École nationale des chartes
Die École nationale des chartes (frz. etwa Nationale Schule für Urkundenforschung), früher ohne nationale, ist die führende Ausbildungs- und Forschungsstätte in den historischen Hilfswissenschaften in Frankreich. Sie ist ein staatliches Institut tertiärer Bildung.
Geschichte
Das erste Institut unter diesem Namen schloss schon zwei Jahre nach seiner Einrichtung am 22. Februar 1821. Mit Erlass vom 11. November 1829 wurde es wieder eingerichtet und konnte 1834 unter ihrem ersten Direktor Alexandre Teulet die ersten Absolventen in den Archivdienst entlassen. Sie war zunächst in der Bibliothèque Royale und seit 1862 im Hôtel de Breteuil in Paris untergebracht. Heute belegt sie Räumlichkeiten der Sorbonne.
Die École des chartes wurde lange des Konservatismus bezichtigt, hat sich aber seit dem Direktorat von Anita Guerreau-Jalabert im Jahr 2002 stark gewandelt.
Aufgaben
Aufgabe der École des chartes ist es, Archivare und Bibliothekare («conservateurs d'archives et de bibliothèques») auszubilden, die vorher das Institut national du Patrimoine oder die École nationale supérieure des sciences de l'information et des bibliothèques besucht haben. Universitätsabsolventen und Forscher, insbesondere der Geschichte und Literaturwissenschaften, können sich an der École des chartes ausbilden lassen.
Aufnahme und Abschlüsse
Die Bewerber („chartistes“) müssen eine von den beiden folgenden Prüfungen bestehen:
- Der „klassische“ Concours A hat einen Schwerpunkt auf Mittelalterlicher Geschichte und modernem Latein
- Der „moderne“ Concours B legt seinen Schwerpunkt auf Neuere Geschichte und Zeitgeschichte und auf lebende Sprachen.
Für diese beiden Prüfungen kann man einzelne Vorbereitungsklassen besuchen, nämlich die sogenannten «hypochartes» und «chartes» an den Lyceen Henri IV in Paris, Pierre de Fermat in Toulouse und Fustel de Coulanges in Straßburg für den Concours A und die sogenannten «hypokhâgnes» und «khâgnes» an höheren geisteswissenschaftlichen Ausbildungseinrichtungen für den Concours B. Die Anzahl der Plätze in den Concours ist stark begrenzt (ca. 25 für beide Concours und damit weniger als die Zahl der verfügbaren Stellen in der Archivverwaltung).
Die Studierenden der École des chartes sind «élèves fonctionnaires-stagiaires» und erhalten damit ein Gehalt. Ihr Kurs dauert drei Jahre, an deren Ende sie eine «thèse d'établissement» genannte Abschlussarbeit schreiben. Die École des chartes vergibt ein Diplom des „Archivar-Paläographen“, das einem Ingenieurstitel entspricht.
Veröffentlichungen
Die Societé de l'École des chartes veröffentlicht seit 1839 die «Bibliothèque de l'École des chartes«», eine der ältesten noch bestehenden historischen Fachzeitschriften.
Berühmte Absolventen
Historiker
- Jean Favier, Mediävist
- Robert Fossier, Mediävist
- Arthur Giry, Historiker
- Régine Pernoud, Mediävist
Politiker
- Camille Pelletan, Marineminister
- Gabriel Hanotaux, Außenminister
Schriftsteller
- Georges Bataille
- René Girard, Schriftsteller und Philosoph, Mitglied der Académie française
- Roger Martin du Gard, Literaturnobelpreis 1937
- François Mauriac, José-Maria de Heredia und André-Ferdinand Herold besuchten die Schule ohne das Studium abzuschließen
Weblinks
- Offizielle Homepage (französisch)