Loreley

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Blick vom linken Rheinufer bei St. Goar auf die Loreley
Loreley mit Loreleyhafen von Nordwesten, im Vordergrund Burg Katz
Karte des Mittelrheins mit der Lage der Loreley etwa in der Mitte des Welterbegebiets Oberes Mittelrheintal
Signalstelle Bankeck, St. Goar

Die Loreley (auch Lorelei, Loreleï, Lore Lay, Lore-Ley, Lurley, Lurelei, Lurlei) ist ein Schieferfelsen im UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal bei Sankt Goarshausen, Rheinland-Pfalz, der sich am östlichen, rechten, Rheinufer (am Rheinkilometer 555) 132 Meter (193,14 m ü. NN) hoch steil aufragend an der Innenseite einer Rheinkurve befindet. Der Blick von oben auf die Rheinkurven und auf Sankt Goarshausen mit der Burg Katz ist ein Anziehungspunkt für Touristen. Wenige hundert Meter vom Aussichtspunkt entfernt befindet sich die 1939 erbaute Freilichtbühne Loreley, wo regelmäßig Großveranstaltungen (zum Beispiel Rockkonzerte) stattfinden.

Loreley ist seit Clemens Brentanos in seinem Roman Godwi (1801) in Balladenform erzählten Kunstmärchen Lore Lay auch der Name einer Zauberin oder Nixe auf diesem Felsen. Brentanos Erfindung hatte auf der Stelle eine so starke Rezeption, dass schon vor der Mitte des 19. Jahrhunderts seine Erzählung als alte Sage (als „Märchen aus uralten Zeiten“, siehe Heinrich Heine) missverstanden wurde. Allerdings ist der bei Brentano, Heine und anderen erzählte Inhalt dieser Schein-Sage deutlich mit schon aus der griechischen Mythologie bekannten Mythologemen verknüpft, etwa dem der Nymphe Echo, die in einen Felsen verwandelt wird, dem des Zauberblicks, wogegen der Angeblickte wehrlos ist, oder dem für Schiffer verderblichen Gesang der Sirenen. So zieht auch Brentanos Lore Lay mit ihrer Schönheit jeden Mann an und bringt ihn damit zu Tode. Dies konkretisiert Heinrich Heine durch die im Rhein verunglückenden Schiffer, die vom Gesang der Loreley abgelenkt sind.

Lage und Umgebung

Der Felsen Loreley liegt im Rhein-Lahn-Kreis auf dem Gebiet der Verbandsgemeinde Loreley. Das Loreley-Plateau ist Teil der Ortsgemeinde Bornich, während die ringsum vom Rhein aufragenden Steilhänge und Klippen zum Stadtgebiet von Sankt Goarshausen gehören. Die Loreley liegt im Zentrum des Naturraums St. Goarer Tal als Teil der naturräumlichen Haupteinheit Oberes Mittelrheintal.[1]

Das oberhalb des Kammerecks noch 300 Meter breite Flussbett des Mittelrheins wird durch die Felsbarrieren kurz oberhalb der Loreley, am Betteck, auf 145 Meter eingeengt. Bei der Loreley selbst ist der Rhein 160 Meter breit und war bis zu 25 Meter tief. Dies sind die engsten und tiefsten Stellen des Rheins auf seinem schiffbaren Abschnitt. Hingegen weichen die beiden Flussufer direkt stromabwärts, am Loreleyhafen, für eine kurze Strecke wannenartig wieder bis 400 Meter weit auseinander. Bei Sankt Goar und Sankt Goarshausen dann ist der Strom meist 250 Meter breit. Der Rhein windet sich in engen Kurven durch das Felsmassiv. Wegen dieser sehr engen Kurven und starken Strömungen wird die Rheinschifffahrt vom Bankeck in Sankt Goar bis nach Oberwesel durch Lichtsignalstellen geregelt. Einige Felsen an der Loreley wurden jedoch in den 1930er Jahren gesprengt, sodass die Loreleypassage viel von ihrer früheren Gefährlichkeit verloren hat. Dennoch waren bis zu den 1980er Jahren auf der Strecke St. Goar bis Bingen am Rhein Lotsen eingesetzt.

Die Rechte Rheinstrecke der Bahn hat den Loreleyfelsen und den Roßstein, gegenüber von Oberwesel, untertunnelt. Die Linke Rheinstrecke muss wegen der scharfen Kurven dreimal in den Tunnel, nämlich am Bankeck, am Betteck und am Kammereck.

Name

Loreley um 1900

Die Herkunft des Namens Loreley ist nicht eindeutig geklärt. Unumstritten ist der Zusammenhang mit dem ursprünglich keltischen Ley, mit dem in der Region häufig (Schiefer-) Fels oder Stein bezeichnet wurde.[2] Der erste Teil könnte von dem mittelhochdeutschen luren (lauern) stammen und somit insgesamt „lauernder Fels“ bedeuten. Auch denkbar wäre eine Ableitung von dem mittelhochdeutschen lorren oder lurren, was „heulen“, „schreien“ bedeutet. Somit wäre der Felsen ein schreiender Felsen. Dies könnte man darauf zurückführen, dass am Loreleyfelsen in den gefährlichen Riffen, Felsen und Untiefen viele Schiffer ums Leben kamen. Der Rhein verengt sich an der Loreley auf eine Breite von rund 200 Metern. Zugleich befindet sich hier mit etwa 25 Metern auch die tiefste Stelle des schiffbaren Rheins (bei Rheinfelden in der Schweiz erreicht der Rhein eine Tiefe von 32m, siehe St. Anna-Loch). Eine weitere mögliche Herkunft des Wortes lore ist das rheinische luren, welches „summen“ bedeutet. Dies ließe sich als das Summen des Wassers entlang der Felsenriffe deuten. Auch die Herkunft von dem mittelhochdeutschen lur für „Elfe“ ist möglich. In diesem Falle handelte es sich um einen Elfenfelsen. Für das starke siebenfache Echo wurden zunächst Zwerge, die in dem Felsen hausten, verantwortlich gemacht. Das Rauschen des dem Loreleyfels gegenüberliegenden hohen Galgenbach-Wasserfalls und auch das Rauschen der früher an Untiefen und Klippen sich brechenden Rheinströmung wurde als Echo von den vielen Felsüberhängen nach unten reflektiert und erschien so, als ob es von den Felsen herstammte. Schon früh suchte man Erklärungen dafür und machte zunächst in Höhlen des Felsens hausende Zwerge dafür verantwortlich. Vor dem 19. Jahrhundert trug der Ort auch noch seinen männlichen Artikel: der Lurlei, der Lorley oder der Lurleberch (zahlreiche weitere Schreibweisen).

Geschichte

Besucherzentrum mit Museum

Schon im Mittelalter war die Loreley ein bekannter Ort, zum einen wegen des markanten Felsens als Wegmarke, zum anderen wegen der gefährlichen Stelle für die Schifffahrt. Neben dem Binger Loch war hier, ein Stück rheinabwärts Richtung St. Goarshausen/St. Goar (etwa in Höhe des heutigen Campingplatzes), die gefährlichste Stelle für die Rheinschifffahrt. An dieser Stelle lag eine Sandbank (der Grünsgrund) im Rhein, auf deren linker Seite das Wasser über quer im Fluss liegende Felsrippen stürzte (das Gewerre), während es auf der anderen Seite ruhig abfließen konnte. Die verschieden schnell fließenden Wassermassen trafen sich hinter der Sandbank, wodurch dort starke Strudel entstanden, die manchem Schiffer zum Verhängnis wurden. Bevor im letzten Jahrhundert die meisten Riffe gesprengt wurden, hatten die Schiffer ihre Mannschaften vor dem Passieren der Loreley durch drei Glockenschläge zum Gebet aufgefordert. Aus diesem Grund ließ sich hier der heilige Goar nieder, der versuchte, Schiffbrüchige zu retten und zu pflegen. Seit 1395 sind auf dem Felsen Weinberge der Katzenelnbogener Grafen nachweisbar.

Seit dem Jahr 2000 besteht ein Besucherzentrum mit Museum, es informiert vor Ort über Kultur, Wirtschaft und Natur dieser Region. Auf dem Plateau des Loreleyfelsens wurde 2013 die Sommerrodelbahn Loreley eröffnet. Vor dem Bau der Bahn gab es mehrjährige Diskussionen zwischen Politik, Bürgern und Umweltschützern. Die UNESCO hat inzwischen ihren Abbau gefordert, da sie im UNESCO Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal liegt.

Schiffsunglücke

Das am 13. Januar 2011 auf dem Rhein bei St. Goar nahe der Loreley gekenterte Tankmotorschiff Waldhof

Auch wenn die gefährlichsten Felsen im Fahrwasser gesprengt wurden, ist die Fahrt durch die Loreley-Passage immer noch mit einem besonderen Risiko verbunden, vor allem bei außergewöhnlichen Wasserständen.

So lief am 28. September 2003 bei extremem Niedrigwasser das Fahrgastschiff Loreley der Köln-Düsseldorfer Deutsche Rheinschiffahrt AG (KD) mit 349 Passagieren und elf Besatzungsmitgliedern an Bord bei der Talfahrt auf Grund. Bei einem Tiefgang von 1,24 m und einer Tiefe der Fahrrinne von 1,44 m hatte das Schiff aus ungeklärter Ursache zunächst eine Grundberührung, die den Ausfall der zum Antrieb und zur Steuerung dienenden Twinpropeller bewirkte. Das manövrierunfähige Schiff lief sodann in der scharfen Rechtsbiegung des Flusses direkt in Höhe des Loreleyfelsens auf das linke Ufer auf. Bei dem abrupten Stopp wurden 41 Personen an Bord verletzt, davon drei Personen schwer. Das Schiff musste evakuiert und freigeschleppt werden. Nach dem Unglück stellte die KD vorsorglich für die Dauer des Niedrigwassers alle Fahrten zwischen St. Goar und Rüdesheim ein. Der Pegel Kaub stand zum Unglückszeitpunkt auf dem Rekordtiefstand von 35 Zentimetern.[3]

Am 13. Januar 2011 kenterte das mit 2400 Tonnen konzentrierter Schwefelsäure beladene Tankmotorschiff Waldhof ebenfalls bei der Talfahrt in Höhe des Loreleyfelsens und blieb auf der Backbordseite vor St. Goarshausen liegen. Ein Gutachten ergab später, dass die durch unsachgemäße Beladung verursachte geringe Stabilität des Schiffes zur Havarie geführt hatte. Von den vier Besatzungsmitgliedern konnten zwei aus dem vier Grad kalten Wasser gerettet werden. Zum Zeitpunkt des Unglücks herrschte auf dem Rhein Hochwasser. Der Pegel Kaub stand um 13 Uhr mit 5,72 m deutlich unter der Hochwassermarke II (Pegelstand 6,40 m), bei deren Überschreiten die Schifffahrt eingestellt wird.[4][5] Infolge des Unfalls musste der Rhein in Höhe des havarierten Schiffes, das erst am 13. Februar 2011 geborgen werden konnte, für Wochen gesperrt werden, was zu einem erheblichen Stau auf der Wasserstraße führte.

Die Loreley als Sagenfigur

Lurelei, Gemälde von Carl Joseph Begas, 1835
Die Loreley, Gemälde von Philipp Foltz, 1850
Die Nixe Loreley als Statue auf der Hafenmole des Loreleyhafens. Geschenk der Künstlerin Natasha Alexandrowna Prinzessin Jusoppow 1983 an die Stadt Sankt Goarshausen.
Mariano Pinton: Loreley
Brauchtum: Inthronisation der neuen Loreley am 13. Apr. 2012

Bereits im Mittelalter wurden Zwerge, Nymphen oder Berggeister für die gefährlichen Strömungen und die Echos am Loreleyfelsen verantwortlich gemacht. Von einer Frauengestalt namens Loreley ist aber zunächst noch nicht die Rede.[6]

Der erste, der den Felsennamen auf eine Person übertrug und damit eine Kunstsage schuf, war der Dichter Clemens Brentano; die Entstehung des Echos am Loreley-Felsen fand damit eine neue Erklärung. Wahrscheinlich verband er den Echofelsen mit dem antiken Mythos der Nymphe Echo, welche aus Trauer über den Verlust ihres Geliebten zu einem Felsen erstarrte, von welchem fortan ihre Stimme als Echo ertönte. Clemens Brentano schrieb in seinem Roman Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter (1801–1802) eine Ballade über Lore Lay, eine eponyme Frau, die aufgrund ihrer Anziehungskraft auf Männer für eine Zauberin gehalten wird und sich schließlich aus Liebeskummer vom gleichnamigen Felsen stürzt. Die Sage von der Loreley entspricht thematisch dem romantischen Weltbild. Beliebte Schauplätze romantischer Dichtungen sind nebelverhangene Waldtäler, Flüsse, Ruinen, alte Burgen, Höhlen und Berginneres. Dies sind auch die von Brentano verwendeten Schauplätze. Diese Ballade Brentanos gab den Anstoß zu weiteren Erzählungen mit einer gleichnamigen weiblichen Gestalt am gegebenen Ort. Unter anderem gibt es Balladenfassungen von Eichendorff, Otto von Loeben und anderen, am berühmtesten ist jedoch das Gedicht von Heinrich Heine. Es prägte die Figur der Loreley als eine Art Nixe, die gleich einer Sirene durch ihren Gesang und ihre Schönheit die Rheinschiffer in ihren Bann zieht, worauf hin diese durch die gefährliche Strömung und die Felsenriffe umkommen.

Clemens Brentanos Ballade

Clemens Brentano schrieb 1801 in der Ballade Zu Bacharach am Rheine … (ursprünglich Teil des Romans Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter) von einer Zauberin, die auf Grund ihrer Schönheit allen Männern den Verstand raubt und ihnen schließlich stets den Tod bringt. Deshalb soll sie als Hexe von geistlicher Gewalt zum Tode verurteilt werden. Lore Lay ist sich ihrer Wirkung bewusst und dieses Umstands müde – seit ihr Liebster sie betrogen hat und sie in ihrem „Zauberkreis“ verderben muss, wünscht sie sich zu sterben. Der Bischof bringt jedoch aufgrund von Lore Lays Schönheit ein Todesurteil nicht über die Lippen und schickt sie stattdessen in ein Kloster. Auf der Reise dorthin, begleitet von drei Rittern, bittet Lore Lay an einem großen Felsen, diesen erklimmen und noch einmal von oben den Rhein betrachten zu dürfen. Sie besteigt den Felsen und stürzt sich hinab. In einer Fußnote wird direkt Bezug genommen auf den Loreley-Felsen bei Bacharach am Rhein.

Die Ballade beginnt so:

Zu Bacharach am Rheine
Wohnt’ eine Zauberin,
Sie war so schön und feine
Und riß viel Herzen hin.

Und brachte viel zuschanden
Der Männer rings umher,
Aus ihren Liebesbanden
War keine Rettung mehr.

Nach einer 1978 von Werner Bellmann veröffentlichten Interpretation handelt es sich bei der Lore-Lay-Ballade um eine Variation des antiken Echo-Mythos. (Echo wird aus Gram über ihre verschmähte Liebe zu Narzissus zu einem Fels, aus dem ihre Stimme als Widerhall ertönt.) Gestützt hat sich Brentano bei der Konzeption seines Gedichts auf eine im Jahre 1631 veröffentlichte versifizierte Paraphrase der Ovidschen „Metamorphosen“, die sich in seinem Besitz befand und die er für mehrere lyrische Passagen des Romans „Godwi“ herangezogen hat. Die Lore-Lay-Ballade ist nach Bellmanns These eine – von Brentano erfundene – ätiologische Erzählung, die, anknüpfend an den antiken Echo-Mythos, die Entstehung des Echos am Loreley-Felsen bei St. Goarshausen „erklärt“. Am Anfang der Wirkungsgeschichte – der Popularisierung – von Brentanos Ballade steht die Darstellung Niklas Vogts (1756–1836): „Dieser Lurelei, oder vielmehr sein Echo, soll die Stimme eines Weibes seyn, welche durch ihre außerordentliche Schönheit alle Männer bezaubert hat, nur den nicht, welchen sie selbst liebte.“ In einer Fußnote verweist Vogt auf Brentanos Gedicht.[7]

Clemens Brentanos Rheinmärchen

Das Thema der Lorelei greift Brentano in seinen Rheinmärchen (1846/1847) wieder auf. Hier ist Lorelei jedoch nicht mehr das Mädchen von Bacharach, sondern eine Feengestalt. In dem Märchen von dem Rhein und dem Müller Radlauf entsteht durch eine Tragödie während der Hochzeitszeremonie des Prinzen Rattenkahl von Trier mit der Prinzessin Ameleya von Mainz eine tiefe Feindschaft zwischen ihren beiden Königreichen. Im Verlauf der Geschichte erzählt ein Goldfischchen davon, seltsame Lichter gesehen zu haben mit einem wundersamen Schimmer, welche aus einer runden Öffnung im Boden kämen. Der Wassermann unterhält sich darüber mit dem weißen Main und dem roten Main. Er erzählt, dass es sich hierbei um den Nibelungenhort handle. Der rote Main möchte wissen, wohin die sieben Gänge führen. Sie führten zu sieben goldenen Türen, hinter denen sich sieben Treppen befänden. Diese wiederum würden sich hinauf in einen Saal winden. Dort sitze auf sieben Thronen Lureley, neben ihr säßen ihre sieben Töchter. Lureley wird als Zauberin beschrieben, mit schönem Leib und klugem Sinn. Das schöne Schloss ist von schroffem Felsgestein umgeben und der Rhein braust wild vorbei. Lureley wird die Hüterin vom Hort (Nibelungenhort) genannt. Sie wacht und singt, sobald sie einen Schiffer hört. Frau Lureley wird hier als eine Tochter der Phantasie beschrieben. Sie ist die Tochter von Phantasie und Widerhall. Einige ihrer Kinder werden namentlich erwähnt. Es sind Echo, Akkord und Reim.

Im weiteren Verlauf der Geschichte taucht Loreley erneut auf. Diesmal wird zum ersten Mal das Sinken eines Schiffes mit ihr in Verbindung gebracht. Auch das Motiv, dass eine Frau auf dem Felsen sitzt und sich das goldene Haar kämmt, taucht hier auf. Der Müller Radlauf erzählt von einem stürmischen Tag, an dem sie mit dem Boot auf dem Rhein fuhren. Er habe in den Felsen hinaufgeschaut und eine wunderschöne junge Frau mit schwarzem Rock und weißem Schleier gesehen. Sie sei in tiefster Trauer gewesen und habe geweint, während sie ihr langes blondes Haar gekämmt habe. Dann gerät das Schiff in einen Strudel, dreht sich und wird mit einem Ruck hinab geschlungen. Radlauf sinkt in seinem Boot und gelangt auf dem Grund des Rheins zu einer Laube. Hier trifft er Lureley. Sie sitzt auf einer Wasserlilie und ist umgeben von sieben Jungfrauen, welche ihre Töchter sind. Lureley bemerkt ihn nicht und singt zusammen mit den Jungfrauen. Beschrieben wird sie als holdseliges Weib, welches Radlauf ganz in ihren Bann zieht. Sie ist eine schöne blonde Frau und hat eine überaus holdselige Miene. So nimmt sie Radlauf an die Hand und führt ihn herum. Das liebe blonde Wasserfräulein bringt ihn in den Raum seiner Ahnen, vier alter Greise. Lureley wird hier außerdem als liebe blonde Mutter beschrieben.

Später tritt eine weitere Frau Lureley auf. Sie ist zu Beginn eine junge Meerjungfrau, dann bedient sie sich des Äußeren eines hübschen Bauernmädchens, um Menschengestalt anzunehmen. Sie ist treu, denn sie kehrt dreimal zu ihrer großen Liebe Christel zurück, obwohl er sie dreimal betrogen hat. Auch die Mühlknappen und Lureleys Kinder haben sie betrogen. Schließlich hat sie drei ihrer Kinder verloren und lässt ihr letztes bei Christel zurück. Sie zieht sich in ihr Schloss, den Lureley-Felsen bei St. Goar, zurück und nimmt wieder die Gestalt einer Wasserjungfrau an. Hier wohnt sie dann mit Frau Echo und ihren sieben Töchtern und verwaltet das Schicksal der Toten. Alle Facetten der Liebe spielen hier eine Rolle, denn jede Tochter steht für eine Eigenschaft der Liebe: Herzeleid, Liebesleid, Liebeseid, Liebesneid, Liebesfreud, Reu und Leid, Mildigkeit. Sie ist eine wunderschöne milde Frau, welche jedoch ein gebrochenes Herz hat, weil sie oftmals von ihrem Liebsten und ihren Lieben betrogen wurde. Lureley sitzt oft traurig auf ihrem Felsen bei ihrem Schloss, weint, singt und kämmt sich ihr langes blondes Haar. Wenn sie von vorüber fahrenden Schiffern verhöhnt wird, zieht sie diese in den Tod hinab.

Noch ein weiteres Mal taucht eine Lureley in der Geschichte auf. Diesmal ist sie ein umherreisendes Wasserfräulein. Sie wird als schön, gut und freundlich beschrieben und trägt sehr schöne Kleider. Ihr Haar ist lang und blond. Lureley kann daraus Perlen und Gold regnen lassen und auch andere Zauber tun. Guten Menschen hilft sie gerne, böse hingegen verurteilt sie. Die Haare kämmt sie sich hier nicht selber, sondern lässt dies ein Mädchen verrichten. Lureley ist eine helfende, liebevolle Wasserfrau.

Heinrich Heines Lied von der Loreley

Hauptartikel: Die Lore-Ley

Emil Krupa-Krupinski: Loreley, 1899
Loreley auf dem Heinrich-Heine-Denkmal in der Bronx
Karl Valentins Kamm der Loreley

Heinrich Heine griff das Thema 1824 in seinem wohl bekanntesten Gedicht auf, das unter dem Titel Die Lore-Ley in die Literaturgeschichte einging. Verbreitung fand es vor allem durch die Vertonung von Friedrich Silcher (1837). Er benutze Motive und Darstellungsmittel der Romantik und des Volkslieds, um diese (durch Akkumulation und durch Übertreibung, auch durch übersteigertes Pathos) zu ironisieren und sich auf diese Weise zu distanzieren. Die Verbindung von Eitelkeit, Verführbarkeit und Vergänglichkeit weist auf die Wiederbelebung der Vanitas-Motive in der Romantik. Im 19. Jahrhundert entstanden neben der populären Liedfassungen Silchers über vierzig weitere.[8] Im Jahr 1841 und in überarbeiteter Fassung 1856 wurde das Gedicht von Franz Liszt unter dem Titel Die Loreley (Searle 273) als Lied für Klavier und Singstimme vertont. Liszt hat zusätzliche Arrangements für Klavier solo im Jahr 1861 (Searle 532) sowie Singstimme und Orchester im Jahr 1860 (Searle 369) erstellt. Es ist mit seiner Tonmalerei und seiner differenzierten szenischen Stimmungsschilderung nicht mit Silchers schlichter Volksweise vergleichbar.[9] Clara Schumann vertonte den Text im Jahr 1843 als Lied für Klavier und Singstimme. [10] Heines Lore-Ley wurde lange Zeit, vor allem im 19. Jahrhundert, als sentimentales Volkslied rezipiert.

Adaptionen des Loreley-Stoffes

  • Felix Mendelssohn Bartholdy plante eine Oper über das Sujet (Op. 98, unvollendet).
  • Mary Koch (d.i. Marie Leinweber) schreibt 1884 eine Rheinsage in elf Gesängen mit dem Titel „Loreley“. Stuttgart, Barth, 1884.
  • Der Berliner Komponist Paul Lincke brachte im Jahr 1900 eine Operette unter dem Titel Fräulein Loreley heraus.
  • Max Bruch, Alfredo Catalani, Hans Sommer, Fredrik Pacius und William Vincent Wallace komponierten Opern mit dem Titel „Loreley“ zu diesem Thema.
  • George Gershwin ließ 1932 in dem in Deutschland spielenden MusicalPardon My English“ die Loreley als „leichtes Mädchen“ besingen.
  • Lenny E. Hoffmann komponierte 1993 das Musical „Loreley“ mit dem London Symphony Orchestra und Chris Kempers als Loreley. Von Mai bis September 1993 wurde das Musical auf der Freilichtbühne Loreley aufgeführt.
  • Lene Voigt persiflierte den Stoff mit ihrem Gedicht „De Säk’sche Lorelei“.
  • Ernst Busch warnte in seinem Stück „Ami go home!“ den Amerikaner davor, der Loreley ihren goldenen Kamm zu klauen, und forderte ihn auf, auf seinem Längengrad zu bleiben.
  • Erich Kästner schrieb ein satirisches Gedicht mit dem Titel „Der Handstand auf der Loreley“, in dem er direkt auf Heines Gedicht verweist
  • 1954 kreierten Dietmar Kivel, Heinz Korn und Franz Norden den Karneval-Schunkel-Walzer Lore, leih’ (mir dein Herz...).[11]
  • Die Folk-Punk-Gruppe „The Pogues“, die US-Band Styx, der Roxy Music-Spinoff „The Explorers“ und die englische Rock-Band Wishbone Ash veröffentlichten Stücke mit dem Titel Lorelei.
  • Auch verschiedene Mittelalterbands schrieben Lieder über die Loreley, unter ihnen die Bands „Schandmaul“ (Das Seemannsgrab) und „Die Streuner“ (Die Ballade der Loreley, Vertonung von Clemens Brentanos Ballade, sowie Handstand auf der Loreley, eine heitere Vertonung von Erich Kästners Gedicht). Die Musikband Theatre of Tragedy schrieb ebenfalls ein Lied mit dem Titel „Loreley“, das die Loreley besingt, ebenso die amerikanische Mittelaltergruppe Blackmore’s Night.
  • Der Münchner Komiker Karl Valentin nahm eine Persiflage des Loreley-Liedes auf. Darin beklagt die Loreley vor allem die kalten Winde oben auf dem Felsen und ihre „Saubronchitis“.
  • Helge Schneider tritt in dem Film „Johnny Flash“ in einer Szene selbst als Loreley auf. Vor allem dem Regisseur Werner Nekes zuliebe greift er die Version von Karl Valentin auf.
  • „Loreley“, zwischen 1955 und 1963 vom surrealistischen Kunstler Edgar Ende gemaltes Bild (Öl auf Leinwald).
  • In dem Album der Scorpions, „Sting in the Tail“ befindet sich auch ein Titel Lorelei.
  • Eagle Eye Cherry begibt sich in dem Lied „When Mermaids Cry“ auf die Suche nach Loreley.
  • In der Star-Trek-Serie „Die Enterprise“ gibt es eine Episode namens „Das Lorelei-Signal“. Darin werden Raumschiffe von einem Signal, das einer singenden Frauenstimme ähnelt und bei Männern erotische Visionen hervorruft, in eine Falle gelockt.
  • Die Gruppe Dschinghis Khan hatte 1981 großen Erfolg mit dem deutschen Schlager „Loreley“.
  • In dem Film „Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief“ von Helmut Dietl (1997) stehen die Bemühungen der Protagonisten im Zentrum, den fiktiven Roman Die Loreley von Jakob Windisch zu verfilmen; obwohl potenzieller Produzent und Regisseur eine Verfilmung als finanzielles „multimillionen Stahlgewitter“ einschätzen – ein Bestseller ist der Roman bereits – kann der Autor nicht für das Projekt gewonnen werden.
  • Kai Meyer verfasste 1998 mit seinem Werk „Loreley“ einen Schauerroman aus dem Mittelalter.
  • Harry M. Deutsch: Das Lied der Loreley (aus dem Schwedischen von Anne Görblich-Baier). Roman über ein 1500-jähriges Mysterium bis in die Gegenwart. Eisbär Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-930057-47-6.[12]
  • Achim Reichel nahm seine Version der Silcher-Vertonung für sein 2002 erschienenes Album „Wilder Wassermann“ auf.
  • Marina Grünewald (Hrsg.): Loreley. Die Zauberfee vom Rhein. Smaragd Verlag, Woldert (Westerwald) 2003. ISBN 3-934254-63-2 (Enthält 16 kurze Texte – Lyrik und Prosa – mit dem Loreley-Stoff.)

Forschungsliteratur

  • Helga Arend: Die Loreley – Entwicklung einer literarischen Gestalt zu einem internationalen Mythos. In: Liesel Hermes, Andrea Hirschen, Iris Meißner (Hrsg.): Gender und Interkulturalität. Ausgewählte Beiträge der 3. Fachtagung Frauen-/Gender-Forschung in Rheinland-Pfalz (= Frauen- und Gender-Forschung in Rheinland-Pfalz. Bd. 4). Stauffenburg-Verlag, Tübingen 2002, ISBN 3-86057-794-8, S. 19–28.
  • Jürgen Behrens, Wolfgang Frühwald, Detlev Lüders (Hrsg.): Historisch-Kritische Ausgabe, veranstaltet vom Freien Deutschen Hochstift. Brentano. Sämtliche Werke und Briefe. Band 16: Godwi. Hrsg. von Werner Bellmann. W. Kohlhammer, Mainz, Köln, Berlin, Stuttgart 1978.
  • Werner Bellmann: Brentanos Lore Lay-Ballade und der antike Echo-Mythos. In: Detlev Lüders (Hrsg.): Clemens Brentano. Beiträge des Kolloquiums im Freien Deutschen Hochstift 1978 (= Freies Deutsches Hochstift. Bd. 24). Niemeyer, Tübingen 1980, ISBN 3-484-10369-8, S. 1–9.
  • Rotraud Ehrenzeller-Favre: Loreley, Entstehung und Wandlung einer Sage. Hoops, Zürich 1948.
  • Elisabeth Frenzel, Sybille Grammetbauer: Stoffe der Weltliteratur. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1998.
  • Manfred Halfer: Loreley – ein Beitrag zur Namendeutung. In: Hansen-Blatt. Nr. 50, 1997, ZDB-ID 970533-8, S. 83–87, online.
  • Friedhelm Kemp (Hrsg.): Clemens Brentano Werke. Dritter Band: Märchen. Carl Hanser Verlag, München 1965.
  • Jürgen Kolbe (Hrsg.): „Ich weiß nicht was soll es bedeuten“. Heinrich Heines Loreley. Bilder und Gedichte. Hanser, München u. a. 1976, ISBN 3-446-12302-4.
  • Mario Kramp, Matthias Schmandt (Hrsg.): Die Loreley. Ein Fels im Rhein. Ein deutscher Traum. Philipp von Zabern, Mainz 2004, ISBN 3-8053-3369-2.
  • Willy Krogmann: Lorelei. Geburt einer Sage. In: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde. Bd. 3, 1956, ISSN 0556-8218, S. 170–196.
  • Peter Lentwojt: Die Loreley in ihrer Landschaft. Romantische Dichtungsallegorie und Klischee. Ein literarisches Sujet bei Brentano, Eichendorff, Heine und anderen. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1998, ISBN 3-631-32076-0. (= Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur. Bd. 1664). (Zugleich: Stuttgart, Universität, Dissertation, 1996).
  • Erika Tunner: The Lore Lay – a Fairy Tale from Ancient Times? In: Gerhart Hoffmeister (Hrsg.): European Romanticism. Literary Cross-Currents, Modes, and Models. Wayne State University Press, Detroit MI 1990, ISBN 0-8143-2109-7, S. 269–286.

Dokumente

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Loreley – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Loreley – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Loreley – Reiseführer

Einzelnachweise

  1. Topografische Karte 1:25.000
  2. Forum Celtic Studies der Universität Trier
  3. Unglücks-Schiff Loreley wird in Köln untersucht – 41 Menschen wurden verletzt. In: Rheinische Post, 29. September 2003.
  4. Tankschiff mit Schwefelsäure auf Rhein gekentert. In: Rhein-Zeitung, 13. Januar 2011.
  5. ELWIS: Pegel Kaub am 13. Januar 2010.
  6. Virginia Gerard: Loreley – „Ein Märchen aus alten Zeiten“, im Internet: http://www.goethe.de/lrn/prj/mlg/mad/mdr/de8892785.htm
  7. Siehe: Nicolaus Vogt: Die Bildergallerie des Rheins. Kapitel 23: Die Lurelei. In: Rheinisches Archiv für Geschichte und Litteratur. Bd. 5, H. 5/8, 1811, ZDB-ID 527411-4, S. 69.
  8. Étienne François, Hagen Schulze (Hrsg.): Deutsche Erinnerungsorte. Band 3. C. H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-47224-9, S. 490.
  9. Hans Christoph Worbs: Booklet der CD von Margaret Price und Cyprien Katsaris: Franz Liszt – Lieder und 3 Petrarca-Sonette, Teldec Schallplatten GmbH, 1986, auf CD von Teldec Classics International GmbH, Hamburg, 1999, Seite 5
  10. Oeuvre van Clara Schumann-Wieck.
  11. Text bei cazoo.org/folksongs/
  12. Auszug: http://www.jhelbach.de/lorelei/das%20lied%20der%20loreley.htm

Koordinaten: 50° 8′ 22″ N, 7° 43′ 43″ O