Mur (Fluss)
Die Mur (slowenisch, kroatisch und ungarisch Mura) ist ein Fluss, der durch Österreich, Slowenien, Kroatien und Ungarn fließt und in Teilen seines Verlaufs auch die Grenze zwischen den vier Staaten bildet.
Verlauf
Die Mur entspringt südöstlich des Murtörls (2260 m) in der so genannten Schmalzgrube auf einer Höhe von 1898 m ü. A.[3] in der Ankogelgruppe (im Nationalpark Hohe Tauern) im Salzburger Lungau, fließt weiter als Hauptfluss durch die Steiermark und ihre Hauptstadt Graz.
In der Südsteiermark bildet sie die Grenze zu Slowenien. Im weiteren Verlauf fließt sie durch Slowenien, bildet danach die Grenze zwischen Slowenien und Kroatien und schließlich zwischen Kroatien und Ungarn. Als letzter größerer Nebenfluss mündet in Kroatien die Trnava in die Mur. Nach 453 km mündet sie bei Legrad an der kroatisch-ungarischen Grenze in die Drau. Kurz davor mündet der Principáliskanal in sie ein, der die Zala mit der Mur verbindet.[4][5]
Natur und Umwelt
Schon an ihrem Oberlauf in Österreich zählte die Mur bis in die späten 1980er Jahre vor allem durch Abwässer der an ihren Ufern und Zuflüssen angesiedelten Papierindustrie in Pöls, Niklasdorf und Gratkorn sowie der Schwerindustrie (Voestalpine Donawitz) zu den am stärksten verschmutzten Flüssen Österreichs.
Heute ist die Mur in ihrem langsam fließenden steirischen Bereich südlich von Graz weitgehend saniert und weist eine zufriedenstellende Gewässergüte auf, wie die Rückkehr einiger sensibler Fischarten (z. B. der Äsche) beweist. Im Jahr 2015 wurde die Mur für den Thiess International Riverprice nominiert.[6]
Im Stauraum des Murkraftwerkes Gralla haben sich auch zahlreiche Wasservögel angesiedelt. Bei der dort errichteten Beobachtungsstation kann man verschiedene Entenarten, Schwäne und Reiher (wie Silberreiher und Graureiher) beobachten. Mit etwas Glück bekommt man auch einen Eisvogel zu sehen. Über das Aufstauen des Flusses aufgrund der Wasserkraftwerke und der Anhebung des Grundwasserspiegels konnten zumindest teilweise in den nicht durch intensiven Ackerbau (zumeist Maisanbau) genutzten Flächen wieder Landschaften entstehen, die der Aulandschaft vor den Regulierungsmaßnahmen zumindest ähnlich sind.
Angrenzend an den Fluss sind dort, wo keine landwirtschaftliche Nutzung der angrenzenden Flächen erfolgt, Feuchtwiesen oder Auwald vorhanden. Die typischen Pflanzenarten, wie Sumpfdotterblumen, findet man an den angrenzenden Wiesen oder bewaldeten Flächen neben der Mur (z. B. in der Höhe des Flusskraftwerks Gabersdorf).
2001 wurde die Mur von der steiermärkischen Landesregierung zum Fluss des Jahres gekürt.
Nutzung
Stromerzeugung
Das oberste Murkraftwerk ist das Kraftwerk Murfall im Lungau. In der Steiermark nutzen zahlreiche Wasserkraftwerke den Fluss, um für die Stromerzeugung den Anteil an erneuerbarer Energie auszunutzen. Dies sind[7]
- Laufkraftwerk Bodendorf-Mur, in Sankt Georgen am Kreischberg (1985, 6 MW, 30.000 MWh/a)
- Laufkraftwerk Fisching, in Weißkirchen in Steiermark (1994, 22 MW, 74.000 MWh/a)
- Laufkraftwerk Leoben (1905 "Krempl-Kraftwerk; seit 2005: 10 MW, 50.000 MWh/a)
- Laufkraftwerk Dionysen, in Oberaich bei Bruck an der Mur (1949, 16 MW, 85.900 MWh)
- Laufkraftwerk Pernegg, in Pernegg an der Mur (Schauturbine) (1927/2013, 22 MW, 121.400 MWh)
- Laufkraftwerk Laufnitzdorf, in Laufnitzdorf (1931, 18 MW, 121.000 MWh)
- Laufkraftwerk Rabenstein nahe Burg Rabenstein in Frohnleiten (1987, 14 MW, 64.500 MWh)
- Laufkraftwerk Peggau, in Peggau (1965, 13 MW, 84.200 MWh)
- Laufkraftwerk Friesach, in Peggau (1998, 12 MW, 60.000 MWh/a)
- Kraftwerk Stübing, in Kleinstübing (geplant, 12 MW, 57.800 MWh/a)
- Kraftwerk Gratkorn, in Gratkorn (genehmigt aber nicht im Bau, 11 MW, 54.200 MWh/a)
- Laufkraftwerk Weinzödl, in Graz-Nord (1982/2014; 16 MW, 63.040 MWh),
- Laufkraftwerk Puntigam, in Puntigam (Graz) (genehmigt aber nicht im Bau, 16 MW, 74.000 MWh)
- Laufkraftwerk Gössendorf, in Gössendorf (seit 2012, 19 MW, 88.600 MWh, Verbund Hydro Power AG/Energie Steiermark Green Power GmbH)
- Laufkraftwerk Kalsdorf, in Kalsdorf bei Graz (seit 2014, 19 MW, 81.210 MWh)
- Laufkraftwerk Mellach, in Mellach (1985, 16 MW, 74.000 MWh)
- Kraftwerk Lebring, in Lebring (1988, 20 MW, 83.900 MWh)
- Kraftwerk Gralla, in Gralla (1964, 14 MW, 71.000 MWh)
- Kraftwerk Gabersdorf, in Gabersdorf (1974, 14 MW, 68.000 MWh)
- Kraftwerk Obervogau, in Obervogau (1978, 13 MW, 60.000 MWh)
- Kraftwerk Spielfeld, in Spielfeld (seit 1982, 13 MW, 67.000 MWh)
Ein im Juni 2010 im Rahmen des Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren erstelltes Gutachten bescheinigt dem Projekt für die Staustufe Gratkorn negative Auswirkungen auf den Fischbestand. Bemerkenswert ist, dass das Gutachten des Gewässerökologen Clemens Gumpinger nicht von Gegnern des Projekts, sondern von der Verbund AG, dem Projektwerber selbst, beauftragt wurde.
Nach der Fertigstellung ist mit dem weitgehenden Verschwinden von 21 Fischarten zu rechnen. Neben dem bereits auf der Roten Liste gefährdeter Arten befindlichen Huchen wären Äsche und Strömer am stärksten betroffen. Die geplanten Fischaufstiegshilfen könnten von den Fischen zwar überwunden werden, sie würden damit jedoch lediglich ins nächste Staugebiet gelangen. Viele Fischarten in der Mur benötigen für die Fortpflanzung jedoch fließendes Gewässer.[8]
Der WWF sowie andere Naturschutzeinrichtungen distanzierten sich vom lückenlosen Ausbau der Wasserkraft an der Mur und forderten stattdessen ein Ausnutzen der bereits vorhandenen Einsparpotentiale bei Raumwärme, Warmwasseraufbereitung, Beleuchtung und Verkehr, sowie den Ausbau anderer erneuerbarer Energiequellen wie Wind, Biomasse und Solarenergie.[9][10][11]
Grazer Mühlgang
Heute aus dem Stau des Kraftwerks Graz-Weinzödl (errichtet 1982) mit einem Kleinkraftwerk rechtsufrig ausgeleitet, durchmisst der Grazer Mühlgang die Landeshauptstadt und verläuft über Feldkirchen bis Großsulz bei Kalsdorf insgesamt 23 km weit. Er treibt etwa ein Dutzend Kleinkraftwerke an, dort wo (in Graz:) von frühestens 1270 bis spätestens Anfang 2014 ehemals Mühlen betreiben wurden, an der Gefällestufe der ehemaligen Taggermühle vermodern hölzerne Mühlräder seit etwa 2005 doch wurde ein Schwall zum Flusssurfen entdeckt. Die obersten 100 m dienen als Paddel-Slalom-Trainingsstrecke, im Volksgarten läuft ein Schöpfrad. Ein linksufriger Mühlgang in Geidorf ist um 1977 stillgelegt worden.
Wassersport
Insbesondere in Graz und hier wiederum knapp unterhalb der Erzherzog-Johann-Brücke und der Radetzkybrücke surfen Sportler mit Brett oder Paddelboot in stehenden Wellen, die sich durch eingerichtete Steine bei günstigen Wasserständen ausbilden. 2003 fand an der (damals noch:) Hauptbrücke die Paddel-Rodeo-Weltmeisterschaft statt. Ein Bootshaus im Zentrum beim Marburgerkai diente wohl in historischen Zeiten dem Ein- und Ausbooten auch von Ruderbooten. 2014 wurde im nunmehrigen Staubereich des Kraftwerks Gössendorf am südlichen Stadtrand am linken Ufer ein Bootshaus von einem neuen Ruderclub in Betrieb genommen. Am rechten Ufer etwas oberhalb gibt es seit etwa 2014 einen Paddelbootverleih. Um 2008 hat die Grazer Feuerwehr Stahlträger, die jahrzehntelang als Reste einer Hilfsstütze unter der Eisenbahnbrücke flussmittig ein Stück vom Grund hochstanden entfernt, Jänner 2012 haben Aktivisten von Rettet die Mur, einer Bürgerinitiativen, die sich gegen ein weiteres Flusskraftwerk in der Mur in Graz (bei Puntigam) einsetzt beim niedrigsten Wasserstand seit vielen Jahren Eisenschrott auf Höhe Augarten mit Stiefeln herausgeklaubt, um den Fluss für Sportler sicherer zu machen.
Schiffsmühlen auf der Mur
In der Mur befinden sich heute noch drei der inzwischen selten gewordenen Schiffsmühlen, auf dem Wasser schwimmende und zum Ufer hin vertäute Kähne, die als Doppelrumpf durch Balken miteinander verbunden sind und zwischen denen ein Wasserrad von der Flussströmung unterschlächtig angetrieben wird.
Die erste der drei Schiffsmühlen auf der Mur befindet sich in Mureck, zwischen Spielfeld und Bad Radkersburg an der slowenischen Grenze. Sie ist im Winter 2005/06 auf Grund gelaufen und u. a. 2012 beim Hochwasser gesunken. Nach einem Abgang der Originalausführung mit Totalschaden bildet die heutige einen authentischen Nachbau und ist ein attraktiver Anziehungspunkt für Besucher. Um den Erhalt kümmert sich ein Verein.
Die zweite Mühle findet man stromabwärts in Slowenien in der Nähe von Veržej, nördlich von Ljutomer. Als „Babič-mlin“ bekannt, ist sie eine im Original erhaltene Mühle, deren Wasserrad mit Getriebe auf dem Wasser schwimmt, während das Mühlenhaus am Flussufer steht. Die Kraftübertragung zum Land hin erfolgt über einen Seiltrieb. Die Mühle wird in Privatbesitz betrieben und ist ein beliebtes Ziel für Touristen aus der Umgebung.
Die dritte Schiffsmühle ist ein authentischer Nachbau von einem Typ, wie er häufig an der Mur zu finden war. Sie liegt etwas stromaufwärts von Mursko Središće im Länderdreieck von Slowenien, Kroatien und Ungarn am kroatischen Ufer. Wie in Mureck trägt der landseitige Ponton das Mühlenhaus, während der stromseitige Schwimmer das Gegenlager des Mühlrades aufnimmt. Es gibt noch eine weitere Schiffsmühle auf der Mur, allerdings als Wrack im Trockenen auf dem Gelände des Thermalbades in Lendava, Slowenien.
Radwanderweg
Durch Salzburg und die Steiermark verläuft entlang der Mur ein 365 km langer Radwanderweg, der Murradweg. Hier findet auch Radverkehr statt, wird gelaufen und inline-geskatet.
Sonstiges
In Kroatien wird das Gebiet zwischen Mur und Drau als „Zwischenmurland“ (kroatisch Međimurje) oder im Deutschen auch als „Murinsel“ bezeichnet. Das Međimurje ist heute eine der 20 Gespanschaften Kroatiens mit der Hauptstadt Čakovec. Die Mur bildet auch die Grenze zwischen zwei historischen slowenischen Ländern: der Untersteiermark (Štajerska) und Prekmurje, welches im Deutschen als „Übermurgebiet“ bezeichnet wird. Heute bilden das Prekmurje und die steirische Prlekija das slowenische Pomurska („Murgebiet“ oder auch „Murland“) mit der Hauptstadt Murska Sobota.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg.): Flächenverzeichnis der österreichischen Flussgebiete: Murgebiet. Beiträge zur Hydrographie Österreichs, Heft Nr. 60, Wien 2011, S. 119 (PDF; 4,5 MB)
- ↑ Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg.): Hydrographisches Jahrbuch von Österreich 2011. 119. Band, Wien 2013, S. OG 320 (PDF; 14,5 MB)
- ↑ Murkommission, Seite 32
- ↑ http://kanizsaterseg.celodin.hu/deutsch.htm
- ↑ Hölzel: Oberstufenatlas.
- ↑ Thiess International Riverprice (Englisch) – Finalists 2015 Abgerufen am 3. August 2015
- ↑ VERBUND-Kraftwerke an der Mur
- ↑ kleinezeitung.at – Murkraftwerke bedrohen Fischbestand Abgerufen am 6. Juni 2010
- ↑ Factsheet Mythos Wasserkraft. (pdf; 137 kB) WWF, 13. Mai 2011, archiviert vom am 13. Mai 2011; abgerufen am 13. Mai 2011.
- ↑ Broschüre Mythos Wasserkraft. (pdf; 5,7 MB) WWF, 13. Mai 2011, archiviert vom am 13. Mai 2011; abgerufen am 13. Mai 2011.
- ↑ Kraftwerksprojekte: WWF fürchtet um Huchen. ORF, 16. Februar 2011, archiviert vom am 13. Mai 2011; abgerufen am 13. Mai 2011.