Alstom Citadis

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Oberleitungsfrei betriebener Citadis 402 in Bordeaux

Citadis ist der Name einer Familie von niederflurigen Straßenbahnfahrzeugen des französischen Schienenfahrzeugherstellers Alstom in Aluminium-Bauweise. Die Zweisystemstadtbahnwagen RegioCitadis und Citadis Dualis haben ähnliche Namen, sind jedoch technisch eigenständige Fahrzeuge.

Das erste Fahrzeug wurde 1997 für die Straßenbahn Montpellier bestellt, 2007 wurde das 1000. Fahrzeug an die Straßenbahn Lyon ausgeliefert.[1] Die Fahrzeuge sind vor allem in Frankreich weit verbreitet und nehmen dort eine Quasi-Monopolstellung ein. Aber auch im übrigen Westeuropa sowie in Nordafrika, Südamerika sowie in Melbourne stehen die Fahrzeuge im Einsatz. Nach einer Pressemitteilung von Alstom liegen bis Oktober 2011 1527 feste Bestellungen für knapp 40 Städte vor, der letzte Neukunde ist Aubagne.[2]

Das 1500. Fahrzeug wurde auf der Linie 7 der Pariser Straßenbahn am 16. November 2013 in Betrieb genommen.[3]

Konzept

Citadis-Triebwagen in Reims

Ein modulares Design erlaubt es, die niederflurigen Gelenktriebwagen in unterschiedlichen Längen nach Anforderungen des Betreibers zu konfigurieren. Dabei werden standardisierte technische Komponenten eingesetzt, während das Design – insbesondere des Kopfmoduls – und die Innengestaltung der Fahrzeuge nach den Vorgaben des Kunden erfolgt, sodass jeder Betrieb über ein individuelles Design verfügen kann.

Dieses individuelle Design der Kopfform wurde in vielen Städten genutzt, um einen Bezug zur Stadt herzustellen und der Straßenbahn die Identität der Stadt zu verleihen. Beispielsweise wurde die Front der Fahrzeuge in Lyon einer Seidenraupe nachempfunden, da die Seidenverarbeitung enorme Bedeutung für die Stadt hatte. In Reims wurden die Garnituren in Anlehnung an ein Champagnerglas gestaltet, da Reims wichtigstes Herstellungszentrum für Champagner ist. Andere Städte haben sich von dort ansässigen Designern und Firmen die Fahrzeuge gestalten lassen, wie beispielsweise Toulouse vom Flugzeughersteller Airbus.

Die Citadis sind grundsätzlich Zweirichtungsfahrzeuge. Sie sind jedoch auch als Einrichtungswagen lieferbar. In dieser Form wurden sie von der Straßenbahn Rotterdam beschafft. In einigen Betrieben wie Casablanca oder Rabat-Salé sind sie als unechte Zweirichtungswagen mit nur einem Führerstand, aber Türen an beiden Seiten und mit den führerstandslosen Wagenenden gekuppelt in Doppeltraktion im Einsatz.

Typen

Unter der Bezeichnung Citadis laufen folgende Fahrzeugserien, welche hauptsächlich in Aytré in der Nähe von La Rochelle entwickelt und hergestellt werden.

Typ Beschreibung Länge Masse Niederfluranteil Einsatzorte
202 dreiteilig 23 m 100 % Melbourne
301 dreiteilig 29,9 m 37 t 70 % Orléans (ehemals auch in Montpellier und Dublin, wurden aber zu 401 verlängert)
301 CIS dreiteilig 100 % Breitspurwagen für 1524 mm: Moskau, Sankt Petersburg
302 fünfteilig ~32 m 100 % Adelaide, Algier, Angers, Barcelona, Buenos Aires, Bordeaux, Brest, Casablanca, Constantine, Dijon, Jaén, Jerusalem, Le Havre, Le Mans, Lyon, Madrid, Melbourne, Montpellier, Mulhouse, Murcia, Nizza, Nottingham, Oran, Orléans, Paris (T2, T7, T8), Parla, Rabat-Salé, Reims, Rotterdam, Teneriffa, Toulouse, Tunis, Valenciennes
401 fünfteilig ~41 m 70 % Dublin, Montpellier
402 siebenteilig ~43 m 53 t 100 % Bordeaux, Brasilia, Dubai, Grenoble, Lyon, Montpellier, Paris (T3), Rouen, Tours
403 siebenteilig 45,1 m 55 t 100 % Strasbourg
X04 siebenteilig ~30 m 100 % Istanbul
X05 drei- bis siebenteilig 24–44 m Bestellungen: Stadtbahn Sydney, Straßenbahn Nizza
Compact dreiteilig ~20 m 100 % Aubagne
Spirit Light Rail Vehicle 100 % Ottawa

Außerdem wird von Alstom auch der für Polen konzipierte und bei Alstom Konstal gebaute Konstal 116Nd, welcher nur einzelne Bauteile (wie Führerstandsbedienelemente, Innenverkleidungen) mit der Citadis-Familie teilt, aber konstruktionstechnisch nichts mit ihr gemein hat, als Citadis 100 geführt.

Die ersten beiden Ziffern des Typennamens geben die ungefähre Länge der Fahrzeuge an, während die letzte Ziffer die Generation bzw. verwendete Bauweise anzeigt. Alle Fahrzeuge, mit Ausnahme der nach Russland gelieferten, sind regelspurig. Die Citadis sind allgemein für Geschwindigkeiten bis zu 70 km/h zugelassen.

Erste Generation (301 und 401)

Die erste Generation (301 und 401) wurde erstmals 1997 bestellt und ab 1999 ausgeliefert. Die Wagen sind mit einem Niederfluranteil von 70 % nur teilniederflurig und wurden zunächst von den Betrieben in Montpellier, Orléans und Dublin bestellt. Dabei wurden sowohl Fahrzeuge vom Typ 301 (mit einer Länge von knapp 30 m, Montpellier und Orléans) sowie 401 (mit einer Länge von ungefähr 41 m, Dublin) bestellt. Sowohl Montpellier als auch Dublin verlängerten ihre Citadis 301 um 10 Meter zu Fahrzeugen des Typs 401. Die Fahrzeuge verfügen vorn und hinten über Drehgestelle.

Zweite Generation (202, 302 und 402)

Skizze des Citadis 302 der Straßenbahn Nizza

Die zweite Generation (202, 302 und 402) sind Multigelenkfahrzeuge mit zwei bis sieben Wagenkästen mit festen Laufwerken, welche einen Niederfluranteil von 100 % ermöglichen. Während die dreiteiligen Fahrzeuge des Typs 202 nur zur Straßenbahn Melbourne ausgeliefert wurden, ist die Serie 302 die am meisten nachgefragte Citadis-Serie – auf sie entfallen mehr als 50 Prozent aller Bestellungen für Citadis-Fahrzeuge.

Citadis im Unterleitungsbetrieb in Bordeaux

Die Fahrzeuge der Straßenbahn Bordeaux (Serien 302 und 402) sind speziell ausgerüstet, sodass sie auf Teilstrecken ohne Oberleitung mit einer Stromschiene System APS betrieben werden können. Dieses System kommt auch bei den Straßenbahnen Angers, Reims und Orléans zum Einsatz. Die Straßenbahn Dubai ist durchgängig mit einer Stromschiene ausgestattet und kommt ganz ohne Oberleitung aus.

Die Citadis 302 der Straßenbahn Nizza hingegen verfügen über eingebaute Akkus, mit welchen sie ebenfalls ohne Oberleitung betrieben werden können.

Die Straßenbahn Dublin beschafft für die Verlängerung der grünen Linie sieben neunteilige Einheiten des Typs 502 mit einer Länge von 54 m. Dort werden schon siebenteilige 402 eingesetzt, wo notwendig werden die Bahnsteige verlängert.[4]

Dritte Generation (403)

Die Fahrzeuge der Serie 403 wurden für die Straßenbahn Straßburg entwickelt. Diese sind ebenfalls vollständig niederflurig, die Wagenenden stützen sich auf Kleinraddrehgestellen ab.

Vierte Generation (X04)

Citadis X-04 im Einsatz in Istanbul

Für den mittel- und osteuropäischen Markt wurde der Citadis X-04 entwickelt, welcher in Polen bei Alstom Konstal produziert wird. Der X-04 basiert zwar auf dem modularen Konzept der Citadis-Familie, besitzt aber Drehgestelle und wird in Stahl-Bauweise hergestellt. Er ist ebenfalls zu 100 % niederflurig. Die Straßenbahn Istanbul bestellte 2009 37 Fahrzeuge.

Fünfte Generation (X05)

Eine erneuerte Version der Citadiszüge wurde 2014 auf der InnoTrans Berlin vorgestellt. Auch hier werden drei-, fünf- und siebenteilige Garnituren mit Längen zwischen 24 m und 44 m angeboten. Die Typenbezeichnungen wird dann wohl 205, 305 und 405 lauten.

Durch eine Optimierung der Konstruktion ist eine etwa zehnprozentige Einsparung bei den Wartungskosten zu erwarten. Die Züge werden von Elektromotoren mit Permanentmagneten angetrieben. Auch die Lärmbelastung wurde weiter reduziert. Doppeltüren an den Enden der Züge beschleunigen den Fahrgastwechsel. Insgesamt verspricht Alstom eine um 10 % vergrößerte Kapazität und eine Energieersparnis in Höhe von 30 %. Am Laufzeitende können die Fahrzeuge zu 98 % recycelt werden.

Die Energieversorgung kann über die klassische Oberleitung, über die von Alstom entwickelte Stromschiene vom Typ APS oder über das Citadis Ecopack erfolgen. Letzteres besteht aus einer Kombination von Batterien und Superkondensatoren, welche die Züge für kürzere Teilstrecken von Oberleitung und Stromschiene unabhängig machen.

Die erste Bestellung kam von der Stadtbahn Sydney: Alstom wird 60 X05-Züge liefern, welche in Doppeltraktion in Garnituren von 67 m Länge eingesetzt werden sollen. Sie werden ab 2019 auf einer Neubaustrecke von 12 km Länge eingesetzt, wobei ein Teilstück von 2 km Länge mit der APS-Stromschiene ausgerüstet wird.[5]

Aus Nizza kam für die dortige Straßenbahn ein Auftrag über die Lieferung von 19 Garnituren: Die 44 m langen Einheiten sollen auf der geplanten Ost-West-Strecke, welche ab Ende 2018 den Hafen mit dem Flughafen verbinden wird, eingesetzt werden. Das Stadtgebiet wird untertunnelt, die Strecke wird 11,2 km lang sein und in den oberirdischen Abschnitten ohne Oberleitung errichtet. Die Wagen erhalten das Ecopack und an den Haltestellen werden die Superkondensatoren innerhalb von 20 s soweit aufgeladen, dass problemlos die nächste Haltestelle erreicht werden kann.[6]

Citadis Compact

Für kleinere Betriebe bietet Alstom den Citadis Compact an. Hierbei handelt es sich um eine Kurzvariante mit 22 m Länge, ähnlich dem Citadis 202 für Melbourne. Beim Citadis Compact kommen aber weiterentwickelte Laufwerke zum Einsatz, von Alstom mit Ixège bezeichnet, welche einen größeren Gangbereich im Inneren ermöglichen sollen. Des Weiteren sind die Türen in den Endmodulen Doppel- statt Einfachtüren, sodass trotz der kurzen Fahrzeuge ein schneller Fahrgastwechsel ermöglicht werden soll. Als erster Betrieb bestellte Aubagne im Oktober 2011 diesen Typ.[2]. Zusätzlich hat Avignon ebenfalls Citadis Compact bestellt.

Citadis Spirit

Für den nordamerikanischen Markt wurde im Februar 2013 der Citadis Spirit vorgestellt. Dieser wird als light rail vehicle vermarktet, basiert auf dem Citadis Dualis (siehe unten), besitzt ebenfalls einen Niederfluranteil von 100 % und eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h.

Der erste Besteller ist die kanadische Hauptstadt Ottawa, in der die Fahrzeuge auch mit in den USA produzierten Komponenten endgefertigt werden. 34 Fahrzeuge werden für die im Bau befindliche Confederation Line geliefert, die im Jahr 2018 eröffnet werden soll. Sie sollen im Inneren genügend Platz für Fahrradmitnahme bieten und speziell wintertauglich ausgerüstet werden.[7]

Mehrsystemwagen

Alstom produziert zwei Familien von Mehrsystemwagen, die unter den Namen Regio Citadis und Citadis Dualis auf Straßen- und Eisenbahnstrecken verkehren können.

RegioCitadis

RegioCitadis von RandstadRail

Die RegioCitadis sind von Alstom LHB (früher Linke-Hofmann-Busch, jetzt Alstom Transport Deutschland) in Salzgitter entwickelte dreiteilige Triebzüge in modularer Stahlbauweise. Sie haben zwei Laufdrehgestelle unter dem Mittel- und je ein Triebdrehgestell unter den aufgesattelten Endwagen.

Nach Kassel wurden 18 Zweisystemwagen für 600 V Gleichspannung und 15 kV Wechselspannung bei 16,7 Hz sowie zehn Zweikraftfahrzeuge für 600 V Gleichspannung und Versorgung durch zwei 375-kW-Dachgeneratoranlagen geliefert. Damit sind dies weltweit die ersten regelspurigen Zweikraftstraßenbahnwagen.

Außerdem wurden 54 Gleichstrom-Zweispanungsfahrzeuge für 600 und 750 Volt in die Randstadregion für die RandstadRail in den Niederlanden geliefert. Später folgte eine Nachbauserie von 18 Fahrzeugen, gebaut im Alstom-Werk Reichshoffen.

Citadis Dualis

Citadis Dualis des Tram-Train von Nantes am Bahnhof Vertou

Diese sind ebenso als Zweisystemtriebwagen konzipiert: Im Straßenbahnbetrieb ist die Versorgung mit 750 V Gleichspannung, im Eisenbahnbetrieb ist die Versorgung mit 25 kV Wechselspannung bei 50 Hz bzw. 1,5 kV Gleichspannung vorgesehen. Die Fahrzeuge sind für eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h ausgelegt.

Die Citadis Dualis werden in Valenciennes entwickelt, nachdem das Konzept zuvor in Reichshoffen (dem Werk der früheren De Dietrich Ferroviaire, bzw. heute Alstom DDF) ausgearbeitet wurde.[8]

Bisher wurden von den SNCF 39 Citadis Dualis in Auftrag gegeben. 15 Fahrzeuge, ausgerüstet für 750 Volt Gleichspannung und 25 kV Wechselspannung, sind für den Tram-Train Nantes in der Region Pays de la Loire vorgesehen und verkehren zwischen Nantes und Clisson sowie seit 2014 zwischen Nantes und Châteaubriant. Die weiteren 24 Fahrzeuge, ausgerüstet als Zweispannungswagen für 750 Volt und 1,5 kV Gleichspannung, verkehren seit Dezember 2012 auf dem Tram-train de l'Ouest lyonnais vom Bahnhof Lyon Saint-Paul aus in den Westen des Großraum Lyon.[9] In beiden Fällen ist ein Einsatz auf den bereits bestehenden Straßenbahnnetzen in der ersten Ausbaustufe nicht vorgesehen.

Auch für den Betrieb auf der Tangentielle Nord um Paris sind Citadis Dualis vorgesehen.

Galerie

Einzelnachweise

  1. Alstom Transport: Citadis Milestones
  2. a b Alstom to supply Citadis Compact tramsets to the Pays d’Aubagne et de l’Etoile metropolitan region Pressemitteilung von Alstom, 6. Oktober 2011.
  3. http://www.alstom.com/press-centre/fr/2013/11/alstom-livre-son-1-500e-tramway-citadis-a-loccasion-de-linauguration-de-la-nouvelle-ligne-t7-dile-de-france/ Preseemittielung Alstom (frz.) abgerufen 18. November 2013
  4. Dublin orders nine-section trams. Railway Gazette, 25. November 2015;.
  5. Railway Gazette vom 25. Februar 2015: Sydney is first Citadis X05 tram customer (engl.); abgerufen am 1. April 2015
  6. La nouvelle usine vom 12. Oktober 2015: Alstom vend son tramway nouvelle génération et sans-fil à Nice (franz.); abgerufen am 2. April 2016
  7. Alstom launches North American light rail vehicle with Ottawa contract Railway Gazette, 29. März 2013.
  8. "Dualis extends the reach of the Citadis family" (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) Railway Gazette International Juli 2007 (Internet Archive)
  9. Lyon tram-train service launched auf railwaygazette.com

Siehe auch

Weblinks

Commons: Citadis – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien