Conrad Wilhelm Hase

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Conrad Wilhelm Hase (1898)

Conrad Wilhelm Hase (* 2. Oktober 1818 in Einbeck; † 28. März 1902 in Hannover) war ein deutscher Architekt und Hochschullehrer. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Neugotik des 19. Jahrhunderts.

Hase war königlich-hannoverscher Baurat, ab 1863 Konsistorialbaumeister der Hannoverschen Landeskirche, ab 1849 Lehrer und ab 1878 Professor der Baukunst am Polytechnikum in Hannover und Gründer der Hannoverschen Architekturschule, Mitglied der Königlich Preußischen Akademie der Künste in Berlin, Mitglied der Akademie der bildenden Künste in Wien, Ehrenmitglied der Akademie der schönen Künste in Stockholm sowie Ehrenbürger der Städte Einbeck und Hildesheim. Sein Engagement für den Erhalt und die Pflege historischer Bausubstanz machte ihn zum Vorreiter der Denkmalpflege im norddeutschen Raum und darüber hinaus.

Leben

Hase um 1845

Hase verbrachte seine Kindheit und Jugend als zehntes Kind eines Steuereinnehmers in Einbeck, ehe er Ende 1834 mit dem Studium der Architektur und Baukunst in Hannover begann. Nach Beendigung des Architekturstudiums fand er zunächst keine Anstellung und kehrte im Frühjahr 1838 in seine Geburtsstadt Einbeck zurück, wo er seinem Vater bei Steuerangelegenheiten half. Auf Rat seines Architekturlehrers Ernst Ebeling (1804–1851) absolvierte Hase eine zweijährige Maurerlehre, die er im Frühjahr 1840 mit der Gesellenprüfung erfolgreich abschloss. Ausbilder war der Baumeister Christoph August Gersting.[1] Auf einer halbjährigen Wanderschaft von Hannover über Kassel, Marburg, Frankfurt, Wiesbaden, Mainz, Worms, Speyer, Heidelberg, Karlsruhe, Stuttgart, Ulm, Augsburg nach München konnte Hase verschiedene Baustile studieren. Dabei festigte sich seine Vorliebe für die Baukunst der Gotik. Ein Stipendium der Stadt Einbeck ermöglichte Hase Ende 1840 ein Studium an der Münchener Kunstakademie.[2]

Im Frühjahr 1842 kehrte Hase nach Hannover zurück und fand zunächst Arbeit als Maurer und Bauführer bei seinem ehemaligen Lehrmeister. Im Februar 1843 nahm Hase die Tätigkeit eines Bauführers im Staatsdienst der Königlich Hannoverschen Eisenbahndirektion an, wo er den Bau der Bahnhöfe in Celle, Lehrte und Wunstorf konzipierte und leitete. Im Juni 1848 wandte sich Hase mit der Restaurierung der Klosterkirche in Loccum dem Sakralbau zu.

Im Dezember 1849 übernahm Hase eine Vertretungsstelle am Polytechnikum Hannover. Zwei Jahre später wurde er offiziell als Architekturlehrer benannt und war einer der Gründer des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Hannover, der durch die von ihm herausgegebenen Publikationen wesentlich zur Verbreitung der Ideen der Hannoverschen Architekturschule beitrug. Verschiedene Privataufträge und die erfolgreiche Beteiligung am ersten freien Architekturwettbewerb in Hannover festigten Hases Ruf als Architekt.

Im September 1853 heiratete Hase Agnes Maria Cornelia Leguinia Babnigg (1828–1865), eine Sängerin ungarischer Abstammung. Das Paar hatte die Kinder Antonie (1855–1906), Theodor (1856–1877) und Rudolf (1861–1906). Nachdem seine Frau nur 37-jährig starb, heiratete er 1867 Ottilie Franziska Annette Amalie Berckelmann (1832–1920) aus Liebenburg.[3]

1860/61 baute Hase für sich und seine Familie ein repräsentatives Wohnhaus an der Josephstraße (heute Otto-Brenner-Straße) in Hannover, die „Hasenburg“. Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.[4]

Conrad Wilhelm Hase im Kreise der Familie und ehemaliger Schüler, anlässlich des 80. Geburtstags, Dezember 1898

Hases 80. Geburtstag 1898 war Anlass für zahlreiche Ehrungen durch seine Schüler und Verehrer. Dabei wurde neben seiner schöpferischen Leistung auch seine persönliche Freundlichkeit und Heiterkeit hervorgehoben.[3]

Stilprinzipien und Wirkung

Hases Architekturstil war von der mittelalterlichen Backsteingotik geprägt, wobei die Konstruktion der Gebäude und das verwendete – vorzugsweise heimische – Baumaterial für den Betrachter sichtbar bleiben sollten („Putz ist Lüge“). Hase plante mehr als 340 Bauwerke im Stil der Neugotik, darunter über 100 Sakralbauten.[5] Die Gotik betrachtete er als den eigentlich christlichen Baustil.[3] Hinzu kommen über 150 Restaurierungsprojekte und zahlreiche Veröffentlichungen zur Baugeschichte historischer Bauwerke. Seine Backsteingotik, zuweilen etwas despektierlich als „Hasik“ bezeichnet, prägte das Stadtbild Hannovers und über seine Schüler (Karl Börgemann, Franz Ewerbeck, Friedrich Fahro, Christoph Hehl, Karl Henrici, Rudolph Eberhard Hillebrand, Georg Kegel, Gerhard Franz Langenberg, Wilhelm Lüer, Karl Mohrmann, Edwin Oppler, Johannes Otzen, Max Pommer, Paul Rowald, Eduard Wendebourg, Johannes Franziskus Klomp u. v. a.) zahlreiche weitere Orte nicht nur Norddeutschlands. Viele öffentliche und private Bauten, Geschäftshäuser, Kirchen und Denkmäler blieben bis heute erhalten. Sein eigenes Haus aber, die sogenannte „Haseburg“, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Sein Grab befindet sich auf dem Stadtfriedhof Engesohde in Hannover. Hase war Ehrenbürger von Hildesheim, wo eine Straße nach ihm benannt ist. An einem Backstein-Gebäude in der Straße findet sich sein Porträtbildnis.

Werk (Auswahl)

Galerie

Ehrungen

Im einhundertsten Todesjahr 2002 wurde eine Ausstellung zum Leben und Wirken Conrad Wilhelm Hases in der Christuskirche gezeigt. Aufgrund der positiven Resonanz dieser Veranstaltung und im Hinblick auf die anstehende 150-Jahr-Feier wurde 2007 der Kirchenvorplatz in Conrad-Wilhelm-Hase-Platz umbenannt. Daneben gibt es Pläne, das vom Abriss bedrohte Bahnhofsgebäude in Nordstemmen zu renovieren und zu einer musealen Gedenkstätte für den Erbauer Conrad Wilhelm Hase auszugestalten.

Zitate

mit Bezug auf Conrad Wilhelm Hase:

  • „Will man Hase mit wenigen Worten kennzeichnen, dann muß man sagen: Er war im Schaffen ein Mann, im Frohsinn ein Jüngling und im Gemüthe ein Kind.“ – Karl Mohrmann, Nachruf auf Conrad Wilhelm Hase, 1902.

mit Bezug auf die eigene Lehre:

  • „Putz ist Lüge.“
  • „Wir wollen echt und schön schaffen.“
  • „Wir wollen Wahrheit üben in der Kunst.“
  • „Die Kunst sei ohne Lug und Trug.“

Persönlicher Hausspruch:

Grabmal auf dem Friedhof Engesohde
  • „Ein jeder baut nach seiner Nase, Ich heiße Conrad Wilhelm Hase. Wer bauen will an off’ner Straßen, muss Neider und Narren tadeln lassen. Wer dieses Haus hier tadeln will, der stehe nur ein wenig still, und sage ohne Schmeichelei, ob wohl das seine besser sei. Und ob mein Haus Euch nicht gefällt, es kostet mein nicht Euer Geld.“

Persönliche Grabinschrift:

  • Des Menschen Schaffen ruht in Gottes Hand – Grab auf dem Stadtfriedhof Engesohde

über das Schaumburger Land, das Hase 1855 bereiste:

  • Das ganze Ländchen gleicht einem prachtvollen Garten, und das freundliche "Guten Morgen!" einer Schar Kirchgängerinnen in vollem altertümlichen Sonntagsputze versetzt uns in das Land unserer kindlichen Traumwelt.

Schüler

Literatur

Zur Biografie

Werkverzeichnis

  • Günther Kokkelink und Monika Lemke-Kokkelink: Conrad Wilhelm Hase 1818–1902, Gründer der Hannoverschen Architekturschule. Ausstellung zum 100. Todestag im Stadtarchiv Hannover 2002. (Werkverzeichnis, Stand: Februar 2002, mit Lebensdaten und Literaturangaben.)
  • Conrad Wilhelm Hase. Baumeister des Historismus. Ausstellungskatalog. Historisches Museum am Hohen Ufer, Hannover 1968. (Werkverzeichnis mit Lebensdaten und Literaturangaben.)

Sonstige

  • Gustav Schönermark: Die Architektur der Hannoverschen Schule. 7 Bände, Hannover, 1888–1895.
  • Günther Kokkelink: Die Neugotik Conrad Wilhelm Hases: Eine Spielform des Historismus. 1. Teil: 1818–1859. In: Hannoversche Geschichtsblätter, Neue Folge, Band 22, Heft 1/3, ISSN 0342-1104, Hannover 1968, DNB 481563008 (Dissertation Technische Universität Hannover, Fakultät für Bauwesen, 11. Juli 1968, 211 Seiten).
  • Günther Kokkelink: Der Kirchenbau des Conrad Wilhelm Hase und seiner Schüler in Hannover. In: Geschichten um Hannovers Kirchen. Studien, Bilder, Dokumente. Lutherhaus-Verlag, Hannover 1983; S. 113–117.
  • Franz Rudolf Zankl (Hrsg.): Glückwunschkarte des Kunstgewerbevereins für Conrad Wilhelm Hase zum 80. Geburtstag, mit den Unterschriften der Mitglieder, in: Hannover Archiv, Blatt K 19
  • Gunther Schendel: Haus voller Himmel. Die St.-Jakobi-Kirche in Wietzendorf/Lüneburger Heide, Wietzendorf 2000 (zu Hase und dem Wietzendorfer Hase-Bau S. 26–38).
  • Nadine Pflüger, Werner Beermann: Der Architekt Conrad Wilhelm Hase und seine Bauten aus früher Zeit. Die Bahnhöfe Elze und Nordstemmen. Heft 7 der Schriftenreihe des Heimat- und Geschichtsvereins Elze und seiner Ortsteile e. V., Elze 2007.
  • Markus Jager, Thorsten Albrecht, Jan Willem Huntebrinker (Hrsg.): Conrad Wilhelm Hase (1818–1902): Architekt, Hochschullehrer, Konsistorialbaumeister, Denkmalpfleger. Petersberg 2019.
Commons: Conrad Wilhelm Hase – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Helmut Knocke: Gersting, Christoph August. In: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. 2002, S. 130; Online-Quelle: [1]
  2. Zum Gedächtnis an Konrad Wilöhelm Hase, in: Deutsche Bauzeitung, 1914, S. 493.
  3. a b c Biografie von Günther Kokkelink
  4. Wohnhaus Hase (Kokkelink); die dort genannte Adresse „St.-Andreas-Straße“ lässt sich auf dem Stadtplan von 1873 nicht verifizieren.
  5. Zum 200. Geburtstag von Conrad Wilhelm Hase
  6. Website der Kirche in Uetze
  7. Zur Stadtkirche St. Jakobi in Elbingerode
  8. Kirche St. Trinitatis in Lewe-Liebenburg, abgerufen am 5. Februar 2012
  9. St.-Dionysius-Kirche, abgerufen am 5. Februar 2012
  10. EITZENDORF. Ev. St.-Georgs-Kirche. In: Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Bremen Niedersachsen. Deutscher Kunstverlag, München / Berlin 1992, S. 435; ISBN 3-422-03022-0
  11. Webseite der Kirchengemeinde Lüchow: Konsistorialbaumeister Conrad-Wilhelm Hase
  12. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Landkreis Göttingen, Teil 2, Band 5.3, 1997, bearbeitet von Peter Ferdinand Lufen, herausgegeben von Christiane Segers-Glocke, Verlag CW Niemeyer Buchverlage, Hameln, ISBN 3-8271-8257-3
  13. St.-Mauritius-Kirche zu Görsbach, abgerufen am 30. April 2016.