Glacier Express

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. Oktober 2016 um 11:40 Uhr durch Albinfo (Diskussion | Beiträge) (→‎Strecke: Schwellenhöhe gemäss Furka-Oberalp-Bahn (auch wenn es auf https://rail.cc/de/oberalppass/bahnhof-oberalppass/l2846 eher wie 2000 m aussieht, aber das ist unglaubhaft)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zuglauf des Glacier-Express
Zermatt
St. Niklaus
Visp
Brig
Fiesch
Oberwald
Kantons-Grenze Wallis / Uri
Andermatt
Kantons-Grenze Uri / Graubünden
Disentis/Mustér
Chur
Thusis
Tiefencastel
Davos Platz
Filisur
St. Moritz
Verlauf der Strecke
Die 2006 neu in Verkehr gesetzten Panoramawagen auf dem Landwasserviadukt bei Filisur
Kurz vor der Oberalp-Passhöhe
Glacier-Express vor dem Bergsturzgebiet von Randa
Kehrtunnel und Brücken auf der Albulastrecke
Bahnstrecke in der Vorderrhein-Schlucht
Auf dem RhB-Netz wurden im Sommer zwei Kompositionen vereint geführt

Der Glacier-Express ist ein auf den Tourismus ausgerichtetes Schnellzugangebot auf den Bahnnetzen der Rhätischen Bahn sowie der Matterhorn-Gotthard-Bahn in der Schweiz. Der Schmalspurzug verbindet seit 1930 den Engadiner Ort St. Moritz über Chur, Disentis/Mustér, Andermatt, Brig und Visp mit Zermatt auf einem Gleis mit Meterspur. Dabei durchquert er die Kantone Graubünden, Uri und Wallis. Einzelne Zugläufe beginnen oder enden in Chur oder Brig. Seit 2006 verkehrt im Sommer zusätzlich ein Zugpaar zwischen Zermatt und Davos Platz, nachdem in den Jahren zuvor Kurswagen via Landquart nach Davos geführt worden waren.[1]

Der Glacier-Express wird oft als der «langsamste Schnellzug der Welt» bezeichnet. In ungefähr acht Stunden fährt der Zug über 291 Brücken, durch 91 Tunnel und über den 2033 m hohen Oberalppass nahe der Quelle des Rheins. Weiter rheinabwärts wird die Rheinschlucht durchquert. Zwischen Thusis und St. Moritz befährt der Zug, wie auch der Bernina-Express, die Albulabahn (ein UNESCO-Welterbe), die den Albulapass in einem Scheiteltunnel unterfährt. Der Furkapass wurde bis 1981 ebenfalls in einem Scheiteltunnel unterquert; die Passstrecke war aber nur im Sommer befahrbar. Seit der Eröffnung des Furka-Basistunnels im Jahr 1982 ist ein ganzjähriger Betrieb möglich.

Seit Dezember 2012 ist das von den Bahnen schon länger verwendete Kürzel GEX als Zugskategorie im offiziellen Kursbuch der Schweiz definiert.[2]

Geschichte

Am 25. Juni 1930 um 7.30 Uhr startete der erste Glacier-Express in Zermatt, führte 70 geladene Gäste mit und erreichte St. Moritz nach knapp elf Stunden. Züge, die heute diese Strecke durch Zwischenaufenthalte, An- und Abkuppeln von Zugteilen usw. in ähnlich langer Zeit zurücklegen, werden oft als «Original»-Glacier-Express bezeichnet. Die Einführung des Zuges war ermöglicht worden durch die am 6. Juni 1930 erfolgte Eröffnung der Verbindungsstrecke Visp–Brig, die eine durchgehende Reise St. Moritz–Zermatt erst möglich machte. Vier Jahre zuvor (am 4. Juli 1926) war die Strecke über Furka- und Oberalppass eröffnet worden.

Die drei Schweizer Bahngesellschaften Rhätische Bahn (RhB), Furka-Oberalp-Bahn (FO) und Visp-Zermatt-Bahn (VZ) wollten mit dem Glacier-Express an die Tradition der Luxuszüge anknüpfen, deren Entwicklung durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen worden war. Der von der RhB für die Jungfernfahrt eingesetzte Salonwagen 61 (heute 1161) war für den täglichen Betrieb über die Zahnstangenrampen aber zu schwer. Stattdessen stellten VZ und FO ihre nur 14 t schweren AB4ü. Die Züge führten aber von Beginn an immer auch Wagen der dritten bzw. ab 1956 der zweiten Wagenklasse. Ab 1931 wurden soweit möglich (umgebaute) Wagen mit geschlossenen Plattformen und Faltenbälgen eingesetzt.[3][4] Die von Mitropa 1929 und 1930 in Betrieb gesetzten Speisewagen konnten nur auf dem Abschnitt der RhB, das heisst bis und ab Disentis eingesetzt werden. Denn bis 1942 verkehrte die FO noch im Dampfbetrieb, RhB und VZ aber bereits elektrisch. Triebfahrzeuge waren in den 1930er-Jahren die Krokodile der RhB, die Dampfloks der FO und die «kleinen Krokodile» der VZ. In den Kriegsjahren ab 1943 und bis 1946 musste der Glacier-Express eingestellt werden, da die ausländischen Touristen ausblieben. Mit der Wiederaufnahme des Betriebs 1947 konnte durchgehend elektrisch gefahren werden und der Speisewagen konnte bis Oberalpsee bzw. Andermatt durchlaufen, wo er auf den Gegenzug umgestellt wurde. Ab 1961 wurden Leichtstahl- und Leichtmetallwagen eingesetzt, ab 1968 verkehrte der Zug, abgesehen vom Speisewagen, vollständig mit solchen Wagen. Die Beliebtheit des Glacier-Express führte dazu, dass in den 1970er Jahren Doppelführungen immer häufiger wurden.

Bis 1981 fuhr der Glacier-Express durch den Furka-Scheiteltunnel auf 2162 m ü. M. Die Bergstrecke von Oberwald nach Realp konnte aber nur während etwa vier Sommermonaten befahren werden, in der übrigen Zeit ruhte witterungsbedingt der Bahnverkehr. Diese Strecke gab jedoch dem Zug den Namen, da man hier vom Zug aus den Rhônegletscher (französisch: Gletscher = Glacier) sah.

1982 wurde mit der Eröffnung des Furka-Basistunnels der Ganzjahresbetrieb möglich, der Blick auf den Rhônegletscher ist den Fahrgästen aber seither nicht mehr möglich. Die alte Bergstrecke ist heute im Besitz der Dampfbahn Furka-Bergstrecke, die sie etappenweise wieder in Betrieb nahm und am 12. August 2010 nach einer 28-jährigen Pause erstmals wieder durchgehend befuhr. Es kommen ausschliesslich historische Lokomotiven und Wagen zum Einsatz.

Bis 1981 bestand der Glacier-Express aus Kurswagen St. Moritz–Zermatt und Chur–Zermatt und zurück, die lediglich im Bereich der FO als eigener Zug geführt wurden. Ab 1982 erlebte der Express einen massiven Zuwachs an Fahrgästen; es wurden mehr Züge bzw. Kurswagen geführt. 1993 kam erstmals eine vollständig aus Panoramawagen gebildete Komposition zum Einsatz. Dieser Zug führte nur die erste Wagenklasse.

Nach der Beschaffung weiterer Panoramawagen konnten ab 2006 mehrere Zugeinheiten mit Panoramawagen in der ersten und zweiten Klasse angeboten werden. Das Mittagessen wird in den neuen Wagen an den Sitzplatz serviert. In den neueren Wagen werden die Fahrgäste über Kopfhörer in sechs verschiedenen Sprachen (deutsch, englisch, französisch, japanisch, chinesisch und italienisch) über interessante Streckendetails informiert.

Am 23. Juli 2010 ereignete sich infolge zu hoher Geschwindigkeit zwischen den Stationen Lax und Fiesch Feriendorf ein Unfall, bei dem drei Wagen des Glacier-Express entgleisten; zwei der Wagen kippten um. Dabei starb eine Reisende, 42 Personen wurden verletzt, davon zwölf schwer.[5]
→ Hauptartikel: Eisenbahnunfall von Fiesch

Heutiger Betrieb

Zum Sommer 2008 wurde das Betriebskonzept noch einmal leicht angepasst. Züge oder Wagengruppen nur ab/bis Chur gab es nicht mehr. Am Morgen verliess ein Zug mit elf Panoramawagen und einem Speisewagen St. Moritz. In Disentis wurde der Zug geteilt und je sechs Wagen fuhren je als eigener Zug weiter nach Zermatt. Weitere sechs Panoramawagen folgten ab St. Moritz mit dem normalen Schnellzug nach Chur. Dort wurden sie mit den vier Panoramawagen und gegebenenfalls weiteren konventionellen Wagen für Gruppenreisende gekuppelt, die als eigener Zug von Davos via Filisur nach Chur gekommen waren. Auch dieser Zug wurde in Disentis geteilt und fuhr als zwei Züge bis Zermatt. Bei Bedarf verkehrte eine Wagengruppe, allenfalls mit Speisewagen, als Kurswagen in Fahrplanzügen von St. Moritz nach Disentis, von wo sie als fünfter Zug nach Zermatt geführt wurde. In der Gegenrichtung funktionierte das Ganze grundsätzlich gleich, aber sinngemäss umgekehrt. Das volle Angebot wurde von Mitte Juni bis Ende September gefahren. Alle 42 Panoramawagen waren dann unterwegs, eine Reserve war nicht verfügbar. Nur die St. Moritzer Züge verkehrten von Mitte Mai bis Mitte Oktober. Vom Fahrplanwechsel im Dezember bis Mitte Mai galt das Winterkonzept mit nur einem Zug je Richtung.

Seit 2009 verkehren im Winter zwei Zugpaare. Mit dem auf 50 Panoramawagen erhöhten Bestand können im Sommer drei Zugpaare zwischen Zermatt und St. Moritz mit Verpflegung am Platz offeriert werden; ein viertes Zugpaar zwischen Zermatt und Davos führt (erstmals durchgehend bis Zermatt) einen klassischen Speisewagen mit. Die Betriebsabwicklung ist fast gleich geblieben wie 2008. Die Grundeinheit des Glacier-Express besteht aus sechs Wagen:

  • einem Erstklass-Panoramawagen mit rollstuhlgängiger Toilette (Api)
  • einem Erstklass-Panoramawagen (Ap)
  • einem Küche/Bar-Panoramawagen (WRp) oder einem klassischen Speisewagen (WR)
  • drei Zweitklass-Panoramawagen (Bp)

Der Unterschied zwischen erster und zweiter Klasse besteht in der Anzahl Sitze pro Reihe. In der zweiten Klasse gibt es je zwei Sitzplätze (2+2), während sich in der ersten Klasse zwei Sitze sowie ein Einzelsitz in einer Reihe befinden (2+1). Die Grundeinheit bildet auf dem Streckennetz der Matterhorn-Gotthard-Bahn einen Zug, der von einer HGe 4/4 gezogen wird. Auf dem Streckennetz der Rhätischen Bahn verkehren je zwei Grundeinheiten gekuppelt in einem Zug oder die Grundeinheit wird einem Taktzug mitgegeben. Nur die Davoser Züge verkehrten bis/ab Chur allein mit einer Grundeinheit.

Das heisst, es verliessen nacheinander zwischen 9:00 Uhr und 10:13 vier Züge (902, 904, 906, 908) Zermatt. In Disentis wurden die Züge 902 und 904 sowie 906 und 908 zusammengekuppelt. In Chur wurden 902 und 904 wieder getrennt; 904 wurde dem RegioExpress RE 1149 angehängt und fuhr mit diesem nach St. Moritz (Ankunft 16:58). 902 fuhr kurz danach ab nach Davos (Ankunft 16:48). Die Züge 906 und 908 fuhren zusammengekuppelt via Chur bis St. Moritz (Ankunft 17:42). In der Gegenrichtung war der Ablauf genau umgekehrt. Die Züge 905 und 907 fuhren zusammengekuppelt ab St. Moritz bis Disentis, 909 mit RE 1132 bis Chur und mit Zug 911 bis Disentis. Die vier Züge kamen zwischen 16:52 und 18:31 in Zermatt an. Das Zugspaar 904/909 verkehrte nur von Juni bis September, das Davoser Zugspaar 902/911 von Mitte Mai bis Ende September, die anderen beiden Zugspaare von Mitte Mai bis Ende Oktober.

Ab Sommer 2012 wurden die Fahrzeiten leicht geändert. Die Abfahrt in Zermatt war auf 8:52 bis 9:59 angesetzt, die Ankunft in St. Moritz um 16:58 und 18:10. Abfahrt in St. Moritz war 09:15 und 10:02, die Ankunft in Zermatt zwischen 17:00 und 18:32.

Trotz der zeitweise hohen Nachfrage liessen sich die vier Zugspaare nicht ausreichend auslasten. Deshalb verkehrte der Davoser Zug 2013 zum letzten Mal. Seit 2014 verkehren in beide Richtungen drei Züge im Stundenabstand, zwischen Chur und St. Moritz immer als Kurswagengruppe in einem RE. Damit wurden einige der Breda-Wagen überzählig. Von den RhB-Speisewagen behielt der moderne WR 3815 das Bremszahnrad; er dient als Reserve, wenn einer der sechs Servicewagen ausfällt.

Strecke

Der Glacier-Express quert zwei große Wasserscheiden Europas zwischen den Einzugsbereichen des westlichen Mittelmeers (Rhone), Atlantiks (Rhein) und des Schwarzen Meers (Donau), und endet unweit der von der Berninabahn gequerten Wasserscheide zur Adria.

Er überwindet vier große An- und Abstiege zwischen alpinen Regionen und dem Rhein- bzw. Rhonetal, die Höhen der befahrenen Orte betragen in Zermatt 1604 m ü. M., in Visp 658 m ü. M., im Furka-Basistunnel 1564 m ü. M. (alter Furka-Scheiteltunnel 2160 m ü. M.), in Andermatt 1447 m ü. M., am Oberalppass 2033 m ü. M., in Chur 585 m ü. M., im Albulatunnel 1820 m ü. M., in Samedan 1721 m ü. M. und in St. Moritz 1775 m ü. M.

Quellen

  • Robert Bösch (Photos), Iso Camartin, Paul Caminada (Texte): Glacier Express. Die Welt des Glacier Express. AS Verlag, Zürich, ISBN 3-909111-12-2. (deutsch-englische Ausgabe)
  • Paul Caminada, Peter Pfeiffer (Hrsg.): Der Glacier Express. Desertina Verlag, 1985, ISBN 3-85637-058-7.
  • Klaus Fader: Glacier-Express. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2000, ISBN 3-440-07799-3.
  • Ronald Gohl: Der Glacier-Express. Rund um den langsamsten Schnellzug der Welt. Geramond, München 2000, ISBN 3-932785-92-4.
  • Georg Schwach: Die Entdeckung der Langsamkeit. In: Eisenbahn Geschichte. 25 (Dezember 2007 / Januar 2008), S. 52–59. [Kritische Anmerkungen zum Wahrheitsgehalt in Texten zur Vermarktung des Zuges]
  • Hans Schweers: Glacier-Express. Der langsamste Schnellzug der Welt. Verl. Schweers & Wahl, 1991, ISBN 3-921679-63-X.
  • Reto Steiner (Hrsg.): Glacier Express – Von St. Moritz nach Zermatt. EK-Verlag, Freiburg 2009, ISBN 978-3-88255-731-2.

Weblinks

Commons: Glacier-Express – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Glacier-Express via Filisur nach Davos, in: Schweizer Eisenbahn-Revue 10/2005, Minirex, Luzern, ISSN 1022-7113
  2. siehe «Zugcharakteristik» in [1]
  3. Louis-Henri Leyvraz: Erinnerungen an die Elektrifizierung und den Ausbau der Brig-Visp-Zermatt-Bahn in den Jahren 1929–1943. In: Schweizer Eisenbahn-Revue 7-8/1991, Minirex, Luzern, ISSN 1022-7113, Seite 226–247.
  4. Eidgenössisches Amt für Verkehr: Rollmaterialverzeichnis 1939. Für Dampf- und elektrischen Betrieb waren eingerichtet: VZ AB4ü 101–103 (1931), C4 34–35, BCFZ4 51–52; FO AB4 54–55, BC4ü 151, BC4 153 und 155, C4ü 260, C4 256 und 259. Der As 61 der RhB wurde, neben den ABC4ü 604–607, immer noch mit Bremszahnrad ausgewiesen. Es existieren keine Fotos, ausser der Jungfernfahrt, die diesen zweifarbigen Wagen auf der FO oder der VZ zeigen.
  5. Bahnstrecke im Wallis wieder befahrbar; NZZ vom 25. Juli 2010