Flutkatastrophe
Als Flutkatastrophe bezeichnet man das Hochwasser an der Küste oder das eines Flusses, welches so hoch steigt, dass die normalen Pegelstände weit überschritten werden und die Betten und Eindeichungen das Wasser nicht mehr vor Kulturland zurückhalten können, so dass es zu Überschwemmungen kommt. Hohe Sachschäden an Gebäuden und Infrastruktur, Ernteschäden und im Extremfall auch Todesopfer sind die Folge. Bei einer Flut mit außerordentlich hohen Pegelständen, die nur sehr selten vorkommt, spricht man von einer Jahrhundertflut.
Fluten werden nach Art unterschieden in:
- die Sturmflut, von Starkwinden an die Küsten gepresste Wassermassen, die zu Hochwassern im Küstenland führen, und Rückstauhochwassern an den Unterläufen der Flüsse. Diese Ereignisse treten innerhalb weniger Stunden auf, ihre Gesamtdauer ist vom Abflussverhalten abhängig
- Niederschlagsbedingte Hochwasser durch Starkregenereignisse, die meist Einzugsgebiete von einem oder mehreren Flusssystem/en betreffen, und sich auch meist vom gebirgigen Oberlauf, in dem die Stauniederschläge abgehen, über Tage hinweg in die Unterläufe fortsetzen.
Nicht als Flut im Sinne des Begriffs wird der Tsunami (Flutwelle) angesehen.
Die Ursachen liegen in der Begradigung und Eindeichung der Flüsse, um sie für möglichst große Frachtschiffe schiffbar zu machen, sowie in der Trockenlegung ganzer Landstriche und damit der Beseitigung der natürlichen Überflutungsflächen. Die Besiedelung bis dicht an die Deiche heran, selbst in immer wieder hochwassergefährdeten Bereichen, zieht zwangsläufig hohe Verluste bei Überflutungen nach sich. Zusammenhänge mit der globalen Erwärmung werden bei beiden Ereignistypen vermutet, bei ersteren über den ansteigenden Normalwasserstand, bei beiden über vermehrte Ausnahmeereignisse in Bezug auf Wind und Niederschlag als Folgen der globalen Erwärmung.
Inhaltsverzeichnis
Historische Flutkatastrophen in Europa[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Flutkatastrophen an der Nordsee verzeichnet die Liste der Sturmfluten an der Nordsee.
Flutkatastrophen an der Ostsee sind unter Ostsee#Wasserstand und unter Sturmhochwasser näher beschrieben.
Bei folgenden Flüssen sind häufig Flutkatastrophen zu verzeichnen:
Donau, Elbe, Oder, Rhein, Mosel, Aare
- Magdalenenhochwasser 1342 an zahlreichen mitteleuropäischen Flüssen
- Zweite Marcellusflut 1362 an der gesamten deutschen Nordseeküste gilt als mit Abstand gewaltigste deutsche Flutkatastrophe
- Hochwasser von 1480 an Aare und Rhein
- Hochwasser von 1501
- Rhein- und Bodenseehochwasser von 1566[1]
- Thüringer Sintflut 1613
- Winterhochwasser von 1784
- Elbhochwasser 1845
- Hochwasser in Sachsen 1897
- Hochwasser in Hannover 1946
- Oderflutkatastrophe 1947 mit der Überflutung vom Oderbruch
- Donauhochwasser 1954
- Sturmflut 1962 in Hamburg
- Oderhochwasser 1981/82
- Rheinhochwasser 1993, gleichzeitig Hochwasser an Mosel und Maas
- Rheinhochwasser 1995
- Oderhochwasser 1997 an Oder und Nebenflüssen
- Pfingsthochwasser 1999 im Allgäu, Vorarlberg und Tirol
- Hochwasser in Mitteleuropa 2002
- Hochwasser in den Voralpen 2005 an Isar und anderen Flüssen
- Elbhochwasser 2006
- Oderhochwasser 2010
- Hochwasser in Mitteleuropa 2013
Frankreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Niederlande[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Erste Marcellusflut am 16. Januar 1219.
- Zweite Marcellusflut 1362
- Flutkatastrophe von 1953 (Watersnood) am 1. Februar 1953
Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Donauhochwasser 1954
- 1997 Im südlichen Niederösterreich treten zahlreiche Flüsse über die Ufer. Besonders betroffen: Pittental, Schwarzatal, Piestingtal und Triestingtal.
- 2002 In Ober- und Niederösterreich treten zahlreiche Flüsse über die Ufer, weite Landteile stehen unter Wasser. Besonders betroffen waren die Donau und der Kamp. (HQ100, siehe Hochwasser in Mitteleuropa 2002)
- 2005 In den westlichen Bundesländern Tirol und Vorarlberg treten nach tagelangen Regenfällen Flüsse über die Ufer. Zahlreiche Murenabgänge legen teilweise den öffentlichen Verkehr lahm (siehe Alpenhochwasser 2005).
- 2006 In Niederösterreich tritt die March über die Ufer und die Dämme halten im Gegensatz zu jenen auf der slowakischen Seite nicht Stand. Die Orte Dürnkrut und Mannersdorf werden überschwemmt. (HQ60)
- Hochwasser in Mitteleuropa 2013
Schweiz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 2005 (August) In der Zentralschweiz, Graubünden und Bern sowie in vielen anderen Teilen der Schweiz werden Dörfer durch Dammbrüche oder überlaufende Seen bzw. Flüsse überschwemmt. Mehrere Straßen und Zuggleise sind nicht mehr befahrbar. Einzelne Dörfer (z. B. Engelberg) sind von der Außenwelt abgeschnitten und können nur mit dem Hubschrauber erreicht werden (siehe Alpenhochwasser 2005).
Historische Flutkatastrophen in anderen Ländern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 1862 Vereinigte Staaten von Amerika: Durch atmosphärische Flüsse ausgelöste, 40-tägige Starkregen führen zur Großen Flut von 1862 im Pazifischen Nordwesten.[2] Die Katastrophe wird in neuerer Zeit im Arkstorm-Szenario der United States Geological Survey verarbeitet.[2]
- 1887 China: Starke Regenfälle verursachen eine Flutkatastrophe am Gelben Fluss 1887; Über 130 000 km² werden überschwemmt (zwischen 900 000 und 2 Millionen Tote)
- 1927 Vereinigte Staaten von Amerika: Starke Regenfälle verursachen die Mississippiflut 1927.
- 1931 China: Starke Regenfälle, gefolgt von mehreren Zyklonen, verursachten die schwerste Flutkatastrophe des 20. Jahrhunderts mit geschätzt 3,7 bis 4 Millionen Toten.
- 1938–1947 Überflutung des Gelben Flusses mit 890.000 Toten
- 1953 Hollandsturmflut: Schwerste Sturmflut des 20. Jahrhunderts in den Niederlanden und England (ca. 2.500 Tote)
- 1970 Bengalen: Wirbelstürme und Flutwellen (über 300 000 Tote)
- 1998 China: Der Jangtsekiang tritt über die Ufer, mehr als 3000 Menschen kommen ums Leben, etwa 14 Millionen werden obdachlos.
- 2004 Indischer Ozean: Tsunami in 15 Ländern gleichzeitig. (ca. 226.000 Tote) (siehe: Erdbeben im Indischen Ozean 2004)
- 2005 USA: New Orleans wird vom Hurrikan Katrina heimgesucht.
- 2006 Ungarn, Rumänien und Bulgarien: Die Donau tritt an vielen Stellen über die Ufer. Dämme werden geöffnet, um unbewohnte Gebiete als Rückhaltebecken zu nutzen. Diese Überflutungen verselbständigen sich aber teilweise und schwemmen ganze Dörfer weg.
- 2007 Afrika: Die Länder südlich der Sahara werden quer über den ganzen Kontinent von einer Flutkatastrophe heimgesucht. Mindestens 250 Menschen sterben.
- 2008 Ende Juli in Rumänien und Ukraine müssen über 36.000 Menschen vor einer Überschwemmung evakuiert werden.
- 2008 Ende August müssen nach wochenlangen Monsunregenfällen und einem großen Dammbruch in Nepal nach großflächigen Überschwemmungen im indischen Bundesstaat Bihar über 1,2 Millionen Menschen vor den Überschwemmungen fliehen.
- 2010 Hochwasser in Mitteleuropa im Frühjahr 2010 Hohe Schäden durch Deichbrüche, insbesondere in Polen zeichneten dieses Hochwasser aus.
- Juli und August 2010: Überschwemmungskatastrophe in Pakistan 2010 infolge außergewöhnlich starken Monsunregens. Etwa 14 Millionen Menschen sind betroffen, 6–7 Millionen davon benötigen humanitäre Hilfe, über 1000 Menschen starben (Stand 17. August 2010).
- Oktober 2010: In Benin treten durch anhaltend starke Regenfälle die Flüsse Mono und Queme über die Ufer.[3] 680.000 Menschen sind von Überschwemmungen betroffen[4], rund 100.000 Menschen werden obdachlos[3]. In der Großstadt Cotonou infizieren sich ca. 800 Menschen mit der Cholera.[3]
- 2011: Überschwemmungen in Queensland 2010/2011: 200.000 Personen mussten evakuiert werden und 35 Menschen verloren ihr Leben.
- 2011: Starke Niederschläge und die Schneeschmelze lösen die Mississippiflut 2011 aus.
- 2013: Hochwasser in Mitteleuropa 2013, es waren neben Deutschland, Österreich und der Schweiz auch Polen, Tschechien und die Donauanrainerstaaten betroffen.
Vorgeschichtliche Flutkatastrophen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Vor etwa 7600 Jahren war der Wasserstand im Mittelmeer nach dem Ende der letzten Kaltzeit soweit angestiegen, dass die Senke des Bosporus um ca. 100 m überflutet wurde. Danach könnte sich ein gewaltiger Wasserfall in das Schwarze Meer ergossen haben, das während der Kaltzeit ein Süßwassersee gewesen war. Der Wassereinfall hinterließ eine bis heute erhaltene Grabenausspülung entlang der Küstenlinie.[5] Diese Theorie ist nicht allgemein anerkannt, ihr stehen zahlreiche Untersuchungsergebnisse entgegen.[6][7][8][9]
- Vor etwa 10.200 bis 9400 Jahren ereignete sich im Gebiet Minnesotas beim Abschmelzen des Gletschersees Agassiz mehrmals eine mächtige Flut.[10]
- Etwa vor 10.700 Jahren, zu Ende der letzten Kaltzeit, brachen sich die Wasser des Ancylussees (heute: Ostsee) Bahn in Richtung Nordsee. Das dabei entstandene und heute untermeerische grabenartige Flussbett zwischen Fehmarn und Lolland ist etwa 1 km breit. Während der Wasserstand des Ancylussees um 10 m sank, überschwemmte das Meer östlich Kiels und Lübecks das damalige Festland.[11]
- Vor etwa 14.000 Jahren ereignete sich die bislang größte bekannte Flut aufgrund Abschmelzens von Eisstauseen im Altai, im Chuja- und im Kuray-Becken.[12]
- Im Zeitraum vor 15.000 bis 13.000 Jahren ereigneten sich wiederholt die mächtigen Missoula-Fluten beim Abschmelzen der Eisstauseen des Lake Missoula in Nordamerika.
- Einer Theorie von Andrey Tchepalyga zufolge soll vor etwa 16.000 Jahren das Kaspisches Meer rasch durch Flusswasser aus abschmelzenden skandinavischen Gletschern überschwemmt worden und mit dem damaligen Binnensee Schwarzes Meer zusammengeflossen sein.[13]
- Vor ungefähr 425.000 und vor 225.000 Jahren, aber auch nach der letzten Kaltzeit, ereigneten sich große Wasserdurchbrüche im Bereich des damaligen Isthmus zwischen Dover und Calais, was zur Verbreiterung und Vertiefung der jetzigen Dimension des Ärmelkanals führte.[14] Damit wurde das damals wasserreichste europäische Flusssystem aus Rhein, Seine und Themse durch einen Meeresarm ersetzt.[15]
- Vor ungefähr 5,33 Millionen Jahren wurde das damals trocken liegende Mittelmeerbecken durch Wasser des Atlantik an der Straße von Gibraltar erfüllt. Vermutlich verlief diese Flutung zumindest teilweise nicht katastrophal. Der entstehende Wassergraben war etwa 200 km lang und bis zu 11 km breit und ließ etwa 100 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde einströmen. Maximal stieg der Wasserspiegel des Mittelmeeres dabei um 10 m pro Tag, innerhalb von zwei Jahren hatten sich die Wasserstände angeglichen.[16][17]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

- Dartmouth Flood Observatory. Website mit umfangreicher Datenbank zu Flutkatastrophen (englisch)
- Selbsthilfe: Keller-Entflutung ohne Pumpe durch Anwendung des Heber-Prinzips (PDF)
- Seiten des THW zum Thema Deichverteidigung und Hochwasserschutz
- Liste der Naturkatastrophen
- Hochwasserkatastrophen (Frankfurter Zeitung, 12. Januar 1915)
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Karl Heinz Burmeister: Die „zweite Sündfluth“. Das Rhein- und Bodensee-Hochwasser von 1566, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 124. Jg. 2006, S. 111–137 (Digitalisat)
- ↑ a b Zusammenfassung des ArkStorm-Szenarios des U.S. Geological Survey aus: Keith Porter, Anne Wein, Charles Alpers, Allan Baez, Patrick Barnard, James Carter, Alessandra Corsi, James Costner, Dale Cox, Tapash Das, Michael Dettinger, James Done, Charles Eadie, Marcia Eymann, Justin Ferris, Prasad Gunturi, Mimi Hughes, Robert Jarrett, Laurie Johnson, Hanh Dam Le-Griffin, David Mitchell, Suzette Morman, Paul Neiman, Anna Olsen, Suzanne Perry, Geoffrey Plumlee, Martin Ralph, David Reynolds, Adam Rose, Kathleen Schaefer, Julie Serakos, William Siembieda, Jonathan Stock, David Strong, Ian Sue Wing, Alex Tang, Pete Thomas, Ken Topping, unter der Leitung von Chris Wills und Lucile Jones; Projektmanager Dale Cox (201) Overview of the ARkStorm scenario: U.S. Geological Survey Open-File Report 2010-1312, 183 Seiten zuzüglich Anhängen
- ↑ a b c Überflutungen in Benin. In: http://www.dw-world.de/. Deutsche Welle, 19. Oktober 2010, abgerufen am 25. Oktober 2010.
- ↑ Benin: 680.000 von schweren Regenfällen betroffen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: http://www.unhcr.de/. UNHCR, 22. Oktober 2010, ehemals im Original; abgerufen am 25. Oktober 2010. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Bericht 22. April 2007 im ZDF
- ↑ Ali Aksu et al., GSA Today Bd. 12, S. 4–10, referenziert in bild der wissenschaft, 26. April 2002 (Memento des Originals vom 11. Februar 2006 im Internet Archive)
Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Valentina Yanko-Hombach: The Black Sea flood question: Changes in coastline, climate and human settlement. Springer, Dordrecht 2007.
- ↑ Valentina Yanko-Hombach: Current status of the Early Holocene Flood hypothesis in the Black Sea, IGC 2008
- ↑ HPQ-02 Black Sea?Mediterranean Corridor during last 30 ky: Sea level change and human adaptation, Referenzen zum 33. International Geological Congress Oslo 2008
- ↑ Timothy G. Fisher: River Warren boulders, Minnesota, USA: catastrophic paleflow indicatorsin the southern spillway of glacial Lace Agassiz. In: Boreas, Band 33, Seiten 349–358, 2004 Archivlink (Memento des Originals vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive)
Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 2,8 MB)
- ↑ Axel Bojanowski: Geologen entdecken Graben von Ostsee-Sintflut
- ↑ [1]
- ↑ Andrey Tchepalyga: Late glacial great flood in the Black Sea and Caspian Sea. The Geological Society of America 2003 Seattle Annual Meeting. 2003 [2]
- ↑ Quirin Schiermeier: The megaflood that made Britain an island. Nature, 2007 [3]
- ↑ Artikel „Ärmelkanal war vor 20.000 Jahren ein Fluss“ in „Berliner Morgenpost“, Sonnabend, 16. September 2006.
- ↑ Kenneth J. Hsü: Das Mittelmeer war eine Wüste. Auf Forschungsreisen mit der Glomar Challenger. S. 112, Harnack, München 1984.
- ↑ D. Garcia-Castellanos et al.: Catastrophic flood of the Mediterranean after the Messinian salinity crisis. In: Nature Bd. 462, 10. Dezember 2009, S. 778–781, doi:10.1038/nature08555