Rathenow

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Vorlage:Infobox Ort in Deutschland

Lage der Kreisstadt Rathenow im Landkreis Havelland
Denkmal für Johann Heinrich August Duncker am Bahnhofsvorplatz

Rathenow [ˈʁaːtənoː] ist eine Stadt an der Havel, ca. 70 Kilometer westlich von Berlin und Verwaltungssitz des Landkreises Havelland.

Geografie

Stadtgliederung

Am 1. Januar 2002 wurden die eigenständigen Gemeinden Semlin, Böhne, Göttlin, Grütz und Steckelsdorf im Zuge der Gemeindegebietsreform Ortsteile von Rathenow.

Geschichte

Schon in früher Vorzeit wird die Gegend von Rathenow besiedelt. Im Jahr 1157 wird auf der Steckelsberger Gemarkung ein Burgwall erwähnt, der als Ursprung der Stadt gilt. Im Jahr 1216 wird die Stadt erstmals urkundlich erwähnt. Im Jahr 1295 erhält die Stadt von Markgraf Otto IV. das Stadtrecht verliehen. Unter dem Dreißigjährigen Krieg hat die Stadt schwer zu leiden. So wohnen im Jahr 1648 nur noch 48 Einwohner in der Stadt. Während des Schwedisch-Brandenburgischen Krieges fand in der Stadt eine Schlacht der beiden Kriegsparteien statt, in der die brandenburgischen Truppen kriegsentscheidend gewinnen konnten.

Rathenow wird als Wiege der industriellen Optik in Deutschland bezeichnet. Johann Heinrich August Duncker entwickelte in Rathenow die erste Vielspindelschleifmaschine zur rationellen Herstellung von Brillengläsern und begründete dort 1801 die optische Industrie. Bekannt war auch die Ziegelindustrie; ein Großteil der Ziegel für die Bauten von Schloss Sanssouci, des Holländischen Viertels in Potsdam und des Roten Rathauses in Berlin stammen aus Rathenower Produktion.

Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat im Jahr 1816 nach dem Wiener Kongress war Rathenow Verwaltungssitz des Kreises Westhavelland im Regierungsbezirk Potsdam in der preußischen Provinz Brandenburg, seit 1939 „Mark Brandenburg“.

1889-91 wurde die Zietenhusarenkaserne errichtet (einfach gegliederte Ziegelbauten).

Am 1. Juni 1925 schied die Stadtgemeinde Rathenow aus dem Landkreis Westhavelland aus und bildete fortan einen eigenen Stadtkreis, der als Exklave mitten im Kreisgebiet lag.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde am 18. April 1944 ein Teil Rathenows durch einen amerikanischen Bomberverband zerstört. Dieser war ursprünglich zum Ziel Berlin unterwegs, dort aber durch heftiges Flakfeuer zum Umdrehen gezwungen und lud dann einen Teil der Fracht über der ersten sich bietenden Stadt ab. Dabei entstand der größte Brand in der Tischlerei Blöbaum, über deren Gelände zwei Sprengbomben und dutzende von Brandbomben niedergingen.

Kurz vor Kriegsende im Mai 1945 zerschossen die anrückenden sowjetischen Truppen mehr als 75 Prozent der Stadt, weil einige versprengte Truppen unter dem Kommando von Generalfeldmarschall Keitel noch glaubten, weiter kämpfen zu müssen.

Durch die Verwaltungsreform 1952 wurde die Stadt Verwaltungssitz des Kreises Rathenow.

Am 17. Juni 1953 kam es in Rathenow zu heftigen Protesten. Dabei wurde der Spitzel der Sowjetischen Militäradministration Hagedorn von aufgebrachten Demonstranten gelyncht.

Während der Zeit der DDR arbeiteten in den „Rathenower Optischen Werken (ROW)“ mehrere tausend Menschen. Ein Großteil des Ostblocks wurde von hier aus mit Brillen und optischen Geräten beliefert. Mit der deutschen Wirtschafts- und Währungsunion brachen diese Märkte schlagartig weg.

Am 6. Dezember 1993 wurde Rathenow im Rahmen der Kreisreform Kreisstadt des Landkreises Havelland.

Basierend auf den immer noch vorhandenen qualifizierten Fachkräften eröffnete der Optikerkonzern Fielmann im Jahr 2002 ein neues Produktions- und Logistikzentrum mit 600 Beschäftigten in der Stadt.

Trotzdem ist die Stadt geprägt von hoher Arbeitslosigkeit und Abwanderung der Jugend. Ein Großteil der Wohnungen im Neubaugebiet Rathenow Ost steht deshalb leer, einige werden bereits abgerissen.

Politik

Stadtverordnetenversammlung

Die Stadtverordnetenversammlung Rathenow besteht aus 32 Abgeordneten und dem hauptamtlichen Bürgermeister, Ronald Seeger (CDU).

(Stand: Kommunalwahl am 26. Oktober 2003)

Wappen

Blasonierung: „In Silber ein goldbewehrter, rot gezungter roter Adlerkopf, begleitet von zwei blauen Sternen rechts und links mittig des Kopfes sowie einem blauen Stern unterhalb des Kopfes. Die Sterne sind sechszackig.“

St.-Marien-Andreas
Denkmal für den Großen Kurfürsten
Detail
Bismarckturm von hinten
Das Rathenower Brachymedial-Fernrohr auf dem Gelände der Bruno-H.-Bürgel-Schule in Rathenow-Ost
Die Friedensbrücke über die Havel

Städtepartnerschaften

Partnerstädte der Stadt sind:

  • die Stadt Zlotow (Flatow) in Polen und
  • die Stadt Rendsburg in Schleswig-Holstein

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Vom 22. April 2006 bis 15. Oktober 2006 fand in Rathenow die Landesgartenschau des Landes Brandenburg unter dem Motto Den Farben auf der Spur statt, die knapp 500.000 Gäste besuchten. Dazu wurden umfangreiche Baumaßnahmen sowohl auf dem Weinberg als auch dem Schwedendammgelände durchgeführt. So wurde u.a. eine bereits stark verfallene Mühle komplett umgebaut. Diese diente vor und während Gartenschau der LAGA GmbH als Geschäftsstelle und beherbergt ein „grünes“ Klassenzimmer. Nach der Landesgartenschau wird die Musikschule Rathenow – nach kurzen Umbaumaßnahmen – in die Räumlichkeiten umziehen. Eine Sporthalle wird dort ebenso Platz finden.

Auf dem Gelände der Rathenower Landesgartenschau wird am 28. April 2007 der Optikpark Rathenow die Pforten für seine Besucher öffnen.

Einzigartig in Mitteleuropa ist das Vorhaben, die Untere Havel zu renaturieren. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte wird hier ein Fluss (wieder-)entstehen, wie er von Natur aus vorkommt. Dadurch werden die Auen größer, der Flusslauf kurviger und des Hochwasser-Risiko minimiert. Diesbezügliche Informationsveranstaltungen und Exkursionen finden regelmäßig in Rathenow und Umgebung statt.

Weiterhin kann man auch das Kulturzentrum Rathenow (Theater, Optikindustriemuseum, Kunstausstellungen und Restaurant) im Zentrum der Stadt besuchen.

Bauwerke

In der Stadt steht das größte barocke Sandsteindenkmal Norddeutschlands und erinnert an den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, der in der Schlacht von Fehrbellin 1675 die Schweden besiegte. Das Denkmal wurde 1736–38 von Johann Georg Glume nach einem Modell von Barthlomé Damart geschaffen und zeigt den Großen Kurfürsten in der Tracht eines römischen Imperators aus einem Postament, an dem Allegorien und Schlachtenreliefs angebracht sind.

Das Rolfsche Fernrohr ist ein weltweit einzigartiges Brachymedial-Fernrohr. Erbaut wurde es von dem Rathenower Ingenieur Edwin Rolf (1899-1991) in den Jahren 1949 bis 1953. Das Teleskop kann in der Gesamtschule Rathenow Ost – "Bruno-H.-Bürgel" – besichtigt werden.

Auf dem Weinberg, einem innenstadtnahen Erholungspark (2006 Teil der Landesgartenschau), steht der 1914 eingeweihte Bismarckturm, errichtet zu Ehren Otto von Bismarck, der in der Nähe von Rathenow in Schönhausen/Elbe geboren wurde. Der Turm wurde 1945 schwer beschädigt, in den 1960er Jahren gab es Umbauversuche zu einer Sternwarte, 2003 wurde er nach Sanierung wieder eingeweiht.

Am Friedrich-Ebert-Ring befindet sich eine ausgedehnte Wohnanlage aus dreigeschossigen Zeilenbauten, die 1929-31 von dem Architekten Otto Haesler (damals: Celle) errichtet wurde. Es handelt sich dabei um die architektonisch wohl bedeutendste Wohnsiedlung der Weimarer Republik auf dem Gebiet des heutigen Landes Brandenburg. Durch eine Sanierung Mitte der 1990er Jahre wurden die Proportionen der Fassaden durch das Aufbringen eines Wärmedämmsystems empfindlich gestört.

Der Architekt Otto Haesler, der nach dem Zweiten Weltkrieg in die DDR übergesiedelt ist, hatte für die kriegszerstörte Innenstadt von Rathenow einen Wiederaufbauplan vorgelegt, der ebenfalls radikal auf der Zeilenbauweise basierte. Dieser Plan wurde nur in Rudimenten realisiert. So konnte Haesler rund um den Platz der Jugend in der Altstadt 1950/51 einige Gebäude tatsächlich bauen. Sie lehnen sich – zum Beispiel mit dem Motiv der erkerartig hervortretenden, verglasten Treppenhäuser – an die Entwürfe des Architekten der zwanziger Jahre an, erreichen allerdings deren Eleganz nicht mehr. Kurz darauf wurde in der DDR der Stil der stalinistischen „Nationalen Tradition“ obligatorisch; insofern sind die Haesler-Bauten in der Rathenower Altstadt von seltenem Zeugniswert für die kurze Liaison der jungen DDR mit der sozial engagierten Architektur der Vorkriegs-Avantgarde.

St.-Marien-Andreas-Kirche: im 15. und 16. Jahrhundert wurde die vom Anfang des 13. Jahrhunderts stammende spätromanische Kirche durch Pläne von Meister Lindemann zu einer dreischiffigen Hallenkirche umgestaltet.

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Rathenow liegt am Kreuzungspunkt der Bundesstraßen B102 (Richtung Brandenburg und Neustadt (Dosse)) und B188 (Richtung B5 Hamburg–Berlin und Stendal).

Die Bahnlinien Berlin–Hannover und Treuenbrietzen–Neustadt (Dosse) (Brandenburgische Städtebahn) führen durch Rathenow, wobei die Stadt keinen Anschluss an den Fernverkehr hat (nächste Halte Stendal und Berlin sowie Magdeburg und Wittenberge). Es bestehen folgende Verbindungen im Regionalverkehr der Eisenbahn: RE 2 nach Cottbus über Berlin, RB 51 nach Brandenburg (Havel) und RB 13 nach Stendal. Die Verbindung nach Neustadt (Dosse) wurde Ende 2003, das Teilstück von Rathenow nach Rathenow-Nord Ende 2005 eingestellt.

Privaten oder gewerblichen Flugverkehr gibt es in Stechow, etwa 8 km auf der B188 in Richtung Nauen.

Rathenow hat durch seine Lage an der Havel die Möglichkeit, Schifffahrt zu betreiben. Es gibt einen Hafen und eine Anlegestelle, von wo aus die Ausflugsschiffe ins Havelland ablegen.


Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Commons: Rathenow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien