Han (Ethnie)

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Frau und Mann in Hànfú
(漢服 / 汉服 – „Kleidung der Han“), 2013

Die Han (chinesisch 漢族 / 汉族, Pinyin Hànzú) bzw. das Han-Volk (漢人 / 汉人, Hànrén – „Mensch des Han-Reiches“)[1] ist mit rund 1,3 Milliarden die größte Volksgruppe der Welt und macht über 18 % der Weltbevölkerung aus.[2] Heute machen die Han[3] etwa 92 % der Gesamtbevölkerung Chinas (Han-Chinesen),[4] rund 97 % der Gesamtbevölkerung Taiwans (Han-Taiwaner),[5] rund 24 % der Gesamtbevölkerung Malaysias[6] und rund 70 % der Gesamtbevölkerung Singapurs aus. Neben den Han gibt es in China noch 55 und in Taiwan 16 weitere offiziell anerkannte Völker, amtlich auch „Nationalitäten“ genannt.

Bezeichnung

Der Begriff Han leitet sich von dem Han-Kaiserreich her, dessen Begründer Liu Bang seinen Machtbereich am Han-Fluss in der Hanzhong-Region aufbaute. Unter dem Han-Kaiserreich (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) bildete sich die Volksgruppe der Han heraus.

Auch andere Dynastien werden zur Eigenbenennung verwendet. So nannten sich die „südchinesischen Han“ oft „Tang“ (唐人, Tángrén – „Mensch des Tang-Reiches“) nach der Tang-Dynastie (618 bis 907). Diese Bezeichnung wird teilweise heute noch regional bei der chinesischen Bevölkerung sowohl in Südchina als auch bei Auslandschinesen in der Diaspora auf der ganzen Welt und im südostasiatischen Ausland verwendet.

Davor waren die sinitischen Völker allgemein als Huaxia (华夏) bekannt. Heute wird der Name Huaxia oder Huaren als Synonym für Han- oder Tang-Chinese benützt. Auch einer der Namen Chinas, Zhonghua (中华; Huaxia der Mitte) leitet sich davon ab.[7]

Kultur

Die Han sind genetisch eines der homogensten Völker der Welt[8], jedoch kulturell keine rein homogene Gruppe. Besonders moderne staatliche Institutionen mit ihrem Drang zur Vereinheitlichung und Zentralisierung leugnen diese Heterogenität. Diese zeigt sich jedoch z. B. an den unterschiedlichen Han-Dialekten und an Bezeichnungen für Regionen und ihre Bewohner, die älter sind als das namensgebende Han-Kaiserreich (z. B. Wu oder Shu).

Untergruppen der Han sind zum Beispiel:

Die Kultur der Han ist deshalb teilweise durch Heterogenität und Variabilität gekennzeichnet. Die eigentlichen kulturbildenden Elemente sind die gemeinsame Han-Schrift, die zum Teil sehr unterschiedlichen Han-Dialekte und das Bewusstsein einer gemeinsamen Geschichte, Tradition und Abstammung.

Geschichte

Das Volk der Han entstand ungefähr im 5. Jahrtausend v. Chr.[9][10] Seit dem 7. Jahrhundert kam es schließlich immer wieder zu großen Wanderungsbewegungen der Han aus ihrem ursprünglichen Siedlungsraum. Wie viele andere sinitischen Völker sowie manche Nomaden der Mongolei sind sie Nachfahren der Huaxia und des Gelben Kaisers Huangdi. So werden Han-Chinesen, andere sinitische Völker und einige Nomaden wie Xianbei oder Tuoba als „Huaren“ (Hua Volk) bezeichnet, um die gemeinsame Abstammung zu betonen.[11]

Innerhalb Chinas stiegen die Han so zur dominierenden und staatstragenden Kultur auf, eine Entwicklung, welche von der Zentralregierung auch heute noch gefördert wird, zum Beispiel durch Maßnahmen der staatlichen Erziehung und gezielte Zuwanderung (Sinisierung) in Grenzregionen Chinas (Tibet, Xinjiang). So kam es in der Vergangenheit dort immer wieder zu Protesten und staatlichen Repressalien. Andererseits wurde die chinesische Geschichte vom 17. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts maßgeblich auch vom Volk der sinisierten Mandschu beeinflusst, das immer nur eine kleine Minderheit der chinesischen Völkerfamilie darstellte, aber während der Qing-Dynastie die Geschicke Chinas lenkte.

Die als Auslandschinesen bezeichneten Han haben sich auf der gesamten Welt verteilt. So haben sie sich in vielen Staaten Südostasiens im Lauf der Jahrhunderte angesiedelt und bilden dort mittlerweile sehr große Minderheiten, besonders in Malaysia und Thailand (siehe auch: Chinesischstämmige Thailänder). In Singapur stellen Han sogar die klare Bevölkerungsmehrheit. In Kambodscha fiel ein großer Teil der Han-Minderheit der Terrorherrschaft der Roten Khmer zum Opfer. Auch in Vietnam kam es zu Verfolgungen von Han (Boatpeople). In Indonesien kam es nach der Machtergreifung von General Suharto zu einem Völkermord an der Han-Minderheit des Landes mit Zehntausenden von Todesopfern.[12] So leben heute nur noch etwa 3 Millionen Han-Chinesen in Indonesien und etwa 1 Million in Vietnam.[13]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Michael Rudolf: Taiwans multi-ethnische Gesellschaft und die Bewegung der Ureinwohner: Assimilation oder kulturelle Revitalisierung? 2003.
  2. Bo Wen: Genetic evidence supports demic diffusion of Han culture. In: Nature. 431. Jahrgang, 2004, S. 302–305, doi:10.1038/nature02878, PMID 15372031 (nature.com).
  3. The upper Han. Economist (2016)
  4. The World Factbook — Central Intelligence Agency: „Han Chinese 91.6%“ out of a reported population of 1,355 billion (July 2014 est.)
  5. The Republic of China Yearbook 2016. 2016 (gov.tw [abgerufen am 8. September 2017]).
  6. https://www.dosm.gov.my/v1/index.php?r=column/pdfPrev&id=c1pqTnFjb29HSnNYNUpiTmNWZHArdz09
  7. Liu, Xingwu (2004-01-01). Ember, Carol R.; Ember, Melvin, eds. Han. Springer US. pp. 703–717. ISBN 978-0-306-47754-6.
  8. Gan, Rui-Jing; Pan, Shang-Ling; Mustavich, Laura F.; Qin, Zhen-Dong; Cai, Xiao-Yun; Qian, Ji; Liu, Cheng-Wu; Peng, Jun-Hua; Li, Shi-Lin; Xu, Jie-Shun; Jin, Li; Li, Hui (2008).
  9. Minahan, James (2014). Ethnic Groups of North, East, and Central Asia: An Encyclopedia. ABC-CLIO (published February 10, 2014). p. 90. ISBN 978-1-61069-017-1.
  10. Zhang, Qizhi (2016). An Introduction to Chinese History and Culture. Springer. p. 26. ISBN 978-3-662-51507-5.
  11. Holcombe, Charles (2010). A history of East Asia: From the origins of civilization to the twenty-first century. Cambridge: Cambridge University Press. p. 7.
  12. Jochen Hippler, Nasr Hamid Abu Zaid, Amr Hamzawy: Krieg, Repression, Terrorismus. (Memento vom 26. März 2010 im Internet Archive) (PDF; 697 kB) Politische Gewalt und Zivilisation in westlichen und muslimischen Gesellschaften. ifa, Stuttgart 2006, S. 55 ff.
  13. Kewarganegaraan, Suku Bangsa, Agama dan Bahasa Sehari-hari Penduduk Indonesia Hasil Sensus Penduduk 2010. Badan Pusat Statistik. 2011. ISBN 978-979-064-417-5.