Johann Friedrich Macrander

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Wappen von Johann Friedrich Macrander

Johann Friedrich Macrander (* 11. November 1661 in Garbenheim; † 15. Januar 1741 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Orgelbauer.

Leben und Werk

Johann Friedrich Macrander wurde 1661 als Sohn von Johannes Macrander und Enkel von Arnold Langemann (gräzisiert = Macrander) geboren. An die Schreinerlehre 1677–1680 in Gießen bei Eberhard Bauerbach schlossen sich Wanderjahre in Frankfurt am Main, Mainz, Würzburg und Nürnberg an. Anschließend folgte er seinem Bruder, dem Bildhauer Johann Philipp Macrander, nach Nördlingen, wo er 1684–1688 den Orgelbau bei Paul Prescher erlernte. In den folgenden beiden Jahren baute er mit diesem die Orgeln in Wemding und Schwäbisch Gmünd. Aufschluss über seine Lehr- und Wanderjahre bietet eine familiengeschichtliche Chronik, die Macrander 1707 anlegte. Sie reicht bis 1599 zurück und wurde von seinem Sohn und Nachfolger Philipp Wilhelm Macrander (1705–1764) fortgeführt.[1] Nach Arbeiten für die collegia musices im Jahr 1690 folgte der erste Orgelneubau in Basel. Orgelreparaturen werden in Pruntrut (1693) und im Elsass (Abteikirche Murbach und Rouffach, 1693–1694) vermutet. Etwa 1695 ließ sich Macrander wohl wieder in seiner Heimatstadt Wetzlar nieder. Im Jahr 1700 zog er nach Frankfurt am Main. Dort war ihm 1705–1709 die Pflege der Orgeln in den Frankfurter evangelischen Kirchen übertragen; zu einem Orgelneubau in Frankfurt kam es nicht.[2]

Macrander heiratete im Jahr 1702 die Pfarrerstochter Anna Veronica Moos in Miehlen. Aus der Ehe ging am 19. September 1703 Johann Jacob hervor, der ab 1724 in Gießen Theologie studierte und am 3. September 1738 Maria Katharina geb. Heintzenberger heiratete. Der zweite Sohn Philipp Wilhelm (* 10. Juli 1705; † 5. Juli 1764) erlernte den väterlichen Beruf und vertiefte seine Kenntnisse bei Christian Müller in Amsterdam, vermutlich bei Joachim Richborn in Hamburg und bei Christian Vater in Hannover.[3] Philipp Wilhelm unterstützte den Vater ab etwa 1719, schuf selbst aber nur einen Neubau in der Wilhelmskirche in Nauheim im Jahr 1743 (möglicherweise noch 1733 in Schornsheim[4]). Seine Mutter starb am 31. März 1707 am Kindbettfieber. Der Witwer heiratete am 13. Oktober 1710 Johanna Stup[p]lin geb. Hesse, die Witwe des Kantors und Rechenmeisters an der Katharinenkirche.[5]

Werk

Macrander baute bis auf das frühe Werk in der Peterskirche Basel, das über ein Rückpositiv verfügte, ausschließlich etwa 30 kleine Orgeln mit einem Manual (CD–c3). Das meist hinterständig aufgestellte Pedal mit geringem Umfang hat in der Regel die beiden Register Subbass 16′ und Prinzipal 8′ und ist nur selten angehängt.[6] Stilistisch sind seine Werke süddeutsch und konservativ geprägt. Zumindest, als er noch keine feste Werkstatt hatte, baute Macrander handwerklich nicht immer auf höchstem Niveau, sodass seine Orgeln meist nach einigen Jahrzehnten ersetzt wurden. Neben den Prospekten in Altenstadt (1712, inkl. Prospektpfeifen) und Mommenheim (1731) sind nur noch die Instrumente in Springen und Limbach (beide von 1710) in umgebauter Form erhalten. Abgesehen von seinen frühen Arbeiten in der Schweiz und im Elsass erstreckt sich sein recht großer Wirkungskreis auf Rheinhessen, die Pfalz und das südliche Hessen bis hinauf ins Lahngebiet.[3] Seine Orgeln weisen im vollständig ausgebauten Prinzipalchor neben der Mixtur nicht selten eine Zimbel auf,[7] die aber nicht hochliegend ist. Zungenregister kommen nur vereinzelt zum Einsatz. Die Prospekte sind fünfachsig gegliedert; der runde Mittelturm wird von zwei Flachfeldern flankiert, die zu den Spitztürmen vermitteln. Nur in Rödelheim ist die Form der Türme umgekehrt. Kennzeichnend für Macrander sind die herausnehmbaren Vorsatzbretter mit konsolförmigen Ansätzen unterhalb der Pfeifenfelder, die von den Lisenen unterbrochen werden.[8]

Werkliste

In der fünften Spalte bezeichnet die römische Zahl die Anzahl der Manuale, ein großes „P“ ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ ein nur angehängtes Pedal und die arabische Zahl in der vorletzten Spalte die Anzahl der klingenden Register.

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
um 1691 Basel Theodorskirche I/P 9 nicht gesichert; 1770 durch Johann Andreas Silbermann ersetzt
1692 Basel Peterskirche II/P 17 nicht gesichert; bereits 1711/1712 durch Andreas Silbermann ersetzt
1698 Kloster Gottesthal Klosterkirche I/p 8 im Zuge der Aufhebung des Klosters nach Bleidenstadt überführt, wo der Prospekt erhalten ist[9]
1699 Wetzlar Hospitalkirche I/p 8 nicht erhalten
1699 Mainz St. Ignaz I/P 11 1759 abgelegt[10]
1702–1703 Landau in der Pfalz Stiftskirche I/P 1772 ersetzt
1703 Diez St. Maria I/P nicht erhalten[11]
1706 Erbenheim Pauluskirche 1790 ersetzt[12]
1705–1707 Partenheim Ev. Kirche I/P 10 1781 nach Undenheim verkauft und 1901 ersetzt
1706–1707 Annweiler am Trifels Protestantische Kirche I/P 11 1786 ergänzt (oder ersetzt), 1803 vandaliert und verkauft, 1844 abgelegt
1707–1708 Bad Bergzabern Marktkirche I/P 1754/1755 umgebaut, 1897 ersetzt
1708 Otterberg Abteikirche 1931 ersetzt
1708–1710 Wiesbaden Mauritiuskirche I/P 11 1804 nach Limbach verkauft und neues Pedalwerk gebaut; dort erhalten[13]
1710 Rödelheim St. Cyriakus I/P 10 1872 nach Springen umgesetzt; dort teilweise erhalten[14]
1710 Egelsbach Evangelische Kirche I/p 9 später Pedalwerk ergänzt (I/P/12), 1792 ersetzt[15]
1712 Altenstadt St. Nikolai I/P 11 1910 Neubau durch Heinrich Bechstein hinter barockem Prospekt, der außen um zwei Pfeifenfelder verbreitert wurde[16]
1712 Lindheim Ev. Kirche 1808 ersetzt[17]
1712–1715 Mannheim St. Sebastian I/P 1876 versteigert
1716–1720 Weilbach Ev. Kirche I/P 12 ? 1845 ersetzt
zwischen 1717 und 1720 Kloster Engelthal Klosterkirche I/P 10 Die heutige Orgel von 1768, die eingreifend verändert wurde, geht nicht auf Macrander zurück.[18]
1718–1720 Wiesbaden-Biebrich Hauptkirche I/P 12 1883 ersetzt unter Verwendung von Pfeifenmaterial von Macrander[19]
1720 Münzenberg Evangelische Kirche I/P 10 1897 durch Giengener Orgelmanufaktur Gebr. Link ersetzt; nicht erhalten[20]
1726 Ober-Eschbach Reformierte Kirche I/P 9 zusammen mit seinem Sohn; 1910 abgelegt
1729 Dörnigheim Evangelische Kirche nicht erhalten
1726–1731 Mommenheim Evangelische Kirche I/P 12 ? zusammen mit seinem Sohn; 1906 ersetzt, Prospekt erhalten
um 1731 Oppenheim Katharinenkirche 1871 ersetzt
1731 Holzappel Evangelische Kirche I/p 8 1845 verkauft und spätestens 1876 ersetzt
1732 Nierstein Martinskirche I/P 11 1896 ersetzt[21]
1734–1737 Nastätten Kreuzkapelle I/P 10 ? 1860 ersetzt[22]

Möglicherweise geht auch die Orgel der Marienkirche in Kloster Marienschloss in Rockenberg auf Macrander zurück.[23]

Literatur

  • Hans Martin Balz: Orgeln und Orgelbauer im Gebiet der ehemaligen hessischen Provinz Starkenburg. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues (= Studien zur hessischen Musikgeschichte. Band 3). Bärenreiter-Antiquariat, Kassel 1969.
  • Hans Martin Balz: Die Orgelmacher Macrander in Frankfurt am Main. In: Roland Behrens und Christoph Grohmann (Hrsg.): Dulce melos Organorum. Festschrift Alfred Reichling zum 70. Geburtstag. Gesellschaft der Orgelfreunde, Mettlach 2005, S. 37–64 (macrander.net [PDF]).
  • Christian Binz: Neue Funde zu Johann Friedrich Macrander. In: Ars Organi. Band 61, 2013, S. 121–122.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 6). Band 1: Mainz und Vororte – Rheinhessen – Worms und Vororte. Schott, Mainz 1967, ISBN 978-3-7957-1306-5.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,1). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 1: A–K. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1307-2.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,2). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 2: L–Z. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1370-6.
  • Franz Bösken, Hermann Fischer, Matthias Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,1). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 1: A–L. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1330-7.
  • Franz Bösken, Hermann Fischer, Matthias Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 29,2). Band 3: Ehemalige Provinz Oberhessen. Teil 2: M–Z. Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1331-5.
  • Baldur Melchior; Mathias Gaschott, Jochen Roth (Hrsg.): Der Frankfurter Orgelmacher Johann Friedrich Macrander und seine Orgelbauten in Hessen und der Pfalz. In: Vestigia. Aufsätze zur Kirchen- und Landesgeschichte zwischen Rhein und Mosel. Band 2. Schnell & Steiner, Regensburg 2013, ISBN 978-3-7954-2725-2, S. 343–354.
  • Krystian Skoczowski: Die Orgelbauerfamilie Zinck. Ein Beitrag zur Erforschung des Orgelbaus in der Wetterau und im Kinzigtal des 18. Jahrhunderts. Haag + Herchen, Hanau 2018, ISBN 978-3-89846-824-4.

Einzelnachweise

  1. Balz: Die Orgelmacher Macrander in Frankfurt am Main. 2005, S. 37.
  2. Petersen: Macrander (Familie). Abgerufen am 15. April 2020.
  3. a b Hermann Fischer: Macrander, Johann Friedrich. In: Frankfurter Personenlexikon.
  4. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 1. 1967, S. 434.
  5. Balz: Die Orgelmacher Macrander in Frankfurt am Main. 2005, S. 42.
  6. Balz: Die Orgelmacher Macrander in Frankfurt am Main.] 2005, S. 62–63.
  7. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 1. 1967, S. 323, 467.
  8. Skoczowski: Die Orgelbauerfamilie Zinck. 2018, S. 289.
  9. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1, 1975, S. 377–378.
  10. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 1, 1967, S. 123–124.
  11. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1, 1975, S. 124.
  12. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2, 1975, S. 863–864.
  13. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2, 1975, S. 876–879.
  14. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1, 1975, S. 320; Teil 2, S. 754–755.
  15. Balz: Orgeln und Orgelbauer im Gebiet der ehemaligen hessischen Provinz Starkenburg. 1969, S. 110.
  16. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1, 1988, S. 63–66.
  17. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 1, 1988, S. 618–619.
  18. Balz: Die Orgelmacher Macrander in Frankfurt am Main. 2005, S. 56.
  19. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2, 1975, S. 849–850.
  20. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3, Teil 2, 1988, S. 650–654.
  21. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 1, 1967, S. 401–403.
  22. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2, 1975, S. 632–634.
  23. Skoczowski: Die Orgelbauerfamilie Zinck. 2018, S. 45, 290.