„Parteinahe Stiftung (Deutschland)“ – Versionsunterschied
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Version vom 16. September 2016, 22:20 Uhr
Parteinahe Stiftung (alternative Bezeichnungen: Parteistiftung, Parteienstiftung, politische Stiftung) sind den politischen Parteien in Deutschland nahestehende Institutionen zum Zweck der politischen Bildung, die aber aus rechtlichen Gründen von den ihnen nahestehenden politischen Parteien getrennt sind. Jede der im Bundestag vertretenen Parteien arbeitet mit einer ihre politischen Grundsätze vertretenden Stiftung zusammen. Dass eine Stiftung die politischen Grundsätze einer Partei bzw. einer politischen Bewegung vertritt, bedeutet dabei auch, dass jede dieser Stiftungen für die politischen Grundsätze und Ansichten dieser Partei mehr oder weniger direkt wirbt. Jede politische Stiftung unterhält das Archiv der ihr nahestehenden Partei.
Finanzierung
Finanziert werden die politischen Stiftungen hauptsächlich durch Mittel des Bundesministeriums des Innern (BMI), des Auswärtigen Amtes (AA), des Bundesumweltministeriums (BMU), des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Die Bundesmittel, die den parteinahen Stiftungen überwiesen werden, erreichen jährlich dreistellige Millionenbeträge und weisen in den letzten Jahren eine stark steigende Tendenz auf. So stiegen die Zuwendungen des Bundes an die politischen Stiftungen von 295 Mio. Euro im Jahr 2000 um 43,5 % auf 423,2 Mio. Euro im Jahr 2011.[1] Von 2005 bis 2014 stiegen die Etats insgesamt um fast 50 % (zum Vergleich, Etatsteigerung Bundeshaushalt: 14 %).
Als offizielle Aufgaben parteinaher Stiftungen werden vor allem die politische Bildung der Bevölkerung im In- und Ausland, die Begabtenförderung und die Entwicklungszusammenarbeit angeführt. Diese Aufgabe liegt nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 14. Juli 1986 (AZ 2 BVerfGE 5/83) im öffentlichen Interesse.[2] In einem gemeinsamen Positionspapier stellen die parteinahen Stiftungen im Juli 2011 ihr Selbstverständnis und ihre Aufgaben dar.[3]
An der Finanzmittelverwendung der politischen Stiftungen gibt es immer wieder Kritik des Bundesrechnungshofes. So habe – nach einem Bericht der Welt am Sonntag – die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU) die Verluste, die beim Tagungs- und Hotelbetrieb entstanden sind, mit Steuermitteln beglichen.[4] In demselben Bericht wurde festgestellt, dass das zuständige Finanzamt – neben vielen weiteren steuerrechtlichen Beanstandungen der Buchhaltung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung – von deren Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Gerhardt und dem damaligen Geschäftsführenden Vorstandsmitglied Rolf Berndt eine Nachversteuerung von 85.000 Euro verlangt habe, da sie ihre „opulenten“ Dienstwagen in unerlaubter, weil fehlerhaft dokumentierter Weise für private Fahrten genutzt hätten.
Darüber hinaus wird bei politischen Stiftungen auch die Finanzierung von Auslandsreisen und damit verbundene Hotelkosten beanstandet (Carsten Schneider bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, SPD; Helmuth Markov (Die Linke) bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung). Schließlich steht auch die Subvention von Bildungsstätten in der Kritik. So konnte das Bundesverwaltungsamt einen Missbrauch der Hanns-Seidel-Stiftung für die Tagungsstätten Wildbad Kreuth sowie Kloster Banz nachweisen.
- Übergangsregelung
Falls eine Partei nicht mehr dem Bundestag angehört, so wird die ihr nahe stehende Stiftung nur noch in der folgenden Legislaturperiode finanziert. Dies ist seit 2013 bei der FDP und der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit der Fall.[5]
Rechtsform
Der Rechtsform nach sind die parteinahen Stiftungen – mit Ausnahme der Friedrich-Naumann-Stiftung – keine Stiftungen im eigentlichen Sinne, sondern eingetragene Vereine. Insgesamt beschäftigen die politischen Stiftungen weltweit 2.000 Angestellte und unterhalten fast 300 Vertretungen und Büros im Ausland.
Gewerkschaftsnahe Stiftung
Von Aufgaben und Strukturen her einer parteinahen Stiftung ähnlich ist die Hans-Böckler-Stiftung, die dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) nahesteht und sich häufig mit Studien zu Arbeitsbedingungen in Deutschland in der Öffentlichkeit präsentiert.
Parteinahe Stiftungen auf Bundesebene
Institution | Partei | Rechtsform |
---|---|---|
Konrad-Adenauer-Stiftung | CDU | Verein |
Friedrich-Ebert-Stiftung | SPD | Verein |
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit | FDP | Stiftung |
Heinrich-Böll-Stiftung | Grüne | Verein |
Hanns-Seidel-Stiftung | CSU | Verein |
Rosa-Luxemburg-Stiftung | Die Linke | Verein |
Die Bemühungen der Partei Die Republikaner, eine Franz-Schönhuber-Stiftung als privatrechtliche Stiftung zu errichten, verliefen erfolglos.[6] Stiftungsaufsicht und Gerichte begründeten die Ablehnung der Genehmigung damit, die geplante Stiftung gefährde das Gemeinwohl.
Mittelherkunft
Die Zahlungen an die sechs Parteistiftungen in einer Gesamthöhe von 466 Millionen Euro (2014) kamen von den aufgeführten Ministerien (Werte in Millionen Euro):
Bundesministerium | Betrag |
---|---|
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) | 254,4 |
Bundesministerium des Innern (BMI) | 116,0 |
Bundesumweltministerium (BMU) | 80,7 |
Auswärtiges Amt (AA) | 17,2 |
Diese Zahlungen verteilen sich auf die einzelnen Stiftungen wie folgt:
Staatliche Stiftungszahlungen 2014 | ||||
---|---|---|---|---|
Betrag | ||||
Friedrich-Ebert-Stiftung | 143,9 | |||
Konrad-Adenauer-Stiftung | 130,0 | |||
Hanns-Seidel-Stiftung | 47,5 | |||
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit | 49,4 | |||
Heinrich-Böll-Stiftung | 49,4 | |||
Rosa-Luxemburg-Stiftung | 48,1 | |||
Zuschüsse in Millionen Euro |
In den Bundesländern erhalten die Stiftungen darüber hinaus auch Mittel aus dem Landeshaushalt sowie teilweise aus Einnahmen der staatlichen Lotteriegesellschaften. In Berlin betrugen die letztgenannten Einnahmen von 2006 bis 2016 insgesamt 27,5 Millionen Euro.[7]
Rolle in der deutschen Außenpolitik
Die Stiftungen werden in einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) aus dem Jahr 1998 als „diplomatische Hilfstruppen“ bezeichnet, die eine „Nebenaußenpolitik“ betrieben. Laut dieser Schrift gehe es bei den Stiftungen darum, im Ausland „politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Eliten, denen eine besonders wichtige Rolle bei der Etablierung demokratischer und marktwirtschaftlicher Strukturen zukommt, zu fördern“ – ein Ziel, das „die regierungsoffizielle Außenpolitik aufgrund einer auch durch fundamentale völkerrechtliche Normen gebotenen Zurückhaltung kaum in vergleichbar direkter Weise“ verfolgen könne. Folgt man den Autoren der DGAP, so wäre es zwar verfehlt, „hinter allen möglichen wichtigen Entwicklungen und Veränderungen in anderen Staaten eine geheimdienstähnliche,invisible hand‘ der Stiftungen zu vermuten“, gleichwohl hätten diese an außenpolitischen Weichenstellungen entscheidend mitgewirkt. Dass die Vielzahl der aus Bundesmitteln finanzierten Stiftungsprojekte sich faktisch zu einem bedeutsamen, „wenn auch wenig sichtbaren und kaum schlagzeilenträchtigen“ Element deutscher Außenpolitik summiere, zeige, dass deutsche „Machtpolitik“ „nicht der Vergessenheit anheimgefallen“ sei.[8]
Parteinahe Stiftungen auf Landesebene
Österreich
In Österreich besitzen die parteipolitischen Weiterbildungsorganisationen der im Nationalrat vertretenen Parteien (Parteiakademie genannt) eine ähnliche Funktion wie die parteinahen Stiftungen in Deutschland. Die Förderung erfolgt über einen separaten Topf im Rahmen der staatlichen Parteienfinanzierung.
Institution | Partei | Förderungsmittel
(Stand 2011)[9] |
---|---|---|
Dr.-Karl-Renner-Institut | SPÖ | 3,02 Mio. |
Politische Akademie der ÖVP | ÖVP | 2,80 Mio. |
FPÖ Bildungsinstitut | FPÖ | 2,28 Mio. |
Grüne Bildungswerkstatt | Grüne | 1,64 Mio. |
Team Stronach Akademie | Team Stronach | k.A |
NEOS Lab | NEOS | k.A |
Europäische Union
Auch auf europäischer Ebene gibt es Stiftungen, die den politischen Parteien auf europäischer Ebene nahestehen. Diese werden durch die Europäische Union finanziell unterstützt.[10] Die nationalen Parteistiftungen sind in der Regel Mitglied der entsprechenden europäischen Stiftung.
Literatur
- Bianca Beyer: Politische Stiftungen in Deutschland. Die Bedeutung der Stiftungstätigkeiten für die Parteien, Saarbrücken 2008, DNB 1002818923 (Archivobjekt für berechtigte Nutzer).
- Manfred Born: Parteinahe Stiftungen: Stiftung oder Partei? Eine Untersuchung der rechtlichen Ausgestaltung parteinaher Stiftungen und verwandter Organisationen, Boorberg, Stuttgart 2007.
- Hans Herbert von Arnim: Die gesetzlosen Fünf. In: Der Spiegel. Nr. 52, 1994, S. 26–28 (online – Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim über das Ärgernis der parteinahen Stiftungen).
Weblinks
- Peter Massing: Politische Stiftungen, Dossier. Bundeszentrale für politische Bildung, 19. März 2015
- Matthias Rude: Instrumente deutscher Machtpolitik. Politische Stiftungen in der Außenpolitik der BRD. In: Hintergrund Nachrichtenmagazin. 19. Dezember 2014, abgerufen am 28. Dezember 2014.
- Martin Lutz, Uwe Müller: Der Staat pumpt unablässig Geld in Parteistiftungen: Die Zuschüsse des Bundes steigen unverhältnismäßig. Karlsruhe prüft die undurchsichtige Finanzierungspraxis. Steuerzahlerbund und Transparency fordern ein Stiftungsgesetz, das klare Aufgaben festlegt. Welt online, 6. Oktober 2014
- Martin Lutz, Uwe Müller: Das Kartell der Staatsplünderer. In: Welt online. 10. Oktober 2014, abgerufen am 11. Oktober 2014.
Einzelnachweise
- ↑ Bemerkungen 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. (PDF; 5,9 MB) Bundesrechnungshof
- ↑ Urteil BVerfG vom 14. Juli 1986 AZ 2BvE 5/83
- ↑ Die Bildungsarbeit der Politischen Stiftungen in Deutschland (PDF; 1,1MB)
- ↑ Martin Lutz, Uwe Müller: Das Kartell der Staatsplünderer. In: Welt online. 10. Oktober 2014, abgerufen am 11. Oktober 2014.
- ↑ Stefan Braun: Die letzten Liberalen. In: Süddeutsche Zeitung, 7. Februar 2015, S. 13
- ↑ BVerwGE 106, 177; NJW 1998, 2545
- ↑ http://www.zdf.de/frontal-21/millionen-fuer-parteinahe-stiftungen-aus-berliner-lotto-mitteln-43194158.html
- ↑ Sebastian Bartsch: Politische Stiftungen: Grenzgänger zwischen Gesellschafts- und Staatenwelt. In: Wolf Dieter Eberwein, Karl Kaiser (Hrsg.): Deutschlands neue Außenpolitik. Band 4: Institutionen und Ressourcen (Schriften des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e. V., Reihe: Internationale Politik und Wirtschaft, Band 63). München 1998, S. 185–198, hier S. 196, zitiert nach: Matthias Rude: Instrumente deutscher Machtpolitik. Politische Stiftungen in der Außenpolitik der BRD. (zuerst erschienen in: Hintergrund Nachrichtenmagazin, Heft 4, 2014, S. 34–39).
- ↑ Rechnungshofbericht, Tabelle 1, S. 22. Abgerufen am 27. April 2016.
- ↑ Grants from the European Parliament to political foundations at European level per year (PDF)