Clara Immerwahr
Clara Helene Immerwahr (verh. Clara Haber; geboren 21. Juni 1870 in Polkendorf bei Breslau;[1] gestorben 2. Mai 1915 in Dahlem bei Berlin) war eine deutsche Chemikerin.
Als sie 1900 an der Universität Breslau promoviert wurde, war sie die erste Deutsche, die einen Doktorgrad in Chemie erwarb. Wissenschaftlich arbeitete sie im damals neuen Feld der physikalischen Chemie. Nach einem Jahr Berufstätigkeit am chemischen Institut ihres Doktorvaters Richard Abegg in Breslau heiratete sie 1901 den späteren Nobelpreisträger Fritz Haber und musste ihren Beruf aufgeben. Die Ehe verlief unglücklich, insbesondere nach der Geburt ihres Sohnes 1902. Im Jahr 1915 beging Clara Haber Suizid.
1993 veröffentlichte Gerit von Leitner die erste und bisher einzige umfassende Biografie Clara Immerwahrs, in der sie die Chemikerin als überzeugte Pazifistin porträtierte, die sich aus Protest gegen die führende Rolle ihres Mannes im Gaskrieg das Leben nahm. Leitners Biografie wurde wegen dieser kaum belegten These vielfach kritisiert. Historikerinnen und Historiker haben gezeigt, dass andere Lesarten des Geschehens wahrscheinlicher sind. Trotzdem hat sich dieses Bild Immerwahrs seit den 1990er Jahren in der Öffentlichkeit etabliert, so dass sie insbesondere für rüstungskritische Gruppen, Pazifisten und Feministinnen ein Vorbild ist. In Filmen, Theaterstücken und Romanen wurde der Konflikt zwischen den Eheleuten vielfach aufgegriffen.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jugend und Schulbildung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Clara Immerwahr stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Familie. Ihr Vater Philipp Immerwahr war promovierter Chemiker und ein aufgeklärter Freigeist. Seine Ehefrau Anna geb. Krohn und er besuchten nicht die Synagoge und hielten keine jüdischen Gebräuche ein. Philipp Immerwahr bewirtschaftete erfolgreich das Gut Polkendorf nahe Breslau. Trotz ihres Wohlstands lebte die Familie vergleichsweise einfach. Clara Immerwahr und ihre Geschwister (zwei ältere Schwestern und ein Bruder) wurden entsprechend den damals im Bürgertum propagierten sogenannten preußischen Tugenden sparsam und bescheiden erzogen.[2] Die Winter verbrachte die Familie regelmäßig in Breslau bei Lina Immerwahr, der Mutter Philipp Immerwahrs, die dort ein großes Geschäft für Damenbekleidung führte.[3]
Bis zu ihrem siebten Lebensjahr wurde Clara Immerwahr zusammen mit ihren beiden Schwestern zuhause von einem Privatlehrer unterrichtet. Danach besuchten sie die höhere Töchterschule, die im Haus der Großmutter untergebracht war.[4] 1890 starb die Mutter an Krebs. Philipp Immerwahr übergab das Gut an seine älteste Tochter und ihren Ehemann und zog mit der zwanzigjährigen Clara nach Breslau.[5]
Am Ende des 19. Jahrhunderts besuchten jüdische Mädchen in Preußen zehn- bis fünfzehnmal häufiger die höheren Schulen als nichtjüdische Mädchen. Obwohl die Töchter später keiner Erwerbsarbeit nachgingen, förderten jüdische Eltern in der Regel die höhere Ausbildung ihrer Töchter. Erst seit 1889 bot Helene Lange in Berlin Realkurse für Mädchen an; 1893 wurden sie in Gymnasialkurse umgewandelt, die zum Abitur führen sollten. In Berlin machte die erste Frau im Jahr 1895 ihr Abitur.[6] Ab 1895 lag es in Preußen im Ermessen der jeweiligen Universität, Frauen mit entsprechender Vorbildung als Gasthörerinnen den Besuch einzelner Vorlesungen zu ermöglichen.[7] Im Wintersemester 1895/1896 schrieben sich elf Lehrerinnen erstmals als Gasthörerinnen an Vorlesungen der Universität Breslau ein.[8]
1892/1893 absolvierte Clara Immerwahr ein Lehrerinnenseminar in Breslau,[9] – zu dieser Zeit für die meisten Frauen die einzige Möglichkeit einer weitergehenden Schulbildung. Laut ihrer Biografin Gerit von Leitner gab eine Lehrerin des Seminars Immerwahr wegen ihres ausgeprägten Interesses für die Naturwissenschaften die von Jane Marcet verfassten Conversations on Chemistry. Marcets Buch trug im 19. Jahrhundert maßgeblich zur Popularisierung der Chemie bei.[10] Nach Abschluss des Seminars übte Clara Immerwahr den Beruf als Lehrerin nie aus.[2][9] Mit Hilfe ihres Vaters wurde sie zu Ostern 1896 am Realgymnasium in Breslau zur Einjährig-Freiwilligen-Prüfung, wie die Mittlere Reife damals hieß, zugelassen, die sie erfolgreich absolvierte.[11] Im Oktober 1896 stellte sie erstmals ein Gesuch bei der Universität Breslau und konnte im Wintersemester 1896/1897 Vorlesungen über Experimentalphysik besuchen. Dies diente dem Ziel, am Realgymnasium die Abiturprüfung ablegen zu können, was ihr 1897 gelang.[11] Philipp Immerwahr unterstützte seine Tochter auch auf dem Weg zur Universität ohne die Erwartung, dass ihr dies später ein regelmäßiges Einkommen verschaffen würde.[12] Im gleichen Jahr konvertierte sie zum evangelischen Glauben.[13]
Studium und wissenschaftliche Arbeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ab dem Wintersemester 1897/98 studierte Immerwahr als Gasthörerin Chemie an der Universität Breslau.[14] Die Wahl des Studienfachs ergab sich wohl aus familiären und persönlichen Interessen. Etliche ihrer Familienangehörigen hatten Chemie studiert. Die Chemie hatte Immerwahr auch schon früh fasziniert. Immerwahrs Interesse war zudem nicht ungewöhnlich: In den ersten Jahrzehnten des Frauenstudiums entwickelte sich die Chemie schnell zu einem beliebten Studienfach von Frauen.[15]
Der Abteilungsvorsteher Friedrich Wilhelm Küster, ein Schüler von Walther Nernst, führte Immerwahr in das damals neue Feld physikalische Chemie ein, für das sie sich stark interessierte.[14] Parallel zur Expansion der chemischen Industrie hatte sich die Chemie im Laufe des 19. Jahrhunderts als wissenschaftliche Disziplin an den Universitäten etabliert, wobei die Industrie die mangelhafte Qualifikation der Hochschulabsolventen beklagte. Um in Chemie promoviert werden zu können, dem damals üblichen Universitätsabschluss, war das Abitur zu diesem Zeitpunkt noch keine Voraussetzung. Daher vereinbarte der Verband der Laboratoriums-Vorstände an deutschen Hochschulen 1897 zur Vereinheitlichung des Ausbildungsniveaus das sogenannte Verbandsexamen als Voraussetzung für eine Promotion in Chemie.[16] Im Wintersemester 1898/99 (3. März 1899) legte Immerwahr als erste Frau überhaupt bei Albert Ladenburg am chemischen Laboratorium das Verbandsexamen ab.[17][18]
1899 wechselte Küster an die Bergakademie Clausthal. Sein Nachfolger wurde Richard Abegg, der Immerwahr trotz ihres Status als Gasthörerin förderte und bei dem sie ihre Kenntnisse in physikalischer Chemie vertiefte. Gemeinsam untersuchten sie das elektrochemische Verhalten des Fluors und des Fluorsilbers. Abegg hatte mit Guido Bodländer 1899 das Konzept der Elektroaffinität als Mittel der Systematik vorgestellt.[19][20] Abegg und Immerwahr entwickelten das Konzept weiter und veröffentlichten die Ergebnisse gemeinsam im November 1899.[21] Im Anschluss daran wandten sie sich photochemischen Problemen zu.[14]
Schließlich erlaubte ein Erlass des preußischen Kultusministers, dass der Vorlesungsbesuch als Gasthörer als gültiges Studium anerkannt werden konnte. Dadurch wurde es für die Gasthörerin Immerwahr möglich, die Promotion zu erreichen und ihr Studium mit diesem Studienabschluss zu beenden. Für ihre Dissertation führte sie in Küsters Laboratorium an der Clausthaler Bergakademie zwei Monate lang experimentelle Voruntersuchungen durch, die sie im Anschluss in Kontakt mit Küster und Abegg auswertete. Immerwahr veröffentlichte erste Teilergebnisse im Jahr 1900, diesmal allein unter ihrem Namen. Wie sie darlegte, hatte sie den quantitativen Beleg für die von Nernst, Wilhelm Ostwald und Küster früher entdeckten Befunde zur Löslichkeit von Schwermetallen geliefert.[22][23][24]
Noch im selben Jahr verfasste sie ihre umfassender angelegte Dissertation mit dem Titel Beiträge zur Löslichkeitsbestimmung schwerlöslicher Salze des Quecksilbers, Kupfers, Bleis, Cadmiums und Zinks. Diese Arbeit, die sie auszugsweise in der Zeitschrift für Elektrochemie veröffentlichte,[25] behandelte systematisch das Zusammenspiel zwischen der Löslichkeit von ausgewählten Schwermetallsalzen und den Elektroaffinitäten der einzelnen Gruppen und Atome. Ziel war die Frage zu beantworten, ob Elektroaffinitäten additive Mengen sind. Der Artikel stellte Tabellen mit experimentell ermittelten Werten von Größen wie Gleichgewichtskonzentrationen und relativen Elektrodenpotenzialen bereit. Die Tabellen könnten der Grund sein, dass dieser Artikel relativ häufig zitiert wurde.[24]
Im Juni beantragte Immerwahr die Zulassung zur Disputation. Am 22. Dezember 1900 wurde Clara Immerwahr mit „magna cum laude“ promoviert. Der öffentlichen Verteidigung ihrer Dissertation, über die die lokale Presse ausführlich berichtete, wohnte ein ungewöhnlich zahlreiches Publikum bei, darunter viele Frauen. Der Dekan der philosophischen Fakultät bezeichnete sie am Ende als leuchtendes Vorbild für ihre Kommilitonen. Er schränkte aber ein, dass hoffentlich keine neue Ära anbrechen würde, in der die Frauen in die Universitäten hineinströmten, statt ihrer „heiliger Pflicht“ als „Hort der Familie“ nachzukommen.[26] Aus ihrer regen Korrespondenz mit Richard Abegg geht hervor, dass der Weg bis zur Promotion Clara Immerwahr wegen äußerer und innerer Widerstände schwer gefallen war. In ihren Briefen präsentierte sie sich als sensible, nervöse Frau, bei der die psychischen Kraftanstrengungen oft starke Kopfschmerzen auslösten.[27]
Immerwahrs Promotion war ein Meilenstein für das Frauenstudium in Deutschland. Ab den 1890er Jahren nahm die Zahl der Frauen zu, die unter Sonderkonditionen an deutschen Universitäten promoviert wurden. Dabei handelte es sich zumeist um Frauen aus dem Ausland.[28] Mit Immerwahrs Promotion war erstmals eine Frau an der Universität Breslau promoviert worden.[22] Immerwahr war erst die zweite Frau, die in Deutschland im Fach Chemie den Doktorgrad erlangte (nach der Russin Julija Lermontowa 1874 an der Universität Göttingen).[29]
Nach der Promotion blieb Immerwahr als Abeggs Assistentin an der Universität, wobei nicht bekannt ist, inwieweit sie für ihre Tätigkeit bezahlt wurde.[30] In dieser Zeit hielt sie für den Verein Frauenwohl einen Vortrag zu Chemie und Physik im Haushalt.[31]
Ehe mit Fritz Haber
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits in ihrer Jugend lernte Clara Immerwahr den zwei Jahre älteren Fritz Haber kennen, der ebenfalls aus einer wohlhabenden jüdischen Familie in Breslau stammte. Der genaue Beginn ihrer Beziehung ist nicht bekannt, es ist aber belegt, dass sie sich spätestens 1891 ineinander verliebten. Zu diesem Zeitpunkt schloss Haber sein Chemiestudium mit der Promotion ab.[33]
1901 nahmen Richard Abegg und seine Mitarbeiterin an der Hauptversammlung der Deutschen Elektrochemischen Gesellschaft in Freiburg teil. Clara Immerwahr war die erste und einzige Frau, die an der Hauptversammlung der Gesellschaft teilnahm. Während dieser Tagung machte ihr Fritz Haber, der ebenfalls anwesend war, einen Heiratsantrag, den sie nach einigem Zögern annahm.[34] Acht Jahre später schilderte sie Abegg in einem Brief, was sie zur Heirat motivierte:
„Es war stets meine Auffassung vom Leben, dass es nur dann wert gewesen sei, gelebt worden zu sein, wenn man alle seine Fähigkeiten zur Höhe entwickelt und möglichst alles durchlebt habe, was ein Menschenleben an Erlebnissen bieten kann. Und so habe ich damals schließlich auch mit unter dem Impuls mich zur Ehe entschlossen, dass sonst eine entscheidende Seite im Buch meines Lebens und eine Saite meiner Seele brach liegen bleiben würde.“
Immerwahr und Haber heirateten am 3. August 1901 in Breslau und zogen nach den Flitterwochen nach Karlsruhe. Dort war Haber seit 1898 außerordentlicher Professor für Technische Chemie an der Technischen Hochschule. Das Paar lebte in einer repräsentativen Wohnung, deren hohe Miete es ihnen nicht erlaubte, Dienstboten anzustellen, weshalb Clara Haber alle Hausarbeiten selbst verrichten musste. Arbeiten im Labor musste sie auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, wie sie ihrem Mentor Abegg schrieb. Die wissenschaftliche Arbeit fehlte ihr. Dazu kamen Gemütsschwankungen während ihrer schwierig verlaufenden Schwangerschaft. Physisch ging es ihr besser, als sie regelmäßig nachmittags im chemischen Institut die Manuskripte ihres Mannes Korrektur lesen und Zeichnungen anfertigen konnte. Haber ängstigte die schwierige Schwangerschaft seiner Frau, da seine Mutter im Kindbett gestorben war. Diese Sorge wie auch den Misserfolg bei der Berufung auf den neuen physikalisch-chemischen Lehrstuhl der Karlsruher Hochschule in dieser Zeit verarbeitete er durch ein hohes Arbeitspensum. Wochenlang laborierte er an einer Gastritis. Am 1. Juni 1902 wurde der Sohn Hermann (1902–1946) geboren. Kurz darauf ging Fritz Haber im Auftrag der Deutschen Elektrochemischen Gesellschaft auf eine viermonatige USA-Reise.[34] Die zweite Ehefrau Fritz Habers berichtete 1970, dass Clara Haber nach der Rückkehr ihres Mannes aus den USA das gemeinsame Schlafzimmer aufgekündigt habe, was durch andere Berichte gestützt wird. Dies könnte – so die Historikerin Angelika Ebbinghaus – die Ursache schwerer Ehekonflikte gewesen sein.[36][37][38]
Nach der Geburt des Sohnes, der oft krank war und stark betreut werden musste, zerschlug sich für Clara Haber die Hoffnung auf die Wiederaufnahme der chemischen Arbeit. Sie entwickelte sich zu einer gründlichen Hausfrau, deren Kochkünste allseits gelobt wurden. In den Schilderungen vieler Zeitgenossen (Familie und Kollegen ihres Ehemannes) wurde sie oft als pedantische und überängstliche „Hausmutter“ dargestellt, die ihren überlasteten Ehemann mit Sorgen um Haushalt und Kind belästigte. Zum Teil wurde jedoch anerkannt, dass für die promovierte Chemikerin Ehe und Familie das Fehlen intellektueller Aktivitäten nicht ausglich.[39][40]
1905 veröffentlichte Fritz Haber das Lehrbuch Thermodynamik technischer Gasreaktionen, das zu einem großen Erfolg wurde. Er widmete es seiner Frau mit den Worten: „Meiner lieben Frau Clara Haber, Dr. phil., zum Dank für stille Mitarbeit zugeeignet“. Die Widmung wurde von Biografinnen später unterschiedlich beurteilt. Die Haber-Biografin und Historikerin Margit Szöllösi-Janze bezeichnete die Widmung als für damalige Verhältnisse ungewöhnlich und schloss daraus, dass Clara Haber inhaltlich zugearbeitet habe.[40] Dagegen wertete die Journalistin Ulla Fölsing die Widmung als alltäglich und nichtssagend.[41]
Clara Haber versuchte, ihre wissenschaftlichen Kompetenzen nicht brach liegen zu lassen. Im Wintersemester 1905/06 hielt sie vor dem Volksbildungsverein in Karlsruhe eine vierteilige Vortragsreihe über „Chemie in Küche und Haus“. Die Zuhörerinnen, die sich 1906 bereits auf 100 beliefen, waren begeistert. Dadurch ermutigt, baute sie die Vorträge weiter aus. Im Oktober 1910 hielt sie einen vierteiligen Kurs „Naturwissenschaften im Haushalt“ im Rahmen des Karlsruher Arbeiterbildungsvereins.[42]
Das Ehepaar entfremdete sich zusehends, was es vor den Mitarbeitern und ausländischen Studenten Fritz Habers nicht verbergen konnte. Fritz Haber war gerade in den häufig auftretenden arbeitsintensiven Phasen nervös und reizbar, was Clara Haber zermürbte und zu häufigen Migräneanfällen führte. 1906 war sie gesundheitlich so angegriffen, dass ein Erholungsaufenthalt in einem nervenärztlich geleiteten privaten Sanatorium notwendig wurde.
Anders als ihr Ehemann hatte Clara Haber für Repräsentation nichts übrig. Sie kleidete sich in Reformkleider, was weder bei ihrem Mann noch bei seinen Kollegen und ihren Ehefrauen auf Wohlwollen stieß. Ihr gesellschaftliches Umfeld missbilligte, dass sie nicht genügend Distanz zum Dienstpersonal wahrte, ihre Einkäufe selbst erledigte und Gäste in der Küchenschürze empfing. Für eine Professorengattin ungewöhnlich verabschiedete sie sich frühzeitig aus abendlichen Runden mit der Bemerkung, dass sie morgens um sechs Uhr aufstehen müsse. Ihre berechtigte Sorge um seine Gesundheit irritierte ihren Mann, während Clara Haber sich von seiner Dominanz und Egozentrik erdrückt fühlte.[43] 1909 zog sie in einem Brief an ihren alten Freund Abegg ein bedrücktes Fazit ihrer Ehe (auf Trauerpapier mit schwarzen Rand):
„Gedenken Sie auch des anderen Teils! Was Fritz in diesen 8 Jahren gewonnen hat, das – und noch mehr – habe ich verloren, und was von mir eben übrig ist, erfüllt mich selbst mit der tiefsten Unzufriedenheit.“
1906 war Fritz Haber zum ordentlichen Professor für physikalische und Elektrochemie an der Technischen Hochschule Karlsruhe berufen worden.[45] 1911 wurde er zum Direktor des neu gegründeten Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physikalische Chemie in Berlin ernannt. Im Juli siedelte die Familie von Karlsruhe nach Berlin-Dahlem in die Dienstvilla über, die Fritz Haber nun zustand.[46]
Das Ehepaar Haber und der Gaskrieg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während des Ersten Weltkriegs richtete Clara Haber im freistehenden zweiten Stock des Kaiser-Wilhelm-Instituts einen provisorischen Kindergarten für knapp 60 Kinder im Alter zwischen zweieinhalb und zwölf Jahren ein, deren Väter an der Front waren.[47][48] Das entsprach den üblichen Aktivitäten gebildeter Frauen an der sogenannten „Heimatfront“. Fritz Haber meldete sich bei Kriegsausbruch 1914 freiwillig. Er war als wissenschaftlicher Berater im Kriegsministerium mit Forschungen zur Einsparung beziehungsweise Herstellung von Explosivstoffen sowie der Entwicklung neuer Produktionsverfahren zur Synthese von Ersatzstoffen kriegswichtiger Rohstoffe befasst. Dazu gehörten die sogenannten „Kriegschemikalien“ wie Salpeter, dessen Einfuhr aus Chile durch die englische Seeblockade zum Stillstand gekommen war.[49]
Fritz Habers Forschungen ermöglichten den Einsatz der Giftgase Chlor und Phosgen als Kriegswaffen. Ursprünglich war es um die Entwicklung eines Reizgases gegangen, das Nebenwirkung eines sonst voll funktionsfähigen Sprenggeschosses sein sollte. Doch im Dezember 1914 hatte der Chef der Obersten Heeresleitung Erich von Falkenhayn die Chemiker angewiesen, einen Stoff zu finden, der Menschen dauerhaft kampfunfähig machen würde. Fritz Haber wies die Militärführung auf Chlor hin, das aus Stahlflaschen auf den Feind abgeblasen werden sollte.[50]
Clara Haber begleitete ihren Mann zu den Übungen der neuen Gaspionier-Einheiten auf dem Schießplatz Wahn bei Köln. Dabei wandte sie sich laut den Erinnerungen eines Mitarbeiters mehrfach öffentlich dagegen, dass Fritz Haber an die Front ginge. Bei Versuchen mit dem Reizstoff Kakodylchlorid auf dem Institutsgelände kam es am 17. Dezember 1914 zu einer Explosion, bei der Otto Sackur, ein alter Kommilitone Clara Habers, getötet wurde. Clara Haber, die in der Nähe war, handelte in dieser Krise umsichtiger als ihr Mann, der wie gelähmt war.[51] Kurz darauf schrieb sie einen Brief an den japanischen Chemiker Setsuro Tamaru. Bis zum Kriegsausbruch hatte dieser mit Fritz Haber zusammengearbeitet, musste dann aber Deutschland verlassen, da Japan ein Kriegsgegner war. In dem Brief erwähnte Clara Haber das „furchtbare Unglück“ und bezeichnete es als „nicht vorhersehbar“. Sie betonte, in ihren wenigen freien Stunden sich für das Land „nützlich“ betätigen zu wollen.[52]
Ab Februar 1915 überwachte Fritz Haber an vorderster Front die Vorbereitungen für den ersten deutschen Gasangriff bei Ypern. Auf Befehl der Obersten Heeresleitung erfolgte am 22. April 1915, während der Zweiten Flandernschlacht, bei Ypern der erste große, militärisch erfolgreiche Giftgaseinsatz in der Geschichte. Die eigens ausgebildeten Gaspioniere ließen auf rund sechs Kilometer Frontlänge rund 150 Tonnen Chlor nach dem Haberschen Blasverfahren aus Flaschen entweichen. Die Chlorwolke tötete bis zu 1.200 französische Soldaten und verwundete bis zu 3.000. Fritz Haber war bei dem Einsatz persönlich anwesend und wurde in Folge zum Hauptmann der Reserve befördert.[53][54] Über Clara Habers Reaktion darauf gibt es unterschiedliche Berichte. Ihr Verwandter Paul Krassa berichtete Jahrzehnte später, dass sie sich gegenüber seiner Frau über die Berichte ihres Mannes von der Front zu den Folgen des Gaskriegs entsetzt gezeigt habe. Dagegen schrieb der Schuldirektor ihres Sohnes 1934, dass sie ihm direkt nach dem Erhalt der Nachricht stolz vom Erfolg des ersten Gasangriffs erzählte.[51]
Suizid Clara Habers
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Clara Haber erschoss sich am 2. Mai 1915.[55] Weitere Details über den Hergang des Geschehens und über mögliche Hintergründe finden sich im Bericht des Institutsmechanikers Lütge von 1958 sowie in der Autobiografie von Charlotte Haber, der zweiten Ehefrau Fritz Habers.[56] Lütge,[57] der sich wiederum auf Aussagen der Dienstboten und des Chauffeurs bezieht, berichtete, dass es am 1. Mai eine Abendgesellschaft bei den Habers gegeben habe, der auch Fritz Habers spätere zweite Ehefrau Charlotte Nathan beiwohnte. Clara Haber habe ihren Mann und Charlotte Nathan dabei „in einer verfänglichen Situation überrascht“. Im Garten erschossen habe sich Clara Haber aber erst in den frühen Morgenstunden. Lütge führte zudem aus, dass auch Abschiedsbriefe gefunden worden seien.[58][56] Laut Charlotte Haber sei Clara Haber, deren Tod nicht sofort eingetreten sei, von ihrem Sohn Hermann im Morgengrauen gefunden worden, der daraufhin den Vater informierte.[59] Dieser reiste, seinen Befehlen folgend, noch am selben Tag an die Ostfront.[60]
Zu den Motiven für ihren Suizid und die genauen Abläufe gibt es nur Berichte und Interpretationen der Zeitzeugen, die erst Jahrzehnte später aufgezeichnet wurden. Von Fritz Haber und seiner Familie gibt es keine Aussagen zum Tod Clara Habers.[61] Die emigrierten Mitarbeiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts (unter anderem James Franck) waren der Überzeugung, dass „das Motiv wohl am ehesten in der verzweiflungsvollen Mißbilligung des von ihrem Mann inaugurierten Gaskrieges zu suchen“ sei. Andere Personen, die das Ehepaar im familiären Umfeld erlebten, verwiesen jedoch auf die grundsätzlichen Eheprobleme.[62] Lütge hielt es für abwegig, dass Clara Haber sich wegen des Gaskrieg-Engagements ihres Mannes getötet habe. Die Entdeckung der Verwicklung Fritz Habers mit Charlotte Nathan sei der Grund gewesen.[56]
In ihrer Immerwahr-Biografie schrieb Gerit von Leitner, Clara Haber habe aus Gewissensgründen auf Festivitäten verzichten wollen, sodass es zu einem heftigen Ehestreit gekommen sei, in dem Fritz Haber ihr Illoyalität vorgeworfen habe, und sie danach „nur noch eine Möglichkeit [sah], nicht Mittäterin zu sein“. Diese Version stützte Leitner auf Erzählungen von Dritten. Adolf-Henning Frucht hatte diese Version von Friedrich Schmidt-Ott gehört, dem sich wiederum Fritz Haber viele Jahre nach dem Suizid seiner Frau anvertraut haben soll. Diesen Beleg führte Leitner in der ersten Auflage ihrer Biografie nicht an, sondern nur in einer Radiosendung.[63][64][65][66] Schmidt-Ott selbst hat in seinen 1952 veröffentlichten Memoiren angegeben, dass Haber ihn am Abend nach dem Suizid anrief und sagte, seine Frau habe das Leben nicht mehr ertragen.[67][68]
Die Atomphysikerin Lise Meitner und Edith Hahn, die Ehefrau Otto Hahns, die Clara Haber beide nur flüchtig kannten, führten in Briefen vom Mai 1915 die Sensibilität und Labilität Clara Habers und die offensichtlich zerrüttete Ehe als Gründe an. Der Historiker und Archivar Eckart Henning betonte, dass ein öffentlicher Streit über Meinungsverschiedenheiten zum Gaskrieg in diesen Briefen kein Thema gewesen sei, was – wenn tatsächlich Tagesgespräch – „kaum unerwähnt [hätte] bleiben können“.[69]
Margit Szöllösi-Janzes resümierte, dass die Quellen für Clara Habers Suizid eine „sehr viel komplexere Ursachenkonstellation“ als eine „mögliche Entzweiung über den Gaskrieg und die Rolle Habers in der chemischen Kriegsführung“ erahnen ließen und man sich vor Vereinfachungen hüten sollte.[70] Ähnlich urteilte Angelika Ebbinghaus, die das Verhalten Clara Habers als „ambivalent“ und ihr Leben als „gebrochen“ zusammenfasste.[71] Die Wissenschaftshistoriker Bretislav Friedrich und Dieter Hoffmann kamen nach Abwägung der Quellen zu Clara Habers Suizid zu dem Schluss, dass die Selbsttötung das Ergebnis eines „katastrophalen Versagens“ gewesen sei, zu dem eine Fülle von Umständen beigetragen hätten – ihr unerfülltes Leben, Fritz Habers Fremdgehen, die tragischen Tode der engen Freunde Richard Abegg und Otto Sackur wie auch Tod und Zerstörung, die der Krieg mit sich brachte, die durch die „Perversionen der chemischen Kriegsführung“ noch verstärkt worden waren.[72][73]
Grabstelle
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Clara Habers Urne wurde in Berlin-Dahlem beigesetzt. Im Winter 1933 verfügte Fritz Haber in seinem Testament, dass er neben seiner ersten Frau (Habers zweite Ehe war seit 1927 geschieden) seine letzte Ruhe finden wollte. Sollte dies wegen der zwischenzeitlich aufgekommenen judenfeindlichen Bewegung in Deutschland nicht möglich sein, verfügte er weiterhin die Überführung der Asche von Clara Haber in sein außerhalb von Berlin-Dahlem anzulegendes Grab. Seinem Wunsch wurde durch den gemeinsamen Sohn Hermann Haber entsprochen, der die Umbettung einige Monate nach Fritz Habers Beisetzung am 29. September 1934 auf dem Friedhof am Hörnli in Riehen bei Basel in der Schweiz veranlasste.[74][75]
Hermann Haber wanderte 1941 in die USA aus, wo er sich 1946 – gleich seiner Mutter – das Leben nahm.[76]
Wirkungsgeschichte und Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Quellenlage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Korrespondenz Clara Habers mit dem direkten familiären Umfeld ist nicht erhalten, insbesondere gibt es keine unmittelbar überlieferten Quellen aus der Zeit ihres Suizids, was – so die Schlussfolgerung der Biografin Margit Szöllösi-Janze – ziemlich sicher auf „äußere Eingriffe“ zurückzuführen ist.[61] Weder von Clara noch von Fritz Haber ist ein eigentlicher Nachlass überliefert. Als Fritz Haber 1933 auswanderte, blieb der größte Teil seiner Korrespondenz im Dahlemer Institut zurück. Sein Briefwechsel mit Freunden ging später in den Besitz des Sohnes Hermann Haber über, der sie 1941 bei seiner Auswanderung in die USA in Paris zurückließ. Kopien dieser Korrespondenz befinden sich heute im Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft.[77]
Der Amerikaner Morris Goran befragte für seine 1967 vorgelegte Fritz Haber-Biografie[78] seit den 1940er Jahren jüdische Emigranten aus Deutschland, wobei Hermann Haber und Else Freyhan, die Schwester Fritz Habers, aufgrund eines ungünstigen Eindrucks eine Zusammenarbeit mit ihm verweigerten. Da Goran in seiner Darstellung seine Aussagen nicht klar belegt, ist seine Lebensgeschichte Fritz Habers keine verlässliche Quelle für spätere Biografien.[79]
Habers Mitarbeiter Johannes Jaenicke, der über ihn eine Biografie schreiben wollte, sammelte jahrzehntelang Unterlagen aus Archiven und Briefen in Privatbesitz. Außerdem korrespondierte er mit Zeitzeugen und führte eine Vielzahl von Interviews. Die Biografie kam nicht zustande, doch kurz vor seinem Tod 1983 überließ Jaenicke seine „Haber-Sammlung“ dem Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft (heute teils als „Jaenicke-Sammlung“ bezeichnet). Seit 1990 liegt dieser Bestand geordnet und über ein Findbuch erschlossen vor.[80]
Clara Immerwahr hatte ein enges Verhältnis zu ihrem Doktorvater Richard Abegg. Bis zu seinem Unfalltod 1910 tauschten sie regelmäßig Briefe aus. Ihr Teil der Korrespondenz hat sich erhalten und ist heute Teil der „Haber-Sammlung“. Die Briefe wurden auszugsweise wiederholt veröffentlicht, erstmals 1986 in einer Schrift von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Fritz-Haber-Instituts zu dessen 75-jährigen Bestehen,[81] später in den Haber- und Immerwahr-Biografien wie auch in einer Edition des Briefwechsels zwischen Adolf von Baeyer, Wilhelm Ostwald, Richard Abegg, Fritz Haber und Clara Haber-Immerwahr.[82][83] Diese Korrespondenz zusammen mit Briefen und Postkarten an Angehörige der weiteren Familie, heute ebenfalls Teil der „Haber-Sammlung“, sind die einzigen persönlichen Schriftstücke, die sich von Clara Haber erhalten haben. Darüber hinaus gibt es einige offizielle Papiere, wie Clara Immerwahrs Gesuch um Zulassung zur Doktorprüfung, und veröffentlichte Dokumente, darunter ihre Dissertation, der Zeitungsbericht zu ihrer Doktorprüfung, Vortragsankündigungen und ihre Todesanzeige.[84]
1970 veröffentlichte Charlotte Haber geb. Nathan ihre Memoiren, in denen sie Erzählungen ihres geschiedenen Mannes sowie Aussagen des Vaters von Fritz Haber wiedergab. Ihre Darstellung muss jedoch wegen ihrer Befangenheit kritisch gelesen werden.[85][86][87]
2015 veröffentlichte die Enkelin eines japanischen Kollegen Fritz Habers einen Brief als Faksimile, den ihm Clara Haber 1915 geschrieben hatte.[88] 2016 wurde der Wortlaut dreier Briefe von 1915 veröffentlicht, in denen sich Edith Hahn und Lise Meitner wenige Tage nach dem Suizid Clara Habers zum Geschehen austauschten. Die Briefe waren 2002 bei einer Privatauktion ersteigert und der „Haber-Sammlung“ des Archivs zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft hinzugefügt worden.[69]
Biografische Darstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1967 veröffentlichte Morris Goran die erste umfassende Biografie Fritz Habers, für die er seit 1940 bei ehemaligen Mitarbeitern Habers in den USA nach Material recherchiert hatte.[78] In seiner Darstellung mischte er harte Fakten, Anekdoten und zweifelhafte Informationen und verzichtete dabei auf Quellenangaben.[89] Auf knapp zwei Seiten ging er in seinem Buch auch auf Clara Haber ein und stellte sie als „schwer betroffen von der Rolle ihres Ehemanns im Gaskrieg“ dar. Er formulierte: „She began to regard poison gas not only as a perversion of science but also as a sign of barbarism.“ („Sie begann, Giftgas nicht nur als eine Perversion der Wissenschaft zu betrachten, sondern auch als ein Zeichen der Barbarei.“). Er deutete ihre Proteste gegen den Gaskrieg als Resultat ihrer langjährigen Depressionen und Ängste und ihrer von ihm postulierten generellen Überforderung.[90] Wie die Historikerin Margit Szöllösi-Janze betonte, „verschwimmt“ bei Goran die Grenze zwischen historisch korrekter Recherche und Fiktion.[89]
Das 75-Jahre-Jubiläum des Fritz-Haber-Instituts 1986 nahm eine Gruppe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts zum Anlass, ihre Sicht des Wechselspiels von Wirtschaft, Politik und Naturwissenschaft darzustellen. Hierfür griffen sie Fritz Haber und Clara Immerwahr heraus.[91] Ihre Darstellung beruhte auf Gorans Story of Fritz Haber und wurde ergänzt durch die erstmalige Veröffentlichung von einigen Briefen Clara Habers.[81]
Die Autorin Gerit von Leitner (zeitweilig Gerit Kokula)[92][93] schrieb 1990 das Skript für eine WDR-Radiodokumentation zu Clara Immerwahr, dem 1991 ein Artikel im Tagesspiegel folgte. In diesem Zeitungsartikel schrieb sie Gorans Formulierung „Perversion der Wissenschaft“ Clara Immerwahr zu.[94] 1993 veröffentlichte Gerit von Leitner schließlich die Biografie Der Fall Clara Immerwahr, in der sie Immerwahr als kämpferische Pazifistin darstellte, die als Protest gegen den Beitrag ihres Mannes zum Gaskrieg sich selbst tötete.[95] Leitners Biografie wurde von Historikerinnen und Historikern kritisch bewertet. Die Historikerin Angelika Ebbinghaus beanstandete die fehlenden Quellenangaben, die selektive Interpretation der Quellen und eine mangelnde Distanz der Biografin zu der dargestellten Person, auf die sie eigene Themen, Gefühle und Anschauungen projiziere. Die Brüche in Immerwahrs Persönlichkeit würden durch die von Leitner ständig verwendeten Collagen verwischt.[96] Die Wissenschaftshistoriker Bretislav Friedrich und Dieter Hoffmann kritisierten, dass Leitner der Chemikerin Aussagen und Meinungen in den Mund legte oder Situationen beschrieb, für die es weder Aufzeichnungen noch Belege gibt. Sie nannten dabei insbesondere die Bewunderung, die Clara Haber für Bertha von Suttner empfunden haben soll sowie eine angebliche Diskussion mit ihrem Ehemann über Frauenrechte, in der sie Suttners Ansichten vertrat.[97] Margit Szöllösi-Janze hat Leitners Lebensbeschreibung als Kombination von wissenschaftlicher und literarischer Biografie, als „nachempfundenes“, „stellenweise beinahe nachgelittenes“ Lebensbild charakterisiert und kritisiert, dass die spärlichen Belege die Trennung von Fakten und Fiktion in Leitners Darstellung erschwerten.[98] Der Historiker und Publizist Volker Ullrich dagegen lobte die Biografie in der Zeit als „eines der gelungensten Beispiele für eine neue, weiblich inspirierte Form der Geschichtsschreibung“.[99]
Ein Jahr später legte der Chemiker Dietrich Stoltzenberg die erste umfassende Fritz Haber-Biografie vor, die auf den Quellen der „Haber-Sammlung“ beruhte. Darin ist ein Kapitel Fritz Habers erster Ehe gewidmet.[100] Diese Biografie wurde allgemein wegen der Darstellung der wissenschaftlichen Sachverhalte gelobt, doch auch bemängelt, dass sie den Standards des Genres der wissenschaftlichen Biografie nicht gerecht werde. In den Rezensionen wurde zudem meist eine differenzierte Darstellung von Habers Privatleben und der Beziehung zu seinen Ehefrauen vermisst.[101][102][103][104] Angelika Ebbinghaus beanstandete, dass die geforderte Menschenkenntnis des Biografen bei der Einfühlung in die Personen „des öfteren in menschlich Allzumenschlichem stecken“ bleibe und er die Einfühlung, die er für Fritz Haber aufbringe, bei Clara Haber nicht zeige. Stoltzenberg stelle Clara Haber nach der Geburt ihres Sohns als beinahe zwanghafte Hausfrau dar, die Alltagsprobleme nicht bewältigen konnte. Er habe dabei die vorliegenden Zeugnisse von Zeitgenossen nicht kritisch hinterfragt. Stoltzenbergs Schlussfolgerung zu Clara Habers Suizid, dass ihr Leben ein Beispiel dafür sei, wie „Menschen, die in der Suche nach der ‚Selbstverwirklichung‘, […] eine Mauer um sich bauen, die zum selbsterrichteten Gefängnis wird“,[105] ist für Ebbinghaus nicht nachvollziehbar. Schließlich monierte Ebbinghaus, dass Stoltzenberg immer wieder „distanzlos“ von Clara beziehungsweise Charlotte (in Bezug auf Charlotte Nathan) schreibe, während deren Ehemann in keinem Fall auf „Fritz“ reduziert werde.[106]
1998 erschien mit der Biografie Margit Szöllösi-Janzes eine weitere Fritz-Haber-Biografie, die Clara Immerwahrs Lebensweg, die Ehe der Habers und Clara Habers Suizid dezidiert quellenkritisch beschrieb und heute als die Standard-Biografie des Nobelpreisträgers gilt. Der Rezensent Jörg Hackeschmidt lobte, dass Szöllösi-Janze das Geschehen um Clara Habers Selbsttötung sowohl differenzierter als auch „profaner“ darstelle als in vorangegangenen biografischen Abhandlungen. Nach Szöllösi-Janzes Biografie lasse sich die „werturteilsgeschwängerte“ Interpretation von Immerwahrs Suizid als „Fanal“ gegen die männliche „Vernichtungswissenschaft“ nicht halten.[104][107][108]
Öffentliche Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Obwohl Clara Immerwahr als eine der ersten Frauen in Chemie in Deutschland promoviert worden war, war ihre diesbezügliche Leistung in der Öffentlichkeit lange nicht präsent. Ihre Promotion wurde zwar 1939 in der von Elisabeth Boedeker zusammengestellten Jubiläumsschrift zu 25 Jahre Frauenstudium aufgeführt[109] – anders als die ihrer Vorgängerin in Chemie Julija Lermontowa, die übersehen wurde.[29] Doch generell wurde das Frauenstudium und dessen Pionierinnen in Deutschland lange Zeit wenig beachtet. Dies änderte sich erst mit der neuen Welle der Frauenbewegung ab Ende der 1960er Jahre, womit auch das Interesse an den Vorkämpferinnen wieder erwachte. In dieser Situation stieß 1986 der Beitrag zu Clara Immerwahr in der Publikation zum Jubiläum des Fritz-Haber-Instituts auf großes Interesse, weshalb er auch in der Zeitschrift Emma abgedruckt wurde.[110] Insbesondere der erstmals veröffentlichte Brief Clara Habers vom 23. April 1909 an Abegg veranlasste insbesondere Historikerinnen und Naturwissenschaftlerinnen, sich mit ihrem Lebensweg zu befassen.[111] 1991 verwendeten die Internationalen Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW) Clara Immerwahrs Namen für eine Anti-Kriegs-Auszeichnung.[112] In einem der ersten Sammelbände zu den Pionierinnen des Frauenstudiums resümierte die Sozialwissenschaftlerin Christine Roloff 1992, dass für Clara Immerwahr Wissenschaft nicht mit Fritz Habers Herrschaftsansprüchen vereinbar war.[113]
Gerit von Leitners Biografie von 1993 fand trotz der (wissenschafts-)historischen Kritik eine breite Resonanz in der Öffentlichkeit. Sie wurde in zahlreichen überregionalen und regionalen Zeitungen, Zeitschriften und Radiosendungen wie auch in der New York Review of Books besprochen.[114] Die Anfang der 1990er Jahre aktuellen Ereignisse und Themen – wie Missbrauch wissenschaftlicher Forschung durch das Militär sowie der Golfkrieg 1990–1991 – führten dazu, dass Clara Habers Leben und Suizid auf reges Interesse stießen. In den Rezensionen wurde oft eine Brücke zwischen Gaskrieg, ihrer Selbsttötung und diesen Themen geschlagen. Den Zeitgeist traf Clara Habers Leben auch im Hinblick auf das damals in den Fokus gerückte Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Akademikerinnen bzw. die Gleichberechtigung innerhalb von Akademikerehen. Die Wissenschaftshistoriker Bretislav Friedrich und Dieter Hoffmann haben Leitners Buch als „Medium“ beschrieben, mit dem Meinungen, Ideale und Wunschbilder der Friedensbewegung, des Feminismus und des Anti-Militarismus vorangebracht wurden.[97]
Nach der Veröffentlichung von Leitners Biographie etablierte sich schnell der „Mythos Immerwahr“, wie es Friedrich und Hoffmann nannten. Immerwahr galt nun als Exponentin einer „weiblichen, lebensbewahrenden Wissenschaft“, als „pazifistische Heroin“, die im Protest gegen den Gaskrieg ihres Mannes sich selbst tötete.[97][115] Bei rüstungskritischen Gruppen, Pazifisten und Feministinnen wurde sie zur Ikone.[116] Etliche Straßen wurden nach der Chemikerin mit Bezug auf ihren Pazifismus und Suizid benannt.[112] In Theaterstücken, Filmen und Romanen wurde der Konflikt zwischen Clara und Fritz Haber wiederholt dramatisiert. Die Formulierung „Perversion der Wissenschaft“ wird im Zusammenhang mit Clara Immerwahr gerne zitiert, selbst wenn klargestellt wird, dass es nicht ihre Äußerung ist.[116] Die Redewendung ist fester Bestandteil des öffentlichen Bildes der Chemikerin Clara Immerwahr-Haber.[72]
Fiktionale Darstellungen Clara Immerwahrs
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- WDR und SFB strahlten am 18. Oktober 1990 das Hörspiel Hälfte des Lebens – Femina Doctissima Clara Immerwahr von Gerit Kokula (= Gerit von Leitner) aus (Regie Hein Bruehl, Mitwirkende Hannelore Hoger, Leonore Frankenstein).[117]
- In dem Versdrama Square rounds von Tony Harrison von 1992 sagt Immerwahr zu Haber: „I gave up chemistry to serve you as wife. Now you betray our science to poison life“ (ungefähr: „Ich habe die Chemie aufgegeben, um Deine Frau zu werden. Jetzt verrätst Du unsere Wissenschaft, um Leben zu vergiften“.)[118][119]
- 2004 war Clara Immerwahr eine von zehn Frauen, deren Suizid die Künstlerin Claudia Reinhardt im Rahmen ihres fotografischen Projekts Killing Me Softly – Todesarten nachstellte und fotografierte.[120]
- In dem Roman Immerwahr von Sabine Friedrich von 2007 wird Immerwahrs Leben in Rückblicken erzählt. Auch hier liegt der Fokus auf ihrer schwierigen Ehe und den ethischen Differenzen mit ihrem Mann.[121]
- Der Kurzfilm Haber von Daniel Ragussi von 2008 behandelt Habers Entwicklung von Giftgas und zeigt Immerwahr als ehrgeizige Chemikerin, die daran zerbricht, die Karriere ihres brillanten Mannes zu fördern und ein Kind großzuziehen.[122][123]
- Das Drama Einstein’s Gift des kanadischen Theaterautors Vern Thiessen von 2003 fokussiert auf Leben und Karriere Fritz Habers, insbesondere auf seine Aktivitäten während des Ersten Weltkriegs. In dem Stück lässt Thiessen Immerwahr sagen: „Why would I create an idea or nourish a theory or ask a question or search for a solution, or bother to think ever again, when my husband has taken my faith and turned it into something terrible. When my husband’s belief is butchery. When my husband’s religion is murder?“ (ungefähr: „Warum würde ich eine Idee schaffen oder eine Theorie entwickeln oder eine Frage stellen oder eine Lösung suchen, oder je wieder denken, wenn mein Mann meinen Glauben genommen hat und es in etwas Schreckliches verwandelt hat. Wenn der Glauben meines Mannes Abschlachten ist. Wenn die Religion meines Mannes Mord ist?“)[124][119]
- Der Fernsehfilm Clara Immerwahr aus dem Jahr 2014 erzählt von ihrem Leben an der Seite von Fritz Haber (Regie Harald Sicheritz).[125] Die Chemikerin wird darin als entschlossene und idealistische Frau gezeigt, die die Ehe im Sinne eines Projekts unter gleichberechtigten, der Wissenschaft verpflichteten Menschen eingeht, aber an der Männerwelt scheitert.[126]
- In dem Theater-Film-Projekt The Forbidden Zone von Duncan Macmillan (Inszenierung Katie Mitchell) von 2014 ist Clara Haber eine der Gestalten, anhand derer die Ohnmacht der Frauen im Krieg dargestellt wird.[127][128]
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gedenkstein
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]2006 wurde im Garten der Haber-Villa auf dem Gelände des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft ein Gedenkstein für Clara Immerwahr aufgestellt.[129]
Gedenktafel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 11. November 2024 wurde an ihrem ehemaligen Wohnort, Berlin-Dahlem, Faradayweg 8, eine Gedenktafel enthüllt.
Straßen und Plätze
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- In den Industriegebieten von Kiel-Wellsee[130] und Hanau,[131] in Freiburg-Vauban,[132] Köln-Braunsfeld, Lörrach,[133] Berlin-Marzahn,[134] Itzehoe,[135] Emden, Hemmingen, Lemgo, Dortmund, Moers,[136] Kassel,[137] Troisdorf,[138] Butzbach[139] und Kaiserslautern sind Straßen und Wege nach ihr benannt. 2001 wurde in Karlsruhe der Clara-Immerwahr-Haber-Platz nach ihr benannt.[140][141] 2014 wurde im Stadtrat von Erlangen ein Antrag auf „Umbenennung der Haberstraße in Clara-Immerwahr-Straße“ gestellt; 2016 wurde die Straße geteilt und ein Teil in Immerwahrstraße umbenannt.[142]
Preise und Medaillen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Seit 1991 verleiht der Verein IPPNW (Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg) die Clara-Immerwahr-Auszeichnung „an Menschen, die sich trotz persönlicher Nachteile gegen Krieg, Rüstung und für Menschenrechte einsetzen“.[143]
- Der mit 15.000 Euro dotierte Clara Immerwahr Award des Exzellenzclusters UniSysCat und der Technischen Universität Berlin ehrt seit 2012 junge Nachwuchsforscherinnen im Bereich der Katalyseforschung.[144]
- Die Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau vergibt seit 2015 den Clara-Immerwahr-Preis, einen Exzellenzpreis für weibliche Studierende im Studiengang Bio- und Chemieingenieurwissenschaften.[145][146]
Veröffentlichungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- mit Richard Abegg: Notiz über das elektrochemische Verhalten des Fluorsilbers und des Fluors. In: Zeitschrift für physikalische Chemie. Band 32, Nr. 1, Februar 1900, S. 142–144.
- Potentiale von Kupferelektroden in Lösungen analytisch wichtiger Kupferniederschläge. In: Zeitschrift für anorganische Chemie. Band 24, Nr. 3, Juli 1900, ISSN 1521-3749, S. 269–278, doi:10.1002/zaac.19000240119. Berichtigung dazu: Berichtigung zu meiner Arbeit: „Potentiale von Kupferelektroden in Lösungen analytisch wichtiger Kupferniederschläge“. In: Zeitschrift für anorganische Chemie. Band 25, August 1900, ISSN 1521-3749, S. 112, doi:10.1002/zaac.19000250105.
- Beiträge zur Löslichkeitsbestimmung schwerlöslicher Salze des Quecksilbers, Kupfers, Bleis, Cadmiums und Zinks. Dissertation. Königliche Universität Breslau, 1900.
- Beiträge zur Kenntnis der Löslichkeit von Schwermetall-Niederschlägen auf elektrochemischem Wege. In: Zeitschrift für Elektrochemie. Band 7, Nr. 35, 1901, ISSN 0005-9021, S. 477–483, doi:10.1002/bbpc.19010073502. Berichtigung dazu: Berichtigung. In: Zeitschrift für Elektrochemie. Band 7, Nr. 46, 1901, ISSN 0005-9021, S. 625–625, doi:10.1002/bbpc.19010074606.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Daniel Charles: Between genius and genocide. The tragedy of Fritz Haber, father of chemical warfare. Jonathan Cape, London 2005, ISBN 0-224-06444-4.
- Angelika Ebbinghaus: Gerit von Leitner, Der Fall Clara Immerwahr. Leben für eine humane Wissenschaft, Beck, München, 1993 (Rezension). In: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts. Band 8, Nr. 4, 1993, S. 125–131.
- Ulla Fölsing: Geniale Beziehungen. Berühmte Paare in der Wissenschaft (= Beck’sche Reihe. Band 1300). Beck, München 1999, ISBN 3-406-42100-8, S. 136–145, 176.
- Bretislav Friedrich, Dieter Hoffmann: Clara Haber, nee Immerwahr (1870–1915): Life, Work and Legacy. In: Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie. Band 642, Nr. 6, 2016, ISSN 1521-3749, S. 437–448, doi:10.1002/zaac.201600035, PMID 27099403, PMC 4825402 (freier Volltext).
- Bretislav Friedrich, Dieter Hoffmann: Clara Immerwahr: A Life in the Shadow of Fritz Haber. In: Bretislav Friedrich, Dieter Hoffmann, Jürgen Renn, Florian Schmaltz, Martin Wolf (Hrsg.): One Hundred Years of Chemical Warfare: Research, Deployment, Consequences. Springer International Publishing, Cham 2017, ISBN 978-3-319-51663-9, S. 45–67, doi:10.1007/978-3-319-51664-6_4.
- Ronny Helfensteller: Eine Chemikerehe, in der die Versuchsapparate gleichberechtigt nebeneinander stehen? Betrachtung von Chemikerehen unter historisch-feministischen Aspekten. Staatsexamensarbeit. Universität Rostock, 2018 (uni-rostock.de).
- Eckart Henning: Freitod in Dahlem (1915): Unveröffentlichte Briefe von Edith Hahn und Lise Meitner über Dr. Clara Haber geb. Immerwahr: Freitod in Dahlem (1915). In: Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie. Band 642, Nr. 6, März 2016, S. 432–436, doi:10.1002/zaac.201600052.
- Gerit von Leitner: Der Fall Clara Immerwahr. Leben für eine humane Wissenschaft. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37114-0. Zweite, durchgesehene und verbesserte Auflage: 1994, ISBN 3-406-38256-8.
- Susan V. Meschel: A Modern Dilemma for Chemistry and Civic Responsibility: The Tragic Life of Clara Immerwahr. In: Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie. Band 638, Nr. 3-4, März 2012, S. 603–609, doi:10.1002/zaac.201100409.
- Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber. Chemiker, Nobelpreisträger, Deutscher, Jude. VCH, Weinheim 1994, ISBN 3-527-29206-3.
- Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3. (Auszüge bei Google-Books)
- Christine Roloff: Clara Immerwahr, verh. Haber (1870–1915). Erste deutsche Chemikerin, die an einer deutschen Universität promovierte. In: Anne Schlüter (Hrsg.): Pionierinnen, Feministinnen, Karrierefrauen? Zur Geschichte des Frauenstudiums in Deutschland (= Frauen in Geschichte und Gesellschaft. Band 22). Centaurus, Pfaffenweiler 1992, ISBN 3-89085-419-2, S. 93–96.
- Dieter Wöhrle: Fritz Haber und Clara Immerwahr. Lernen aus der Geschichte. In: Chemie in unserer Zeit. Band 44, Februar 2010, S. 30–39, doi:10.1002/ciuz.200900491.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Clara Immerwahr im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Clara Immerwahr. In: FemBio. Frauen-Biographieforschung (mit Literaturangaben und Zitaten).
- Radiodokumentation „Späte Ikone für den Frieden: Clara Immerwahr“ bei SWR2 Wissen, Verfasser Rainer Volk, ausgestrahlt am 30. April 2014.
- Jutta Dick: Clara Immerwahr (1870–1915). In: Jewish Women’s Archive. 27. Februar 2009, abgerufen am 8. Oktober 2019 (englisch).
- Jörn Heher: Clara Immerwahr und Fritz Haber Ein verdrängtes Kapitel männlicher Wissenschaftsgeschichte. In: Wissenschaft & Frieden. Januar 1992, abgerufen am 2. März 2020.
- Anna Rothenfluh: Das bittere Ende der Frau, die den «Vater des Gaskriegs» nicht stoppen konnte. In: watson.ch. FixxPunkt AG, 28. Mai 2017, S. 1, abgerufen am 3. Juni 2017.
- Anne Preger: ZeitZeichen: 02.05.1915 – Todestag der Chemikerin Clara Immerwahr
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Arthur von Oettingen (Hrsg.): J. C. Poggendorff’s biograpisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften enthaltend Nachweisungen über Lebensverhältnisse und Leistungen von Mathematikern, Astronomen, Physikern, Chemikern, Mineralogen, Geologen, Geographen usw. aller Völker und Zeiten. Vierter Band (Die Jahre 1883 bis zur Gegenwart umfassend). Verlag von Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1904, S. 681–682 (archive.org).
- ↑ a b Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 124. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Gerit von Leitner: Der Fall Clara Immerwahr. Leben für eine humane Wissenschaft. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37114-0, S. 15–18.
- ↑ Gerit von Leitner: Der Fall Clara Immerwahr. Leben für eine humane Wissenschaft. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37114-0, S. 19–23.
- ↑ Gerit von Leitner: Der Fall Clara Immerwahr. Leben für eine humane Wissenschaft. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37114-0, S. 26–27.
- ↑ James C. Albisetti: Schooling German Girls and Women. Princeton University Press, Princeton 1988, ISBN 978-1-4008-5979-5, S. 158–159, 206, 208 (jhu.edu).
- ↑ Jeffrey Johnson: German women in chemistry, 1895–1925. In: NTM. Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin. Band 6, 1998, S. 1–21, 65–90, 2.
- ↑ Gerit von Leitner: Der Fall Clara Immerwahr. Leben für eine humane Wissenschaft. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37114-0, S. 39.
- ↑ a b Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber. Chemiker, Nobelpreisträger, Deutscher, Jude. VCH, Weinheim 1994, ISBN 3-527-29206-3, S. 66.
- ↑ Gerit von Leitner: Der Fall Clara Immerwahr. Leben für eine humane Wissenschaft. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37114-0, S. 29–31.
- ↑ a b Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 125. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 126. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 126. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ a b c Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 126–127. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Britta Görs: Die chemisch-technische Assistenz. Zur Entwicklung eines neuen beruflichen Tätigkeitsfeldes in der Chemie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In: Theresa Wobbe (Hrsg.): Frauen in Akademie und Wissenschaft. Arbeitsorte und Forschungspraktiken 1700–2000 (= Forschungsberichte / Interdisziplinäre Arbeitsgruppen, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Band 10). Akademie Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-05-003639-7, S. 169–198, 176.
- ↑ Britta Görs: Die chemisch-technische Assistenz. Zur Entwicklung eines neuen beruflichen Tätigkeitsfeldes in der Chemie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In: Theresa Wobbe (Hrsg.): Frauen in Akademie und Wissenschaft. Arbeitsorte und Forschungspraktiken 1700–2000 (= Forschungsberichte / Interdisziplinäre Arbeitsgruppen, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Band 10). Akademie Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-05-003639-7, S. 169–198, 173–174.
- ↑ Jeffrey Johnson: German women in chemistry, 1895–1925. In: NTM. Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin. Band 6, 1998, S. 1–21, 65–90, 4.
- ↑ Berichte des Verbandes der Laboratoriumsvorstände, Seite 2–011: Immerwahr Clara (203). Abgerufen am 21. Juli 2017.
- ↑ Bretislav Friedrich, Dieter Hoffmann: Clara Haber, nee Immerwahr (1870–1915): Life, Work and Legacy. In: Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie. Band 642, Nr. 6, 2016, ISSN 1521-3749, S. 437–448, 440–441, doi:10.1002/zaac.201600035, PMID 27099403, PMC 4825402 (freier Volltext).
- ↑ Richard Abegg, Guido Bodländer: Die Elektroaffinität, ein neues Prinzip der chemischen Systematik. In: Zeitschrift für anorganische Chemie. Band 20, 1899, S. 453–499.
- ↑ Richard Abegg, Clara Immerwahr: Notiz über das elektrochemische Verhalten des Fluorsilbers und des Fluors. In: Zeitschrift für physikalische Chemie. Band 32, 1900, S. 142–144.
- ↑ a b Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 127–128. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Clara Immerwahr: Potentiale von Kupferelektroden in Lösungen analytisch wichtiger Kupferniederschläge (Mai 1900). In: Zeitschrift für anorganische Chemie. Band 24, 1900, S. 269–278.
- ↑ a b Bretislav Friedrich, Dieter Hoffmann: Clara Haber, nee Immerwahr (1870–1915): Life, Work and Legacy. In: Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie. Band 642, Nr. 6, 2016, ISSN 1521-3749, S. 437–448, 440–441, doi:10.1002/zaac.201600035, PMID 27099403, PMC 4825402 (freier Volltext).
- ↑ Clara Immerwahr: Beiträge zur Kenntnis der Löslichkeit von Schwermetall-Niederschlägen auf elektrochemischem Wege. In: Zeitschrift für Elektrochemie. Band 7, Nr. 35, 1901, ISSN 0005-9021, S. 477–483, doi:10.1002/bbpc.19010073502.
- ↑ Unser erster weiblicher Doktor. In: Breslauer Zeitung. 22. Dezember 1900.
- ↑ Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 128–129. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Albisetti 1988, 223–237.
- ↑ a b Cordula Tollmien: Zwei erste Promotionen. Die Mathematikerin Sofja Kowalewskaja und die Chemikerin Julia Lermontowa. In: Renate Tobies (Hrsg.): »Aller Männerkultur zum Trotz«. Frauen in Mathematik und Naturwissenschaften. Campus, Frankfurt 1997, ISBN 3-593-35749-6, S. 83–129.
- ↑ Ronny Helfensteller: Eine Chemikerehe, in der die Versuchsapparate gleichberechtigt nebeneinander stehen? Betrachtung von Chemikerehen unter historisch-feministischen Aspekten. Staatsexamensarbeit. Universität Rostock, 2018, S. 35 (uni-rostock.de).
- ↑ Gerit von Leitner: Der Fall Clara Immerwahr. Leben für eine humane Wissenschaft. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37114-0, S. 70–72.
- ↑ Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 125, 734. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 124–125. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ a b Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 129–131. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ zitiert nach Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 129. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Charlotte Haber: Mein Leben mit Fritz Haber. Spiegelungen der Vergangenheit. Econ, Düsseldorf 1970, S. 89.
- ↑ Angelika Ebbinghaus: Gerit von Leitner, Der Fall Clara Immerwahr. Leben für eine humane Wissenschaft, Beck, München, 1993 (Rezension). In: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts. Band 8, Nr. 4, 1993, S. 125–131, 127–128.
- ↑ Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 388–389. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber. Chemiker, Nobelpreisträger, Deutscher, Jude. VCH, Weinheim 1994, ISBN 3-527-29206-3, S. 352–354.
- ↑ a b Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 191–193. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Ulla Fölsing: Geniale Beziehungen. Berühmte Paare in der Wissenschaft (= Beck’sche Reihe. Band 1300). Verlag=Beck Auflage. München 1999, ISBN 3-406-42100-8, S. 136–145, 176, 144.
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- ↑ Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 257, 268–271. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 324. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ a b Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 395–397. (Auszüge bei Google-Books)
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- ↑ Der Bericht befindet sich im Archiv der Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft (Haber-Sammlung).
- ↑ Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 393. (Auszüge bei Google-Books)
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- ↑ a b Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 394. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 396–397. (Auszüge bei Google-Books)
- ↑ Gerit von Leitner: Der Fall Clara Immerwahr. Leben für eine humane Wissenschaft. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37114-0, S. 215.
- ↑ Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber 1868–1934. Eine Biographie. C.H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3, S. 398, 795. (Auszüge bei Google-Books).
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- ↑ Bretislav Friedrich und Dieter Hoffmann (2017, S. 61) führen Besprechungen in den folgenden Zeitungen und Magazinen an: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau, Die Welt, Süddeutsche Zeitung, Die Tageszeitung, Sächsische Zeitung, Tagesspiegel, Westfalen-Blatt, Main-Echo, Emsdettener Tageblatt, Emma.
- ↑ Ulla Fölsing: Geniale Beziehungen. Berühmte Paare in der Wissenschaft (= Beck’sche Reihe. Band 1300). Verlag=Beck Auflage. München 1999, ISBN 3-406-42100-8, S. 136–145, 176, 137.
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- ↑ Tony Harrison: Square Rounds. Versdrama. Verlag Faber & Faber, 1992, ISBN 0-571-16868-X.
- ↑ a b Susan V. Meschel: A Modern Dilemma for Chemistry and Civic Responsibility: The Tragic Life of Clara Immerwahr. In: Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie. Band 638, Nr. 3–4, März 2012, S. 603–609, 608, doi:10.1002/zaac.201100409.
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Personendaten | |
---|---|
NAME | Immerwahr, Clara |
ALTERNATIVNAMEN | Immerwahr, Clara Helene (vollständiger Name); Haber, Clara |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Chemikerin, zweite Frau mit Doktorwürde in Chemie in Deutschland |
GEBURTSDATUM | 21. Juni 1870 |
GEBURTSORT | Polkendorf bei Breslau |
STERBEDATUM | 2. Mai 1915 |
STERBEORT | Dahlem bei Berlin |