkrieg und so war im Vertrag von Sèvres die Abtretung weiter Teile des östlichen Territoriums des Reiches an ein unabhängiges Armenien vorgesehen. Diesem Vertrag widersetzten sich die türkische Nationalbewegung unter Kemal Pascha, dem späteren Kemal Atatürk. Ihre Truppen eroberten im Türkischen Befreiungskrieg Van im Jahre 1920 wieder von den Armeniern zurück. Daraufhin kam es zur Ermordung und Vertreibung der armenischen Bevölkerung, was u. a. die drastische Dezimierung der Bevölkerung von 1889 bis 1927 erklärt. Der heutige Grenzverlauf zwischen der Republik Türkei und Armenien wurde völkerrechtlich in den Verträgen von Alexandropol/Gümrü 1920 und Kars 1921 festgelegt. Der Vertrag von Kars wird jedoch bis heute von armenischer Seite nicht anerkannt.[6]

Die Stadt Van wurde während der Kämpfe von 1915 schwer beschädigt und wurde einige Kilometer östlich der Festung Vans neu errichtet. 1950 wurde Van durch ein Erdbeben beschädigt. Am 23. Oktober 2011 wurde die Stadt erneut von einem heftigen Erdbeben erschüttert, das ca. 1000 Menschen in der Region das Leben kostete.[7]

Verkehr

Bahnhof von Van mit iranischem Zug aus Täbris

Van liegt an der Europastraße E99, welche die Türkei mit Aserbaidschan verbindet. Eine Eisenbahnfähre verbindet die Stadt mit Tatvan am Westufer des Vansees und eine Eisenbahnlinie führt in den Iran nach Teheran. Turkish Airlines fliegt den Flughafen Ferit Melen in Van von Istanbul und Ankara aus an.

Wirtschaft

Traditionell gründet sich die Wirtschaftsstruktur von Van auf der Landwirtschaft. Hier gibt es Betriebe der Fleisch- und Fischindustrie, der Produktion von Wollgarn und weitere Betriebe wie Mehl- und Futtermühlen, eine Molkerei und eine Zuckerfabrik. Holzindustrie, Kunststoffindustrie, eine Zementfabrik und Leder- und Schuhfabriken schaffen Arbeitsplätze im industriellen Bereich.

Tourismus

Aus touristischer Sicht erwähnenswert ist vor allem die am See gelegene Burg von Van (Van kalesi), in der auch mehrere urartäische Keilschrift-Inschriften aus der Zeit von Sarduri II. zu sehen sind, sowie das Archäologische Museum.

In der näheren Umgebung befindet sich die Insel Akdamar mit einer armenischen Kirche aus dem 10. Jahrhundert. 2007 wurde die Kirche restauriert und als Kulturdenkmal eröffnet. Am 19. September 2010 wurde die Kirche mit einem ersten Gottesdienst seit 95 Jahren wieder geweiht. Die Kirchenkuppel bekommt ein Kreuz. Sehenswert sind weiterhin die Ruinen der urartäischen Festung Šarduriḫinili und die Festung von Hoşap, sowie Badestellen am Ufer des Vansees.

Hrant Dink erklärte, dass Van das Paris des Ostens hätte werden können, wenn es nicht zum Völkermord an den Armeniern gekommen wäre.[8]

Klimatabelle

Van
Klimadiagramm
JFMAMJJASOND
 
 
30
 
2
-8
 
 
31
 
3
-7
 
 
46
 
7
-2
 
 
54
 
13
3
 
 
49
 
18
7
 
 
19
 
24
11
 
 
5.8
 
28
15
 
 
3.9
 
28
15
 
 
13
 
24
11
 
 
45
 
17
6
 
 
50
 
10
0
 
 
38
 
4
-5
_ Temperatur (°C)   _ Niederschlag (mm)
Quelle: Turkish State Meteorological Service, Daten 1950-2014; wetterkontor.de
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Van
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Mittl. Temperatur (°C) −3,6 −2,6 1,8 8,0 13,1 18,3 22,4 21,9 17,4 10,9 4,1 −0,8 9,3
Mittl. Tagesmax. (°C) 1,8 2,7 6,8 12,9 18,1 23,7 27,9 28,1 24,0 17,2 9,8 4,3 14,8
Mittl. Tagesmin. (°C) −7,6 −6,8 −2,4 3,1 7,3 11,1 15,0 15,0 11,2 5,9 0,2 −4,6 4
Niederschlag (mm) 30,0 31,0 45,6 54,3 49,4 18,7 5,8 3,9 13,4 45,0 49,8 37,7 Σ 384,6
Sonnenstunden (h/d) 4,4 5,2 6,1 7,1 9,2 11,4 12,1 11,4 10,1 7,3 5,4 4,2 7,8
Regentage (d) 10,1 10,0 12,0 12,8 11,8 5,7 2,2 1,5 2,2 8,4 9,2 9,8 Σ 95,7
Luftfeuchtigkeit (%) 70 70 70 64 57 51 44 41 44 59 67 69 58,8
T
e
m
p
e
r
a
t
u
r
1,8
−7,6
2,7
−6,8
6,8
−2,4
12,9
3,1
18,1
7,3
23,7
11,1
27,9
15,0
28,1
15,0
24,0
11,2
17,2
5,9
9,8
0,2
4,3
−4,6
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
N
i
e
d
e
r
s
c
h
l
a
g
30,0
31,0
45,6
54,3
49,4
18,7
5,8
3,9
13,4
45,0
49,8
37,7
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

Galerie

Städtepartnerschaften

Projektpartnerschaft:

  • Deutschland – Karlsruhe

Persönlichkeiten

  • Gregor von Narek (951–1003), armenischer Mystiker
  • Mkrtitsch Chrimjan (1820–1907), armenischer Kirchenführer
  • Ferit Melen (1906–1988), türkischer Politiker und ehemaliger Ministerpräsident der Türkei
  • Ruhi Su (1912–1985), türkischer Opern- und Volkssänger

Literatur

  • Richard G. Hovannisian: Armenian Van/Vaspurakan. Costa Mesa 2001. ISBN 1-56859-130-6
  • H. F. Russell, Shalmanese's campaign to Urartu in 856 B.C. and the historical geography of Eastern Anatolia according to the Assyrian sources. Anatolian Studies 34, 1984, 171-201.
  • Justin McCarthy, Esat Arslan, Cemalettin Taşkıran, Ömer Turan: The Armenian rebellion at Van. 1. Auflage. The University of Utah Press, Salt Lake City 2006, ISBN 978-0-87480-870-4, S. 296 (englisch, 11 Karten).

Weblinks

Commons: Van, Türkei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Türkisches Institut für Statistik, abgerufen 16. August 2012
  2. a b XVIII. y.y. SONRASI VAN. In: http://www.van.gov.tr/. Gouvernemet Vans, S. 1, abgerufen am 28. März 2009 (türkisch).
  3. NÜFUS. In: http://www.van.gov.tr/. Gouvernemet Vans, S. 1, abgerufen am 28. März 2009 (türkisch).
  4. a b Robert W. Thomson (Hrsg.), Thomas Artsruni, History of the House of the Artsrunik. Detroit, Wayne State University Press 1985, 369
  5. James R. Russell, Besprechung von Robert W. Thomson (Hrsg.), Thomas Artsruni, History of the House of the Artsrunik. Middle East Journal 43/2, 1989, 313 f.
  6. Empfehlung 7511 betr. die Stabilität und Sicherheit im Südkaukasus. (PDF) In: http://www.bundestag.de/. Deutscher Bundestag, S. 4, abgerufen am 28. März 2009 (deutsch).
  7. http://www.focus.de/panorama/welt/provinzhauptstadt-van-viele-tote-bei-erdbeben-im-osten-in-der-tuerkei_aid_677442.html
  8. Cem Özdemir: Türkei und Armenien: Friedensstifter im Visier. 11. Oktober 2005, abgerufen am 1. Juni 2013.